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49 Seiten

Der Spiegel

Romane/Serien · Schauriges
1.
Sie werden in meinem Haus weder einen Spiegel noch ein unverhangenes Fenster finden. Sobald der Regen Pfützen in den Straßen- und Gehwegsmulden bildet, trete ich nicht mehr vor die Haustür. Auch wasche ich mich nie vor einem gefüllten Waschbecken, sondern nehme zu diesem Zweck ausschließlich fließendes Wasser aus der Leitung und lege vorher ein Handtuch im Becken selber aus. Gläserne Schmuckobjekte fehlen in meinem Haushalt und sämtliche Möbel sind raugeschliffen und unlackiert. Ich benutze auch kein Besteck zum Essen. Die Absonderliche Angst vor Spiegeln lässt mir keine andere Wahl. Nun ist dies für sich genommen keine Störung mit der sich nicht leben ließe. Allerdings trifft der Begriff - Störung - nicht auf meinen Geisteszustand, sondern ausschließlich auf meine Umgebung zu, auf den Ort an dem ich mich befinde.
Die Entwicklungen die in meiner Ankunft vor ungefähr Acht Tagen gipfelten, begannen lange bevor ich ein Teil von ihnen wurde. Sie begannen lange bevor ich mich auf etwas einließ das ich hätte verhindern können. Diese Geschehnisse sind Teil einer Welle, die sich schon in den Altern der Zeit auftürmte und nun wieder in sich zusammenstürzte. Ich wurde unter ihr begraben, womit ich meinen Zweck erfüllte. Vor all dem arbeitete ich als Restaurator in Arkham, der alten Hexenstadt an der Westküste New Englands. In den Zeiten der Normalität die mir vergönnt waren, war ich wie alle anderen, nur ein Platzhalter ohne die Kenntnis um seine Daseinsberechtigung.
Ich lernte bei der Ausübung meiner Profession eine Menge interessanter Menschen kennen. Unter ihnen war auch ein recht junger aber wohlhabender Antiquitätenhändler und Abenteurer, der regelmäßig zu mir kam, um das Alter und die Zugehörigkeit seiner neu erworbenen Stücke, zu den verschiedenen Schulen der Kunst bestätigen und zuordnen zu lassen. Beizeiten beauftragte er mich auch privat mit der Wiederherstellung der von seinen Reisen mitgebrachten Schätze. Der Diskretion wegen will ich ihn in dieser Niederschrift Oliver Gardner nennen. Wobei mir wohlbewusst ist das ich hier keine Diskretion mehr zu halten brauche. Sie müssen wissen, das Gardner die bildende Kunst verehrte und sie in solch wohlgewählte Worte zu fassen wusste, dass diese der Schönheit der Werke gerecht wurden. Wie schon gesagt geschah es nicht selten dass er mich aufsuchte, um mir eins seiner Fundstücke zur Restauration zu überlassen, was er mir jedes Mal mit unverschämt hohen Summen bezahlen wollte.
Ich brachte es aber nicht über mich diese anzunehmen, denn alleine dadurch das sich herumsprach das es meine Person war, welche eben jene Kunstgegenstände restaurierte, flogen mir Aufträge zu wie Spatzen dem Vogelhaus im Winter. Und diese Art der Vergütung war mir mehr Wert als jede Form harter Währung.
Über unser Arbeitsverhältnis hinaus verband uns auch eine enge Freundschaft und als der junge Gardner schließlich seine langjährige geliebte, Clara, zu der seinen erwählte, bat er mich die Aufgabe des Trauzeugen zu übernehmen. Nicht nötig ist zu sagen dass ich diese nur zu gerne übernahm, bildeten die zwei verliebten doch eine bezaubernde Verbindung. Gardner nannte sie mitunter „meine Ligeia“, nach der lebenswütigen, traumbezaubernden Figur aus Poes Geschichte.
Schon lange umschwärmte er Clara damals und machte ihr Geschenke die manch einer als unangebracht und ungehörig erachtete. So zum Beispiel einen schweren Säbel aus sarazenischem Stahl, von dem er steif und fest behauptete er habe ihn aus einer der Steinwüsten des Orients mitgebracht, in der sich eine Stätte mit allerlei üblem Zeug befand, das seinen Worten nach besser unter dem brennenden Wüstenstaub vergraben blieb.
Clara aber war ganz betört von solch ungewöhnlichen Zuneigungsbezeugnissen und darüber hinaus auch äußerst angetan von seiner Person. Es war eine glückliche Ehe, bis auf die Tatsache das Claras geliebter Ehemann jedes Jahr für ein paar Monate auf Reisen ging und sich den abenteuerlichsten Expeditionen anschloss, die ihn zum Teil in die südlichsten Gegenden des Pazifiks führten, in welche sich nur selten ein Christ der freien Welt verirrt. Doch war dies der einzige Schatten der über den Gardners hing.
Von einer dieser Reisen brachte er schließlich auch den Spiegel mit. Ich war nicht in der Lage den Wert dieses Stücks einzuschätzen, denn es erschrak und erstaunte mich über das Maß als ich es das erste Mal sah.
Allein die Form des Spiegels war schon so fremdartig wie nichts anderes, das Gardner je von seinen Reisen mitbrachte. Tatsächlich war es aber auch kein Spiegel in dem Sinne. Er bestand nämlich nicht aus einem polierten Glas hinter dem eine Lichtundurchlässige Platte fixiert war.
Die letzte Reise Oliver Gardners führte ihn mit einer Gruppe von Altertumsforschern in die frostige Eiswüste Grönlands, von der gesagt wird sie sei gefährlicher zu bereisen als die Wüsten Arabiens, und würde mehr dunkle Geheimnisse bewahren als die Berge Chinas oder die von Inzest und Fanatismus zerfressenen Gebiete Norddeutschlands.
Auf oben genannter Reise wollte ein gewisser Professor Harsther einer Spur nachgehen, die er in den alten Aklo-Lettern fand, welche angeblich noch älter sein sollen als die Zehn Gebote. Diese rätselhaften Manuskripte, deren wirklicher Ursprung tatsächlich ungeklärt ist, wurden seit 1809 nur für jene aus dem geschlossenen Bereich geholt, die einen tadellosen Ruf und genügend Reputation besaßen. .
Nun, Professor Harsther war ein solcher Mann von Macht und Einfluss und nachdem er die Aklo-Lettern studiert hatte, warb er den jungen Gardner als Kunstsachverständigen an.
Das erklärte Ziel dieser Expedition war es, die Spuren einer verschollenen Zivilisation ausfindig zu machen, über die in den Aklo-Lettern geschrieben stand, das sie mit Maus und Mann von den vor Jahrhunderten in Grönland eingewanderten Asiaten ausgerottet worden waren, nachdem diese gewisse, nicht näher beschriebene Kulte unter ihnen entdeckt hatten.
Von dieser Expedition kehrte mein Freund Oliver Gardner innerlich zerrüttet und um einige Narben reicher zurück. Er fand sich so geschwächt, dass er ein halbes Jahr lang alle Kontaktversuche abschmetterte, sich ganz in die Obhut seiner wohlsorgenden Frau gab, die ihm duldsam wieder zu Kräften half. Als er sich nach seiner Rekonvaleszenz stark genug fühlte wieder ins gesellschaftliche Leben zurückzukehren, war ich einer der ersten Menschen an die er sich wandte. Und nicht nur aus privaten und freundschaftlichen Gründen, sondern auch aus geschäftlichen.
Das erste was ich von Oliver Gardner nach seiner Wiederkehr sah, war ein kurzer Brief in dem er mich bat in der auf das Absendedatum folgenden Woche, am Montag, den 29. April 1887, bei ihm als Gast zu erscheinen, denn er würde mich und mein Fachwissen gerne als Unterstützung bei der Klassifizierung und Datierung eines aus dem Eis geborgenen Fundes hinzuziehen.
Ich fand mich außerordentlich froh und erleichtert darüber, das Gardner heil in den Staaten angekommen war, denn es geschah damals nur allzu oft, das Reisende, die solche Gegenden wie er aufsuchten, nicht wieder von dort zurückkamen.
Nach Ablauf der Woche begab ich mich in einer Kutsche zu seinem Haus, wo er und seine Frau mich mit überschwänglicher aber ehrlicher Freude am späten Nachmittag empfingen. Mit Clara Gardner hatte ich während Olivers Reisen regelmäßigen Briefkontakt. Wir setzten uns in dem viktorianisch eingerichteten Salon des Hauses vor ein züngelndes Kaminfeuer, dessen Licht und Wärme zusammen mit den schweren, dunklen Möbeln eine ruhige aber lastende Atmosphäre schufen.
Clara Gardner bereitete uns Grog zu und füllte mir ein Glas. Ich atmete den Duft genießerisch ein, trank langsam und ließ den braunen Kandis unter dem Glasstößel knirschen.
Wir unterhielten uns bis in die Abendstunden, wobei, wie mir schien, sowohl Gardner als auch seine Frau darauf achteten das Gespräch nicht auf die Grönland-Reise kommen zu lassen. Aus naheliegenden Gründen akzeptierte ich vorerst diese unausgesprochene Bitte - stillschweigend und ohne sie zu hinterfragen.
Schließlich entschuldigte sich Gardners Frau, denn sie hatte am folgenden Tag auswärts zu tun und musste für ihre Unternehmungen ausgeruht sein. Gardner und ich blieben alleine zurück.
Ich sprach ihn direkt auf seine jüngste Reise an, was sich jedoch als Fehler herausstellte, denn die vormals gemütliche Stimmung schwang augenblicklich in eine von formlosen Schatten überlagerte Kälte um.
Hier kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass sich in diesem Hause etwas Dunkles unter der Freundlichkeit vorspielenden Oberfläche verbarg. Ich war jedoch so taktvoll umgehend das Thema zu wechseln und sprach meinen Freund auf den Brief an, den er mir hatte schicken lassen, dass er darin Arbeit erwähnte, die er mit mir zu teilen gedächte. Sogleich hellte sich meines Freundes Gesicht auf und der sonderbar unmenschliche Gesichtsausdruck war nur noch ein böser Traum, der die klamme Erinnerung an sich mit dem Erwachen von Gardners gelöster Laune unwirklich erscheinen ließ.
Er habe tatsächlich etwas in Grönland gefunden von dem er dächte, es könne einiges Aufsehen erregen, wenn er sich dazu entscheiden sollte es auszustellen.
Ich fragte ihn weshalb erst darüber nachzusinnen sei, präsentierte er doch meist sofort nach der ersten Begutachtung durch sich selbst oder meine Person fast jedes Stück Kunst, das er auftreiben konnte, der Öffentlichkeit. Sein Zögern, so verriet mir mein Freund, rühre von den Ereignissen her, über die er nicht sprechen könne, da die Zeitspanne zwischen ihnen und seiner Rückkehr noch zu gering war. Plötzlich schwangen seine Laune und die Atmosphäre im Raum wieder um und er bat mich mit feierlichen Worten und ausladenden Gesten, mit ihm in den kühlen, weitläufigen Keller des Hauses hinabzusteigen, in welchem er seine gehorteten Schätze und Kleinode bewahrte.
Voller Erwartung und Neugierde folgte ich meinem Freund die Stiege zum Keller hinab. Wir passierten den von kaltem Gaslicht erhellten Flurgang, an dessen Ende mein Gastgeber eine schwere Eichentür mit einem Messingschlüssel aufriegelte.
Der Raum den wir betraten war offensichtlich nachträglich dem Keller hinzugefügt worden. Er hatte die Form einer Halbsphäre, die von zwei sich rechtwinklig kreuzenden Bögen gestützt wurde.
Abnorm große Sandsteinkacheln bedeckten die Wände, hinter denen sich jedoch, wie Gardner mir sagte, einfache Ziegel verbargen, bis hoch zu der sich sanft verjüngenden Spitze. Bei dieser Gelegenheit eröffnete er mir auch, dass er mehrere Gemälde angefertigt habe, die allesamt sehr phantasievollen aber schrecklichen, zyklopischen Landschaften zeigten und dass er mir diese nach dem Spiegel zeigen würde, da ihre Bedeutung dann erst ganz zum Tragen käme. Es wäre eine Bildserie mit dem Namen „Heimkehr“. Während ich den Raum betrachtete willigte ich in seinen Vorschlag ein.
Zwölf mit Leintüchern verhangene Vitrinen standen in einem Halbkreis um die Mitte des Raumes. Im hinteren Teil erblickte ich eine druidische Opferbahre, dessen Rand eine Fingertiefe Rille umlief, die in einer kleinen Tülle endete.
Zuerst erschrak ich darüber das mein Freund in seinem Keller einen vorchristlichen Opferaltar als Schreibtisch benutzte aber als ich ihn darauf ansprach, beruhigte er mich, indem er mir versicherte, das groteske Möbel sei nur eine einfache Nachbildung und nie hätte ein Mensch sein Blut darüber vergossen. Dann lenkte Gardner meinen Blick auf eine unbeleuchtete Nische hinter dem Schreibtisch.
In ihr befand sich ein Gegenstand der mit schwerem Leinentuch umhüllt war.
Ich spürte dass der Alkohol zu wirken begann, denn ich musste mir kräftig den Kopf reiben um eine aufkommende Müdigkeit zu vertreiben. Gardner umrundete das Ungetüm von Schreibtisch und riss das Leintuch von dem Objekt herunter.
„Der Spiegel von Leng!“
Donnerte er mit hoher Stimme, der etwas allzu hysterisches anhaftete. Mir war als durchführe meinen Körper ein frostiger Windstoß, der im Vorbeiziehen jede Faser meines Inneren umschloss und gefror.
Was ich vor mir sah war kein Spiegel, sondern eine unförmige Struktur aus zu Glas gebranntem Stein, die nur schwach das dämmrige Gaslicht reflektierte und von schwarz glänzendem Lavastein umschlossen war.
Der äussere Rand beschrieb wahnwitzige Kurven, Zacken und Einkerbungen. Ich hatte den Eindruck als wäre dieser Rahmen direkt um die merkwürdige Struktur herumgeflossen und erkaltet. Doch das eigentlich monströse war die spiegelnde Fläche selber. Es war keine ebene Fläche, die einem den Blick auf das gespiegelte erlaubte. Sie besaß, eben wie der Rahmen, Zacken und Täler, die wie Stalaktiten aussahen, und dem Gebilde so den Anschein des topographischen Models eines extrem zerklüfteten Gebirges gaben. Mir wurde schwindelig als ich in die abstoßende Unmöglichkeit blickte, die Gardner so unbedacht einen Spiegel nannte.
Mein Blick verschwamm, ich schwankte. Undeutlich sah ich wie Gardner mit erschrockener Miene auf mich zu rannte, um mich aufzufangen, bevor er mich erreichte umarmte mich das Dunkel der Ohnmacht. MARKE
Ich erwachte auf dem roten Ledersofa, blickte in Gardners Augen und vernahm, noch immer halb bewusstlos, unmenschliche Schreie und wahnverzerrtes Gebrüll. Das ich selbst es war, der da raste, wurde mir erst bewusst als Gardner meinen Namen rief.
Clara stand mit erschrockener Miene neben ihm und reichte mir ein Glas Wasser, nachdem es den beiden gelungen war, mich wieder zu beruhigen.
Gardner behauptete ich hätte beim Anblick des Spiegels einen Nervenzusammenbruch erlitten und wäre in Ohnmacht gefallen, wonach er mich ins Wohnzimmer getragen hätte. Eine ganze Stunde hätte ich friedlich geschlafen und dann unvermittelt angefangen Laute des Widerwillens von mir zu geben, die sich in panische schreie steigerten; ganz so, als fielen die Heerscharen des Leibhaftigen selbst über mich her.
Sorgenvoll erkundigte sich Clara ob sie einen Arzt rufen solle, was ich aber ablehnte. Denn ich fühlte mich inzwischen soweit erholt dass ich den Besuch eines Arztes nicht mehr für nötig hielt.
Nachdem ich sie davon überzeugt hatte dass ich in Ordnung war und meine Entschuldigung für die peinliche Störung angenommen hatte, ging Clara wieder nach oben und ließ mich abermals mit Gardner allein zurück.
Mein Freund entschuldigte sich dafür mich dem Anblick des fremdartigen Artefaktes so plötzlich und schonungslos ausgesetzt zu haben und zeigte sich tief betroffen von diesem Vorfall. Seine Gemälde wollte er mir nach diesem Schrecken ein anderes Mal zeigen.
Um die verlegene Situation aufzulösen, sprach ich ihn auf die erwähnte Arbeit an.
Dankbar über den Themenwechsel erzählte er, dass der Spiegel von Leng mit einer alten Legende aus den Pnakotischen Handschriften verbunden sei, welche einst im Land Lomar geschrieben wurden.
Gardner erzählte mir noch von ähnlichen Andeutungen in alten mongolischen Berichten aus der Zeit der Khmerkriege, und das er vorhabe mit meiner Mithilfe das Geheimnis des Spiegels zu ergründen. Ohne Umschweife willigte ich ein.
Wir unterhielten uns noch über ältere Legenden und Geschichten, ohne noch einmal über den Spiegel, meinen Anfall oder die Expedition zu sprechen und einigten uns darauf, das Gardner mir am nächsten Tag seine Unterlagen zusenden würde, damit ich direkt mit der Arbeit anfangen könnte.
Um Vier Uhr in der Früh nahm ich eine Droschke nach Hause um in einen tiefen und traumlosen Schlaf zu stürzen.

