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Plötzlich kamen alle wieder - Teil 15

Romane/Serien · Nachdenkliches
Am nächsten Freitag fuhr meine Großmutter übers Wochenende zu einer alten Freundin nach Münster. Da sie etwas ängstlich war, gab sie mir einen Wohnungsschlüssel und bat mich, abends nachzusehen, ob alles ausgeschaltet war. Ich hatte nicht gedacht, dass dieser Tag mein Leben verändern würde.
Als ich abends in ihrer Wohnung war, um nach dem Rechten zu sehen, sah ich zufällig im Wohnzimmerregal ein paar Fotoalben. Es gehörte sich zwar nicht, an fremde Sachen zu gehen, aber ich fand, dass es trotzdem in Ordnung wäre, wenn ich mir die Alben anguckte. In einem waren alte Bilder von meiner Oma und meinem Opa, als sie noch jung waren. Ähnliche Bilder hatte ich schon gesehen. Kinderbilder meiner Mutter waren auch dabei. Im zweiten Album waren Bilder von meinen Eltern ebenfalls in jungen Jahren, darunter auch ein paar Hochzeitsbilder.
Dann fand ich ein Bild, das mich nicht nur überraschte. Meine Mutter war darauf mit einem Mann. Was ja an sich nichts Außergewöhnliches wäre, wenn sie nicht wie ein glückliches Paar dort standen und ich diesen Mann nicht kannte. Er war zwar jung auf diesem Bild, aber ich erkannte ihn trotzdem sofort: Bernhard Tohmann, mein Chef. Mich traf der Schlag. Ich hatte nicht gewusst, dass er meine Mutter kannte. Wusste er, wer ich war, und hatte mich deshalb bei sich eingestellt oder war das alles nur ein Zufall. Jetzt wurde mir auch klar, warum mein Vater so überrascht war, als ich seinen Namen erwähnt hatte. Meine Oma wusste doch auch, wie mein Chef hieß, warum hatte sie mir nie gesagt, dass er meine Mutter kannte. Wann waren sie überhaupt zusammen? Ich holte das Foto heraus, vielleicht stand dort ja drauf, von wann es war. Dort stand auch tatsächlich ein Datum, es wurde Februar 1978 aufgenommen. Mein Geburtsdatum ist der vierte August 1978, meine Mutter war, als das Foto entstand, also schwanger. Sollte das bedeuten, dass meine Mutter von meinem Chef zu der Zeit schwanger war, und mein Vater gar nicht mein richtiger Vater war, sondern Herr Tohmann? Ich musste es herausfinden. Und wenn ja, wusste er es? Wusste es meine Oma? Hatte meine Mutter es gewusst und vor allem mein Vater oder zumindest der, von dem ich dachte, dass er es sei? Und wenn es alle wussten, warum hatte man es mir verheimlicht? Ich beschloss, meine Großmutter am Sonntag zur Rede zu stellen. Am liebsten hätte ich sie angerufen, ich hatte ja die Nummer von ihrer Freundin vorliegen. Aber ich wollte sie damit nicht so überfallen und entschied bis Sonntag zu warten, auch wenn es schwer fiel. Oder sollte ich meinen Vater fragen? Nein, das war keine gute Idee, möglicherweise war er ja ahnungslos. Ich konnte also nur warten. Ich betrachtete das Foto noch sehr lange. Es erinnerte mich immer mehr an Pias und mein letztes Foto. Das Foto war verblüffend ähnlich, es war so, als wären nur die Personen ausgetauscht.

