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5 Seiten

Selena - Kapitel 14

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Das Krachen der Wellen gewann an Stärke, je höher sie den letzten Hügel hinaufstiegen. Auf dem Hügelkamm angekommen, schaute man in das Tal hinab, das sich am Fuß ausbreitete. Eine Oase aus einem strahlend blühenden Blumenmeer, einer saftig grünen Wiesenlandschaft, Beerensträuchern und Bäumen mit großen Kronendächern. Sah man über die traumhafte Landschaft hinaus, entdeckte man dunkelgrünes Moos mit lilaweißen Blühten. Es verdeckte die schroffen Felsen, die den Anfang der Küste markierten.
Nichts deutete auf eine Quelle oder dergleichen hin. Unberührte Natur. Dennoch hegte Selena keine Zweifel am richtigen Ort zu sein. Das war das Tal von Ashkalonn. Jenem Ort, wo die Quelle vom Orakel entsprang. Erleichterung überkam sie. Ein Gefühl der Vertrautheit kam in ihr auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, angekommen zu sein. Der Sog führte sie genau hierher. Nach Ashkalonn. Hier nahm ihre unfreiwillige Reise ihren Anfang und ihr Ende. Was sie weder fürchtete noch ängstigte. Jedes Ende war der Anfang von etwas Neuem.
„Hier soll die Quelle entspringen!“, äußerte Jerome zweifelnd.
Verständlicherweise, denn nichts deutete daraufhin. Keine Ruine oder ein sonstiges Bauwerk stach hervor. Denn es hätte wie ein Fremdkörper gewirkt.
„Wir sind richtig.“, sagte Selena leise und mehr zu sich selbst.
Nava trat neben sie. „Nur diejenigen, die vom Orakel gerufen werden, kennen den Eingang zur Quelle.“, wiederholte sie einen Satz ihres Vaters. Er war ihr einfach in den Sinn gekommen. Als hätte er all die Jahre auf diesen Augenblick gewartet, ausgesprochen zu werden.
Selena machte einen Schritt nach vorne. Er war der Anfang vom Ende ihrer Reise. Sie gingen den Hügel hinunter, marschierten durchs Tal. Die Albin sah zu einem Baum. In seiner Krone hatten Vögel unzählige Nester gebaut. Von den Tieren war aber nichts zu sehen. Was nichts zu heißen hatte. Vögel bauten ihre Nester zum Brüten und Aufzucht. Wenn die zu Ende war, verließen die Vögel die Nester. Manche Arten kehrten zum Nistplatz zurück, andere bauten sich irgendwo neue.
Bei einer leichten Anhöhe begann sich das Moos auszubreiten. Genau dort, am Scheitelpunkt, blieb Selena stehen. Man roch das Meer in der Luft. Ein feuchter Schimmer lag über dem Moos. Wo man eine einzelne Blume in ihrer vollen Blüte ausmachen konnte. Sie kannte die Blumenart sehr gut. In Eurasien wuchs sie nur an einem Ort. Im Nordland am Hang vom Schwarzberg. Wo auch die gleichnamige Festung stand. Die Heimat der Albe Eurasiens.
Sie kniete sich hin, roch an der Blume. Bei dem Duft entspannte sie sich sofort. Für einen Moment, der nur eine Sekunde währte, spielte nichts mehr eine Rolle. Eine unglaublich Ruhe, ja schon Frieden, durchflutete ihr Sein. Alles andere war wie weggewischt. Wie schon als Kind und junge Frau kam ihr, ab dem Punkt, unbewusst ein Wort über die Lippen, das sie weder kannte noch wusste, was es bedeutete. Sie sprach es einfach aus, ohne sich später bewusst an diesen Augenblick zu erinnern.
Selena öffnete die Augen. Der Moment der unerreichbaren Ruhe und des Friedens war weg, ohne eine Spur zu hinterlassen. Unter ihr erzitterte der Boden. Es war nichts Bedrohliches. So empfand sie es zumindest.
„Was ist das?“, murmelte Jerome verwundert.
Sie schaute die Anhöhe hinauf. Zwischen dem Moos brach ein Leuchten durch, das die Form einer rechteckigen Öffnung hatte. Es war 3 Meter hoch und 2 Meter breit. Das Zittern im Boden nahm zu. Als sie darauf zu ging, wurde es stärker. Da brach etwas auf. Ein Ruck brachte den Boden zum Beben. Vor ihr teilte sich in diesem Moment das Moosbett. Dahinter lag ein Schacht, der hinabführte. Ruhe kehrte ein.
Der Eingang zur Quelle.

