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5 Seiten

Sound of Love (1. Kapitel)

Romane/Serien · Romantisches
„Hey Peach! Schwing mal deinen süßen kleinen Hintern hier rüber!“ Ich drehte mich zu der Person um, die mich gerufen hatte und strich mir eine Strähne meines dunkelblonden Haares aus dem Gesicht. „Entschuldige mich kurz!“, versetzte ich mein Gegenüber, schnappte mir das – zu meinem Bedauern - nur noch halb volle Sektglas und schlängelte mich elegant durch die Menge zu meinem besten Freund, der mich gerufen hatte. „Hör bitte auf, mich Peach zu nennen!“, spielte ich beleidigt. „Ich habe auch einen richtigen Namen...“ Ja, den hatte ich. Nämlich Summer. Summer Peach. Ich fragte mich manchmal, was meine Eltern sich dabei gedacht hatten, mich so zu nennen. Mein bester Freund, der übrigens Jack heißt, hob beschwichtigend die Hände. „Also“, setzte er an, „auf unsere Peach, die uns demnächst wieder für längere Zeit verlässt!“ Jack hob sein Sektglas und meine umstehenden Bekannten taten es ihm gleich. „Auf Peach!“
Es war mein 17. Geburtstag, zu dem meine Clique eine riesige Geburtstags – und zugleich Abschiedsparty organisiert hatte. Die Weihnachtsferien neigten sich dem Ende und demnächst begann das nächste Trimester an der Schule, die ich besuchte. Es war ein Musikinternat in der Hauptstadt des Landes, Washington. Im Moment befanden wir uns im Penthouse von Jacks Eltern, hoch über den Dächern New York Cities. Auf Jacks Toast hin setzte ich mein Glas an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck. Ich hatte mir fest vorgenommen, nicht allzu viel zu trinken und doch brummte mir mein Schädel schon gewaltig. Langsam öffnete ich die Türe zur Dachterrasse und trat hinaus in die kalte, klare Winterluft. Das Pochen in meinem Kopf ließ allmählich nach. Der Mond schob sich hinter den Wolken hervor und Sterne glitzerten vereinzelt am Himmel. Unter mir schob sich der stetige New Yorker Verkehr durch die Straßen und in manchen Hochhäusern arbeiteten noch Leute. „Hey Peach!“ Jack trat heraus auf die Terrasse. Peach, das hatte er von seinem Vater. Er hatte mich als Kindergartenkind schon Peach genannt. Und irgendwie war es ja auch süß. Trotzdem drehte ich mich um und sah Jack vorwurfsvoll an. Er seufzte, ging rückwärts wieder in den Raum, kam wieder heraus und sagte: „Hey Summer!“ Ich musste lächeln. „Hey Jack!“ „Alles in Ordnung?“ Er sah von der Seite auf mich herab, was bei seiner Größe nicht unbedingt schwierig war. Immerhin überragte mich der blonde Junge neben mir über einen Kopf. „Ja, warum nicht?“ Ich musste lachen. Sah ich so fertig aus? „Hmm... weil du nach hier draußen gegangen bist...“, meinte Jack. Es entstand ein Schweigen zwischen uns, was sehr selten war. Ich starrte in die Nacht hinaus. Ein sanfter Wind wehte und mich fröstelte. Es herrschte Stille. Drückende Stille und ich fühlte mich unwohl. Ich zog meinen Poncho fester um mich, doch ich fror immer noch, „Da verlässt du uns also in zwei Tagen wieder“, sagte Jack leise und legte mir seine Jacke von hinten über die Schultern, als er merkte, dass ich zitterte. „Ja, das nächste Trimester dauert bis Anfang April. Ich möchte versuchen, jedes zweite Wochenende hierher zu kommen.“ Ich legte den Kopf in den Nacken und sah Jack an. „Und dass du mir gut auf Tory aufpasst!“ Jack trat einen Schritt zurück, schlug die Hacken zusammen und salutierte. Ich musste wieder lachen. Jack schaffte es immer wieder mich zum Lachen zu bringen. „Summer? Jack?“ Tory sah auf die Terrasse heraus und bekam noch mit, wie Jack salutierte. Was machst du da?“, fragte Tory verwirrt. Ich atmete noch einmal die kalte Nachtluft ein und trat dann zurück in den stickigen Raum. „Er musste mir versprechen auf die aufzupassen, Tory!“, rief ich gegen die laute Musik an. „Ich muss mal mit dir reden, Tory“, setzte ich an, wurde aber erneut unterbrochen: „Hey Summer, komm mal her...“