Als Oma am Sonntag zurückkam erwartete ich sie schon in ihrer Wohnung. Sie war etwas überrascht, dass ich dort auf sie wartete und dachte, es sei irgendetwas mit der Wohnung. Ich sagte, dass ich mit ihr reden müsse. Als sie sich gesetzt hatte, zeigte ich ihr das Foto.
„Ich wollte nicht einfach so an deine Sachen gehen, aber ich hab die Fotoalben hier stehen sehen, war neugierig und hab es dann zufällig gefunden“, wies ich mich zurecht. Sie reagierte erschrocken und nachdenklich zugleich, als ich ihr das Foto zeigte. Anscheinend schien sie mehr zu wissen.
„Du weißt, wer dieser Mann ist?“, fragte ich.
„Ja“, sagte sie.
„Du weißt auch, dass es mein Chef ist?“, fragte ich. Sie nickte.
„Wer ist mein Vater?“, fragte ich.
Für einen Moment zögerte sie, dann deutete sie auf Herrn Tohmann.
„Dies ist dein Vater“, sagte sie leise. Ich hatte es gewusst.
„Warum hat man es mir verheimlicht?“, fragte ich.
„Deine Eltern hatten damals entschieden, dass es besser wäre, wenn du nicht wüsstest, dass dein richtiger Vater jemand anderes ist“, erklärte sie.
„Ich hatte aber ein Recht darauf, es zu erfahren“, sagte ich.
„Ja, es war auch nicht richtig, es dir zu verheimlichen“, sah sie ein. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
„Weiß er es eigentlich?“, fragte ich dann und meinte damit Herrn Tohmann.
„Er hat es später erst erfahren“, sagte sie. „Erst als du angefangen hast, bei ihm zu arbeiten, hat er es durch deinen Lebenslauf erfahren. Dies ist ihr letztes Foto, danach haben sie sich getrennt und auch nie wieder gesehen. Er hat von dir überhaupt nichts gewusst. Er hat sich dann bei mir gemeldet, und ich hab ihn dann alles gesagt.“
Er war schon immer wie ein Vater für mich, jetzt wurde mir auch einiges klar. Wahrscheinlich hat er mich deshalb befördert, weil ich sein Sohn bin, dachte ich.
„Hätte ich das Foto nicht gefunden, hätte ich es nie erfahren“, meinte ich. „Ich muss mit ihm reden.“
Was würde noch alles passieren. Es war soviel in so kurzer Zeit passiert, wenn auch viel Positives. Aber mit der jetzigen Situation musste ich erst einmal umgehen, ich musste mich erstmal irgendwie daran gewöhnen, dass eine eigentlich fremde Person mein Vater war. Und vor allem wusste ich nicht, wie er damit umgehen würde, dass ich jetzt die Wahrheit kannte.