***
Die Krone brauchte keinen Blick auf eine Landkarte werfen, um zu wissen, welches Ziel die Flüchtenden um Selena hatten. Sie kannte die Geschichten um das Tal von Ashkalonn. Jener Ort, wo die Quelle vom Orakel lag.
Als sie damals davon erfuhr, schickte sie einen Trupp aus. Er kehrte nie zurück. Also entsendete sie einen Zweiten. Von dem 25 Mann starkem Trupp kehrten 3 zurück. Statt in einem Kampf zu sterben, waren die Biester den Sümpfen zum Opfer gefallen. Ein dritter Trupp sollte die Sümpfe auskundschaften und einen sicheren Pfad finden. Bis sie ihn schließlich fanden, starben 17 weitere Biester.
Hinter der Hügelkette lag das Tal von Ashkalonn. Die Kundschafter fanden nichts. Sie überzeugte sich selbst davon. Außer einer unberührten Landschaft war nichts zu entdecken, worauf man schließen konnte, dass sich dort die Quelle befand. Ihre Soldaten suchten das gesamte Tal ab. Mehr als einmal. Sie fanden nichts.
So kümmerte sie sich wieder um andere Dinge. Ashkalonn geriet in Vergessenheit. Bis ihr Diener ihr den Bericht von Hauptfeldwebel Madek vortrug. Eigentlich hätte Hauptmann K’reuk sie persönlich ins Bild setzen sollen. Dass er die Flüchtenden verfolgte, fand sie etwas verwunderlich. So etwas ließen die Kommandeure von ihren Offizieren und gemeinen Soldaten erledigen.
Ohne sich weiter darüber Gedanken zu machen, versuchte die Krone herauszufinden, welchen Grund die Überlebenden um Selena haben konnten, nach Ashkalonn zu flüchten. Abgesehen davon, dass niemand einen sicheren Pfad durch die Sümpfe kannte. Sie ließ damals die Kundschafter von der Reiterschaft töten. Dass der Untergrund einen Weg gefunden hatte war nicht auszuschließen. Es spielte keine Rolle. Außer!
Eine gerüstete Kreatur trat lautlos hervor und war dem Ruf seiner Herrin gefolgt. „Stellt einen Trupp zusammen. Geht nach Ashkalonn. Bringt sie unverletzt zurück. Alle Anderen tötet ihr.“, befahl sie. Stumm führte der Soldat den Befehl aus.

***
Am Ende der Rampe, die zur Öffnung führte, fiel der Gang weiter leicht ab, machte eine weite Linkskurve. Wie ein Kreisel ging er tiefer und tiefer. Bis er in einen geraden Abschnitt mündete, der von einem Torbogen umrahmt wurde.
Das Tor zur Quelle.
Uralte Hieroglyphen zierten die Steinquader. Die Sprache war älter als alles, was auf Erden wandelte. Ehrfürchtig strich Selena über die Inschrift. Es war die Sprache der Quelle.
Dahinter kam eine Kammer. Das Gewölbe war ausgehöhlt wie eine Kuppel. Ein Kreis markierte den Mittelpunkt der Kammer. Als sie eintraten wurde man bereits erwartet.
Eine Gestalt stand inmitten des Kreises. Sie trug einen braunen Umhang. Die Augen funkelten wie Edelsteine. Sie hob das Kinn. So konnten sie in das Gesicht sehen. Alle, außer Selena, griffen augenblicklich nach ihren Waffen. Bei der Gestalt handelte es sich um einen Ork.
Nava sah das die Albin nicht nach ihrer Waffe griff. Sie stand einfach da. In ihrem Gesicht war nichts zu erkennen, das auf eine Gefahr hindeutete. Lorana war ihr Verhalten ebenfalls aufgefallen. Ihre Kampfgefährtin sah zu ihr. Das Biest wirkte in keinster Weise bedrohlich. Im Gegenteil. Es schien sie erwartet zu haben.
Selena trat vor, achtete nicht auf die Anderen. Der Ork schaute sie an, wissend wer sie war und weshalb sie gekommen war. Bei seinem Anblick war sie zu einer Erkenntnis gelangt, die sie weder überraschte noch schockierte. „Ihr seid der Wächter.“
Die Anderen konnten nicht glauben, was sie da hörten. Ein Biest ein Wächter der Quelle. Niemals! Unmöglich! Sie waren Diener der Krone. Keine Wächter. Schon gar nicht von der Quelle des Orakels. So sehr sie dagegen protestieren wollten, geschah rein gar nichts.
„Es sind Mörder. Diener des Bösen.“, spie Jerome voller Verachtung aus. Der Ork wie die Albin beachteten ihn nicht. Was ihn nur noch wütender machte. Zorn stieg in ihm auf. Er griff fester um das Heft seines Schwerts.
Flüchtig schaute der Ork auf ihre Begleiter. Keine Reaktion. Er kehrte zu Selena zurück. „Den Rest des Wegs müsst ihr alleine gehen.“
Die Albin nickte, sah zu Nava. Sie kannten einander nicht, kamen aus unterschiedlichen Welten und dennoch war da etwas zwischen ihnen. Nur die Gerufenen durften zum Orakel vor. Der Stille Zweifel, dass sich ihr Vater, der Imam, Celins Vater und all die anderen irrten, was die Albin anging, war gänzlich verschwunden. Sie war die Erwählte. Ihre Aufgabe war es, sie zu beschützen. Das hatte Nava getan und würde es weiterhin tun. Dabei war sie durchaus in der Lage sich selbst zu schützen.
Selena ging am Wächter vorbei. Hinter dem Ork befand sich ein Durchgang. Sie zögerte nicht. Es gab keinen Grund. Obwohl sie nicht wusste, was sie dahinter erwartete. Als sich hinter ihr der Durchgang schloss, spürte Selena nichts als Ruhe. Was auch immer am Ende des Gangs lag, sie würde sich allem stellen.
Entschlossen ging die Albin weiter.

