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3 Seiten

Ob Titel oder nicht - Mensch bleibt Mensch

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Mich kotzen solche Leute an, die meinen, dass sie etwas Besseres wären, weil sie einen Titel vor ihren Namen stehen haben und dann noch glauben, sie hätten Sonderrechte. Leider gibt es immer wieder „einfache“ Menschen, die sich davon einschüchtern lassen. Aber nicht mit mir. Ich lasse mich von solchen Leuten nicht einschüchtern, wenn sie im Unrecht sind. Vor kurzen hatte ich auf der Arbeit wieder einen so einen Fall. Und zwar rief mich ein Herr DOKTOR Besser* an, der eine Rechnung reklamieren wollte.

„Name der Firma, Meier, schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, meldete ich mich.
„Guten Tag, hier ist Doktor Besser“, stellte der Mann sich am anderen Ende der Leitung recht unfreundlich vor. Ah, wieder jemand, der Eindruck hinterlassen wollte. Ich grinste innerlich.
„Herr Doktor Besser“, grüßte ich ihn. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe von Ihnen eine Rechnung bekommen, die mich etwas überrascht hat. Da berechnen Sie mir eine Verbrauchsrecherche, obwohl ich nur den Energieausweis bestellt habe. Ich geb Ihnen mal die Rechnungsnummer…“
„Die brauche ich nicht“, fiel ich ihm sofort ins Wort. „Die Rechnung hat schon ihre Richtigkeit. Wir führen immer vorher die Verbrauchsrecherche durch, bevor wir den Ausweis ausstellen, daher stellen wir diese auch in Rechnung. Das können Sie auch nachlesen.“
„Da wusste ich aber nichts von“, meinte er dann.
Ja klar, er wusste nichts davon, seltsam dass es aber alle anderen wissen. „Dass es Geld kostet, steht im Internet und auch auf unserem Merkblatt über unsere Preise und Konditionen“, erklärte ich dann.
„Ja, aber die Verbrauchsdaten lagen mir doch schon vor. Deshalb überrascht mich das jetzt.“
Jetzt kommt wieder diese Tour, dachte ich nur. Immer dieses „das überrascht mich“.
„Tja, nur weil es Sie überrascht, heißt es noch lange nicht, dass die Rechnung nicht gerechtfertigt ist. Eine Verbrauchsrecherche ist zeitintensiv, daher wird diese immer in Rechnung gestellt ohne Ausnahme. Daher müssen auch Sie den Rechnungsbeitrag zahlen. Außerdem haben Sie beide Leistungen bei uns bestellt.“
„Noch einmal“, sprach er schon leicht ungehalten. „Ich hatte Ihre Daten bereits vorliegen. Aufgrund dieser Daten hätten Sie doch einfach nur einen Energieausweis erstellen müssen. Was wäre daran so schwer? Woanders ging es auch immer und da wurde mir nichts berechnet und da bekommt man den Energieausweis schon nach drei Tagen und nicht nach drei Monaten.“ Ja ja, immer dieselben Sprüche, dachte ich nur.
„Nun, dann hätten Sie sich direkt von Anfang an, an jemand anders wenden müssen“, wies ich ihn darauf hin. Und davon abgesehen sind wir als Energieversorger in gewissen Maßen dazu verpflichten, eine Leistung nach bestem Gewissen zu erstellen. Dazu gehört auch die sorgfältige Überprüfung der Daten. Ob die anderen Energieversorger auch so vorgehen, lassen wir mal dahin gestellt.“
„Also, ich glaube, ich werde mal einen netten Brief an den Vorstand schreiben müssen. Kann ich Ihren Namen haben?“, fragte er dann. Das war der übliche Versuch, jemanden einzuschüchtern.
„Aber natürlich können Sie meinen Namen haben“, sprach ich ganz betont. „Den habe ich Ihnen zwar schon gesagt und der steht auch auf Ihrer Rechnung mit meiner Telefonnummer, weshalb Sie mich ja jetzt anrufen. Aber ich sage Ihnen den gern nochmal. Ich heiße Meier.“
„Mit E Y?“, fragte er. Nein, du Idiot, dachte ich nur, so wie er auf der Rechnung steht.
„Nein, mit E I. M wie Martha, E wie Emil, I wie Ida, E wie Emil, R wie Richard.“
„Dann werde ich dem Vorstand mal von Ihnen berichten, mal sehen, was der dazu sagen wird.
„Das kann ich Ihnen nicht verbieten, da können Sie mir drohen, so viel wie Sie wollen, Herr Besser, den Rechnungsbetrag müssen Sie zahlen, ohne wenn und aber.“
„Es heißt immer noch DOKTOR Besser“, tönte er arrogant daher. Das wurde echt immer besser.
„Na gut, Herr Doktor Besser, aber ob Doktor oder nicht, Rechnung ist Rechnung, und das gilt auch für Doktoren. Professor sind Sie nicht, oder?“
„Nein, Professor bin ich nicht, wieso? Was hat das jetzt damit zu tun?“
Ich ließ ihn gar nicht erst zu Ende reden. „Tja, wenn Sie auch Professor wären, dann könnten wir ja noch über den Rechnungsbetrag reden, aber das sind Sie ja leider nicht.“
„Sagen Sie mal, machen Sie sich eigentlich lustig über mich?“, fragte er schließlich.
„Na ja, ich meine, Sie wussten angeblich nicht, dass wir für die Recherche Geld berechnen, was jeder andere weiß und jetzt meinen Sie, Sie würden mit Ihrer Masche durchkommen. Entschuldigen Sie, dass ich es lustig finde.“
„Über Ihren Umgang mit Kunden werde ich mich auch beschweren. Außerdem glaube ich, dass Sie selbst keine Ahnung haben. Denn zufällig hat mir einer Ihrer Kollegen gesagt, dass ich nur den Energieausweis zahlen muss“, fing er dann an. Jetzt fiel ihm so plötzlich ein, dass er zuvor schon mit einem anderem Mitarbeiter gesprochen hatte. Und ich wettete, dass er sich garantiert nicht mehr an seinen Namen erinnern konnte.
„Ach, Sie haben mit jemanden schon gesprochen?“, fragte ich ganz dumm. „Ja, mit wem haben Sie denn da gesprochen?“
„Das weiß ich jetzt auch nicht mehr“, antwortete er trotzig.
War ja klar. „OH OH“, meinte ich da nur.
„Was heißt OH OH?“, fragte er dann genervt.
„Das heißt, Sie können mich mal“, sagte ich und legte auf.