„Haben Sie vielleicht heute oder in den nächsten Tagen abends mal Zeit“, fragte ich Herrn Tohmann am nächsten Tag, als er anrief. „Ich hab gerade eine gute Idee für das Geschäft, da dachte ich, vielleicht können wir ja mal zusammen ein Bier trinken gehen, und es dann besprechen.“
„Bei einem Bier? Das hört sich gut an, heute Abend gern“, antwortete er.
„Ich bin heute bis 19 Uhr hier, wir können uns danach ja hier treffen“, schlug ich vor. Er war einverstanden.
„Der Grund, warum ich mit Ihnen reden wollte, war keine Geschäftsidee“, sagte ich, als wir in der Kneipe saßen. „Ich wollte Ihnen etwas zeigen.“
Ich holte das Foto hervor und legte es vor ihm hin.
„Das ist meine Mutter“, erklärte ich, während ich darauf deutete. „Und das sind Sie.“
Er starte auf das Foto, ohne etwas zu sagen. Lange betrachtete er es, da sah ich, dass er dabei ein wenig weinte. Vermutlich war ihm dies unangenehm, und er traute sich deshalb nicht aufzusehen. Es passte überhaupt nicht zu ihm, dass er weinte, ich hätte ihn mir auch nie so vorgestellt, selbst jetzt, wo ich es mit eigenen Augen sah, konnte ich ihn mir nicht richtig weinend vorstellen.
„Ich erinnere mich noch genau an dieses Foto“, sagte er dann traurig.
„Ich hab es am vergangenen Freitag zufällig bei meiner Großmutter gefunden“, erwähnte ich. „Ich weiß über alles Bescheid“, fügte ich hinzu.
„Ich hätte dir so gern gesagt, wer ich bin. Aber ich wusste nicht, wie ich dir nach über 20 Jahren klar machen sollte, dass ich dein Vater bin“, sagte er.
„Ja, ich verstehe“, meinte ich, und ich verstand es wirklich.
„Es tut mir leid, dass du es so erfahren musstest“, entschuldigte er sich.
„Hätten Sie es mir nach der langen Zeit schonend beigebracht, wäre es wahrscheinlich nicht anders gewesen. Meine Eltern hätten es mir einfach früher sagen müssen“, erwiderte ich.
„Ich hatte selbst bis du dich bei mir beworben hast, nichts von dir gewusst“, fügte er hinzu.
„Ja, ich weiß, das muss für Sie so gewesen sein, wie für mich jetzt.“
„Es war für mich eine Riesenfreude zu erfahren, dass ich einen Sohn hab, aber es war traurig, dass ich es so spät erfahren habe und das Tragischste war, dass ich es dir nicht sagen konnte.“
„Nun, nachdem jetzt alles aufgeklärt ist…Hätten Sie Lust mein Vater zu werden?“, fragte ich vorsichtig.
Er lächelte. „Es würde mir ein Vergnügen sein“, antworte er.
„Also, stoßen wir an, Vater, auf uns.“ Wir stießen an. Ich war froh, dass es so gut verlief.
„Sag mal, hast du mir meinen Job begeben, weil ich dein Sohn bin?“, fragte ich dann. Ich musste mich erstmal daran gewöhnen, ihn zu duzen.
„Nun, was deine Einstellung betrifft ja. Ich hätte dich vielleicht sonst auch eingestellt, aber als ich erfahren habe, dass du mein Sohn bist, habe ich auf eine Auswahl verzichtet und dich eingestellt. Ich wollte dich einfach kennen lernen. Aber ich hatte beschlossen, dies während deiner weiteren Beschäftigung nicht zu berücksichtigen und dich nur deiner Leistung nach zu beurteilen, und daran habe ich mich auch gehalten. Ich habe dich nicht als meinen Sohn befördert, sondern als einen normalen Mitarbeiter.“
Ich war beruhigt. Dass er mich bei meiner Einstellung bevorzugt hatte, war für mich in Ordnung, aber wenn ich nur deswegen befördert worden wäre, wäre eine Enttäuschung für mich.
„Wieso hattet ihr euch getrennt, ich meine, du und meine Mutter?“, fragte ich. „Eigentlich haben wir nie zusammen gepasst, aber dennoch haben wir uns sehr geliebt. Aber dann war dein Vater eines Tages plötzlich da, und von einem Tag zum anderen war es zwischen uns aus.“
„Das heißt, sie hat dich verlassen?“
„Mehr oder weniger, mir wurde auch bewusst, dass es nicht auf Dauer zwischen uns funktioniert hätte, wir haben miteinander geredet, und ich hatte eingesehen, dass dein Vater der Richtige für sie war, und so haben wir uns getrennt.“
„Und danach, hattet ihr danach noch Kontakt?“
„Wir waren in Freundschaft auseinander gegangen, aber ich habe sie danach nie wieder gesehen. Ich hielt es für besser. Ich hatte nicht einmal von ihren Tod erfahren.“
Er sah wieder auf das Foto.
„Es war unser letztes Foto“, sagte er dann.
Dieses Foto und das Foto von Pia und mir, waren nicht nur fast identisch, es waren beides sogar die letzten Fotos. Es waren so viele Gemeinsamkeiten. Nur die Arten der Trennung unterschieden sich.
Ich hatte über zehn Jahre keinen Vater und jetzt hatte ich zwei Väter gleichzeitig.
„Ich hab inzwischen wieder Kontakt zu meinem Vater, also zu meinem anderen Vater, aber ich hab mit ihm darüber noch nicht geredet“, erzählte ich.
„Ich hatte es von deiner Großmutter gehört, dass ihr keinen Kontakt mehr hattet. Wie geht es ihm jetzt?“
„Ihm geht es wieder gut, er ist jetzt selbständig und hat sein Leben wieder im Griff. Er stand vor ein paar Wochen plötzlich abends bei mir vor der Tür.“
„Das ist gut, dass er wieder Kontakt zu dir aufgenommen hat. Du darfst nicht vergessen, auch wenn er nicht dein leiblicher Vater ist, ist er trotzdem genauso dein Vater wie ich. Du musst dich zwischen keinem von uns entscheiden.“
„Ja, das weiß ich.“
„Hast du eine Freundin zurzeit?“, fragte er dann.
„Nein, seit Pia gab es noch niemanden. Schade, dass du sie nie kennen gelernt hast.“ Er wusste ja von Pia, vom Hören kannte er sie, er hatte auch damals von ihrem Tot erfahren und mir auch gesagt, ich könne so lange Urlaub nehmen, bis es mir besser ging.
„Ich kann mich noch daran erinnern, als du sagtest, dass sie tot ist. Als dein Vater hatte ich mehr mitgefühlt, als ich nach außen hin gezeigt hab“, sagte er. „Es war eine schlimme Zeit“, gab ich zu. „Zwei Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis, Bianca und Melanie waren mir in der Zeit auch sehr ans Herz gewachsen. Aber ich hatte auch sie verloren.“
Ich erzählte, wie es damals war und dass ich jetzt beide Freundinnen zurück hatte.
„Jetzt kann ich auch endlich lernen mit Pias Tod umzugehen“, erklärte ich.
„Ich verstehe“, sagte er.
„Vielleicht lernst du die beiden ja mal kennen“, sagte ich.
„Das möchte ich sehr gern“, sagte er und klang auch wirklich interessiert.
„Weiß deine Frau eigentlich auch, dass ich dein Sohn bin?“, fragte ich. Ich kannte sie, ich war dort vor einiger Zeit auch mal eingeladen gewesen.
„Ja, sie weiß es.“ Das war gut. Ich nickte.
„Kannst du mir mal zeigen, wo das Grab deiner Mutter ist?“, fragte er.
„Ja, natürlich, wir können morgen in der Mittagspause dorthin fahren.“
Ich musste mich auch an diese Tatsache erst einmal gewöhnen, dass mein Chef mein Vater ist, vor allem musste ich es erst einmal realisieren. Genauso, wie es noch immer ein wenig ungewohnt für mich war, dass Melanie und ich uns wieder versöhnt hatten. Selbst dass Bianca wieder da war, hatte ich noch nicht richtig realisiert, obwohl ich in den zwei Wochen schon viel mit ihr unternommen habe. Besonders die Umstände unter denen Melanie und ich unsere Freundschaft wieder hergestellt hatten, beschäftigten mich noch. Es war ein schlimmer Moment.