2.
Ich erwachte am Mittag des nächsten Tages in von Feuchtigkeit durchtränkten Laken. Noch halb benommen schlug die Decke beiseite und fing sogleich an zu frösteln, obwohl das Fenster fest geschlossen und der Raum gut geheizt war. Ich schrieb die Kälte in meinem Körper dem Alkohol der vergangenen Nacht zu und verbrachte den Tag über einigen Büchern, welche Artikel über vorchristliche Artefakte enthielten.
Es war gegen elf Uhr dreißig als Gardner anrief und mir ausrichtete, das sich ein Bote mit der Bezahlung und den wenigen Notizen die er über den Spiegel angefertigt hatte, auf dem Weg zu mir befand, der in etwas über einer Stunde bei mir eintreffen sollte.
Zuerst verwirrte mich der Anruf, doch dann kam die Erinnerung an den
vergangenen Abend. Ich fragte Gardner ob er sich betreffend einer Ausstellung des Spiegels bereits Gedanken gemacht hätte.
Gardner antwortete das er zu dem Schluss gekommen sei, das Stück im Arkham Museum for ancient arts aufzustellen zu lassen, sobald ich es erst katalogisiert und verifiziert hätte. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, setzte ich mich nachdenklich wieder über meine Bücher.
Eine Stunde später überreichte der gesandte Botenjunge eine dünne Mappe zusammengebundener loser Blätter. Eilig durchtrennte ich die Kordel. Dabei fiel mir ein Zettel entgegen, ein kurzer Brief aus meines Freundes Feder, in dem er mir schrieb es täte ihm außerordentlich leid was in der vergangenen Nacht geschehen war, wofür er sich abermals entschuldigte. Weiterhin schrieb er es wäre noch zu anstrengend für ihn über die Expedition zu sprechen. Deshalb hätte er mit den Unterlagen sein Expeditionstagebuch an mich geschickt, um mir auf diese Weise von den höllischen Ereignissen auf seiner Reise durch das Eis zu berichten.
Als Abschluss bedankte er sich im Voraus für die ausgezeichnete Arbeit die ich leisten würde.
Das Expeditionstagebuch war schnell gefunden, da es anscheinend den Großteil der von Gardner geschickten Notizen ausmachte. Es war kurz vor Ein Uhr mittags als ich zu lesen begann. Ich werde hier jedoch nur die Teile des Tagesbuches wiedergeben, die wichtige Elemente für das Verständnis aktueller und späterer Entwicklungen enthalten:

14.Januar 1937 20.17 -46°Celsius
Nordlichter am Himmel zu sehen. HIER! Genau über uns. Hamsun spricht von Magnetfeldern der Erde und Luftspiegellungen in den oberen Atmosphären. Ich habe Alpträume. Professor Harsther macht mir Sorgen, ich vertraue ihm nicht. War in seinem Zelt und habe eine Markierung auf seiner Karte sehen können. Der Punkt war zweihundert Meilen von unserer Position entfernt, ich frage mich wie wir mit unseren unzureichenden Ressourcen bis dahin durchhalten sollen und was dann wird. Einige fragen sich ob der Proviant reicht. Es ist Bitterkalt. Frost wächst durch die Kleidung, gräbt wurzeln ins Fleisch. Ich vermisse dich...

19. Januar 1937 21.37 -41°Celsius
Wieder sind zwei Hunde tot. Vor Erschöpfung gestorben. Jetzt schaffen wir es nicht mehr den Zeitplan einzuhalten. Der Meteorologe Hamsun hat eine Versammlung einberufen, es gab Streit zwischen ihm und Professor Harsther. Hamsun meint die Temperaturen werden sinken und wenn das stimmt sind wir verloren. Harsther setzte sich durch, indem er mehr Geld versprach. Goodhill hat unsere Position per Funk durchgegeben. Harsther sagte so gut wie nichts mehr seit wir die ersten dreißig Meilen hinter uns hatten.

26. Januar 1937 16.47 -60°Celsius
Wir sind tatsächlich da. Hamsuns Arm schmerzt. Dr. Kerner stellte einen Krampf fest, nichts Ernstes. Harsther kümmert das anscheinend wenig. Hier ist ein Loch im Eis mit einer Höhle darunter, in dessen Eingang wir das Lager aufgeschlagen haben. In je drei Schichten graben wir den Gang frei. Eis hart wie Beton. Schwitze, aber die Kälte kriecht unter die Kleidung. Wieso ist es derartig kalt? Solche Temperaturen sind nicht normal. Wir müssen uns beeilen um nicht zu erfrieren.

27. Januar 1937 7.14 -64°Celsius draußen -35 in der Höhle
Der Gang war nur vorne verschüttet, was unheimlich ist, wenn man bedenkt wie unendlich alt dieses Eisloch sein muss. Harsther ist außer sich, redet dauernd von etwas das er Yith nennt. Nie gehört. Eine alte Stätte? Verschiedene Zeichen im Eis. Einige die wie Runen aussehen und Piktogramme, andere... (unleserlich) Weiter hinten ist eine größere Kaverne, in der wir unser Lager aufgeschlagen haben. Wir konnten sogar ein Feuer entfachen. Die beiden Inuit sind geflohen, weis der Teufel was sie dazu getrieben hat raus in das Eis zu laufen. Ihr Tod ist gewiss. Ein subtiler, enervierender Gestank dringt aus dem Inneren der Höhle, sein Ursprung ist allen ein großes Rätsel. Wir wissen nur dass es kein Grubengas ist. Was ist tiefer in der Höhle? In Zwei Stunden brechen wir auf.

9.50 -10°Celsius
Dieser Gestank ist unerträglich! Wir erreichten das Ende des Eisstollens als dieser unversehens in eine steinerne Höhle von unüberschaubaren Ausmaßen überging. Die Wände sind vom Boden bis zum Rand mit den gleichen Piktogrammen bedeckt, die wir bereits im Stolleneingang bemerkten. Harsther untersucht die Zeichen, stammelt vor sich hin und macht sich Notizen. Er hat einen großen Ordner voller Zeitungsausschnitte und eigener Manuskripte aus seinen Kleiderschichten zutage gefördert und überträgt die Symbole in diese Sammlung loser Blätter. Hamsun, Kerner und ich besahen uns eine knöchelhohe Steinplatte, die in der Mitte der Höhle in den Boden eingesenkt ist. Unter uns muss es also noch eine weitere Höhle geben.

12.54
Wir haben darüber Nachgedacht wie wir die Steinplatte anheben können. Hamsun meint, wir könnten es mit den Brecheisen versuchen, doch dieser Vorschlag scheint mir in Anbetracht der Tatsache dass die Platte einen Durchmesser von drei Metern hat, absolut unbrauchbar. Kerner jedoch erdachte eine Strebenkonstruktion, deren Funktion im Prinzip auf einen Flaschenzug hinausläuft. Die Sechzehn verbliebenden Schlittenhunde sollten keine großen Probleme haben die Platte mit dessen Hilfe anzuheben.
Gerade sind sie dabei unter Kerner Anleitung die Strebenkonstruktion fertig zu stellen. Die meisten haben sich inzwischen mit Lebertran getränkte Stoffe in die Nase gesteckt um den Gestank nicht mehr riechen zu müssen.
Trotzdem bin ich nicht weniger beunruhigt als heute Morgen, im Gegenteil. Dr. Kerner hat ein paar Knochen gefunden, die wir anderen für simple Steine hielten. Zwar erinnerten die Überreste den Arzt an Mittelhandknochen, doch er vermochte sie nicht eindeutig der menschlichen Spezies zuzuordnen.
Er meint, die Knochen wären um einiges zu groß für einen Menschen, selbst für einen außerordentlich großen und schweren. Eine weitere Kuriosität war, das sie äußerst seltsame, eckige Winkel besaßen, die der Bewegung einer Hand nur abträglich sein konnten.
Professor Harsther schwebt in seinem eigenen siebten Himmel. Er meint nun den absoluten Beweis für die Existenz seiner Zivilisation gefunden zu haben. Kerner fragt sich nun, genau wie wir anderen auch, wo der Rest des Skelettes verblieb.
Vielleicht werden wir unter der Steinplatte fündig. Aber wenn ja, weshalb lagen die paar Knochen die wir bereits gefunden haben hier oben?
Ich muss aufhören zu schreiben, der Flaschenzug ist fertig.

Der nächste und letzte Eintrag des kurzen Reisetagebuches ist mit dem 7. Februar 1937 gekennzeichnet, es scheint mir allerdings keineswegs sicher zu sein, das dies das exakte Datum des Tages war, denn zum Zeitpunkt der Niederschrift befand sich Gardner in einem schweren Schockzustand.
Ihm wurde nur deshalb erlaubt zu schreiben, da die Ärzte und Psychiater es als einzige Möglichkeit ansahen um eine ungefähre Vorstellung von den nebulösen Geschehnissen zwischen dem 27. Januar und dem 6. Februar zu bekommen, da keiner der Überlebenden auf Ansprache reagierte. Gardner, Harsther und Goodhill wurden am Abend des 6. Februar von einem Suchtrupp gefunden, der ausgehend von Goodhills letztem Funkspruch sich auf die Suche gemacht hatte, nachdem die Harsther Expedition zwei Tage lang nicht mehr auf die täglichen Funksprüche reagierte.

7. Feb.
Dort unten war alles dunkel, wenn die Zeichen uns nicht (unleserlich). Doch immerhin habe ich den Spiegel retten können. Was mit dem Arzt geschehen ist war vorherbestimmt, wie auch unsere Rückkehr vorherbestimmt war. Das Ding in der Säulenhalle ließ uns gehen, (unleserlich). Die Stimmen in der Dunkelheit, die Winkel und Kurven im Innern waren nicht (unleserlich). Cthulhu Ftagn, Fnaglaf R’lyeh.
Ich fühle mich jetzt anders, viel besser als gestern.

Hier endete der kurze Bericht. Ich blätterte atemlos ein paar Seiten weiter, doch die Ereignisse zwischen dem 27. Januar und dem 06. Februar waren entweder nicht dokumentiert worden oder jemand hatte sie entfernt.
Angespannt verharrte ich über dem letzten Eintrag des Reiseberichts. Nachdem ich mich aus der Starre gelöst hatte rief ich als erstes bei Gardner an. Ungeduldig wartete ich einige Zeit, doch auch nach mehrmaligem Klingeln hob bei den Gardners niemand den Hörer von der Gabel. So beschloss ich, es später noch einmal zu versuchen. Besorgt kehrte ich an den Schreibtisch zurück und nahm die Lektur wieder auf. Auf der nächsten Seite hatte jemand etwas mit Bleistift geschriebenes ausradiert, wobei mir zu denken gab, das sich auf der gegenüberliegenden Seite eine grobe Skizze des abartigen Spiegels fand.
Hatte hier jemand etwas über den Hintergrund dieser Abscheulichkeit notiert? Ob dieses Verdachtes streute ich etwas Grafit über das Papier und verrieb es. Zu meinem Erstaunen offenbarte sich durch diesen alten Trick ein kurzer lateinischer Text:

Und das Bild wird wandeln in den Spuren der sehenden auf immerdar, wird durch seinen fürchterlichen Schattenwurf die Barrieren des Randes brechen um die, die Dahinter warten zu befreien aus ihrem Kerker von Zeit und Raum. Das Bild aber wird Schleifen die Türme und brechen die Tore einer jeden Festung die auf seinem Wege, um sich zu mehren bis eines Tages kein Mensch mehr weilt auf dieser Seite.

Diesen beunruhigenden und verwirrenden kurzen Text versuchte ich vergebens den verschiedenen Autoren der Antike zuzuordnen, bis ich schließlich auf die fixe Idee kam mich bei meiner Suche auf jene wenigen Schriften zu konzentrieren die vorchristlichen Ursprungs waren. Schließlich entdeckte ich in einer expurgierten Fassung des Die schwarzen Kulte, einen ganz ähnlichen Passus, welcher jedoch zu sehr gekürzt und zensiert war, um weiteres daraus über den unweltlichen Spiegel und seinen rätselhaften Hintergrund zu erfahren. Da ich annahm das Gardner mehr wüsste als ich dem Buch entnehmen konnte, und meine Besorgnis um seinen Geistweszustand mit jeder gelesenen Zeile – besonders mit dem nach seiner Rettung geschriebenen Text – stieg, versuchte ich noch einmal ihn zu erreichen. Doch weder am Telefon noch auf einen eilig losgeschickten Boten meldete sich Gardner, weswegen ich beschloss am Abend bei ihm vorbeizuschauen. Unruhig las ich noch ein wenig in Ludvig Prinns Die schwarzen Kulte, dann begab ich mich wieder an Gardners Material, fand aber nur noch Aufstellungslisten der Ausrüstung und eine Liste der Teilnehmer und Geldgeber der von Katastrophen heimgesuchten Expedition.

Es muss gegen halb vier am Nachmittag gewesen sein, als sich eine unnatürliche Müdigkeit meiner bemächtigte und mich zwang in meinem Bett etwas auszuruhen. Ich schwebte schon fast über die Schwelle des Schlafes als ich auf dem Flur vor meinem Schlafzimmer Schritte hörte, gleich darauf öffnete sich wie von Geisterhand die Zimmertür. Ich wollte mich aufrichten, wurde aber von einer Welle übelsten Gestanks niedergedrückt. Im Türrahmen stand Gardners Frau Clara, in einem weiten, grünblauen Kleid, das bis auf den Boden reichte. Ihre Lider geschlossen. Der widerliche Gestank verstärkte sich immer noch und nahm mir fast den Atem, füllte meine Lunge mit fast massiver Intensität. Sie machte kein einziges Geräusch, sprach kein einziges Wort. Langsam richtete ich mich auf und wollte Clara in die Augen sehen als sie den Blick hob. Da wusste ich, dass ich das einzige menschliche Wesen in dem Raum war. Ich sagte mir im Geiste dass dies nur ein Traum sei und gab mich mit meiner passiven Rolle darin zufrieden. Das Geschöpf öffnete einen Mund der weder Zunge noch Zähne besaß, eine einzige rote Höhle klaffte dort. Es begann Laute von sich zu geben, das zirpendes Knacken einer wütenden Klapperschlange und der Gestank verschärften sich unerträglich. Dann löste sich das Kleid auf und der nackte, geschlechtslose Körper des Dings zerfiel und deformierte sich auf eine solch grauenhafte Weise, das ich es hier unmöglich wiedergeben kann. Entsetzt gab ich jede Hoffnung auf mein Leben auf, bangte nur noch um das Heil meiner unsterblichen Seele, während das unbeschreibliche Ding aus Fäden und Fleischballungen auf mein Bett kroch und seine Schneckenhaften Fühler über mein Gesicht fahren ließ. Das letzte woran ich mich erinnere, bevor ich das Bewusstsein verlor, war die Stimme. Ich bin nicht sicher ob es wirklich eine Stimme war, denn was ich hörte - oder besser gesagt wahrnahm - schien überall rings um mich zu sein, so mächtig war der Ausdruck. Doch hier niederzuschreiben was die Stimme mir eingab wage ich selbst jetzt nicht.