Die Sonne schien in mein Zimmer und ich blinzelte in dieselbe. Ich streckte mich und hüpfte mehr oder weniger fit aus dem Bett. Mir wurde schwindelig. Oh Gott, war wohl doch mehr Alkohol als geplant... Ich schaltete mein Handy an und setzte mich wieder auf die Bettkante. Heute musste ich meine Koffer packen, denn morgen würde ich nach Washington fliegen. Und ich hatte es immer noch nicht geschafft mit Tory zu reden. Das hatte ich gestern nicht mehr auf die Reihe bekommen, ständig wollte jemand mit mir reden. Die einzigen ruhigen Minuten waren mit Jack auf der Terrasse... Lautes Gepolter, das sich nicht gut anhörte, holte mich aus meinen Gedanken. Ich sprang vom Bett, riss die Türe auf und sah in den Flur hinaus. Dort saß meine Mum am Fuß der Treppe, neben meinem Koffer. Also eigentlich nicht meinem, sondern einem Koffer. „Alles in Ordnung, Mum?“ Sie stand auf, rieb sich den anscheinend schmerzenden Hintern und meinte: „Jaja, Schatz, alles in Ordnung...“ Jaja heißt „Leck mich am Hintern“, dachte ich mir. „...Ich habe dir deinen Koffer vom Dachboden geholt!“, plapperte sie munter weiter. Mal abgesehen davon, dass sich mein Koffer schon in meinem Zimmer befand... Ich nahm meiner Mutter den Koffer ab und stellte ihn beiseite. „Danke, Mum“, seufzte ich und trabte hinter ihr her in die Küche, um nach dieser fast durchgefeierten Nacht erst mal einen Kaffee zu trinken. Oder auch zwei...

Ich stand vor meinem Kleiderschrank und wühlte mich durch Blusen, Pullis, Röcke und Hosen. Es war jedes Mal das gleiche. Immer kurz vor Beginn des neuen Trimesters verzweifelte ich am Kofferpacken. Wie auch jetzt. Ich hatte die Hände in die Seiten gestützt und pustete mir eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Mein Blick fiel auf eine babyrosa, fast durchsichtige und hauchdünne Bluse. Ich fischte sie heraus und hielt sie mit ausgestrecktem Arm zwischen Daumen und Zeigefinger von mir weg. Seit wann besaß ich denn so was? Ich ließ die Bluse auf mein Bett fallen und beschloss, sie unauffällig verschwinden zu lassen. Wie dem auch sei, ich hatte immer noch nichts in meinem Koffer. Ich sah noch einmal alles durch, griff dann blindlings in meinen Kleiderschrank und packte alles, was ich im Arm hatte in meinen Koffer. Blieb mir nur noch zu hoffen, dass es genug war und wenigstens etwas zusammenpasste. Dann begab ich mich auf die Suche nach meinem Handy, um Tory und Faith zu schreiben, dass ich mich mit ihnen treffen wollte.