Ich versuchte mich wieder zu fassen, als ich hörte, dass sie aus dem Sprechzimmer heraus kam. Aber ich schaffte es nicht, ich tat so, als hätte ich nicht bemerkt, dass sie herauskam und sah zu Boden, während ich weiterweinte. Mir war klar, dass sie nicht übersehen konnte, dass ich weinte, aber ich konnte einfach nicht aufhören. Ich konnte sie auch nicht ansehen, sie weinte wahrscheinlich selbst jetzt gerade. Ich musste ihr doch jetzt Mut machen, aber wie sollte ich ihr Mut machen, wenn ich selbst weinte und sie mich so sah. Statt mich wenigstens annähernd zu beruhigen, wurde es nur schlimmer. So hatte ich seit Pias Beerdigung nicht mehr geweint.
„Martin“, hörte ich sie sagen. Ich sah nicht auf.
„Martin“, sagte sie wieder und ich spürte ihre Hand auf meiner Schulter. Ihre Stimme klang ruhig.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte sie dann. Ich hielt inne. Ich sah langsam zu ihr hoch.
„Der Test ist negativ“, fuhr sie fort. Jetzt sah ich in ihr Gesicht. Ich sah, wie erleichtert und glücklich sie aussah.
„Das heißt, du hast kein…?“, fragte ich.
„Nein“, antwortete sie und lachte.
„Du warst so lange da drin, ich hab mit dem Schlimmsten gerechnet“, sagte ich. Ich konnte irgendwie noch gar nicht richtig sprechen, der Schreck von vorhin saß noch zu fest in mir. Die Frau stand an der Tür ihres Büros. Inzwischen guckte sie nicht mehr so ernst, ganz im Gegenteil, sie lachte sogar.
„Ihre Freundin wollte mir erst nicht glauben“, mischte sie sich ein. „Ich habe so lange gebraucht, um sie zu überzeugen“, erklärte sie. Meine Anspannung ließ endlich nach.
„Und Sie, Sie hatten so ernst geguckt“, sagte ich zu ihr.
„Ach, ich gucke immer so, man hat mir schon öfter gesagt, dass ich mal öfter lachen sollte“, antworte sie, wobei sie immer noch lachte.
„Ja, so wie jetzt, das steht Ihnen viel besser“, empfahl ich ihr, nun konnte ich auch endlich lachen.

„Ich bin so froh“, sagte Melanie, als wir das Gebäude verließen.
„Ich auch“, sagte ich. „Ich hatte wirklich schon gedacht, das Ergebnis sei positiv und die Frau berät dich, wie du damit weiterleben sollst.“
„Ich hab immer wieder nachgefragt, ob sie nicht vielleicht das Ergebnis vertauscht haben könnten. Sie sagte jedoch, dass dies ausgeschlossen sei. Dann hab ich sie auf meine Lymphknotenschwellungen angesprochen, da hat sie mir erklärt, dass die bei kleinstem Erkältungserreger anschwellen können, und besonders wenn man zu wenig trinkt. Sie sagte, ich müsse drei Liter am Tag trinken.“ Ich hörte interessiert zu und erinnerte mich, dass meine Lymphknoten am Hals auch schon mal ziemlich geschwollen waren. Ich trank auch zu wenig. „Hast du wegen mir geweint?“, fragte sie und grinste.
„Wegen dir? NEEE!“, scherzte ich. „Doch“, sagte ich darauf. „Ich habe schon zwei Menschen durch den Tot verloren, und ich wollte nicht noch jemanden so verlieren“, sagte ich.
„Na ja, ein paar Jahre hätte ich ja immerhin noch gelebt“, scherzte sie plötzlich darüber.
„Das ist nicht witzig“, sagte ich, lachte aber auch ein wenig.
„Danke, dass du mitgekommen bist, ich hätte nicht gewusst, wie ich das sonst überstehen soll“, bedankte sie sich.
„Hab ich doch gern getan“, sagte ich.
„Und das, obwohl ich mich so mies verhalten hab und nicht für dich da war, als du mich gebraucht hast“, sagte sie.
„Du hast es ja nicht getan, um mich zu verletzen“, gab ich zurück.
„Nein, das wollte ich auch wirklich nicht, aber ich wusste, dass ich es trotzdem tu.“
„Ja, aber jetzt sind wir ja wieder Freunde“, sagte ich.
Wir nahmen uns darauf gegenseitig in den Arm.
„Musst du jetzt sofort zur Arbeit oder hast du noch etwas Zeit? Ich würde dich gern auf den Schreck gern zu einem Kaffee einladen“, schlug sie vor.
Ich war noch zu aufgedreht, um jetzt arbeiten zu gehen und nahm gern an.