3.
Mit einem Wimmern auf den Lippen erwachte ich in einem völlig zerwühlten Bett.
Die Welt schien sich zu drehen als ich mich langsam aufrichtete, vor meinem Kopf schien ein Schleier aus Dunst zu schweben. Ein Traum, ein Traum, fast intonierte ich die Worte um die scheußlich unbarmherzige Eindrücklichkeit der perversen Vision zu bannen. Aus welcher Untiefe des Unterbewusstseins sie aufgetaucht war – und weshalb darin Clara Gardner als monströse Ausgeburt erschien - konnte ich mir nicht erklären. Möglicherweise hing der Nachtmahr aber mit der ihm vorangegangenen Lektüre der lückenhaften und abseitigen Papiere Gardners zusammen. Bei der Expedition waren Menschen und Tiere umgekommen, es gab keine Aufzeichnungen über die Geschehnisse unterhalb der Steinplatte und mein Freund hatte einen Schweren Zusammenbruch erlitten. Und da war noch der unheimliche Spiegel selbst. War er unter der Steinplatte gewesen? Es wurde höchste Zeit mit Gardner zu reden.
Eilig zog ich mich an und packte den mit Bleistift wieder hergestellten Text in eine lederne Dokumentenmappe, um dieses Indiz meinem Freund zu zeigen.
Ich warf mir meinen Regenmantel über und trat vor die Haustür. Es regnete als würde eine zweite Sintflut bevorstehen, dicke Tropfen prasselten auf mich nieder. Trotz des schrecklichen Wetters waren viele Menschen unterwegs.
Ich hatte noch keine zwei Schritte getan, da fasste mich eine Hand leicht an der Schulter. Überrascht drehte ich mich in der Erwartung eines verirrten Passanten oder Bettlers um. Meine Überraschung wandelte sich in Verwirrung, als ich den fremden Mann mit den abstoßend markanten Zügen sah, der vor mir stand.
Er entschuldigte sich für sein überfallartiges Benehmen und stellte sich selbst als Jonas Goodhill vor, der eben gerade auf der Suche nach einem alten Freund war, der auch mir bekannt sein dürfte. Namentlich einem gewissen Oliver Gardner.
Meine Skepsis war sprichwörtlich, denn Gardner selbst hatte in seinem Tagebuch ein eher zwielichtiges Bild Jonas Goodhills umrissen.
Ein irgendwie unergründlicher Blick ruhte auf mir, die Statur des Mannes war klein und schmächtig. Ich empfand sofort eine deutliche Abneigung gegen den Mann. Indes zwang mich die in mir erwachte Neugierde dazu, ihm nicht gleich wieder den Rücken zu kehren und so fragte ich nach seinem Begehr.
Goodhill druckste eine Weile nervös herum, so das ich fand er habe etwas auf dem Herzen das er nicht sofort gewillt war mir mitzuteilen. Da ich mich in der Absicht Gardner aufzusuchen aus dem Haus begeben hatte und diesem unbekannten Menschen, dessen Absichten ich nicht kannte, nicht zu trauen gewillt war, schien es mir ratsam ihn nicht auch noch direkt zu Gardner zu führen. So bat ich ihn in ein nahes Café in dem ich bekannt war. Zumindest, so dachte ich, wäre es interessant etwas darüber herauszufinden, was Goodhill jetzt noch von meinem Freund wollte. Wir setzten uns in den Rauchersalon und stopften jeder seine Pfeife, wobei Goodhill einen exotischen Tabak benutzte, der ein eigentümliches Aroma verbreitete und von fernen Gestaden kündete. Goodhill entschuldigte sich für sein Benehmen und gab zu, seit seiner eigenen Genesung von der gräulichen Reise in der Tat auf der Suche nach Gardner zu sein, der sich jedoch nicht so leicht finden ließ wie Goodhill es erwartete.
Nirgends wäre an eine Adresse von ihm zu kommen, in seinem Antiquariat nahm man zwar freundlich Briefe und Nachrichten entgegen, jedoch war es offensichtlich das nichts davon auf Gardners Schreibtisch landete - bekam Goodhill doch nie eine Antwort auf seine Kontaktversuche.
Auf mich stieß Jonas Goodhill beim Lesen eines Artikels über Gardner, in dem auch mein Name auftauchte. Es sei verhältnismäßig leicht gewesen mich ausfindig zu machen, da ich in bestimmten Kreisen der Stadt eine relative Bekanntschaft genoss, so sagte Goodhill, und entschuldigte sich ein weiteres Mal für sein ungebührliches Verhalten in der Sache.
Er gestand verzweifelt und verängstigt zu sein, da bestimmte Vorgänge und Zeichen auf etwas böses und widernatürliches hindeuten würden, das sich nach seinen Worten eben jetzt in eben dieser Stadt vollzog und dessen Höhepunkt in Kürze zu erwarten wäre, wenn es nicht gelänge diesen zu verhindern.
Schweigend lauschte ich den hanebüchenen Ausführungen der verirrten Seele. Ich war nun beinahe überzeugt es mit einem dem Wahn anheim gefallenen irren zu tun zu haben, weshalb ich froh war mich mit diesem in der Öffentlichkeit zu befinden.
Goodhill fragte was ich über die Expedition wusste. Ich erzählte ihm in zurückhaltender Rede die gröbsten Fakten, soweit sie mir vertraut waren, gab zu bedenken unter welchem emotionalen und physischen Stress die Teilnehmer gestanden haben mussten und tat jede Beteiligung übernatürlichen Hokuspokus als Halluzinationen und Hysterie ab. Des Weiteren erwähnte ich meinen Besuch bei Gardner und beschrieb auch den Spiegel selbst.
Goodhill erwiderte eine Zeit lang nichts, musterte mich lediglich mit ausdrucksloser Mine. Er bemerkte nicht einmal dass seine Pfeife ausgegangen war.
Dann erschreckte er mich indem er mich fragte ob ich in der vergangenen Nacht schlecht geträumt hätte und ob dieser Alptraum mit einem widerlichen Gestanks einherging. Ich war für kurze Zeit völlig sprachlos, fragte mich woher dieser Mensch wissen konnte, was mir widerfahren war. Goodhill rutschte in seinem Clubsessel unruhig hin und her, betrachtete mich einen Augenblick und hob dann, ohne eine Antwort abzuwarten zum sprechen an.
Die Worte Goodhills markierten den Wendepunkt in den Ereignissen jener Tage, die von da an mehr einem phantasmagorischen Alptraum glichen als einem Abenteuer in den phantastischen Gefilden dieser Welt. Ich kann nicht beschwören das ich seine Rede hier wortgetreu wiedergebe habe, denn seit jenem Tag hat viel ungeheures und Wahnsinniges seine Erfüllung gefunden. Doch werde ich mich sehr Bemühen das was Goodhill mir in dem Rauchersalon jenes Cafés enthüllte, so gut wie ich es vermag niederzuschreiben.

„Merrick, durch Umstände auf die ich jetzt nicht näher eingehen kann, gelangte ich einst in den Besitz des Liber arcanum Mysteriis. Unzweifelhaft ist ihnen die Natur des Bandes bekannt. In ihm steht ein Passus über einen See aus dem toten Saft des Wanderers, der sich tief im Terra incognita der Antarktis befinden soll, und in dem eine Vielzahl der Lebewesen dieses Planeten ihren Ursprung hat. Der Ursprung des Sees selbst sei ein Wesen, das in dem Buch als Morgyath bezeichnet wird, ein Wesen, das als so titanisch beschrieben wird, dass es den Himmel von einem Horizont zum anderen bedecken würde. Einst wäre der Morgyath ein reisender zwischen den Sternen gewesen, doch als er nach Äonen von Unendlichkeiten starb, ließ er seine Masse auf den harten Boden unserer gerade erkalteten Erde sickern, wo er sich ein Totenbett aus Eis und Felsen schuf, so groß und gigantisch, das es fast bis in den Raum selbst reichte. Der Wanderer zerfiel in seinem Todeskampf, oder vielmehr verflüssigte sich nach seinem Tode. Aus seinem Körper entstand der weiße See, hinter dem gemiedenen Plateau von Leng.
Eben dieser See ist es, der im Liber arcanum Mysteriis als die Quelle der meisten Lebewesen auf unserem Planeten genannt wird. Auch wir Menschen sollen demnach aus dem toten Körper des Sternenwesens hervorgegangen sein. Doch brachte das gestorbene Wesen auch noch andere hervor, Wesen die da kamen um zu fressen und zu wüten auf das einst nichts mehr wäre oder jemals war. Bezüglich dieser Wesenheiten hält das Buch sich leider seltsam bedeckt, es deutet nur an und umschreibt, was die Natur dieser Wesen sein könnte, doch heißt es in einem anderen Passus, der äußerst beunruhigend und auf die aktuellen Ereignisse bezogen geradezu beängstigend ist:

Der Saft des Morgyath erstarrte und gebar Sie, doch waren Sie anders als der Mensch und anders als das Tier. Da Sie sind weder Energie noch Materie, welche ist eine Form von Energie. Und gibt ein Gegenstand oder ein tiefes Wasser ihr Bild wieder, so steigt es daraus hervor und erwachte zum Leben. Doch dafür musste hernach etwas von hier nach dem draußen gehen, da sonst das lebende Bildnis verbleicht. Bald schufen Sie aus dem erstarrten Saft an den Ufern des Sees unsägliche Blasphemien und machten, dass diese eklen Dinge zeigten was war, damit Sie sich mehrten. Für ein jedes neue Bild brachten Sie ein Opfer dar, und es war gleich welcher Natur. Dann waren Sie nur noch wenige und da wandelten Sie über die Welt und gaben den Menschen, welche von Ihnen als Götter verehrt wurden die Spiegel, auf das Sie einst zu zurückkehren würden um zu herrschen. Fortan brachten fürchterliche Kulte den Spiegeln ihre Opfer und nicht selten waren es sie selbst die sich opferten um die Wiederkehr Ihrer Rasse herbeizuführen.

Ich weis das vieles davon unverständlich ist und scheinbar nicht mehr als der geistige Erguss eines Wahnsinnigen. Aber verdammt! Merrick, ich komme jetzt nicht mehr darum hin den Verdacht zu haben, das jener Spiegel, den der arme Gardner bei sich zu Hause hat, eines jener eklen Dinge ist, von denen das Liber arcanum Mysteriis spricht. Ich sehe ihren Unglauben, er steht ihnen auf die Stirn geschrieben wie das Mene Mene Tekel Upharsim an der Wand. Aber lassen sie mich erzählen auf welche Weise wir damals den Spiegel entdeckten.“

An dieser Stelle hob ich die Hand und gebot Goodhill Einhalt in seiner Rede. Ich lobte ihn spöttisch, wie spielend er es zuwege brachte das Phantastische als einen natürlichen Teil der Sicht eines rein mechanistischen Universums darzustellen und gab meinen Unglauben zu. Jedoch war das anfängliche Gefühl der Abneigung gegen den Mann abgeflaut und ich hatte mich etwas beruhigt. Ich erzählte Goodhill nun etwas ausführlicher was ich über den Spiegel und die Expedition wusste und gab ihm eine stark geraffte Fassung von Gardners Expeditionstagebuch. Goodhill schien keineswegs beunruhigt als er erfuhr, das einige Seiten - die auf denen Gardner die Geschehnisse nach der Hebung der Steinplatte dokumentiert hatte - daraus entfernt wurden.
Im Gegenteil, er machte eine Miene als habe er eben dies erwartet. Ich bat ihn darum mir nun jenen geheimnisvollen Teil zu erzählen und lauschte dem grauenerregenden Bericht mit steigendem Unbehagen.

4.

„Ich will direkt an jenen Tagebucheintrag anschließen den er schrieb, bevor wir in die Höhlen hinabstiegen. Sie erinnern sich daran das der deutsche Arzt Dr. Kerner eine praktikable Lösung zur Hebung der Steinplatte erdachte, nämlich, sie mit einem Flaschenzug von den Huskys anheben zu lassen.
Nun. Gerade hatten die Tiere ihre Aufgabe erledigt und die Männer die Steinplatte beiseite gezogen, da scharrten sich alle um die freigelegte Öffnung. Gardner hatte Stift und Heft wieder in seinen Sachen verstaut und Professor Harsther stand wie an den Fleck genagelt vor dem dunklen Abgrund, aus dem uns der widerliche Gestank entgegenblies. Einer der Männer warf einen Stein in das Loch, woraufhin wir lauschten, bis wir den Aufschlag hörten.
Danach wies Dr. Kerner einen der Männer an, ein paar Stahlstreben in den porösen Steinboden zu schlagen und eins der armdicken Seile gut daran zu befestigen. An das freie Ende band er eine der Petroleumlampen, die er vorsichtig hinunterließ. Nach einer Weile setzte sie auf dem Boden auf. Wir sahen den beinahe nicht mehr auszumachenden Lichtschein am Grunde schwach leuchten.
Professor Harsther lobte des Doktors regen Geist, was die ersten wohlwollenden Worte waren die ich auf der Expedition von ihm gehört habe.
Nachdem wir also festgestellt hatten das es gute Fünfundsiebzig Meter hinab ging, statteten wir vier - Dr. Kerner, Professor Harsther, Oliver Gardner und ich selbst uns mit Proviant für drei Tage, Geologischem Werkzeug, einem Stoß Papier und Stiften aus, nebst dem restlichen Rüstzeug das wir für die Unternehmung benötigten. Professor Harsther war der erste in der Reihe, danach folgten Gardner und Dr. Kerner. Ich stieg als letzter an dem Seil hinab. Die restlichen Männer verblieben zur Sicherheit an der Öffnung des Schlundes. Sie sollten uns im Notfall nachkommen, wenn wir nach vier Stunden nicht das vereinbarte Lichtzeichen geben würden. Nach Fünfundzwanzig Metern bemerkte ich im Licht meiner Sturmlaterne, das die Wände des Schachtes hier nicht mehr aus behauenem Granit bestanden, sondern aus einfachem Lavastein, der auf unerklärliche Weise in eben der Form einer hohlen Röhre erstarrt war. Unten angekommen nahmen wir die vier Rucksäcke entgegen, welche uns an dem Seil befestigt einzeln heruntergelassen wurden. Dabei ging die zuvor abgeseilte Laterne zu Bruch, was zwar ärgerlich aber nicht weiter schlimm war.
Als erstes leuchteten wir unsere Umgebung aus. Gardner machte uns auf die Überreste einer primitiven Holzleiter aufmerksam, die er und Professor Harsther sofort näher in Augenschein nahmen.
Wir befanden uns in einem abschüssigen Gang von vier Metern Breite und etwa sechs Metern Höhe, dessen Neigung gut und gerne 40° hatte. In den Boden waren Trittstufen gehauen worden. Da unsere Lichtquellen nicht sehr stark waren, sahen wir uns dazu gezwungen uns auf der gesamten Breite des Ganges zu verteilen, um diesen gut auszuleuchten. Professor Harsther und Gardner ließen bald wieder von dem vermoderten Holz ab und suchten in der nahen Umgebung nach weiteren Überbleibseln, doch es war Dr. Kerner der die merkwürdige Mumie fand.
Sie war männlichen Geschlechts und saß in der hintersten Ecke des runden Absatzes auf dem wir uns befanden. Die anderen kamen sofort herbei um das Ding ebenfalls in Augenschein zu nehmen. Alle bemerkten sofort das Fehlen der rechten Hand, was die oben gefundenen Knochen als zu dieser Leiche zugehörig identifizierte. Ich will versuchen den verstörenden Anblick in möglichst einfache Worte zu fassen, damit sie wenigstens eine vage Vorstellung von dem bekommen, was wir da fanden.
Die Mumie saß mit dem Rücken zur Wand, die Arme waren vor der Brust gekreuzt, die Beine fest angezogen und die Füße zeigten fast rechtwinklig nach außen. Der Kopf indes war starr ins Ganginnere gerichtet, ganz, als hätte der tote etwas erwartet. Unsere Überlegungen führten dann auch schließlich zu dem unausweichlichen Schluss, dass die verkrampfte Haltung und die Position des Leichnams eine unaussprechliche Angst vor etwas ausdrückte. Doch was der Gegenstand dieser elementaren Furcht gewesen sein mochte blieb uns verborgen. Professor Harsther fragte sich laut, weshalb der Tote hier unten saß und nicht oben in dem seltsamen mit Reliefs und Schriftzeichen geschmückten Raum.
Dr. Kerner spekulierte, das vielleicht der Ausgang des Schlotes gerade verschlossen wurde, als der Mann ihn verlassen wollte, was auch die Abtrennung der Hand erklären würde, bedenkt man das Gewicht der Steinplatte. Der Mann musste unter großen Schmerzen die Leiter wieder heruntergeklettert oder hinabgestürzt und war hier unten an seiner Verletzung gestorben sein. Aber warum die hastige Schließung des Abstiegs? Weshalb hatte man den Tot dieses Mannes in Kauf genommen? Und was hatte den armen Teufel so erschreckt dass er sich so flach wie möglich an die Wand presste? Diese drei Fragen sahen wir uns außerstande zu beantworten, es sei denn der arme Teufel war als Menschenopfer auserkoren worden. Professor Harsther tobte, als wir uns in zugegebenermaßen müßigen Spekulationen um die Natur dessen ergingen, was das Opfer hätte annehmen sollen, und drängte uns, trotz des faszinierenden Fundes, aufzubrechen. Wir verwünschten uns dafür dass wir keinen der zwei Fotoapparate mitgenommen hatten, was uns aufgrund der Größe und Empfindlichkeit der Apparate unmöglich war. Dr. Kerner gab ein Lichtzeichen nach oben, was unser Signal zum Aufbruch war. Wir stellten uns in einer Reihe auf, so dass wir den Gang auf einer Linie erhellten, damit wir, für den Fall etwaiger weiterer Funde, nichts übersehen würden. Dann machten wir uns vorsichtig an den zweiten Abstieg.
Wir durchliefen den großen Gang langsam und besahen unsere Umgebung mit größter Aufmerksamkeit, spähten in jede noch so seichte Vertiefung und fragten uns wieder nach dem Ursprung des abartigen Geruchs, der unserer Hilfsmaßnahmen zum Trotz wahrnehmbar blieb. Da es unmöglich Grubengas sein konnte, und organische Stoffe seit langer Zeit zersetzt worden wären, bildete dieses Phänomen einen Teil der gespenstisch unheimlichen Atmosphäre. Der Gang endete nach einem ganzen Kilometer vor einem zweiflügligen Tor, das ebenso wie die Leiter aus Holz bestand. Der Linke Flügel war aus den Angeln gebrochen und lag zersplittert im inneren Gang.
Sein Gegenstück war ebenfalls stark beschädigt, lag aber in einem Stück auf dem Boden und wies auf der obenliegenden Seite Spuren von Gewalteinwirkung auf, was uns allen einen Schauder über den Rücken jagte. Was für ein Drama hatte sich hier vor Abertausenden von Jahren abgespielt? Gardner gab der Vermutung Gewicht das sich damals eventuell auch noch andere Menschen hier unten aufgehalten haben könnten, die möglicherweise dem Wahnsinn anheim fielen und den Mann am Einstieg umgebracht hatten, weil er, so der Arzt, einer rituellen Opferung entfliehen wollte. Professor Harsther verhehlte seinen Unmut über diese laienhafte Vermutung nicht und beschimpfte den guten Oliver als Laienprediger und Hobbygräber. Wir waren überrascht ob diesen heftigen Ausbruchs, für den der Professor sich weder entschuldigte noch zu schämen schien. Aber wir alle wussten da schon um seine Streitsucht und sein Temperament, hatten wir doch nahezu 700 Kilometer mit ihm zusammen zurückgelegt. Ich muss sagen, das Gardner sich als der Mann von Format erwies der er war, denn er ließ sich auch nicht Ansatzweise von dem gesagten reizen, sondern stellte nur seine Absicht helfen zu wollen fest, wofür Harsther ihn ja auch angestellt hatte.
Harsther bemerkte trocken das er auf Hilfe nicht angewiesen sei und trat ohne ein weiteres Wort durch das zerstörte Tor, auf dessen anderer Seite sich der grauenvolle Ort befand, an dem der arme Dr. Kerner sein vorzeitiges Ende fand.“

Hier hielt Goodhill inne. Sichtlich erschöpft leerte er seine Pfeife und reinigte sie. Ich konnte sehen wie sehr es ihn mühte und mitnahm das alles noch einmal zu durchleben. Es fand Ausdruck in tiefen Furchen der Sorge im Gesicht und einem nervösen Zittern der Hände, so dass er nun tatsächlich mein Mitgefühl erregte. Zwar war ich noch immer nicht bereit daran zu glauben, dass es so etwas wie alte vergessene Wesenheiten oder Mächte gab. Auch fand ich die Vorstellung, das dass gesamte Leben auf diesem Planeten aus dem Leichnam eines phantastischen Wesens entsprungen sein sollte, gelinde ausgedrückt, lächerlich und töricht. Allerdings war ich mir der Möglichkeiten eines psychologischen Effektes bewusst, den solche Mythen unter bestimmten Voraussetzungen auf den Menschen ausüben konnten. Und deshalb hörte ich Goodhill bis zum Ende seines Berichtes zu.

