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4 Seiten

Mein Porsche

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Mein Porsche, was war ich stolz auf ihn. Jahrelang hatte ich dafür gespart und hart gearbeitet, mir nichts gegönnt. Ich hatte ihn zwar gebraucht gekauft, einen neuen konnte ich mir unmöglich leisten, aber mit seinen vier Jahren, die er auf dem Buckel hatte, war er trotzdem noch wie neu, sein Vorbesitzer hatte ihn pfleglich behandelt. Er war rot, auf seinem Lack war noch kein einziger Kratzer und ich wusch und polierte ihn regelmäßig.
Wenn ich damit über die Autobahn fuhr und kaum Verkehr war, gab ich immer Vollgas, es war ein schönes Gefühl daher zu brettern, es war wie Skifahren, ich fühlte mich in diesen Momenten frei.
Mit diesem Auto war ich jemand, seit ich ihn fuhr, war ich viel selbstbewusster. Wenn ich damit durch die Stadt fuhr, winkte ich schönen Frauen zu, hin und wieder schleppte ich die ein oder andere ab für eine Nacht.
Eines Tages, als ich durch die Stadt fuhr, sah ich, dass eine Frau mit ihrem Auto liegen geblieben war. Kein Wunder bei der Schrottkarre, den sie fuhr, wie konnte man auch nur einen Käfer fahren. Aber die Frau sah nicht schlecht aus, ich beschloss anzuhalten. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich, während ich ausstieg und an meinem Porsche stehen blieb, damit sie auch sah, was für ein Auto ich fuhr. „Ich bin gerade liegen geblieben“, fing sie an, während sie mich ansah und hielt plötzlich inne. „Thomas?“, fragte sie vorsichtig. Jetzt erkannte ich auch sie, es war Nina. Ich kannte sie noch von der Schule, aber hatte sie seit dem Abitur nicht mehr gesehen, das war jetzt 9 Jahre her. „Ja, genau, jetzt erkenne ich dich auch, du bist Nina?“, antwortete ich. Ich hatte sie immer sehr gemocht damals und freute mich, sie wieder zu sehen. „Ja, das ist ja ´ne Überraschung, dich zu treffen. Wie geht es dir denn so?“ „Sehr gut“, antwortete ich. „Und dir?“ „Mir auch, danke.“
Meinen Porsche hatte sie noch gar nicht beachtet. „Hast du einen Kanister, dann kann ich dich zu einer Tankstelle fahren“, bot ich ihr an. „Oh ja, das wäre nett“, sagte sie und holte einen Kanister aus ihrem Kofferraum.
„Seit wann fährst du denn einen Porsche“, fragte sie, als sie einstieg. Na, endlich. „Seit etwas über einem Jahr“, antwortete ich stolz. „Geiler Wagen, oder?“, fragte ich. Sie nickte, sah aber nicht besonders interessiert aus. „Und was machst du beruflich, du musst ja erfolgreich sein, um dir so ein Auto leisten zu können“, meinte sie dann. „Ich bin bei der Bank. Hab lange dafür gespart. Und was machst du so?“ „Ich studiere noch. Hab erst eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, jetzt studiere ich Medizin“, erzählte sie. „Nicht schlecht, ich wollte nicht studieren, dann hätte ich mir nicht diesen Wagen leisten können“, erklärte ich. „Na ja, mir ist mein Studium wichtiger, als ein Auto. Ich bin mit meinem völlig zufrieden, Hauptsache es fährt, was es normalerweise auch tut, wenn es voll getankt ist“, erwiderte sie. Ich wäre niemals mit so einem Käfer zufrieden gewesen.
„Was hältst du davon, wenn wir nachher noch ein Eis essen gehen, dann können wir ein wenig über die alten Zeiten quatschen“, schlug ich vor. „Ja, das ist eine gute Idee“, fand sie. „Wir können ja vorher noch eine Spritztour über die Autobahn machen, dann siehst du mal, wie der Porsche abgeht“, meinte ich dann. „Och ne, das glaub ich dir auch so, lasst uns lieber sofort in ein Café fahren“, meinte sie. „Okay“, sagte ich und war schon ein wenig enttäuscht.