Meinen Job habe ich zwar verloren, weil ich doch ein wenig zu frech war. Aber er musste trotzdem den vollen Rechnungsbetrag zahlen und sogar Mahngebühr. Und das allein war schon genug Grund zur Freude.
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*Namen frei erfunden
 
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Kommentare  

Also für mich kommt eher der Meier so rüber, als wäre er der Überzeugung "Was Besseres" zu sein.
Aber das Witzige ansich is ja, das es in Deutschland wirklich so zu geht!
Hoch lebe die Bürokratie und alle die, die sie unetrstützen!!! (Das war Sarkasmus)


gedanke.in.ketten (14.11.2008)

Sehe ich nicht so, dass beide Figuren verloren haben. Der Prot ist gewitzt genug, auch Menschen die Meinung zu sagen, die sich aufführen. Er wird sicherlich schnell genug woanders einen Job finden.

Aber darum geht es in dem Text auch gar nicht. Er springt doch schon vor Witz der Text. Also mir war sofort klar, dass es eine "Verarsche" sein soll und die Geschichte hat mich erheitert.

Aber Jeder wird wohl etwas Anderes hineininterpretieren und nicht Jeder teilt den Geschmack mancher Leser und Autoren.

LG Sabine


Sabine Müller (12.11.2008)

OK, deine Figur hat dem Herrn Dr. eine reingewürgt und dafür seinen Job verloren. Und trotzdem war es ihm die Sache wert?
Seltsame Aussage. Es spiegelt zwar eine innere Einstellung wider, spiegelt aber auch eine Figur wider, die sich selbst nur innerhalb ihrer eigenen Regeln und Überzeugungen bewegen kann.
Für mich haben beide Figuren verloren.

Zitat: Titel sind wie Hämorriden - irgendwann kriegt sie jedes A..loch. Und das sagte mir jemand mit drei Doktortiteln.
LG Dublin


anonym (12.11.2008)

Und nach deinem Kommentar ist auch Einiges klar. Schon mal was von Tracen gehört, Liebling?

Sabine Müller (11.11.2008)

„Name der Firma, Meier, schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, meldete ich mich.
„Guten Tag, hier ist Doktor Besser“, stellte der Mann sich am anderen Ende der Leitung recht unfreundlich vor. Ah, wieder jemand, der Eindruck hinterlassen wollte. Ich grinste innerlich.
„Herr Doktor Besser“, grüßte ich ihn. „Was kann ich für Sie tun?“

Nach dieser Passage ist klar, dass der Erzähler sich für etwas besseres hält – er ist von Anfang an auf Konfrontationskurs und das nur, weil sich der Herr am anderen Ende der Leitung mit „Doktor“ vorstellt.
*
„Meinen Job habe ich zwar verloren, weil ich doch ein wenig zu frech war. Aber er musste trotzdem den vollen Rechnungsbetrag zahlen und sogar Mahngebühr. Und das allein war schon genug Grund zur Freude.“

Und nach dieser Passage ist klar, dass der Erzähler ein Vollidiot sein muss.


anonym (11.11.2008)

Hallo, einfach gelungen! Über das Thema haben wir uns neulich ja schon gut unterhalten, dass es Menschen gibt, die stets meinen, sie wären etwas Besseres, obwohl sie es gar nicht sind. Aber wird es immer welche geben. Schöne Verarsche haste da geschrieben, ganz mein Geschmack. Lg sabine

Sabine Müller (11.11.2008)

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