„Zunächst Merrick, muss ich ihnen sagen, das jene Geschehnisse die ich ihnen jetzt erzählen werde nichts mit der Welt wie wir sie kennen zu tun haben. Denken sie an die Passagen aus dem Liber arcanum Mysteriis und dem Liber Ivonis, oder wie manche es nennen das Buch Eibon. Ein Schöpfungsmythos erlangt seine Gültigkeit durch die Anzahl derer, die an ihn glauben und durch die Festigkeit dieses Glaubens. Die in diesen Büchern angedeuteten Schöpfungsmythen sind also im Grunde ebenso gut oder schlecht wie die der Christen oder die der Muselmanen, bedenken sie das. Behalten sie es ihm Hinterkopf.
Unsere kleine Gruppe fand sich in einer Höhle von unschätzbaren Ausmaßen wieder. Sie bestand, soweit das Licht es uns enthüllte, wie der Gang und der Schlot hinter uns aus Lavastein. Die Decke wurde von zwölf Meter starken, Kegelförmigen Granitsäulen gestützt, deren gewaltige Sockel allesamt mit ähnlichen Inschriften und Darstellungen bedeckt waren, wie auch die Wände des Raumes, in dem die armen Teufel, die nicht mit uns gekommen waren sehr wahrscheinlich ihr Ende gefunden hatten. Die Säulen standen in einem regelmäßigen Abstand von ebenfalls genau zwölf Metern voneinander entfernt. Da uns bei diesem ersten und letzten Erkundungsgang die Zeit fehlte, entschlossen wir uns kurzerhand dazu geradeaus in die Höhle hineinzugehen. Dabei hielten wir uns genau zwischen den Stützsäulen die vor dem Tor standen, damit wir uns in dem riesigen unterirdischen Labyrinth nicht verirrten.
Der seit unvordenklichen Zeiten von keinem Menschen berührte Boden war vollkommen staubfrei und glänzte im Licht unserer Laternen wie schwarzes Eis. Wir befanden uns jetzt in einem Zustand der äußersten wissenschaftlichen Entzückung, gepaart mit tiefer Faszination über die Ausmaße unseres Fundes, die uns die beunruhigende Mumie am Schlotgrund und das zerstörte Tor vergessen ließen.
Schweigend wanderten wir weiter durch die Säulenallee und spähten nach weiteren Funden oder Überresten, die uns vielleicht mehr über diesen unglaublichen Ort und sein Alter erzählen konnten. Ich will nun nicht den Gang durch die Säulenhalle beschreiben, da sich nichts weiter zutrug. Irgendwann fing der Lavasteinboden langsam an abzufallen und war nun an bestimmten Stellen links und rechts von uns mit ähnlichen Zeichen bedeckt, wie in der seltsamen Einstiegshöhle, die wohl ein Orientierungssystem darstellten. Wir beschlossen diesem Weg zu folgen, da er uns eine sichere Route zum Tor zurück zeigen würde. Und auch wenn unsere Zeit nur knapp bemessen war, wollten wir den Versuch wagen. Nach einer Viertelstunde machte der gezeichnete Weg eine Biegung nach links, der wir nach einer kurzen Beratung folgten. Dann bogen wir dreimal in kürzerer Folge rechts ab, so dass wir eigentlich die vorherigen Wegmarkierungen hätten kreuzen müssen, was jedoch nicht geschah. Dieser wunderbare Umstand verwirrte uns und wir hielten es für besser umzukehren. Aber nach einigen Metern erwartete uns die nächste böse Überraschung. Die Markierungen gaben uns nun nämlich einen Weg in die entgegengesetzte Richtung vor. Professor Harsther meinte schlicht, dass wir uns eben geirrt hätten und von rechts gekommen wären. Nach einigem Zureden seinerseits teilten wir diese Meinung und folgten bange den Markierungen auf dem Boden, nur um abermals einen Schreck zu erfahren. Nämlich den, das die Zeichen schlicht verschwanden. Sie hörten auf und ließen uns vor einer Wand aus Zweifeln stehen. Nach einem hitzigen Streit beschlossen wir, in die Richtung in welche die Zeichen bisher wiesen, weiterzugehen. Nach einer Zeit des Laufens und Schweigens machten wir dann schlussendlich die letzte Entdeckung in der Säulenhalle. Nach einer knappen halben Stunde stießen wir auf ein in die Halle integriertes Gebäude, zu dem wir jedoch auf den ersten Blick keinen Eingang ausmachen konnten.
Der Bau hatte die Form einer Halbsphäre und maß am höchsten Punkt, so gut wir das im unzureichenden Licht sagen konnten, etwa Zehn bis Elf Meter. Seine Außenwände waren, genau wie die Einstiegskammer über dem Schlot und die Sockel der Zyklopenhaften Säulen, geschmückt mit komplexen geometrischen Figuren und Darstellungen, die niemand von uns irgendeiner bekannten Kultur oder Religion zuordnen konnte, doch Professor Harsther meinte nun, in der Anordnung eine gewisse Ähnlichkeit zu der Piktogrammschrift der Inkas zu erkennen. Wir umrundeten den Bau und errechneten einen Durchmesser, der in etwa mit der Höhe des Gebäudes übereinstimmte. Weder gab es auf einer Stelle der Außenwand eine Unterbrechung der geometrischen Zeichen, in seinem Aufbau auf dem jeweils vorhergegangenen beruhte.
Als wir an der Nordseite der rätselhaften Kuppel ankamen, entdeckten wir dort eine in das Gebäude geschlagene Treppe, welche die Halbsphäre hinaufführte.
Wir leuchteten an ihr hinauf. An ihrem Ende bemerkten wir ein rundes schwarzes Loch, das wohl der Einstieg ins Innere war. Wir zählten genau Zwanzig Stufen bis wir auf einem Absatz standen, der sich vor der dunklen Öffnung befand.
In einem Bogen oberhalb des Loches war eine Zeichengruppe eingemeißelt, die sich von den Restlichen auf der Außenwand unterschied, was unsere Neugierde und Aufmerksamkeit weckte. Ich zeichnete die Zeichenfolge, wie auch die anderen, eilig auf meinen Notizblock. Ich habe die Zeichnung jetzt dabei, hier sehen sie.
Es sind, wie sie bemerken werden, sechs voneinander getrennte Zeichen über denen sich ein Symbol befindet, ein von einer Säule oder einem Strahl durchbrochener Rombus. Wenn sie eines der totgeschwiegenen Werke über Arkane Mystik und Symbolik gelesen haben, wird es ihnen bekannt vorkommen. Es ist definitiv das Zeichen der großen Alten, die der Sage nach einst die Herrscher unseres Planeten waren. Die Schriftzeichen darunter sind verschlüsselte Piktogramme, die ich bereits verschiedenen Personen mit der Bitte um Ansicht und Entschlüsselung vorlegte. Traurigerweise besaß niemand die Kenntnisse oder das Geschick um die Zeichen zu deuten. Ich selbst glaube dass es eine Warnung darstellt.
In welchem Zusammenhang sie aber mit dem Zeichen der großen Alten steht, bleibt mir leider verborgen. Nachdem wir die Zeichen in unsere Notizen übertragen hatten, spähten wir in den Innenraum.
Rings um das Einstiegsloch stachen Dutzende dicht an dicht gedrängter Steinspitzen ins innere, als wäre der Innenraum der Kuppel eine einzige, eiserne Jungfrau. Es gab ganz offensichtlich keine Möglichkeit über eine Steighilfe zum Boden der Kuppel zu gelangen, eine Treppe fehlte und eventuelle andere Steighilfen hatten die Zeit wohl genau so wenig überdauert wie die Leiter am Schlot. Ein Abstieg über die gefährlichen Steinstachel wäre zu riskant gewesen.
Da wir den Boden nicht ausmachen konnten, warf Professor Harsther eine Münze in die Dunkelheit hinab, deren Aufprall merkwürdig leise an unsere Ohren drang, so das wir annehmen mussten, der Boden wäre tiefer gelegen als der Grund der Säulenhalle. Nach dem Beispiel des Arztes band ich nun meine Laterne an ein Seil und ließ das Licht in die Dunkelheit hinabgleiten.
Sie können sich unsere Überraschung vorstellen, als die Laterne nach genau zehn Metern bereits den Boden erreichte, der nach dem Klang der hinuntergeworfenen Münze tiefer hätte liegen müssen.
Im Schein der Laterne sahen wir, dass unten, genau unter dem Eingang, eine Bucht lag, die frei war von den Spitzen und Stacheln. Nach einigen Diskussionen entschieden wir uns dazu, das Innere zu erkunden.
Dr. Kerner war der kräftigste von uns und seilte uns einen nach dem anderen ab. Am Boden angekommen nahmen wir unsere Umgebung in Augenschein.
Zwar war das Gebäude äußerlich vollkommen rund und geometrisch perfekt ausgemessen, doch die Wände, Decken und der Boden waren es, wo die merkwürdigen Stalagmiten und Stalaktiten einem den Blick darauf erlaubten, nicht - ganz im Gegenteil: keine eine einzige Fläche des Innenraumes gab es, die Eben war.
Alle Wände, so wie die Decke und der Boden besaßen Winkel und Krümmungen, die anzusehen einen krank machen konnte, seltsame Wülste und Blasen entstanden, wo eine Fläche auf eine andere traf und Gardner schwor Stein auf Bein, das an einigen Stellen die Einbuchtungen tiefer waren als die Außenwand stark. Allerdings muss er sich getäuscht haben, da wir von außen keinerlei Bruch oder Durchstoß hatten bemerken können. Wir verteilten uns also, um uns einen genaueren Überblick zu verschaffen und stellten dabei fest, dass der Schall ebenfalls einem höchst sonderbaren Effekt unterlag. Denn die Lautstärke unserer Stimmen schwankte ganz merklich, je nachdem wo wir gerade standen. Wir folgten dem Weg und befanden uns gerade knapp hinter dem Mittelpunkt der Sphäre, als wir etwas bemerkten das wir nicht mit einem genialen architektonischen Trick erklären konnten.
Erst dachten wir das unser Lampenöl zuneige ging, und wollten schon schleunigst umkehren, doch wurde das Licht unserer Lampen wieder stärker, als wir uns vom Mittelpunkt in Richtung des Ausganges entfernten.
Wir taten unser Licht also zusammen und leuchteten gemeinsam in die Richtung, die der Weg uns vorgab. Voller Staunen registrierten wir wieder die Schwächung des Lichts, doch war sie nun nicht mehr so stark wie zuvor. Trotzdem nahm mit jedem Schritt den wir uns der Wand näherten das Licht weiter ab, bis wir nur noch schemenhaft erkennen konnten was vor uns lag. Dann hatten wir die Wand erreicht die der Öffnung gegenüberliegt. Und dort, im beinahe nicht mehr vorhandenen Schein unserer Blendlaternen, sahen wir in einer ein Mal ein Meter großen und ungefähr einem Meter über dem Boden in die Wand geschlagene Nische, einen vollkommen schwarzen Fleck. Erst dachten wir es sei ein weiterer Durchgang und Gardner streckte die Hand aus um hineinzutasten, zog sie aber mit einem so überraschten Aufschrei wieder zurück, das wir anderen vor Schreck zusammenfuhren.
Wo er hingefasst hatte befand sich keine Öffnung, sondern etwas das, auf irgendeine unbekannte Weise unser Licht nicht reflektierte, sondern ganz einfach verschluckte.
Ich selbst streckte nun meine Hand in die Vertiefung und berührte das Ding, wobei ich durch einfaches abtasten herausfand, das es sich um einen losen Gegenstand von einem Meter mal Fünfzig Zentimetern handelte. Zwar war es uns unmöglich irgendwelche Umrisse zu erkennen, doch ließ sich eine unregelmäßige, gezackte Form erahnen.
Professor Harsther war abermals sehr erstaunt etwas so fremdartiges gefunden zu haben und bedeutete Gardner und mir es von seinem Platz zu heben und in einem der Rucksäcke zu verstauen.
Ich mache ihnen keinen Vorwurf daraus wenn sie mir jede Glaubwürdigkeit absprechen, doch ich muss noch einen Schritt weitergehen und ihnen sagen, das dieses Ding eben der Spiegel ist, der sich jetzt mannshoch in Oliver Gardners Besitz befindet. Fragen sie mich nicht wie das möglich ist.
Nachdem wir den Spiegel in einen Rucksack gehievt hatten, kehrten wir zum anderen Ende des Innenraums zurück und gaben Dr. Kerner Zeichen uns heraufzuziehen.
Als wir erschöpft am Fuße der Halbsphäre standen, bestürmte er uns freilich mit etlichen Fragen über unsere Entdeckungen. In kurzen abgehackten Worten berichteten wir ihm von dem verstörenden Inneren der Kammer und unserem merkwürdigen Fund. Auch führten wir ihm den lichtschluckenden Effekt des Dinges vor. Der Doktor erschrak vor dem Phänomen und verlangte beim Anblick des schwarzen Flecken in dem Rucksack dieses abscheuliche Teil wieder in die Kuppel zu werfen, auf das es zerbrechen sollte, worauf ein heftiger Streit entbrannte, der nur durch ein Machtwort des Professors beendet wurde, der schlicht drohte den Arzt einfach dort zu lassen, wenn er nicht spurte und tat was man ihm sagte.
Nach diesem Streit machten wir uns schweigend auf den Rückweg. Eine kurze Besprechung ergab den Beschluss in gerader südlicher Richtung zu laufen, da wir aus dieser Himmelsrichtung gekommen waren. Wir beeilten uns mit der Rückkehr, liefen fast und mussten doch einmal eine Pause einlegen, da Gardner meinte, das Artefakt würde mehr wiegen als er gedacht hatte. Auch wir sahen die Ausbeulungen seines Rucksackes nun deutlich. Allerdings kamen wir damals nicht darauf dass sie nichts mit dem Gewicht des verfluchten Spiegels zu tun hatten.
Nach mehreren Minuten trafen wir abermals auf die irreführenden Zeichen, beschlossen aber diesmal, ihnen nicht zu folgen, sondern unseren Weg unbeirrt weiter zu gehen. Es dauerte geraume Zeit, bis wir schließlich die Südwand sahen und uns alle durchflutete ein Gefühl der Erleichterung, bis Professor Harsther wortlos seinen Kompass herumzeigte. Dieser zeigte nämlich, dass wir uns an der östlichen Wand befanden. Durch welche perverse Irreführung das geschehen konnte, kann ich mir bis heute nicht ganz erklären. Aber ich vermute dass es etwas mit den Dingen zu tun gehabt hat, die wir durch die Entwendung des Spiegels aufgestört hatten.
Vollständig verwirrt und unserer Orientierung beraubt, brach nun die schwelende Angstvorstellung in uns aus, dass wir dieser Teufelshöhle nicht mehr entkommen könnten. Wir berieten uns an der Ostwand, wonach wir wieder in südlicher Richtung gingen. Wir waren noch keine 20 Meter weit gegangen, als wir zu unserer rechten, aus dem Innern der Säulenhalle ein tiefes, bedrohliches Knacken hörten, ein Rasseln wie Klapperschlangen es von sich geben, wenn sie sich bedroht fühlen. Dieses Geräusch war untermalt von einem Kriechlaut und wir schrieen simultan auf. War es möglich dass hier unten seit Jahrtausenden jemand – oder etwas - überlebt hatte? Ganz gewiss nicht. In stiller unterdrückter Panik vor einem unbekannten Grauen beeilten wir uns, so schnell als es uns möglich war voranzukommen, wobei das andauernde Geräusch die ganze Zeit genau neben uns blieb.
Weder entfernte es sich noch kam es näher, was aber nur zur Steigerung unserer Angst beitrug. Nach einiger Zeit tauchte auch vor uns ebenso ein Geräusch auf und wir sahen uns gezwungen die Flucht nach hinten anzutreten. Da wir nicht bewaffnet waren, hatten wir auch keine andere Möglichkeit. Doch ich bezweifle das Waffen uns geholfen hätten. Es dauerte keine Minute, da hörte unsere Gruppe aber auch aus nördlicher Richtung jenes unheilschwangere Klappern und Rasseln, woraufhin wir vollends der Panik verfielen.
Die seit Jahrtausenden im Erbgut der menschlichen Kreatur verankerten Überlebensinstinkte sind stark. Ich schrie den anderen zu, sie sollten mir folgen. Ich blieb die ganze Zeit an der Spitze, stürmte wie ein wahnsinniger voran. Als ich bemerkte, dass sie alle einen Säulengang parallel zu mir liefen, blickte ich zur Seite und sah die Drei flüchtenden neben mir hereilen.
Dann tropfte etwas von der Decke und um Dr. Kerner, der genau hinter Gardner war, verdunkelte sich alles. Ich kann nur schwer beschreiben was ich sah, da der Augenblick zu kurz war um es deutlicher zu erkennen - wofür ich heute Gott danke - aber was immer ich sah, umwand den armen Mann und verschmolz so galant mit den Schatten, das ich erst meinte, ich wäre einer Halluzination erlegen, doch der Doktor war tatsächlich verschwunden.
Dann hörten wir alle ein fürchterliches Stakkato von eindeutigen Knacklauten, als würde man einen Haufen morscher Äste zerbrechen...
In haltloser Flucht stürzten wir nun zwischen den Säulen entlang, als wir den schwarzen Torbogen passierten machten wir nicht einmal halt. Es kostete uns Zeit die wir nicht hatten, den Professor mit uns zu nehmen, da dieser mit dem Erreichen des Tores mit einem Grunzen vorne überschlug und zusammenbrach. Also packten Gardner und ich ihn unter den Armen und zogen ihn so schnell wie wir es vermochten mit uns. Hinter uns kam das unirdische, unbekannte Grauen aus dem Jenseits näher und wir entledigten uns hastig unserer gesamten Ausrüstung, bis auf den Rucksack der den Spiegel enthielt, auch Harsther befreiten wir von allem Überflüssigen Ballast.
Uns waren nur noch zwei Laternen geblieben, deren spärliches Licht fiebrig im Gang hin- und herzuckte.
Während Gardner und ich um unser Leben liefen, schrieen wir bereits nach Hilfe, obschon wir wussten, dass unsere Begleiter am Einstieg des Schlotes uns nicht hören konnten und wir noch einen ganzen Kilometer zurückzulegen hatten. Die Erinnerung an unseren panischen Aufstieg und die damit verbundenen Anstrengungen sind mir nicht im Gedächtnis geblieben, doch erinnere ich mich noch an den Schock der uns überfiel, als wir den Schlundrand erreichten und niemanden vorfanden. Alle Geräte waren zerstört, doch keine einzige Leiche fanden wir dort vor. Sogar die Schlittenhunde waren verschwunden. Ich glaube das weder Mensch noch Tier Zeit hatten zu fliehen. Ich glaube eher das sie sich alles geholt haben was sie dort vorfanden.
Wie wir unsere Rettung fanden ist ihnen bekannt. Ich will sie nun noch einmal auffordern darüber nachzudenken, was für Schlussfolgerungen sie selbst aus der Verknüpfung der von mir erzählten Höllenqualen, ihren Alpträumen und den aktuellen Ereignissen sie ziehen wollen, da ich selbst diese nicht einmal andeuten mag.
Denken sie auch an den Text den sie gefunden haben und wie dieser sich in alles einfügt. Wenn sie Gardner wirklich als ihren Freund betrachten, gehen sie zu ihm und zerstören sie den Spiegel, denn er und das was aus ihm hervorgeht übt einen verderbenden Einfluss aus.“

