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Es war im Herbst. --- Teil IV

Romane/Serien · Nachdenkliches
Der Morgen zog sich in den Mittag hinein, als würde er in einen Moment übergehen wollen, der so unangenehm war, wie auch ungewollt. Noah war sich nicht sicher, wie er das deuten sollte, aber er wusste es längst. Ihr war es unangenehm. Und er selbst fühlte sich hilflos und bedrückt. Während die Zeit in diesem Bett verging, suchte man mehr und mehr die Weite und er fand sich am Rand des Bettes wieder. Wie rausgeschoben, stand er auf, sammelte seine Hose ein und zog sich an. Leise schlich er aus dem Zimmer, obwohl er wusste, sie schlief längst nicht mehr.
Er ging direkt in sein Zimmer und nachdem er die Türe schloss atmete er tief durch, griff sich ins Haar und fühlte sich elend. Er setzte sich auf den Rand des Bettes und blickte zum Fenster. Es war längst hell. Die Sonne brach hinein und tanzte auf den Tränen in seinen Augen.
Verwirrt, verletzt, allein und ratlos, saß er noch eine ganze Weile da. Was sollte nur werden?
Was sollte er tun? Und er fühlte sich schuldig. Als habe er sie dazu gezwungen, überredet, überrumpelt. Als habe er eine Situation ausgenutzt und sich „bedient“.
Nach einer Weile, wie er da saß, die Tränen nur noch wie spannende Spuren auf seinen Wangen zu spüren waren, stand er auf und nahm sich ein paar frische Sachen aus seiner Tasche und beschloss duschen zu gehen.
Das Wasser tat ihm gut, und er merkte, dass er einen Riesenhunger hatte.
Als er nach unten in die Küche ging, war er verwundert, Sarah dort anzutreffen. Sie hatte bereits Kaffee gemacht und saß am Küchentisch. Eine Tasse war für ihn gerichtet, ein Teller und Besteck.
„Guten Morgen. Hast du Hunger?“
Im ersten Moment fand er diese Begrüßung irgendwie schräg und doch war er dankbar, dass es eine Art von Normalität war, selbst wenn sie gespielt schien.
„Ja, schon“, sagte er und ging direkt zur Kaffeemaschine und machte sich seinen Kaffee zurecht. Er drehte sich um, lehnte sich an die Küchenzeile, trank seinen Kaffee und blickte hinaus und ließ immer wieder mal den Blick über ihr Gesicht wandern. Und er konnte nicht anders, er sah sie immer wieder vor sich, wie sie dalag und stöhnte. „Gott!“, sagte er sich „Sie mochte es doch auch!“
Das gab ihm ein wenig Zuversicht zurück und er machte sich an den Kühlschrank. „Hast du schon was gegessen?“, fragte er in den Kühlschrank hineinblickend.
„Nein. Ich habe auch keinen Hunger.“
„Du solltest aber was essen“, sagte er und stellte ein paar Dinge auf den Tisch. „Was isst du denn normal? Also zum Frühstück?“
„Nun, nichts.“ Sie blickte ihn an, mit ihren blauen Augen. Sie wirkte oft zerbrechlich. Und er wusste auch, dass sie nicht acht auf sich gab. Aber andererseits war sie auch kühl, unnahbar, undurchschaubar. Und irgendwie kam auch ein kleiner Groll in ihm auf, wie sie nachdem was sie grade erst hatten, so tun konnte, als ob nichts gewesen wäre.
Für ihn bedeutete es so viel. Er war doch keine Schlampe. Er wollte doch nur ihre Nähe. Sie bei sich haben. Nah. Und nicht so fern wie nun. Und er fühlte sich ohnmächtig, und wusste nicht, ob er es einfach ansprechen sollte. Wie sollte es ansprechen? Er hatte Angst es zu zerreden. Es plump zu machen. Aus etwas Schönem was unsagbar Blödes zu machen.
