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3 Seiten

Selena - Kapitel 01

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Kaum war die Dämmerung angebrochen, braute sich am Berg ein Sturm zusammen. In einer Grube am Flachhang fand Selena Schutz vor den Winden, aber nicht vor der Kälte. Albe waren zwar nicht empfindlich in dieser Hinsicht, doch alles hatte seine Grenzen. Sie mummelte sich mit den Decken ein, ignorierte das Fauchen und Rauschen der Winde und ließ die Ereignisse Revue passieren.
Dass Sie sich ausgerechnet in einen ihrer ärgsten Widersacher verliebte, besaß eine gewisse Ironie. Ob Sie Michael je wieder sah? Vermutlich nicht. Die Erkenntnis bereitete ihr keinerlei Liebeskummer oder Gefühlsschmerz. Ebenso wenig bereute Selena es ihren Bruder getötet zu haben, um Michael zu retten. Mit Lazios Tod waren die Albe in Eurasien führungslos. Ein Machtkampf über den Thron des Fürsten würde entscheiden, welcher Alb den Platz einnahm. Das schwächte sie genauso wie die Urikais. Doch für Selena waren die Dinge ohne Bedeutung. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Sie war Zuhause.
Für einen flüchtigen Moment empfand sie eine unbekannte Furcht. So schnell der Moment gekommen war, war er auch wieder verschwunden. Mit einmal überkam sie eine schwere Müdigkeit. Gerade als sie einschlief, spürte sie etwas, das ihr zum einen völlig unbekannt und zum anderen doch vertraut war.

***
Die Sonne war schon aufgegangen, als die Albin aus dem Schlaf erwachte. Nie im Leben hatte sie so geschlafen wie am ersten Tag im Land hinter den Wächtern. Es schien wie eine Befreiung gewesen zu sein. Mit einem Elan den Selena in dieser Form sonst nie empfand, setzte sie ihren Abstieg fort.
Mit einer nie da gewesenen Unbeschwertheit lief sie durch ein ihr fremdes Land. Sie fühlte sich sicher, ohne den Grund zu kennen. Weit und breit keine Menschenseele. Kein Anzeichen auf Leben. Was ihr nicht unbedingt ungelegen kam. Schon als Kind war Selena nie besonders gesellig gewesen. Albe und ihre Vettern die Elben waren nicht gerade dafür bekannt gesellige Völker zu sein.
Je weiter sie sich von den Bergen entfernte, desto flacher wurden die Täler. Erhebungen wie Hügel und Anhöhen wechselten sich mit dem Flachland ab. Einzelne Bäume. Wiesen mit kniehohem Graswuchs. Blumen. Wildsträucher. Blütenbienen. Insekten. Vögel. Ein Erdmännchen-clan, sowie Streifenhörnchen begegneten Selena auf ihrem Weg.
An einem Bachlauf füllte sie ihre Trinkflasche auf, schaute sich das weite Land an und aus irgendeinem Grund fühlte sie sich Zuhause. Nach einer kurzen Pause setzte die Albin ihre Reise fort.

***
Als die Sonne am höchsten Stand, erreichte Selena ein Getreidefeld. Das war das erste Anzeichen für Leben in der Gegend. Denn Getreide musste gesät werden. In diesem Fall war es bereits gemäht worden. Am Grad der Vertrocknung der Halme erkannte sie, dass das Feld erst vor wenigen Tagen gemäht worden war. Die Feldfläche war nicht sonderlich groß. Daher dauerte die Bewirtschaftung nicht allzu lange.
Beim Durchqueren des Feldes fand sie Spuren eines Zugkarren. Bei den Abdrücken handelte es sich um ein Tier, vermutlich ein Ochse oder Esel und einer Person. Welchem Volk die Person angehörte, konnte Selena nicht zuordnen. Sie folgte der Spur.
Nach knapp einem Kilometer stieß sie auf ein Gehöft mit einem Haupthaus, das schon bessere Tage gesehen hatte, einer Scheune und einen Brunnen. Die Spur vom Karren führte direkt in die Scheune. An der Bauweise der Gebäude konnte Selena ebenso wenig sagen, welchem Volk die Person angehörte, wie bei den Spuren. Dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, das es ihr bekannt vorkam.
Sie beobachtete den Hof und die Gebäude, bis die Albin beschloss, einen Versuch zu wagen. Nichts deutete auf irgendwelche Gefahren hin. Falls doch, war sie vorbereitet. Selena erreichte die Hofgrenze, als eine Frau das Haupthaus verließ und zum Brunnen ging. Überrascht blieb sie stehen, als sie Selena bemerkte. Nicht nur die Frau war verblüfft, sondern auch Selena. Denn mit dieser Volkszugehörigkeit hatte sie nicht gerechnet.
„E‘fan.“, rief die Frau. „E ‘fan.“
Wenig später trat ein Mann aus dem Haus. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber, als er Selena erblickte.
Sie schob die Verblüffung beiseite, hielt die Arme und Hände sichtbar aber jederzeit bereit zu den Waffen zu greifen und ging auf das Paar zu. Sie besaßen ein markantes körperliches Merkmal. Spitz zulaufende Ohren.
„Woher kommt ihr?“, fragte die Frau neugierig und stellte den Teller vor ihr ab.
Der Aura nach würde Selena sagen, dass das Paar Albe waren, aber ihre Lebensweise ähnelte den Elben. Diese Zweideutigkeit irritierte sie.
Im Teller befand sich eine Portion vom Eintopf, der sehr gut roch. „Von weit her.“, antwortete sie wage.
Albe und Elben waren keine Bauern. Zumindest in Eurasien, korrigierte sie sich.
Der Mann schaute zu ihrem Waffengurt. In seinem Blick lag Verwunderung. Selena war aufgefallen, dass es im Haus keinerlei Waffen zu geben schien.
„Ihr tragt Waffen!“, stellte er fest. Seine Frau riss erschrocken die Augen auf.
„Ja. Ihr etwa nicht?“
„Das Tragen von Waffen steht unter Strafe.“, antwortete der Mann.
„Es ist uns nicht erlaubt Waffen zu tragen.“, fügte seine Frau vorsichtig hinzu.
Damit hatte Selena nun überhaupt nicht gerechnet. „Sagt wer?“
Das Paar sah sich verwundert an.
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-Ende, Kapitel 1-
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Das macht neugierig. Jedenfalls wirkt deine Selena sympathisch obwohl sie ja eigentlich wohl auch sehr brutal sein kann.

Petra (16.08.2010)

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