Goodhill war seine Erschöpfung deutlich anzusehen. Nur mit Mühe erhob er sich aus seinem Sessel. Er hinterließ mir eine Visitenkarte mit seiner Adresse und ließ mich einfach mit dem ganzen unglaublichen Desaster das er in meinem Geist angerichtet hatte, dort sitzen. Ich entschloss mich kurzerhand dazu, alles erzählte vorerst beiseite zu wischen und mein ursprüngliches Vorhaben, Gardner zu besuchen, wieder aufzunehmen. Zu vieles an Goodhills Erzählung war zu verrückt, zu desaströs und vor allen Dingen zu zermürbend, als das ich mich damals davon hätte beeinflussen lassen wollen. Vorerst wollte ich kein Urteil über die sonderbare Begegnung fällen. Und so nahm ich denn Hut und Mantel und schickte mich an, das Café zu verlassen.
Noch während ich mich anzog, kam ich zu dem Schluss das tatsächlich jemand Gardners Notizen durchsucht und einiges daraus entwendet hatte - denn die abgezeichneten Symbole die Goodhill mir gezeigt hatte waren darin nicht enthalten gewesen.

5.
Was zuvor ein leichter Regenschauer gewesen war, hatte sich während meines unfreiwilligen Cafè besuchs zu einem rechten Unwetter entwickelt. Tief in Gedanken versunken brachte ich Schritt für Schritt meines Weges hinter mich. Allein wanderte ich durch die spärlich befahrenen Straßen des Vorortes in dem Gardners Haus stand und vermochte mich der Frage nicht zu erwehren, ob es wirklich alleine die erschütterte geistige Verfassung gewesen war, die meinen Freund davon abhielt, nach seiner Rückkehr ein halbes Jahr lang jeden Kontaktversuch seiner Freunde und Bekannten abzuweisen.
Waren gesellschaftlicher Umgang und die Anwesenheit von gleichgesinnten nicht der geistigen Genesung eines schwerwiegenden, traumatischen Erlebnisses förderlich?
Vielleicht war Oliver Gardner selbst am Ende gar nicht die treibende Kraft hinter der Idee dieser angeblich selbst gewählten Isolation.
Dieser unfreiwillige Gedanke musste wohl in Goodhills wahnwitziger Rede seinen Ursprung haben. Doch die Atmosphäre der kühlen, von Wolken überschatteten Unwetternacht, das Auftreten, das Gebaren Jonas Goodhills und seiner wahnsinnigen Erzählung taten ihr übriges, um meine sonst eher gezügelte Phantasie solch ungewohnte Kapriolen schlagen zu lassen.
Ich erreichte das Haus gegen neunzehn Uhr, alle Fenster waren verhangen, nirgends brannte Licht, was mir merkwürdig vorkam, da Gardner mich doch erwarten würde, wenn er mich einlud.
Doch dann sah ich erst im Wohnzimmer, welches an der Straßenseite des Hauses liegt, eine Lampe angehen, eine Sekunde später auch im Flur. Ich schritt den Gartenweg hinauf und schlug mit dem Klopfer gegen die Tür, woraufhin diese sofort von Clara Gardner geöffnet wurde. Nachdem wir uns begrüßt hatten fragte ich nach Oliver. Seine Frau eröffnete mir das er nicht zu Hause sei, ein dringlicher Ruf von außerhalb habe ihn am Nachmittag genötigt, überstürzt die Stadt zu verlassen, er würde jedoch am Morgen des nächsten Tages zurückkehren.
Selber schon durch die merkwürdigen und bizarren Geschehnisse des Tages ermattet, gab ich Clara zu verstehen, das ich mit ihrem Gatten wichtige Dinge betreffend unserer derzeitigen Arbeit zu besprechen hätte. Sie verstand und kam mir entgegen, indem sie mir anbot die Nacht über Gast des Hauses zu sein.

Die erste ungewöhnliche Wahrnehmung an diesem Abend war ein eigenartiger, schwacher aber durchdringender Geruch, der mich direkt nach betreten des Hauses der Gardners einhüllte. Der Geruch war auf so fremdartige Weise penetrant, dass ich mich dazu zwingen musste nicht zu husten.
Clara sah mich sonderbar an als sie mein halb unterdrücktes Keuchen hörte und gab vor, sie hätte soeben eine Petroleumlampe zerbrochen und sei nicht dazu gekommen den Brennstoff zu beseitigen, was mich zugleich beunruhigte und befremdete.
Denn mir war der Geruch von Petroleum bekannt und dieses würde ganz sicher nicht den eigentümlichen fauligen Geruch, der in jenen Räumen vorherrschte, verbreiten.
Damit der Abend nicht ganz umsonst wäre bot Clara an, das wir uns die Gemälde ihres Mannes ansehen könnten, wozu ich bei meinem ersten Besuch vor einer Woche ja leider nicht mehr in der Lage war.
Ich zweifelte aber und gab meinen Bedenken ob Gardners Zustimmung zu dieser Idee Ausdruck.
Die Gastgeberin meinte jedoch, vor dem Hintergrund das ihr Mann aufgrund unserer Freundschaft und Vertrautheit wohl nicht das Geringste dagegen einzuwenden hätte, müsse ich keinerlei Bedenken haben und zog mich mit sich.
Wir durchquerten das Haus und betraten den Wintergarten, den Oliver Gardner als Atelier nutzte, ein geräumiger Anbau von ungefähr Sieben mal Neun Metern.
Hier war der merkwürdige Geruch fast zu einem Gestank geworden, den ich nur ertragen konnte, indem ich möglichst flach atmete. In der Mitte des Raumes, in einem Halbkreis, ruhten auf sechs Staffeleien bedeckte Leinwände von zwei mal drei Metern, jede durch eine Anzahl von Petroleumleuchten erhellt. Clara zog eines der Tücher ab, die sämtlich aus einer leichten Seide bestanden und enthüllte eine unterkühlte phantasmagorische Landschaft unbeschreiblich eindrücklicher Phantastik.
Das Bild war in Grautönen gehalten, der Duktus fein und fließend, doch betrachtete man das dargestellte, musste einem Menschen von Anstand und Gläubigkeit einfach die Bewunderung im Halse stecken bleiben.
Das Ölgemälde präsentierte eine unendlich scheinende Landschaft, die von unheimlichen Winden unter einem lodernden Himmel flachgeschliffen war. Im Hintergrund war kein Horizont zu sehen, nur eine graue Fläche, die aus Stein zu bestehen schien und der Form nach die Basis titanischer Berge sein sollte. Unwillkürlich musste ich an das Totenbett des Morgyath denken, jenes Gigantische Gebirge das, der Sage Goodhills nach, hinter dem Plateau von Leng in der Antarktis den Himmel durchstach.
Clara holte mich näher an das Bild heran und nun bemerkte ich die schwarzen Schlieren und Nebel, die sich kaum sichtbar in allen Höhen in Tiefen des Gemäldes durch die ganze Landschaft fädelten. Nachdem ich das Bild eine Zeitlang betrachtet hatte, überkam mich ein plötzlicher Ekel vor diesen Nebeln, die irgendwie einen Eindruck von widernatürlichem Leben und unendlicher Bosheit in mir erweckten.
Im Vordergrund bewegte sich eine beängstigend fein ausgearbeitete Gruppe bizarrer Gestalten in Richtung des Betrachters. Eine unbestimmte Angst befiel mich, als ich noch näher an das Bild heranging, um sie besser betrachten zu können.
Der Künstler hatte seltsame, nicht humanoide Wesen gemalt, deren Körperform der einer Tonne ähnelte, an deren Enden oben und unten je ein Halsförmiger Auswuchs einen Seesternartigen Kopf stützte. Aus der Körpermitte entsprangen Geißeln oder Tentakel, mit denen die Figuren allerlei Gepäck und anscheinend technisches Gerät trugen. Ich meinte in meiner frühen Jugend über ähnliche Phantasiegestalten schon einmal etwas in Howard Phillips Lovecrafts Berge des Wahnsinns gelesen zu haben und etwas ließ mich auch an die letzten Seiten von Poes Die Abenteuer Gordon Pyms denken.
In meinem faszinierten Schrecken hatte ich nicht bemerkt, das Clara bereits das zweite Gemälde enthüllt hatte, das einen schmutzigen weißen See zeigte, der in ebenso erschreckenden Dimensionen gehalten war, wie schon die Berge auf dem vorherigen Bild, welche auch hier den Horizont vollkommen bedeckten. Auch hier war die Luft von halb ätherischen dunklen Schlieren durchwebt, welche bei längerer Betrachtung beunruhigend und verstörend wirkten. Doch das angedeutete in dieser Szenenfolge war nicht der alleinige Grund für meine leise Angst vor einem ihr innewohnenden aber ungreifbaren Element. Für einen Moment dachte ich, dass der miasmatische Geruch seinen Ursprung in den Gemälden hatte. Vielleicht war es der Ausdruck dieser abseitigen Szenerie, der diese Empfindung auslöste.
Etwas an der Art der Pigmente die Gardner verwendete, berührte mich seltsam kalt in meiner Seele, auch wenn ich nicht zu sagen vermochte, worin diese meine Angst steigernde Empfindung ihren Ursprung hatte.
Offenbar hatte Gardner eine Abfolge von Szenen geschaffen, die den Betrachter auf eine Reise durch eine widerwärtig obszöne Traumlandschaft schickten, wo weder die Naturgesetze noch der rational denkende menschliche Verstand Gültigkeit besaßen.
Mit zitternder Stimme bat ich Clara die Bilder wieder zu bedecken und mich in den Salon zu führen, wo sie mir zur Stärkung ein Glas Bourbone einschenken musste, das ich in einem Zug leerte. Meine Gastgeberin riet mir nochmals, in dieser Nacht als Gast in ihrem Hause zu bleiben, da sie es nicht verantworten könne, mich in meinem geschwächten Zustand alleine zu wissen. Auch gab sie zu bedenken dass ihr Mann am frühen Morgen des nächsten Tages heimkehren würde, und ich dann Gelegenheit finden würde, mit ihm über alles zu sprechen. Halb benommen von dem verstörenden Pesthauch und dem anstrengenden Tag, willigte ich schwach in ihren Vorschlag ein und ließ mich auf das Gästezimmer führen, welches über dem Atelier lag, wo ich mich für die Nacht von Clara verabschiedete. Gerade noch war ich in der Lage die Fenster zu öffnen um dem eklen Geruch in diesem Haus ein wenig Frischluft beizumengen. Danach begab ich mich zu Bett und ließ mich von der Dunkelheit der Ohnmacht hinfort tragen.
Es muss gegen zwei Uhr nachts gewesen sein, als ich mit einem Schlag vollkommen erwachte. Mein erster bewusster Gedanke nach dem Erwachen war, das dass erste mal, seit ich Oliver Gardner wiedergetroffen hatte, kein Alptraum meinen Schlaf gestört hatte.
Ich richtete mich auf und strengte meine Sinne an, um vielleicht die Natur dessen zu ergründen was mich aus dem Schlaf gerissen hatte, doch im ganzen Haus war kein Laut zu hören. Ich sah nach dem Fenster und erblickte einen dunklen Himmel, eine einzige grauschwarze Masse sich räkelnder Wolken.
Angenehm kühler Wind wehte herein und auf dem Fenstersims glänzte Feuchtigkeit im spärlichen Licht der frühen Morgenstunde. Es musste wohl hereingeregnet haben während ich schlief. Ich horchte noch eine Weile aber da ich keine Geräusche mehr vernehmen konnte, versuchte ich wieder einzuschlafen. Allein, es war mir nicht möglich.
Ich sah ein Buch auf dem Nachttisch liegen und begann darin zu lesen - es war Matthew Gregory Lewis Der Mönch. Meine Augen glitten über die Buchstaben ohne das gedruckte aufzunehmen, denn die erfrischend kühle Luft hatte mich hellwach gemacht und meine Gedanken geklärt, so dass ich nun ins Nachdenken kam.
Merkwürdigerweise war ich nun nicht mehr so abgeneigt gegenüber Goodhills phantastischem Geschwätz, wie noch am Abend des gerade vergangenen Tages. Niederschwellig bildeten sich immer mehr höchst beunruhigende Parallelen zwischen meines Freundes Notizen, dem was Goodhill mir weismachen wollte und den abstoßenden Gemälden.
Es war noch keine Stunde vergangen, da hörte ich auf einmal im unteren Hausflur eine Bewegung. Die Ohren spitzend sagte ich mir, dass Oliver Gardner wohl nach Hause gekommen sei. Die Geräusche im unteren Stockwerk waren ganz klar die Schritte eines Menschen, gerade entfernten sie sich in Richtung des Kellers.
Ich beschloss trotz der frühen Stunde zu Gardner hinunterzugehen, denn in mir brannte der Wunsch nach einem klärenden Gespräch über all diese unheimlichen Zusammenhänge. In hastiger Eile zog ich meine Kleider an und öffnete vorsichtig die Zimmertür. Sofort brannte der merkwürdige Geruch mir entgegen. Leise schritt ich über den dicken Teppich und stieg die Treppe hinunter. Plötzlich vernahmen meine Ohren ein sonderbar dumpfes Poltern und ein Schauer streichelte mich mit kühler Hand, als ich bemerkte, das im Flur kein Licht brannte, die Haustür aber nur angelehnt war. In mir keimten Zweifel ob der Identität der Person, die da ins Haus gekommen war.
Ich stand nun vor der geöffneten Kellertür, lugte vorsichtig in den Abwärts führenden Schacht.
Die Lampen zu beiden Seiten des langen Kellerganges waren alle entzündet und in dem mit den Schatten verschmelzenden Licht sah ich die Tür, die in Oliver Gardners privaten Refugium führte - sie war weit geöffnet.
Ich spähte in den Raum hinein und erstarrte vor Schreck und Überraschung zugleich. Denn die Person die sich da so geräuschvoll zu schaffen machte, als wäre sie die einzige im Haus, war weder der Hausherr noch seine Gattin. Es war die schmächtige Gestalt Jonas Goodhills. Der Lump musste mir gefolgt sein als ich den Rauchersalon verlassen hatte, mir unbemerkt nachgestellt haben um zu Gardners Haus zu gelangen. Entrüstet über solche Dreistigkeit, stampfte ich fest mit dem Fuß auf die Erde und brüllte den Missetäter an, er solle auf der Stelle alles hinlegen und sich darauf gefasst machen, sich vor der Polizei zu verantworten.
Goodhill hob erschrocken den Blick und setzte zum Sprechen an. Er beschwor mich mit vor Schreck zitternder Stimme niemandem etwas zu sagen, still zu sein um unser beiden willen. Er fuchtelte hektisch mit den Händen und da erst bemerkte ich, dass er eine Pistole in der einen hielt. Es war eine der neuartigen Magazinwaffen, fürchterliche Apparate.
Trotz des Schreckens war ich geistesgegenwärtig genug um die massive Tür sofort zuzustoßen, den von außen steckenden Schlüssel umzudrehen und Goodhill so einzusperren. Auf meiner Flucht durch den Keller hörte ich ihn mir Hinterherschreien, ich solle in die verhangenen Vitrinen in dem Raum schauen und würde dann verstehen. Ich achtete nicht weiter darauf, sondern polterte die Kellertreppe hoch und stürzte zum Telefon.
Bereits darauf wartend, das die Vermittlung eine Verbindung zur Polizei von Arkham herstellte, als Clara Gardner im Morgenmantel und sichtlich verstört auf der Treppe erschien und mich fragte was der späte Lärm zu bedeuten habe.
Hektisch berichtete ich von dem bewaffneten Einbrecher den ich im Keller gestellt und eingesperrt hatte.
Die anmutige Frauengestalt kam die Treppe heruntergelaufen und ging ins Wohnzimmer, wo sie sich hinsetzen musste. Ich schilderte dem Diensthabenden Polizisten die Situation, erwähnte auch die Pistole und gab die Adresse der Gardners durch. Der Beamte sagte mir, dass in kürzester Zeit jemand bei uns eintreffen werde, um den Delinquenten festzunehmen und schärfte mir ein mit Ms. Gardner im Erdgeschoss auf die Polizisten zu warten. Ich hängte ein und ging hinüber ins Wohnzimmer, zu Clara Gardner. Das Wohnzimmer war leer.
Ich geriet in Unruhe, rief nach meiner Gastgeberin, bekam aber keine Antwort.
Ich war außer Lage mir zu erklären weshalb meine Unruhe sich in diesem Moment zu einem Gefühl großer Gefahr und Bedrohung steigerte, denn im eigentlichen Sinne nahm ich nichts wahr, das eine solche Steigerung hätte auslösen können. Jedoch, die schwärende Atmosphäre die sich aufbaute und um mich hüllte, als ginge der Leibhaftige im Hause umher, schien beinahe physischer Natur. Schon schickte ich mich an Clara zu suchen, als durch die Verbindungstür zur Küche ein nasser Klatschlaut drang, als hätte jemand einen Eimer Wasser verschüttet.