Es wurde ein lustiger Nachmittag, wir verbrachten über drei Stunden in dem Café, lachten, während wir uns an die alten Zeiten erinnerten und alberten viel herum. Wir wunderten, dass wir früher nicht so viel miteinander zu tun hatten, wobei wir uns doch wirklich gut zu verstehen schienen. Wir tauschten noch unsere Telefonnummern aus und telefonierten täglich miteinander und zwischendurch trafen wir uns auch wieder. Ich holte sie immer mit meinem Porsche ab und brachte sie zurück. Sie sagte zwar ständig, dass sie doch auch mal fahren könne, aber ich bestand immer darauf, dass wir mit meinem Auto fuhren.
Eines Tages, als wir abends aus dem Kino kamen, sah ich, dass ein Vogel auf meinen Porsche gemacht hatte. Ich war geschockt und fing an zu fluchen und holte ein Taschentuch heraus, während ich es wegzuwischen versuchte. „Sag mal, ist dir eigentlich nichts wichtiger, als dein dämlicher Porsche?“, fragte sie plötzlich genervt. „Was heißt hier dämlicher Porsche, weißt du, wie lange ich dafür gespart hab und wie ich ihn gepflegt hab?“, regte ich mich auf. „Oh ja, das ist ja jetzt wohl der reinste Weltuntergang für dich“, meinte sie ironisch. „Ja, du mit deinem Käfer, kannst es ja nicht verstehen“, sagte ich darauf nur. „Weißt du was, ich lass dich am besten mit deinem Porsche allein und nehm die Bahn nach Hause“, meinte sie dann. „Ach mach doch, was du willst“, gab ich zur Antwort. Und so ging sie.
Ich dachte die nächsten Tage viel nach. Ich war anfangs noch wütend gewesen, aber langsam verschwand diese Wut. Ich hatte von ihr seitdem noch nichts gehört, so rief ich sie an, aber leider war sie nicht da. Ich dachte an ihre Frage, die sie mir zuletzt gestellt hatte, ob es nichts anderes für mich gab, als mein dämlicher Porsche. Dämlicher Porsche, hatte sie gesagt. Sie war die erste, die sich gar nicht für ihn interessierte, sondern, die mehr Interesse an mir hatte. Und ich war so oberflächlich geworden.
Von ihr hörte ich auch die folgenden Tage nichts, auch ich konnte sie nicht erreichen, wahrscheinlich wollte sie nicht mit mir sprechen und ging nicht ran. Ich hatte es mit ihr versaut, mit der ersten Frau, die mich wirklich zu mögen schien. So packte ich einen Entschluss. Ich wollte ihr die Frage beantworten. So packte ich einen Baseballschläger ein und fuhr zu ihr. Sie war nicht zu Hause, aber ich beschloss auf sie zu warten.
Zwei Stunden später kam sie endlich mit ihrem Käfer an. Als sie ausstieg, stieg ich auch aus. „Ja“, rief ich. „Es gibt noch etwas, was mir wichtiger ist“, rief ich. Dann nahm ich den Baseballschläger und schlug vor ihren Augen auf den rechten Scheinwerfer. Das Glas zersprang. Das hatte gesessen. Sie stand mit geöffneten Mund da und brachte keinen Ton hervor. Dann nahm ich mir den linken Scheinwerfer vor, wieder klirrte es. Aber das war noch nicht alles. Jetzt war er dran. Ich schlug auf die Motorhaube ein und setzte gleich noch einen hinterher. Ich und oberflächlich? Nein, jetzt nicht mehr. Jetzt kam ich richtig in Fahrt und schlug weiter wie ein Verrückter auf die Motorhaube ein, der Lack fetzte.
Ich achtete gar nicht erst darauf, wie Nina reagierte, sondern nahm mir die Windschutzscheibe vor. Das Glas spritzte förmlich. Ich bekam fast einen Splitter ins Auge. Ich sah, dass ich an der Hand verletzt worden war, die ein wenig blutete. Aber das war mir egal, ich machte mit den anderen Fenstern weiter. Die Scherben flogen einfach nur so. Ich dachte auch keineswegs daran, das Dach zu verschonen. Ich zählte die Schläge nicht mit.
Zu guter Letzt kamen noch die Rücklichter dran. Nun war der Porsche völlig schrottreif. Es war doch nichts anderes als ein gottverdammtes beschissenes scheiß Auto.
Erst jetzt spürte ich, dass ich völlig erschöpft war und ließ den Baseballschläger fallen. Jetzt bemerkte ich auch, dass ein paar Splitter mir das Gesicht verletzt hatten und sah Blut auf den Boden tropfen. Auch hatte ich vorher nicht bemerkt, dass sich inzwischen ein paar Schaulustige um mich herum versammelt hatten. Aber all das war mir egal.
Nina stand auch noch dort, noch immer mit geöffneten Mund und kreidebleich. "Du bist mir wichtiger, als dieses Auto", sprach ich zu ihr.
 