Ich rief meinen „anderen“ Vater an.
„Ich muss mit dir reden“, sagte ich. Er hatte Zeit und sagte, dass ich vorbeikommen könne.
„Alles in Ordnung?“, fragte er als ich ankam.
„Doch schon“, antwortete ich.
„Komm erst mal rein“, sagte er, und wir gingen ins Wohnzimmer. Er goss uns Cola ein.
„Was ist denn los“, fragte er. „Ist etwas passiert?“
„Kannst du dich noch daran erinnern, als ich dir sagte, wie mein Chef heißt?“, fing ich schließlich an. Er nickte und schien zu merken, worauf ich hinauswollte.
„Ich weiß, wer er ist“, sagte ich dann. Er sah zu Boden.
„Nun ja, du hattest ein Recht, es zu erfahren“, sagte er dann. „Seit wann weißt du es?“
„Seit dem Wochenende, hab zufällig dieses Bild gefunden.“ Ich zeigte es ihm. „Ja, er ist dein wirklicher Vater“, sagte er leise. „Hast du schon mit ihm geredet?“, fragte er dann.
„Ja, gestern. Er hatte es an meinem Lebenslauf gesehen, als ich mich bei ihm beworben hatte, aber er hat es mir auch nicht gesagt.“
„Was wirst du tun?“, fragte er.
„Nun, ich akzeptiere ihn als meinen Vater und wir wollen in Zukunft wie Vater und Sohn sein. Aber du warst, als ich Kind war, mein Vater und auch jetzt bist du mein Vater, auch wenn du über zehn Jahre fort warst. Ich habe jetzt nur eben zwei Väter.“
„Dass ich so lange weg war, hatte nichts damit zu tun, dass ich nicht dein richtiger Vater bin, für mich warst du trotzdem immer mein Sohn und bist es auch jetzt noch“, sagte er.
„Das freut mich zu hören“, antwortete ich. „Aber du fängst doch jetzt nicht wieder an zu… Na ja, du weißt, was ich meine“, fragte ich etwas ängstlich.
„Zu trinken? Nein, mach dir keine Sorgen, dazu gibt es ja keinen Grund“, beruhigte er mich, was ich ihm auch glaubte. Es hatte sich ja auch nichts geändert zwischen ihm und mir, außer, dass ich jetzt auch wusste, was er schon immer wusste.
Ich war erleichtert, dass dies Gespräch auch so gut verlaufen war. Ich musste mich jetzt nur noch daran gewöhnen, dass ich zwei Väter hatte, aber das würde ich irgendwann auch noch.
 
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Kommentare  

Hallo Rosmarin,

selbstverständlich nimmt er das eigentlich nicht, mir ist es nur nicht so gelungen, seine gedanken rüber zu bringen. Bei dem schlussteil, den ich schon reingestellt habe, hatte ich ein ähnliches problem.
Aber freut mich, dass es dir gefällt:-)

lg Holger


 (08.02.2007)

hallo holger, eine locker geschriebene geschichte, auch wenn ich mich wundere, wie selbstverständlich dein ich die doch nicht so ganz alltäglichen begebenheiten hinnimmt. gefällt mir trotzdem.
gruß von rosmarin


rosmarin (08.02.2007)

Der letzte teil ist nun auch unterwegs :-)

Homo Faber (07.02.2007)

Hallo, langsam neigt sich die Geschichte ja dem Ende zu. Ich lese sie immer wieder gern ;-) Gruß Sabine

Sabine Müller (06.02.2007)

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