Ich eilte durch den Raum, riss die Tür auf und sah Clara Gardner weinend vor einem am Boden zerbrochenen Glas stehen.
Das unheimliche Gefühl einer drückenden Last wich nicht, ich war von dem Anblick in der Küche seltsam irritiert. Dann entwickelte sich in mir ein Gedanke, doch ein urtümlicher Instinkt hinderte mich daran ihn zu Ende zu denken.
Ich fürchte mich vor dem was geschehen wäre, wenn ich es getan hätte. Ich trat zu Clara, nahm sie wortlos an der Hand und führte sie zurück in das Wohnzimmer, um mit ihr auf die Gesetzeshüter zu warten. Die Scherben ließen wir unbeachtet zurück.
Die Beamten ließen sich nicht viel Zeit, es dauerte nur etwa eine Viertelstunde bis sie erschienen um den Einbrecher in Gewahrsam zu nehmen. Ich führte sie zum Einstieg des Kellers.
Nun stellen Sie sich meinen Unglauben vor, als die drei Officer später erklärten, niemanden in dem merkwürdig eingerichteten Rundraum unter dem Haus gefunden zu haben. Zwar fanden die Männer, dass sich gewisse charakteristische Kratzspuren an der Eingangstür zum Haus feststellen ließen, doch die konnten auch vom häufigen Gebrauch eines Haustürschlüssels herrühren. Selbst wenn ich die Augen vor diesem Ort hier verschließe, gelingt es mir nur Selten daran zu glauben, das ich in diesen Tagen tatsächlich einem Nervenfieber unterlag, wie Dr. Warren später behauptete, denn zwei bestimmte Dinge sprachen dagegen. Dinge die sich, alleine betrachtet, wohl recht harmlos und unbedeutend ausnahmen, sich jedoch nicht wegdiskutieren lassen und die Hypothese einer Geisteserkrankung unweigerlich untergraben und für den gesunden Menschenverstand untragbar machen.
Als die drei Officers wieder aus dem Keller heraufkamen, behaupteten sie, wie gesagt, dass sich dort unten niemand aufhielte. Mein Unglaube darüber ließ mich meine Beherrschung vergessen und ich forderte die Männer auf, mit mir zusammen ein zweites Mal in den Keller hinabzusteigen. Die Drei hielten das zwar für unnötig, taten mir aber den Gefallen und führten uns in den Raum in den ich, keine halbe Stunde zuvor, Jonas Goodhill eingesperrt hatte.
Mein Unglaube steigerte sich jedoch zu wahrhaft enormer Ratlosigkeit als wir fünf den menschenleeren Raum durch den einzigen Ein und Ausgang betraten. Mit vor Schreck offenem Mund sah ich mich um, suchte nach einer versteckten Tür oder einem Luftschacht, fand jedoch nichts dergleichen. Dann sah ich auf dem Schreibtisch jenes Ding liegen, das mir neben anderem noch heute schlaflose Nächte bereitet: Es war Jonas Goodhills Pistole, eine silberne 1911er.
Die unfassbare Bedeutung des Anblickes der Waffe, rief in mir die widersprüchlichsten Empfindungen hervor. Ich fand mich nicht in der Lage einen Ton von mir zu geben, bis der leitende Officer mich auf das offensichtliche ansprach. Hiernach sah ich die zweite Sache, die einer Geisteserkrankung zuwider sprach. Bevor ich in Ohnmacht fiel war das letzte Bild, das ich vor meinen Augen sah, die verzerrte Spiegelung Clara Gardners, die langsam die schlanke Pistole in ihr Abendkleid gleiten ließ.

6.
Hernach erinnerte ich mich kaum noch an die Worte, die ich, von der grotesken Situation völlig überfordert, in einem Anfall von Wut und Ratlosigkeit den Beamten an den Kopf warf, welche sich allerdings vorbildlich verhielten und einen angesehenen Arzt, den wohlbekannten Allgemeinmediziner und Geisteswissenschaftler Dr. Albert Warren riefen, der mich genau untersuchte, mich sodann nach meinem Haus transportieren, und mich dort unter Beruhigungsmittel ins Bett legen ließ. Ich durchschlief die Nacht ohne ein einziges Mal aufzuwachen. Die Krankenschwester des Arztes blieb in der ganzen Nacht an meiner Seite, nur für den Fall, das ich im Schlafe einen weiteren Anfall erleiden sollte, wie das bei Nervenerkrankungen beizeiten geschieht.
Und tatsächlich erwachte ich am nächsten Morgen in äußerst erschöpftem Zustand und gab lauter wirres Zeug von mir.
Die nächsten zwei Tage litt ich sowohl unter Anfällen von Fieber als auch unter besorgniserregend niedriger Körpertemperatur. Zu der Unbill der körperlichen Leiden gesellten sich bizarre, vieldeutige Alpträume. Ich sah Goodhill wie er hinter dem Schreibtisch hockte, Clara Gardner die so unscheinbar durch die Flure ihres Hauses schlich, den weißen See im Gebirge hinter der toten Stadt, auf dem Plateau von Leng, den Gardner gemalt hatte, und darüber die gigantischen schwarzen Wolken. Auch halluzinierte ich bisweilen die Gestalt Oliver Gardners neben meinem Bett und einmal dachte ich auch er stände draußen im Garten am Fenster.
Während diese Alpträume mich quälten, redete ich sehr viel und zeitweise fürchtete der Doktor um meinen Verstand. Ich war sehr verwirrt als ich die Notizen las die er angefertigt hatte, welche ein Protokoll meiner im Delirium geäußerten Worte waren. So sprach ich von den anderen, das sie Clara bereits geholt hätten, was den Doktor sehr erschreckte, aber auf meinen momentanen Zustand bezogen, von ihm als Phantasie abgetan wurde. Ich sprach von Gardner und einer steinernen Höhle im Eis von Grönland. Mit bitterer Miene und viel Galgenhumor bescheinigte der Doktor mir, nach meinem Erwachen eine im Wahn rege Phantasie, sagte aber dass ich nun die Spitze des Eisbergs überwunden hätte.
Ein wenig wanderte ich im Haus umher, unschlüssig darüber was nun zu tun sei. Am besten wäre es gewesen, wenn ich mich schnurstracks wieder hingelegt hätte, um Kräfte zu sammeln. Und vielleicht wäre ich dem ganzen sogar entkommen, wenn ich an diesem Punkt der schrecklichen Entwicklungen die Stadt und diesen kalten Küstenlandstrich New Englands ganz verlassen hätte. Providence, Rhode Island, soll ein angenehm ruhiger Ort sein, an dem nichts geschieht und ein Tag vergeht wie der andere.
Bei meiner Wanderung durch das Haus war ich jetzt im Arbeitszimmer angekommen, wo ich erschöpft in das Polster des Ohrensessels fiel und in Gedanken versunken aus dem Fenster blickte.
Ich versuchte erneut eine Ordnung in das mich umgebende Chaos zu bringen, schreckte aber wieder davor zurück die Fragmente zusammenzufügen. Draussen war es jetzt dunkel geworden, ein scharfer Wind pfiff ums Haus und fuhr mit seinen Fingern durch den Efeu. Leute gingen den Gehsteig vor dem Grundstück entlang, fernab von dem Gespinst aus lückenhaftem und verstörenden, das mich umwob wie ein Netz aus Fieberträumen.
Dr. Warren klopfte an die Tür und gab mir Bescheid, dass er und die Schwester, nun da ich mich offensichtlich wieder erholt habe, fortgehen würden und wünschte mir alles Gute. Ich bedankte mich herzlich bei ihm und verabschiedete die beiden an der Tür, wonach ich mich wieder in mein Arbeitszimmer zurückzog. Zur Zerstreuung nahm ich mir Philostratos Die Empuse zur Lektüre und zündete mir eine Lesepfeife an. Doch ich war nicht fähig der Geschichte zu folgen. Meine Gedanken ließen sich nicht darauf fokussieren, denn der Arzt hatte unrecht gehabt, ich war nicht wieder gesundet.
Zwar hatte mein Körper sich von dem Schock erholt, doch der Anblick von Goodhills Waffe spukte in mir wie eine Nemesis. Mein Blick wanderte von den Buchstaben zum Kopf der Pfeife, aus dem der blaue Dunst quoll wie die verdrängten Tatsachen und Zusammenhänge aus den dunklen Ecken meiner Erinnerung. Die Mauern aus Ignoranz und Banalisierungen, die mich vor der Erkenntnis schützten, fielen zusammen und versanken im Sand. Es bestand kein Zweifel daran dass der Mann in Gardners Keller Goodhill gewesen war. Ich hatte ihn mit eigenen Augen gesehen, seine Stimme vernommen und seine Angst gespürt. Ich hatte ihn gehört als er mir hinterher schrie, ich solle in die Vitrinen sehen. Goodhill konnte nicht aus dem Raum geflohen sein, denn der hatte nur einen Ausgang, und den hatte ich versperrt.
Der Einbrecher hatte auch keinen Zweitschlüssel besessen, denn dann wäre er uns über den Weg gelaufen, also musste zwangsschlüssig etwas mit ihm geschehen sein, als er dort unten alleine war und ich mit Clara im Wohnzimmer saß und auf die Polizei wartete. Clara war jedoch nicht die ganze Zeit bei mir geblieben und sie hatte auch die Waffe eingesteckt. Wieder klopfte ein Gedanke an die Pforte meines Bewusstseins, doch viel weiter kam ich mit meinen Überlegungen nicht, da ein Geräusch vom Fenster herübertönte.
Ich weiß noch genau wie ich zusammenfuhr, als es am Fenster des Arbeitszimmers klopfte, mein Buch fallen ließ und die Pfeife so stark gegen die Tischecke stieß, das ihr Kopf eine Kerbe erhielt. Ich blickte auf und sog scharf die von Rauch schwere Luft ein, als ich am Fenster das Aschfahle Gesicht eines Menschen bemerkte, in dem zwei wässrige Augen schwammen und dessen dünne Lippen beim Sprechen die eingefallenen Wangen verzogen als wären sie aus Reispapier. Die Gestalt bewegte wieder ihre Lippen, doch der Wind und der raschelnde Efeu übertönten das gesagte. Dann sank der Mann vor dem Fenster zu Boden. Ich zwang mich zum Handeln, stürmte nach draußen und ums Haus. Der Mann der unter dem Fenster zusammengebrochen war, stand dem Tode näher als dem Leben. Ich trug ihn behutsam ins Haus und legte ihn vor dem Kamin im Wohnzimmer auf das Sofa. Ich beeilte mich dann das Feuer zu schüren, das schon nahe am ausgehen war, und wandte mich erst wieder um, als es von neuem wieder aufloderte. Jetzt erst erkannte ich in den leichenähnlichen Zügen des Mannes voller Schrecken meinen Freund Oliver Gardner. Außerstande mir zu erklären welche Einflüsse ihn in so kurzer Zeit in einen so Ghulähnlichen Zustand verwandelt hatte, hielt ich meine Hand über Gardners Mund und Nase. Die unregelmäßigen Atemzüge versetzten mich nur noch mehr in Unruhe und ich versuchte ihn wachzurütteln. Tatsächlich flatterten seine Lider und er stöhnte, als würde er von diabolischen Traumgesichten gepeinigt aber zu Bewusstsein kam er nicht. Ich flößte ihm einen Esslöffel fünfzehnjährigen Meiers ein, erst da begann er zu husten und schlug die Augen auf. Ich lobte den Rum vor Gott und drückte Gardner ein Glas mit Zitronenwasser in die Hand, auf das er damit die Schmerzen lindern konnte.
Ich sagte ihm ich würde auf der Stelle einen Arzt rufen, und wenn ich dafür die Nachtruhe eines hart arbeitenden Mannes stören müsste. Bei der Erwähnung des Arztes blitzte ein kraftvoller Widerwille in ihm auf. Mit bestimmter barscher Geste winkte er ab und befahl mir mich zu setzen, denn wir hätten nur wenig Zeit und ich müsste einiges erfahren das er mir vor ein paar Tagen nicht hatte sagen können. Doch zuerst musste ich ihm berichten was mir widerfahren war, seit ich den Spiegel das erste Mal gesehen hatte. Gardner unterbrach mich dabei nicht ein einziges Mal, obwohl ich bemerkte, dass er vor Erschöpfung kaum in der Lage war mir zu folgen. Als mein Bericht bei dem Besuch in Gardners Haus angelangt war, schien er nahe dran in Ohnmacht zu fallen, doch rührte dies eher von einer Erregung über etwas her, über das seine Worte keinen Aufschluss gaben. Ich nahm ihn an den Schultern und beschwörte ihn wach zu bleiben.
Er murmelte, ich hätte großes Glück gehabt, das ich im Kellerraum in Ohnmacht gefallen sei und später die Polizei gerufen hätte, vor allem aber, das ich nicht in die Glasvitrinen im Keller gesehen habe.
Nachdem ich meinen Bericht zu Ende gebracht hatte, fragte ich Gardner unumwunden was hier im Gange sei und was es dagegen zu tun galt. Meiner Bitte nicht achtend, straffte Gardner seine Gestalt und begann zu erzählen, fügte all die fehlenden Steine in das Mosaik der Geschehnisse, die mich endlich den Großteil der alles bedrohenden Katastrophe verstehen ließen.