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Kommentare  

mit dem porsche kann man wenigstens fahren, die frau kann man nur reiten (nicht dass das was schlechtes wäre)

porschefan (06.04.2007)

der arme porsche ...
hättest ihn mir ja schenken können wenn dir das weib wichtiger ist


porschefan (06.04.2007)

war auf jeden fall ein guter tipp von dir, das ganze lebendiger zu gestalten.

Homo Faber (22.05.2006)

Ja Holger, jetzt gefällt mir das. Die Abrechnung mit der verdammten Karre kommt jetzt echt und mit Leidenschaft rüber. Sehr gut!
LG
Christa


CC Huber (19.05.2006)

Na ja, ganz nett, der Text.

J. Cross (19.05.2006)

So und den Porsche hab ich mir auch gleich nochmal vorgenommen :-).
Nochmal vielen dank an Christa.


Homo Faber (19.05.2006)

das war die einzig richtige konsequenz. frauen wollen doch nicht unter einem auto l..., äh, stehen. lol.
lg
rosmarin


rosmarin (17.05.2006)

da habe ich jetzt aber mal gut gelacht. das ende deiner geschichte gefällt mir sehr. das beleidigte gesicht des porschebesitzers konnte ich mir auch die ganze zeit über wunderbar vorstellen. stimme allerdings mit christa überein, dass man die geschichte noch etwas lebendiger gestalten könnte.

lg nausicaä


Nausicaä (16.05.2006)

Hi Christa,

danke für den kommentar und die punkte. Du hast recht, da könnte ich auf jeden fall noch dran arbeiten.


HomoFaber (16.05.2006)

Schöne Geschichte. Es fehlt ein wenig die Lebendigkeit und die Leidenschaft. Deshalb bist Du wohl auch selbst noch nicht zufrieden. Gerade das Ende, da muß Pfeffer rein, da soll man hören, wie der Lack abplatzt. So wirkt es etwas wie eine brave Erzählung, das soll es ja wohl nicht sein, oder?
LG
CC


CC Huber (16.05.2006)

Ja, rot sieht er doch besser aus ;-).

HomoFaber (16.05.2006)

Schön, dass der Porsche nun doch rot ist ;-)

Sabine Müller (16.05.2006)

Hi, mir gefällt er. Aber kannst ja dran feilen, wenn du magst. Schönen Tag noch, gruß Sabine

Sabine Müller (16.05.2006)

Hi,

danke schön, freu mich, dass dir der text gefällt. Ich bin nur mit dem stil nicht so ganz zufrieden.

lg Holger


HomoFaber (16.05.2006)

Einfach nur köstlich und eine gute Erkenntnis. Von mir aus hätte er auch mir den Porsche schenken können. Etwas schade, ihn kaputt zu hauen. Ich mache mir nicht viel aus Autos, aber son Porsche *lol* Ne spaß beiseite. Gut gemacht. Gefällt mir. Finde auch, dass du es gut beschrieben hast. Gruß Sabine

Sabine Müller (15.05.2006)

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