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Französisch für Fahrschüler

Kurzgeschichten · Erinnerungen
Ich erinnere mich noch genau an meine erste Fahrprüfung, es ist, als sei es gestern gewesen.
Ich kam ziemlich gut gelaunt zur Prüfung, weil es endlich so weit war. Schief gehen konnte ja nicht mehr viel, schließlich war ich in den 253 Fahrstunden auf alles gut vorbereitet worden.
Manche Leute hatten ihre Prüfung schon bestanden, obwohl sie nur 20 Fahrstunden vorher genommen hatten, da hatte ich ja mit meinen 253 Stunden viel mehr Erfahrung.

Mal sehen, wie der Fahrprüfer wohl sein würde. So ähnlich hatte ich ihn mir vorgestellt: Etwa 1,85 m, übergewichtig, Bart, Halbglatze und gekleidet mit Anzug und Krawatte. Ein wenig streng sah er schon aus.

Gleich zu Anfang musste ich rückwärts aus der Parkbox fahren. Ich gab kräftig Gas, der Motor heulte auf und in Blitzgeschwindigkeit setzte ich den Wagen raus. Das hatte ich im Griff. Wäre gerade jemand dort her gegangen, hätte ich ihn umgefahren. Aber es ging dort ja niemand her. Der Prüfer sah mich nur ganz verdutzt an, aber dann unterhielt er sich weiter mit meinem Fahrlehrer. Es ging ums Essen. Das war gut, denn wenn er nur ans Essen dachte, dann konnte er ja nicht richtig darauf achten, wie ich fuhr. Die Prüfung war ja noch leichter, als ich dachte, lachte ich innerlich. Fröhlich fuhr ich los.

Ich hatte alles im Griff, passte darauf auf, dass ich kein Geschwindigkeitsbegrenzungsschild übersah und hielt mich genau an die Vorfahrtsregelung. Aber ich befand mich ja sowieso auf einer Vorfahrtsstraße. Nur einmal verzichtete ich für eine wunderhübsche junge Frau auf meine Vorfahrt. Lächelnd gab ich ihr ein Handzeichen, dass sie fahren darf.

Die Fahrt auf der Autobahn verlief sehr gut, da die Bahn frei war, konnte ich ordentlich Gas geben, ich fuhr 220, nur war ich hinterher etwas im Geschwindigkeitsrausch, so dass ich mit 120 die Autobahnausfahrt herausfuhr, aber ich hatte das Auto gut im Griff.

Auf einer Landstraße überholte ich ein zu langsam fahrendes Auto, nur brauchte ich zum Überholen etwas zu lange, langsam näherte sich auch ein LKW. Als ich das Auto endlich überholt hatte, war dummerweise die Linie durchgezogen, und bei durchgezogener Linie darf man ja nicht überholen. Der LKW, der immer näher kam, hupte schon.
„Fahr doch endlich rechts rüber“, brüllte der Fahrlehrer, der mir schon ins Lenkrad greifen wollte.
„Darf ich doch nicht, die Linie ist doch durchgezogen“, meinte ich. Der wollte mich wohl testen, aber darauf fiel ich nicht rein. Sollte doch der LKW doch anhalten und rechts ranfahren.
„Jetzt fahr endlich rechts“, schrie der Fahrlehrer, als der LKW keinen Anstand machte, anzuhalten und weiter hupte. So langsam wurde es wirklich knapp, so wechselte ich die Spur.
„Les jeux sont faits“, meinte der Prüfer plötzlich. Keine Ahnung, was der meinte. Ich reagierte nicht darauf und fuhr weiter.
„Sie sprechen kein Französisch?“, fragte er mich dann.
„Nein“, antwortete ich.
„Fahren Sie mal rechts ran“, sagte er dann.
War die Prüfung endlich zu ende?
„Sagen Sie mal, wie viele Fahrstunden hatten Sie denn schon?“, fragte er mich.
„253“, antwortete ich.
„Nun, dann schlage ich vor, dass Sie mindestens noch einmal 253 Fahrstunden nehmen“, meinte er dann.
„Wieso denn, was sollte ich denn machen, ich musste ja über die durchgezogene Linie fahren“, rechtfertigte ich mich.
„Nun ja, das war ja nicht das größte Problem, Sie müssen noch eben sehr viel lernen.“

Wenn ich noch so viel lernen sollte, dann konnte ich auch noch Französisch lernen und nahm neben den Fahrstunden auch an einen Französischkurs teil. Heute hatte ich meine siebte Prüfung, wieder bei demselben Prüfer. Wieder sagte er denselben Satz zu mir: „Les jeux sont faits“, aber inzwischen sprach ich so gut Französisch, dass ich ihn diesmal verstand: „Das Spiel ist aus.“
 
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Kommentare  

Die Zensur
ist die jüngere von zwei Schwestern,
die ältere heißt Inquisition.

Johann Nepomuk Nestroy


anonym (30.11.2008)

Das freut mich :) Dann kann ja nichts mehr schief gehen. LG sabine

Sabine Müller (30.11.2008)

Hi,

ja, nun habe ich den führerschein endlich :-) Diesmal meinte der prüfer "Ca y est", also bestanden :-)


Homo Faber (30.11.2008)

Und, hast du den Führerschein nun in der Tasche? *grinz* - sonst darfst du nich mit Herrn Feldschlösschens Auto fahren! Hehe.
Amüsante Geschichte. Mir war ein wenig so, als ob ich bei dem Luftikuss mit im Auto gesessen hätte. Kann mich auch noch gut an meine Fahrprüfung erinnern. Lg Sabine


Sabine Müller (29.11.2008)

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