7.
Nach dem Horror in der Höhle befand ich mich, wie du weist, ganze drei Monate in einem merkwürdigen komatösen Zustand. Die Ärzte und Psychologen sahen den Grund allerdings nicht nur in dem Erschöpfungszustand in dem Harsther, Goodhill und ich uns befanden, sondern auch in dem Schock, der, wie sie ganz richtig vermuteten, eine Folge traumatischer Erlebnisse war. Nur haben sie nie genau erfahren was in der Zeit vom 27. Januar bis zum 6. Februar dort unter dem Eis geschah. Nur die paar Zeilen die ich wohl bei halbem Bewusstsein niedergeschrieben habe zeugen davon, allerdings sagen sie zum Glück aller nichts Genaues aus. Ein bisschen hast du durch eigene Recherchen herausgefunden aber mehr noch hast du erahnt. Goodhill erzählte dir schließlich das meiste - ich hätte das nicht gekonnt. Er hat auch versucht den Spiegel zu zerstören, der Narr.
Yerr ha`nbe ngacheg chtjiyn onguul vret - Der ihnen ergeben komme zu enden den Schlaf. Der ohne den Glauben und ohne die Weihe kommt vergehe.
Nun, wir waren ohne den Glauben und die Weihe - trotzdem haben wir den Spiegel genommen und ans Licht gebracht. Wir alle haben nach der Übersetzung der Überschrift an der Halbsphäre gesucht, nun weiß ich was sie bedeutet, frage mich bitte nicht woher.
Und nun lass mich dir erzählen was sich tatsächlich nach meiner Rückkehr zutrug, denn es ist wichtig für dein Verständnis der schrecklichen Dinge, die ich durchmachte. Das erste Vierteljahr verbrachte ich damit das Geschehene, so gut ich es vermochte, zu verarbeiten, was nicht leicht war. Zahllose male redete ich mir ein, das solch alte Dinge, wie sie dort unter dem Eis - und anderswo - existieren, nicht sein können, das es tatsächlich nur der Wahnsinn war, der uns packte, aber ich brauchte nur einmal an Dr. Kerner und den Spiegel denken um diese Gedanken Lügen zu strafen.
Nach Vier Monaten begann ich zu fantasieren, hatte Visionen von ungeheurer Eindrücklichkeit. Ich sah den Exodus der letzten, degenerierten Großen alten, die das Plateau von Leng verließen als die anderen sich aus dem See begaben, wie die Spiegel in die Welt getragen wurden und ihre Opfer in die Zwillingswelten und noch schrecklichere Orte schleuderten.
Aus meinen Visionen malte ich sechs Bilder, von denen du nur zwei gesehen hast, worüber du froh sein kannst. Denn die anderen...
Als die irren Visionen schließlich abklangen und eine allgemeine Besserung meines Zustandes sich bemerkbar machte, fasste ich neuen Mut und fuhr mit Clara hinaus nach Kingsport Head und Falcon Crest. Danach fing ich wieder an zu arbeiten und restaurierte einige Vasen aus Griechenland, wozu ich mir eine Werkstatt in meinem Kellerraum einrichtete, wo auch der Spiegel stand. Ich stellte ihn jedoch verhüllt hinter dem Schreibtisch auf, so dass ich ihn nicht dauernd sehen musste. Aber schon bald begannen die Traumgesichte mich wieder zu quälen. In meinen Träumen erfuhr ich alles über den Niedergang der Yith und ihre Geißel, die aus den Säften des Morgyath entsprang und die jene gespenstischen, grausamen Spiegel fertigten.
Zu dieser Zeit kamen sie das erste Mal zurück, was dann geschah wurde mir nicht offenbart, denn meine Traumvisionen rissen jäh ab.
Zu meinem Leid musste ich aber bald erkennen das damit keinerlei Erholung einherging, da der Albdruck der nächtlichen Träume mit dem letzten Erwachen nicht von mir gewichen war. Ich wähnte mich teils immer noch im Traume, auch wenn Clara mir oft versicherte ich sei wach. Auch schwand mein Appetit und das Essen wurde zur Qual, ich aß nur noch so viel das mein Körper gerade so bei Kräften blieb.
Immer öfter schloss ich mich im Keller ein, saß brütend am Schreibtisch und murmelte zusammenhangloses Zeug dahin. Zeitweise blieb ich den ganzen Tag dort unten. Clara machte sich zunehmend sorgen, wollte mich auf Ausflüge und zu Teegesellschaften mitnehmen, wohl in der Absicht mich irgendwie aus dem Keller herauszubekommen und in Gesellschaft zu bringen.
Ich fuhr sie gereizt an, wie es überhaupt nicht meine Art ist, und drohte ihr mit allerlei Bösartigkeiten, von denen ich Gott sei Dank nie welche in die Tat umsetzte. Ich verwünschte sie und gab ihr an allem Schuld, wohl weil ich mir selbst gewisse Dinge nicht eingestehen konnte.
Eines Abends saß ich halb bewusstlos vor Erschöpfung im Kellerraum und sang im Wahn ein idiotisches Lied, als ich Clara die Treppe herunterkommen hörte. Ich schrie sie solle fortgehen, mich in Ruhe lassen und nimmermehr wiederkehren. Doch sie blieb hartnäckig und verlangte Einlass.
Ich riegelte also die Türe auf und ließ sie eintreten. Ohne Umschweife erklärte sie mir, dass sie in meinem Namen einen Brief an dich geschrieben habe, der dich für den Montag, an dem du dann auch kamst einlud. Ich fing an zu toben und schüttelte sie so heftig das sie mir entglitt. Clara stolperte durch den Raum, zerrte bei dem Versuch sich festzuhalten das Leinentuch vom Spiegel und blieb weinend an seinem Sockel liegen.
An das, was daraufhin geschah, kann und will ich mich nicht in allen Einzelheiten erinnern, denn es ist mehr als der Verstand eines Menschen aufnehmen kann, ohne auf der Stelle schweren Schaden zu nehmen. Der gesamte Spiegel begann sich zu wölben und zu verschieben, zitterte und zuckte wie eine Spinne, die in ihrem Netz hin und her ruckt um größer zu erscheinen, jedoch spielte es sich ab, ohne dass das verfluchte Ding ein Geräusch verursachte. Dann drehte sich die Spiegelfläche selbst zu einer Spirale nach außen und...
Ich brach zusammen, umschloss meine Knie mit den Händen und presste die Augen so fest zusammen dass ich Sterne sah.
Ein fürchterlicher Gestank machte sich im Kellerraum breit. Eine Folge widerlicher Knack- und Brechlaute drangen an mein Ohr. Ich hörte ein Zischen und Saugen, dann ein Geräusch wie von fließendem geschmolzenem Stein.
Dann herrschte Ruhe und ich öffnete die Augen. Clara war nicht mehr da. Aber alleine war ich nicht, etwas war im Tausch für Clara durch den Spiegel gekommen, aus einer Dimension oder von einem Ort, dessen Natur wir nie verstehen könnten. Ich war in vollem Bewusstsein um das Ding das jetzt mit mir im Haus war und um die Bedeutung dessen, was sich hier gerade ereignet hatte.
Als der Spiegel den ersten von ihnen in diese Welt freigegeben hatte, lag ich vor Angst und Wahnsinn gelähmt neben der Tür zum Kellergang. An dem penetranten Geruch von Fäulnis und Verderben, der sich näherte, merkte ich dass es auf mich zukam. Was ich nun auf mich zukommen sah, war nicht Clara, das sagte ich mir immer wieder, aber es sah genau so aus wie sie als es vor mir stand! Doch vorher...
Ich war mir gewiss dass meine Tage gezählt waren und in einem ganz bestimmten Sinn hatte ich auch recht. Mit Claras Tod war auch mein Lebenswille gestorben, mein Geist bis auf einen Funken verloschen und meine Wahrnehmung reduziert auf einen kläglichen Rest. Ich sah nichts mehr und spürte nichts mehr und wenigstens dafür danke ich Gott.
Es nahm mich auf als wäre ich eine Feder und stellte mich aufrecht hin, während ES mit Claras Stimme zu mir sagte, das ich wahnsinnig geworden wäre, das dass eben geschehene nur eine bloße Halluzinationen, ein Rückfall in meiner Krankheit war. Das Ding nahm mich auf den Arm wie ein Bräutigam seine Braut und trug mich nach oben, legte mich ins Bett, und verließ das Zimmer. Ich hätte dem Ding fast geglaubt, so verlockend schien mir die Vorstellung dass ich schlicht wahnsinnig geworden wäre. Doch die ganze Zeit umbrandete mich der Geruch, der von dem Ding ausging, der Geruch den es verströmte.
Am nächsten Tag erwachte ich, ohne einen Übergang vom Zustand des Schlafes in den des Wachens zu durchlaufen. Ich wusste was geschehen war, dass Clara tot war und ich mit diesem abscheulichen Ding in meiner Wohnung alleine war. Doch mein erster Impuls war keineswegs es zu töten oder zu fliehen. Auf einer krankhaften, verdrehten Ebene begrüßte ich seine Anwesenheit. Der Tod meiner Frau schien mir nichtig wie eine Schlagzeile des Arkham Advertiser, ja, als geradezu angemessen und notwendig empfand ich ihn. Ich traf Vorbereitungen und... räumte im Keller auf.
Was von Clara übrig war, legte ich in einen Eimer und stellte ihn in eine der Vitrinen.“

Vor Erschöpfung hielt Gardner inne. Das also hatte Goodhill gemeint als er sagte, ich sollte in die Vitrinen sehen. Wenn ich heute bedenke, wie nah die Polizisten und ich damals an der Entdeckung der Überreste waren - und ich durchaus die Möglichkeit gehabt hätte alles mit wenigen Worten aufzudecken, raubt es mir den Schlaf.
Jetzt erst kamen die Tränen aus den Augen der jämmerlichen Gestalt Gardners. Ich legte ihm die Hände auf die Schultern. Zu Worten war ich nicht fähig. Es war ohnehin unmöglich ihm durch Rede Trost zu spenden. Ich nahm ihn in den Arm, als sich die Tränen lösten. Als er wieder zu reden begann, war seine Stimme nicht mehr als ein leises Wispern.

„Dass es von unserer Verabredung wusste war mir ebenso bekannt wie sein Plan dich ebenfalls durch den Spiegel hindurch zu stoßen. Ich hieß das vor mir selbst gut, soweit reichte sein manipulativer Einfluss. Aber sei beruhigt, wäre ich wie jetzt bei klarem Verstand gewesen, ich hätte den Schürhaken genommen und das Ding, die Kreatur, wenn es denn eine ist, in Tausend Stücke geschlagen.
An jenem Abend dann an den du bei mir warst und der Anblick des fürchterlichen Spiegels dich in Ohnmacht hat fallen lassen, wollte ich dich dem Spiegel geben. Doch der kann anscheinend nur Dinge Hinüberschicken, die bei Bewusstsein sind und es war dein verdammtes Glück, das du ohnmächtig wurdest als der Spiegel sich öffnete, so blieb dem Ding nichts anderes übrig als dich laufen zu lassen. Das war nicht nur deine, sondern auch meine Rettung gewesen, da die Kraft des Spiegels sich in dem Versuch den Austausch vorzunehmen erschöpft hatte. Er musste sich erst wieder vom Licht nähren und deshalb schwand auch seine Macht über mich schnell, da die anderen auf seltsame Weise an die Spiegel gebunden sind. Mein Geist klärte sich auf und fiel aus dem merkwürdigen Zustand in rasende Angst zurück. Sofort floh ich aus dem Haus und versteckte mich in den Gassen am Hafen zwischen den Landstreichern und Vagabunden. Ich war völlig wahnsinnig.
Irgendwie landete ich in einem Mercy House der Methodisten, wo man mir ein Bett und zu Essen gab, so das ich mich ein wenig erholen konnte. Als ich wieder zu mir kam, reifte in mir der Entschluss zu dir zu kommen und dich zu warnen. Goodhill und seinem zum Scheitern verurteilten Versuch den Spiegel zu zerstören hast du deine zweite Rettung zu verdanken. Denn hätte das Ding ihn nicht töten müssen, es wäre dein Ende gewesen. Jetzt bin ich bei dir und habe dir alles gesagt was es zu sagen gab. Wenn es noch mehr Opfer durch den Spiegel gehen lässt, wird hier alsbald kein Mensch mehr umgehen. Die anderen werden sich ausbreiten wie einst und nichts wird in der Lage sein dem entgegen zu wirken, wenn du jetzt nicht etwas unternimmst.“