Oh, wie ich es hasste! Ich stand am Ufer des großen Sees im Central Park. Die Sonne schien und brachte das Wasser, dort, wo es nicht gefroren war, zum Glitzern. Ich atmete noch heftig und fluchte innerlich. Wieder mal kam ich zu spät zu meiner eigenen Verabredung. Und schuld daran war meine Mum. Ihr fielen immer tausend Sachen ein, die noch erledigt werden mussten, bevor ich ging, und sei es nur etwas so Unwichtiges, wie die Nachbarin fragen, ob morgen der Sommer beginnen würde. Außerdem war Mum mal wieder total durch den Wind... Manchmal fragte ich mich, woher ich meine innere Ruhe und Beherrschung hatte. Von meinem Dad wohl kaum. Er war Börsenmakler an der Wall Street, immer unterwegs und total unruhig. Sein Puls war wohl nie unter 180. Wegen seines Jobs bekam ich ihn kaum zu Gesicht. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, war sein schwarzes Haar länger als normal und seine Haut sonnengebräunt. Auch wenn er selten zu Hause war, führten er und Mum eine glückliche Ehe. Naja, daher konnte ich diese Ruhe wohl kaum haben.
Puh! War ich geschafft! „Hey Summer!“ Faith saß mit Tory zusammen auf einer Parkbank und sah mich erwartungsvoll an. „Hey, ihr zwei Süßen!“, trällerte ich fröhlich, umarmte die beiden und quetschte mich zwischen Tory und Faith auf die eiskalte Bank. Ich schlug die Beine übereinander. Nun saßen wir zu dritt, die Beine in die gleiche Richtung überschlagen und lachten. Solche Anfälle hatten wir öfter. Wir fingen aus unerklärlichen Gründen an zu lachen und wurden von vorübergehenden Passanten für verrückt gehalten... Aber was soll‘s?! Schließlich lebt man nur einmal!
Voller Tatendrang sprach ich auf und rief: „Also los, Mädels! Das ist mein letzter Tag hier, was machen wir??“ Einen Moment lang sahen mich meine Freundinnen an, als wäre ich verrückt geworden. Naja, ich fragte mich ja selbst, wie ich nach dem letzten Abend so fit sein konnte. Ein letzter verwirrter Blick von Faith und wie auf Kommando standen die beiden auf. Tory hielt mich an den Händen fest, während Faith mir die Augen verband. Langsam und wie eine Blinde ließ ich mich von Faith und Tory führen und bekam nur das leise Gekicher meiner Freundinnen mit.
„Tatatata!“ Der Fanfarenruf von Faith und das grelle Licht, das mich mit einem Mal blendete, holten mich in die Realität zurück. Ich hatte abgeschaltet und mich einfach führen lassen. Nach einem kurzen Moment hatte ich meine Umgebung erfasst und stieß einen freudigen Jubelschrei aus. Ich stand an den Banden einer Eisbahn. Tory hielt mir schon Schlittschuhe entgegen. Ich konnte es kaum erwarten, wieder auf Kufen zu stehen. Das hatte ich das letzte Mal vor acht Jahren gemacht, weshalb ich auch recht wackelig unterwegs war. „Komm!“, rief Faith, die schon auf der Eisfläche stand. Tory reichte mir die Hand, doch schon nach ein paar Schritten war ich wieder ziemlich sicher auf den Kufen. Bald hatte ich meine Freundinnen hinter mir gelassen und sah nur noch, wie Faith gelassen an der Bande lehnte und Tory mit ihren pechschwarzen Haaren sich elegant durch die Menge schlängelte. Kurz darauf stand ich bei Faith am Rand, und sah Tory zu, die auch wenig später bei uns stand. Sie holte kurz Atem und nahm mich dann bei den Händen. Ehe ich mich versah, flog ich mit wehenden Haaren über die Schlittschuhbahn. War zwar lustig, aber viel zu schnell. Und was ich machte, wenn mir etwas nicht passte, war schreien. Also schrie ich: „Victoriaaaaaaaaa!“

Lieber Gott, so geschafft war ich schon lange nicht mehr! Es war acht Uhr abends und vor zehn Minuten war die Haustüre hinter mir ins Schloss gefallen. Ich lag ziemlich erschöpft auf meinem Bett. Der Tag war wirklich schön gewesen, aber auch ziemlich lang. Nachdem wir die Eisbahn verlassen hatten, wurde ich von meinen beiden Mädels durch die teuersten Boutiquen New York Cities gezerrt, in denen wir uns nichts auch nur annähernd leisten konnten. Gegen Abend saßen Tory, Faith und ich völlig erschlagen in einem der vielen McDonald's von New York City. So war es im Moment richtig erholsam, einfach nur da zu liegen und sich zu entspannen. Und da ich zu faul war aufzustehen, ging ich im Kopf nochmal alle Sachen, die ich eingepackt hatte, durch. In diesem Punkt war ich nämlich genauso zerstreut wie meine Mum. Als ich die Liste zum circa einhundertachtzigsten Mal durch ging, war es mir zu blöd und ich schlief kurz darauf ein.
 
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Kommentare  

Dachte ich mir doch fast...

Tintenkleckschen (26.04.2009)

Hey Kleckschen,
nein ich lebe nicht in New York - ist leider nur Wunschdenken..
Aber es ist ja auch nur eine Geschichte =)


Summer Peach (26.04.2009)

Hey, gefällt mir bis jetzt gut. Sehr lockerer autentischer Schreibstil. Wie Petra schon schrieb, leicht zu lesen. Und lustig, dass es da sozusagen um dich selbst geht. (Du lebst aber nicht in New York, oder?)

Tintenkleckschen (26.04.2009)

Hallo Summer!
Schönes Kapitel. Angenehmer Schreibstil. Liest sich locker weg.


Petra (01.04.2009)

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