***
Celin trat vor den Ork. Für einen Moment blitzte es in ihren Augen. In diesem Moment wollte die junge Elbin Rache nehmen. Er war jedoch zu flüchtig, um die entsprechende Tat folgen zulassen. Sie schaute ihn an. Die Trauer über den Tod ihres Vaters stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Seit ihrem Eintreffen hatte er sich nicht bewegt. Seine Miene blieb ausdruckslos. Das bernsteinfarbene Funkeln in seinen Augen blieb. Die Dreadlocks waren silbergrau. Er schien eine kräftige Statur zuhaben, was durch den Umhang aber täuschen konnte. Sein Handrücken befand sich unter einer Panzerplatte. Auf der, so stellte Nava fest, befand sich eine Gravur. Sie kam ihr bekannt vor. Bloß konnte sie nicht sagen woher. Ihr Blick schweifte in der Kammer umher. Die Wände waren kahl. Keinerlei Zeichen oder dergleichen. Lediglich am Boden befand sich der Kreis, indem der Wächter stand.
Sie sah, wie Jerome seine Hand öffnete und wieder um das Heft schloss. Da ging ihr ein Licht auf. Die Parierstange. Nava schaute zum geschlossenen Durchgang. Bevor ihre Gedanken sich ineinander verflochten, wurden sie von etwas anderem beiseitegeschoben. Es war mehr ein Geruch. Orks!

***
Ihr Herz schlug in einem ruhigen Takt. Sie verspürte keinerlei Aufregung. Ruhe und Ausgeglichenheit waren die dominierenden Gefühle. Ohne jede Hast machte Selena einen Schritt nach dem anderem. Am Ende des Gangs trat sie in eine Höhle. Nichts deutete auf eine Gefahr hin.
Wie schon in der Kammer war die Höhle schmucklos gestaltet. Einzig und allein ein Steinblock, an dessen Seiten sich die gleichen Hieroglyphen befanden wie beim Torbogen. Das Hauptzeichen, zumindest erschien es ihr so, befand sich auch auf dem Boden um den Steinblock herum. Es handelte sich um einen Altar oder etwas Vergleichbarem. Langsam ging Selena auf ihn zu.
In der Kopfplatte vom Block befand sich eine schalenförmige Ausbuchtung, die mit einer festen dunkelsilbergrauen Flüssigkeit aufgefüllt worden war. Sie klopfte mit der Hand dagegen, wie wenn man an eine Tür klopfte. Nichts geschah. „Und nun!“, flüsterte die Albin unschlüssig. Sie ging um den Block herum. Vielleicht fand sie in den Hieroglyphen einen Hinweis.
Sorgfältig hatte sie die Seiten inspiziert. Aus den Hieroglyphen konnte sie keinen Hinweis herauslesen. Frust kam auf. Unruhe hingegen nicht. Flüchtig schaute Selena zur Stirnplatte. „Was!“ Ein Zeichen befand sich auf der Oberfläche. Sie trat näher heran, die Albin kannte das Zeichen. Es war ihr Familienemblem, das die Parierstange ihres Schwerts zierte.
Das Emblem begann zu flimmern, wurde kräftiger, ging in ein Leuchten über, das zu glühen begann. Selena legte abwesend ihre Hand auf das Emblem. Für einen Wimpernschlag geschah nichts. Trotz der Intensität spürte sie keine Wärme oder Hitze. Bevor die Albin einen weiteren Gedanken formulieren konnte, blendete sie ein Blitz...
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Ende, Kapitel 14
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

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Danke für deinen Kommentar.


Alexander Bone1979 (28.11.2010)

Ausgerechnet ein Ork ist der Wächter der Quelle. Celine ist ganz fassungslos über diese Tatsache. Doch Selena scheint sehr Nahe ihrem Ziel zu sein und im spannensten Moment brichst du ab. "ggrrr*

Petra (28.11.2010)

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