Als der arme Gardner verstummte, sank er abermals in Ohnmacht und ließ sich durch nichts wieder zur Besinnung bringen. Ich deckte meinen Freund zu, setzte mich in den Sessel ihm gegenüber und versuchte nun meinerseits dem aufkommenden Schock mit einem halbem Glas Rum zuvor zu kommen, was hervorragend funktionierte.
Jetzt sah ich das Bild als ganzes und was ich sah stieß mich ab, entsetzte mich und bäumte einen Widerwillen gegen all das perverse in mir auf, das auf mich eindrang. Die Narben der Schrecken die ich in dieser Nacht erfuhr heilten nie aus. Wie könnten sie das auch, hier an diesem Ort.
Während Gardner schlief überlegte ich was ich nun tun konnte. Mich mit diesem uralten außerweltlichen Ding einlassen, dem ich nur durch pures Glück zweimal unwissentlich entkam? Verständlicherweise lag mir nichts ferner. Dennoch, etwas musste getan werden. Eine Flucht mit Gardner war in seinem Zustand undenkbar, er hätte sie sicher nicht überlebt, wie ich dachte. Und wie lange wären wir in Sicherheit gewesen? Lediglich eine nichtige Zeitspanne.
Auf diese Weise grübelte ich eine ganze Zeit angestrengt vor mich hin, während Gardners Ohnmacht allmählich in einen leichten Schlaf überging.
Mit einem Mal erschien eine Idee zur Lösung all dieser Probleme in meinem Kopf. Es war ein simpler Plan und das sind in den meisten Fällen die besten, auch wenn Pläne nur bestehen bis sie zur Anwendung kommen. Am Morgen des heraufdämmernden Tages sollte ich auf die bitterste Art lernen, was das in der Praxis heißt.
Auf dem Kaminsims stand eine Kirschholzkiste, die ich nun an den Schreibtisch in mein Arbeitszimmer trug. Sie enthielt die einzigen Familienerbstücke der Merricks, zwei wunderschöne Vorderladerpistolen mit Sandelholzgriffen. Ich rollte das beiliegende Utensilienmäppchen vor mir aus und begann die Waffen zu reinigen. Die Verzierungen an den Läufen zeigten zwei Widder, deren Hörner die Schlagbolzen bildeten.
Ich goss das wenige Schießpulver hinein das ich noch hatte, stopfte es, und ließ die Eisenkugeln in die Öffnungen rollen. Die geladenen Pistolen verstaute ich in meinem langen Übermantel, worin die Waffen die Kleidung nicht ausbeulen würden.
Im Flur nahm ich das Telefon in die Hand und ließ mich mit Gardners verbinden. Es dauerte geraume Zeit, bis der Hörer abgenommen wurde. Die Stimme des Dinges war hellwach und messerscharf. Ohne ein weiteres Wort fragte es mich, ob ich Oliver gesehen hätte, denn er wäre noch immer nicht zurück. Eine Weile erwiderte ich nichts riss mich schließlich zusammen und gemäß meiner waghalsigen Idee verriet ich dem Ding stotternd, das Oliver Gardner in sich bei mir befand. Ich musste mich zwingen es zu bitten schnellstmöglich zu meinem Haus zu kommen.
Es fragte noch ob ich einen Doktor geholt hätte, oder die Polizei, was ich wahrheitsgemäß verneinte. Es sagte, es würde sich sofort auf den Weg machen und hängte ein.
Angekleidet ging ich noch einmal ins Wohnzimmer zurück und verabschiedete mich still von Gardner, den ich in dieser Nacht zum letzten Mal in meinem Leben sah, wie ich meinte.
Draussen hatte ich große Schwierigkeiten noch eine Droschke zu finden. Die Fahrt würde etwas mehr als eine Stunde dauern und schon bald bekam ich Zweifel an dem allzu intuitiven Plan.
Das Ding war aus dem Haus gelockt und befand sich wahrscheinlich ebenfalls auf dem Weg zu meinem Haus, wo es auf Gardner treffen würde, falls meine Idee nicht funktionierte. Es grenzte an Wahnsinn, anzunehmen dass der Plan funktionieren würde, doch jeder Versuch war besser als eine auf lange Zeit sinnlose Flucht, an deren Ende unbeschreibliches stand. Während das Ding also aus dem Haus war, würde ich dort eindringen, mir Zutritt zum Kellerraum verschaffen und schlicht den Spiegel entzwei schießen. Es blieb nur zu hoffen, dass jenes Monstrum schnell genug seine Kräfte verlor und sich auflöste, bevor die Droschke mein Haus und Gardner erreicht hätte. Doch das Ergebnis würde ich erst sehen, wenn ich wieder zu Hause einträfe.
Das alles schien in der Überlegung recht simpel, doch die ganze Fahrt über hatte ich das bohrende Gefühl etwas von absoluter Wichtigkeit übersehen zu haben.
Nach der Hälfte der Strecke hielt ich den Kutscher aus einem bohrenden Gefühl der Verfolgung, zur Eile an, das ich mir nicht erklären konnte. Es dauerte dann noch knapp eine halbe Stunde, bis wir bei Gardners Haus ankamen. Ich bat den Fahrer vor dem Haus zu warten und versüßte ihm diese Bitte noch mit einem Versprechen auf eine Summe, die über der üblichen Bezahlung lag.
Augenscheinlich war das Ding bereits auf dem Weg zu meinem Haus, denn alle Fenster waren verdunkelt und nichts regte sich. Also eilte ich um das Haus herum und brach die Hintertür auf. Sofort drang mir der fremdartige, andersweltliche Geruch in die Nase. Nachdem ich mir Eintritt verschafft hatte, lief ich zum Schlüsselbrett im Flur und nahm den Kellerschlüssel an mich, riegelte die Holztür auf und hastete den geräumigen Kellerflur entlang.
Die vier Türen zu meinen Seiten waren geschlossen, doch stand die Tür zum Rundraum offen. Ich drehte die Gaslampen auf und da standen die verhüllten Glasvitrinen, der Schreibtisch und dahinter, in seiner Einsparung, der verfluchte Spiegel. Ohne weiteres zog ich eine der Pistole und feuerte die Waffe auf das Ziel ab. Der Schuss war nicht laut, es klang eher als würde ein Stiefelabsatz auf eine Holzbohle schlagen. Ich sah dass die Kugel den Spiegel in der Mitte getroffen hatte. Dann wurde es dunkel im Raum. Zuerst dachte ich das mein Schuss den Spiegel durchschlagen und eine in der Wand verlaufene Gasleitung getroffen hätte, doch dann verstand ich. Der Spiegel bezog seine Energie aus dem Licht und saugte nun alles auf was er kriegen konnte. Ich stürzte zum Eingang und schlug auf den Lichtschalter. Ich durchlebte eine Ewigkeit, bereit sofort zu fliehen. Das Gefühl als streife etwas Warmes meine Schulter stoppte meinen Atem, doch sagte ich mir, dies sei auf meine über das Maß strapazierten Nerven zurückzuführen und drehte den Lichtschalter wieder an. Im Schein der Lampen sah ich, das der Spiegel jetzt in der Hälfte gespalten und der obere Teil abgebrochen und zu Boden gefallen war. Er war zerstört.
Ein Triumphgefühl stellte sich jedoch nicht ein, würde ja der Erfolg meiner Tat sich erst zeigen müssen.
Dann hörte ich leise Schritte die Treppe herunterkommen. Ich ließ das Licht eingeschaltet, zog mich jedoch hinter den Schreibtisch zurück. Denn was dort durch den Flur wandelte konnte nur eines sein: Das Ding aus dem Spiegel, der erste von den außernatürlichen anderen, der meinen Plan durchschaut hatte und zurückgekommen war. Mein Denken setzte aus, vor Angst und dem Horror vor der unbeschreiblichen Phantasmagorie, die nun aus dem Schatten in den Raum trat, dem Ding das wie Clara Gardner aussah. Ich zog meine zweite Pistole und richtete sie auf das Monster. Die Maske eines menschlichen Gesichtes blieb vollkommen ausdruckslos, nur die Augen glitzerten in einem merkwürdig stumpfen Ausdruck. Fast wie von außen drängte sich plötzlich ein Bild in meine Gedanken, Es war die kurze Sequenz meines ersten Alptraumes, den ich nach dem lesen des Expeditionstagesbuches gehabt hatte, der Alptraum, in dem Clara sich in jenes nicht zu beschreibende Ding verwandelte, und in dem mir etwas ein solch abscheuliches Angebot gemacht hatte, das ich es tief in meinen Gedanken vergrub.
Ohne weiter zu zögern zielte ich auf den Kopf und schoss. Die Kugel traf ihr Ziel in die Stirn und riss es auf der Stelle zu Boden. Eine Ewigkeit verging, bevor ich wagte mich aufzurichten und einen Blick auf den toten Körper zu werfen. Es hatte sich nicht mehr bewegt.
Trotzdem wagte ich mich nicht näher an den Körper heran, sondern schlug einen großen Bogen entlang der Sandsteinplatten. Kaum war ich an der Tür angelangt, drang mir ein konzentrierter Stoß des pestilenten Geruchs aus dem Kellergang entgegen und dann, genau vor mir, schälte sich aus dem Schatten des Kellerflures eine sich hin und her wiegende Gestalt.
Ich versteinerte auf der Stelle als mein Blick in den der uralten Abscheulichkeit vor mir tauchte. Das Gesicht in das ich blickte war im eigentlichen Sinne kein solches, nur ein Zerrbild, eine Perversion. Es war die Fratze dessen was einst Oliver Gardner war. Als die Gestalt sich näherte, sah ich dass sie keine Beine hatte, sondern auf Myriaden von Fäden über den Boden glitt. Dort wo die Hüftknochen sein sollten, blickten zwei handtellergroße Augen aus dicken Wülsten. Die Aschgraue Haut war trocken, pergamentartig. Mit einem Schlag offenbarte sich mir die fatale Situation in einem einzelnen diabolischen Gedanken. Oliver Gardner war nie aus dem Eis zurückgekehrt, alles was mir seine Maske erzählt hatte waren bestialische Lügen, Unwahrheiten, die mich verwirren und dem teuflischen Plan des Dinges gefügig machen sollten. Nicht nur Dr. Kerner war unter dem Eis von den anderen geholt worden, auch mein armer Freund Oliver Gardner. Clara war, wie das Ding in Gardners Rolle es von sich gesagt hatte, unter seinem Einfluss, Goodhill war im Keller von dem anderen getötet worden, der aus dem Eis in Gardners Gestalt zurückkam und lag wahrscheinlich in einem Eimer in einer der Vitrinen – all das begriff ich auf einen Schlag.
Doch jede Einsicht kam zu spät.
Es packte mich an den Schultern und hob mich wie ein Blatt empor, warf mich durch den ganzen Raum auf den Schreibtisch, wo ich vor Schmerz und lähmendem Grauen liegen blieb, nicht fähig zu einer Regung. Es umrundete mich, griff nach einer der Spiegelhälften und hielt sie mit beiden Händen triumphierend über meinen Kopf.
Ich drehte den Kopf und blickte eben in das Marmorweiße Gesicht mit den Quecksilberfarbenen Augen, als ein bohrendes Gleißen sich durch meine Stirn wühlte. Meine letzte Empfindung war weder Schmerz noch Angst, nur unvorstellbare Dichte und Geschwindigkeit.

8.
Ich wachte hier in meinem Haus auf, fand mich jedoch vollkommen alleine. Ich lag in der Diele und hatte alle Viere von mir gestreckt. Ich zog sämtliche Vorhänge zu und sperrte alle Türen ab. In meinem Kopf stach etwas von der Stirn an nach hinten, so als stecke ein Messer darin oder als hätte ich dort ein Loch. Die Fenster kleidete ich mit Zeitungspapier aus, bis kein Lichtstrahl mehr hindurch schien. Ich wusch mich nicht mehr, aus Angst vor dem Spiegelbild. Doch wenn ich auch Wahnsinnig geworden war, wusste ich genau, wo ich mich befand. Allem um mich herum haftete etwas so grundlegend Falsches und widernatürlich Schattenhaftes an, das es keinen Zweifel geben konnte.
Dies ist der Ort der übrig bleibt, eine Welt der Falschheit und der Abartigkeit, das Spiegelbild unserer Welt, das die anderen Gebiert, die die Bewohner von Leng vertrieben und heillose Zeitalter lang unter uns umhergingen. Arkham ist hier eine Geisterstadt, keinen einzigen Mensch habe ich seit meiner Ankunft gesehen. Ab und zu nehme ich in den Augenwinkeln schattenhafte Gestalten wahr, faserige Geschöpfe ohne Form oder Farbe. Das sind die anderen, die noch hier weilen, in diesem Verzerrten, pervertierten Abbild unserer Welt, nach der es ihnen gelüstet wie einer Fliege nach dem erkaltenden Körper eines gestorbenen Tieres. Ich bin alleine hier, doch ich bin gewiss, dass dies nicht mehr lange so sein wird. Ich bin mir sicher dass andere wie ich kommen werden, viele andere. Und das schon sehr bald.
 
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Kommentare  

Yeah, ist glaube ich auch meine längste. ich habe irgendwo noch einen Stapel Papiere herumliegen die zu überarbeiten und zu berichtigen sind, unter denen noch zwei ähnliche Story liegen. Vielleicht kriege ich de eines Tages auch fertig...

Gruß,
Killing Joke.


Killing Joke (18.08.2009)

Die Geschichte ist wirklich nicht für die Mittagspause geeignet, weil die viel zu kurz ist und man aber durchweg weiterlesen will bis zum Schluß. Mir hat sie von Anfang bis zum Ende sehr gut gefallen mit außergewöhnlichen Ideen, viel Fantasie und einem hervorragenden Schreibstil.

Fan-Tasia (23.07.2009)

wow, was für ein lob - bis zur nächsten mittagspause gefiebert. ich fühle mich geehrt.

Killing Joke (19.11.2007)

Hallo,
ich muss mich da Darkangel voll anschließen. Ausser den grammatikalischen Fehlern echt ne guten Story. Ich hab sie in der Mittagspause gelesen. Allerdings reichte Eine nicht aus. Daher hab ich bis zum nächsten Tag gefiebert wie es weitergeht.
Danke für den Nervenkitzel


UweB (26.10.2007)

Hallo darkangel, jetzt habe ich endlich mal ruhe und lust dein kommentar zu erwiedern. erstmal: das du die 49 seiten gelesen hast verdient kein danke, sondern eine huldigung!
Hier -> *HULDIGUNG*
und das du so lieb bist die fehler alle zu protokolieren ebenfalls! das weis ich zu würdigen. nicht, weil es mir arbeit abnimmt, sondern weil du dir die mühe gemacht hast. :D

außerdem freue ich mich riesig das der text dir gefallen hat. ich saß recht lange daran (4 monate) und hatte etliche probleme und schreiblockaden. von den überarbeitungen rede ich gar nicht erst...

p.s.: ich hole mal meinen satzzeichenbeutel aus der schublade und streue ein bischen davon über den text... vieleicht treffe ich ja die richtigen stellen :D


Killing Joke (09.10.2007)

hallo joke,
das ist mal extreeem lang^^ da es gut geschrieben ist, überlebt man es allerdings an einem stück;)
am besten liste ich hier erstmal auf, was mir an fehlerchen aufgefallen ist:

Eine ganze Stunde hätte ich friedlich geschlafen und dann unvermittelt angefangen Laute des Widerwillens von mir zu geben, die sich in panische ---schreie--- steigerten;

Weiterhin schrieb er es wäre noch zu anstrengend für ihn über die Expedition zu sprechen. -->kommata

Bei der Expedition waren Menschen und Tiere umgekommen, es gab keine Aufzeichnungen über die Geschehnisse unterhalb der Steinplatte und mein Freund hatte einen ---Schweren--- Zusammenbruch erlitten.

Ich war nun beinahe überzeugt es mit einem dem Wahn anheim gefallenen ---irren--- zu tun zu haben, weshalb ich froh war mich mit diesem in der Öffentlichkeit zu befinden.

Goodhill erwiderte eine Zeit lang nichts, musterte mich lediglich mit ausdrucksloser ---Mine---

Ich kann nicht beschwören ---das--- ich seine Rede hier wortgetreu ---wiedergebe--- habe, denn seit jenem Tag hat viel ---ungeheures--- und Wahnsinniges seine Erfüllung gefunden.

Wesen die da kamen um zu fressen und zu wüten auf ---das--- einst nichts mehr wäre oder jemals war.

Bald schufen ---Sie--- aus dem erstarrten Saft an den Ufern des Sees unsägliche Blasphemien und machten, dass diese ???eklen??? Dinge zeigten was war, damit Sie sich mehrten.

Dann waren Sie nur noch wenige und da wandelten Sie über die Welt und gaben den Menschen, welche von Ihnen als Götter verehrt wurden die Spiegel, auf ---das--- Sie einst zu zurückkehren würden um zu herrschen.

Ich ---weis--- ---das--- vieles davon unverständlich ist und scheinbar nicht mehr als der geistige Erguss eines Wahnsinnigen.

Merrick, ich komme jetzt nicht mehr darum hin den Verdacht zu haben, ---das--- jener Spiegel, den der arme Gardner bei sich zu Hause hat, eines jener ???eklen??? Dinge ist, von denen das Liber arcanum Mysteriis spricht.

Nachdem wir also festgestellt hatten ---das--- es gute Fünfundsiebzig Meter hinab ging, statteten wir vier - Dr. Kerner, Professor Harsther, Oliver Gardner und ich selbst uns mit Proviant für drei Tage, ---Geologischem--- Werkzeug, einem Stoß Papier und Stiften aus, nebst dem restlichen Rüstzeug das wir für die Unternehmung benötigten.

Der Kopf indes war starr ins Ganginnere gerichtet, ganz, als hätte der ---tote--- etwas erwartet.

Dr. Kerner spekulierte, ---das--- vielleicht der Ausgang des Schlotes gerade verschlossen wurde, als der Mann ihn verlassen wollte, was auch die Abtrennung der Hand erklären würde, bedenkt man das Gewicht der Steinplatte.

Gardner gab der Vermutung Gewicht ---das--- sich damals eventuell auch noch andere Menschen hier unten aufgehalten haben könnten, die möglicherweise dem Wahnsinn anheim fielen und den Mann am Einstieg umgebracht hatten, weil er, so der Arzt, einer rituellen Opferung entfliehen wollte.

Harsther bemerkte trocken ---das--- er auf Hilfe nicht angewiesen sei und trat ohne ein weiteres Wort durch das zerstörte Tor, auf dessen anderer Seite sich der grauenvolle Ort befand, an dem der arme Dr. Kerner sein vorzeitiges Ende fand.“

„Zunächst Merrick, muss ich ihnen sagen, das jene Geschehnisse die ich ihnen jetzt erzählen werde nichts mit der Welt wie wir sie kennen zu tun haben.--->kommata

Erst dachten wir ---das--- unser Lampenöl zuneige ging, und wollten schon schleunigst umkehren, doch wurde das Licht unserer Lampen wieder stärker, als wir uns vom Mittelpunkt in Richtung des Ausganges entfernten.

Der Doktor erschrak vor dem Phänomen und verlangte beim Anblick des schwarzen Flecken in dem Rucksack dieses abscheuliche Teil wieder in die Kuppel zu werfen, auf ---das--- es zerbrechen sollte, worauf ein heftiger Streit entbrannte, der nur durch ein Machtwort des Professors beendet wurde, der schlicht drohte den Arzt einfach dort zu lassen, wenn er nicht spurte und tat was man ihm sagte.

Noch während ich mich anzog, kam ich zu dem Schluss ---das--- tatsächlich jemand Gardners Notizen durchsucht und einiges daraus entwendet hatte - denn die abgezeichneten Symbole die Goodhill mir gezeigt hatte waren darin nicht enthalten gewesen.

Die Gastgeberin meinte jedoch, vor dem Hintergrund ---das--- ihr Mann aufgrund unserer Freundschaft und Vertrautheit wohl nicht das Geringste dagegen einzuwenden hätte, müsse ich keinerlei Bedenken haben und zog mich mit sich.

Ich sah ein Buch auf dem Nachttisch liegen und begann darin zu lesen - es war Matthew Gregory Lewis['] Der Mönch. Meine Augen glitten über die Buchstaben ohne das ---gedruckte--- aufzunehmen,

So sprach ich von den anderen, ---das--- sie Clara bereits geholt hätten, was den Doktor sehr erschreckte,

Mit bitterer Miene und viel Galgenhumor bescheinigte der Doktor mir---,--- nach meinem Erwachen eine im Wahn rege Phantasie, sagte aber dass ich nun die Spitze des Eisbergs überwunden hätte.

Außerstande mir zu erklären welche Einflüsse ihn in so kurzer Zeit in einen so ---Ghulähnlichen--- Zustand verwandelt hatte, hielt ich meine Hand über Gardners Mund und Nase.

Zahllose ---male--- redete ich mir ein, ---das--- solch alte Dinge, wie sie dort unter dem Eis - und anderswo - existieren, nicht sein können, das es tatsächlich nur der Wahnsinn war, der uns packte,

Zu meinem Leid musste ich aber bald erkennen ---das--- damit keinerlei Erholung einherging, da der Albdruck der nächtlichen Träume mit dem letzten Erwachen nicht von mir gewichen war.

soar.
den inhalt finde ich sehr ansprechend. den rahmen finde ich interessant, aber das ende innerhalb des rahmens ist nicht so hundertprozentig mein ding^^ diese meterlange einsicht, ach so war das, aha, würde ich ein bisschen kürzen. dass goodhill nicht von clara sondern von gardner getötet wurde, verteht sivch zb von selbst.

ein sandmannleser benutzt den namen clara... kann ja auch zufall sein, aber mir fiel das gerade so auf;)

ein bisschen schöner wäre das ganze, würdest du ein paar mehr kommata über den text verteilen;) ein, zwei stellen habe ich rausgenommen und darauf hingewiesen, es gibt allerdings ncoh mehr.

jaaa, ein harter brocken, aber es lohnt sich!
lg darkangel


darkangel (29.09.2007)

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