Andererseits kam er sich bisher noch nie blöder vor, wie gerade nun. Zu tun als wäre nichts. Und dennoch sagte er:“Du solltest aber was essen. Und Frühstück ist es ja nicht mehr, wenn man auf die Uhr schaut.“
Sie stand auf und ging hinüber an den Schrank, holte sich einen Teller und Besteck aus einer Schublade. Als sie sich wieder setzte, griff sie nach dem Brot, blickte nochmals über den Tisch und stand wieder auf um sich Frischkäse aus dem Kühlschrank zu holen.
„Du bist manchmal ganz schön aufdringlich“, meinte sie und strich Frischkäse auf. Noah ließ sich nichts anmerken, doch innerlich fühlte er sich angegriffen. Gestoßen, geschubst. War das nun eine Anspielung auf den Sex? Hatte er sie wirklich bedrängt? Er wäre am liebsten aufgestanden und einfach zur Tür hinaus. Weg. Es konnte doch nicht sein, dass sie das nicht gemerkt hat, wie das nun rüber kam. Noah blieb still und stopfte sich mit Brot voll. Immer wieder blickten beide in den Garten, auf die Hände, das Brot und dann sagte sie schließlich:“ich muss noch einkaufen. Du musst nicht mit, wenn du anspruchslos bist.“
Ist ihr das denn nicht unangenehm, fragte er sich. Diese Situation war einfach seltsam. Aber er dachte sich, dass er einfach mal abwartet und wie ein Zuschauer beobachtet, was weiterhin passieren wird. „Ja doch, ich brauch auch noch ein paar Dinge. Was machen wir denn heute?“
„Wir haben hier eine Bar direkt am Strand. Es ist nicht die schönste Bar die ich kenne, aber man kann toll draußen sitzen und das Meer hören.“ Sarah schob sich das letzte Stück Brot in den Mund, kaute und sah ihn abwartend an.
„Ja gerne. Klingt gut.“ Er wusste nicht, wie das sein würde, da zu sitzen, und sich zu unterhalten, nach allem, was nun passiert war und auch wie ein toter Fisch zwischen ihnen lag. Und er wusste, tote Fische fangen mit der Zeit an zu stinken.
Sein Plan B war, sich zu betrinken und er dachte darüber nach, ob es nicht eher plan A war. Im Moment dürstete es ihn mehr als alles andere, einen zu trinken, doch allein, um in Ruhe über alles nachzudenken oder auch nicht drüber nachzudenken. Er dachte, nicht drüber nachzudenken wäre sicherlich angenehmer. Er sah sie an und sie trank ihren letzten Schluck Tee.
„Heute schon mal gelächelt?“, fragte er und dachte im nächsten Moment, dass dies eine außerordentlich dumme Frage war. Sie klang provozierend und er wusste nicht, ob sie ihm auf eine rhetorische Frage antworten würde.
Sie lächelte aber etwas, sagte „Ja, durchaus.“, und stand auf, um den Tisch abzuräumen. Er tat es ihr gleich.

Sie fuhren zu einem kleinen Supermarkt, kauften ein paar Dinge, was alles in allem nicht viel Zeit beanspruchte. Danach fuhren sie etwas durch die Gegend und hörten größtenteils Musik dabei. Ab und zu erzählte sie ihm etwas über diese und jene Ecke, Häuser und Straßen.
Er kam sich vor, als würde er nur beobachten. Sie beobachten. Die Situation beobachten. Abwarten, was als nächstes passiert. Gerne hätte er sie mal berührt. Ihr einen Kuss geben oder was Schmeichelhaftes sagen. Aber er konnte nicht. Er fühlte sich nicht berechtigt.
Als sie wieder bei ihr ankamen war es bereits dunkel.
 
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Ein süßes Pärchen. Man geht bei den beiden voll mit, versteht, weshalb ihnen alles - trotzder heißen Nacht - peinlich ist. Der Junge und das Mädchen sind sehr sensibel. Klar, das es dann schwierig ist, sich einander anzunähern.

Petra (06.07.2010)

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