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53 Seiten

Return to Home - 88 Stunden (Part I)

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
-Anfang-

„Unser Ziel ist Eldoron.“, erklärte er den Anwesenden. „Phase 1: Errichtung eines Brückenkopfs.“, fuhr die Legende vom Vereinten Terra-Gvan Marine Corp fort.“ Phase 2: Landung der Hauptstreitmacht.“, zählte er die jeweiligen Phasen des ausgearbeiteten Operationsplans auf. „Phase 3: Start der Offensive. Phase 4: Eroberte Stellungen verteidigen und halten. Phase 5: Nachschubsicherung. Phase 6: Koordination weiterer Angriffsziele. Phase 7: Endoffensive einleiten. Phase 8: Sicherheit & Ordnung wiederherstellen.“ Schweigen herrschte unter den Frauen und Männern. Die Aufzählung war beendet. „Fragen?“, wollte Brigadier General Max Boletti von den anwesenden Marines des 7th VTGU Marineregiment wissen.
Ein groß gewachsener Mensch hob schulmäßig seine Hand. Boletti nickte ihm zu. „Wer hat das Vergnügen den Brückenkopf einzurichten?“, fragte der Lieutenant mit seinem Akzent.
„Captain Hiller.“ Der Marine nickte, als Boletti ihn ansah. Dann blickte er in die Runde.
Eine Gvanerin mit orangen Haaren und einem Kurzhaarschnitt hob ihre zierliche Hand. „Wie viel Zeit bleibt uns zwischen der Landung der Hauptstreitmacht und der Offensive?“
„Wir wollen der Reichsgarde und Miliz nach der Landung so wenig Zeit wie möglich geben.“, antwortete Boletti. Zusammen mit seinem Stab hatten sie einen vorläufigen Schlachtplan entwickelt, dessen Phasen er einführend aufzählte. „Daher wird die Offensive zeitnah starten.“
Sofern alles nach Plan lief.
Was selten der Fall war, dessen waren sich die Anwesenden bewusst.

***

„Willkommen, Captain T’hali.“, begrüßte Boletti die Gvanerin.
„Danke, Brigadier General.“ Sie setzte sich auf den angebotenen Stuhl. Senior Captain T’hali sah müde aus. Was bei einem 47-Stunden-Flug kein Wunder war. Dennoch wirkte sie fit genug für ein schnelles Briefing. Außerdem lag noch einiges an Vorbereitungen vor ihr.
„Freut mich dich wiederzusehen.“, gestand er freundschaftlich.
Boletti hatte seine Grundausbildung auf Greenberg Island abgeschlossen und wurde der 6th Squad vom 9th Bataillon an Bord der VF Pasadena zugeteilt. Sein damaliger Squadleader war T’hali. Aufgrund seines Tuns, auf der Pasadena bekam, er die Medal of Honor in Bronze verliehen. Sie befand sich unter seiner verglasten Ordensammlung, die an der Wand hing. Kein lebender Marine besaß eine solche Sammlung von Orden.
„Ebenfalls, Sir.“, neckte T’hali ihn.
„Einen Drink, Senior Captain?“, gab Boletti zurück. Dabei betonte er ihren Rang mehr als deutlich.
Die Gvanerin schmunzelte. Obwohl Sie Dienstälter war, hatte sie beileibe nicht den Ruf oder Rang des Mannes in dessen Büro Sie saß. „Wieso nicht.“
Boletti goss ihr und sich einen Drink in die Kristallgläser, reichte T’hali den ihren und lehnte sich in seinen Stuhl zurück, sah aus dem Augenwinkel seine Ordensammlung an. Einen Orden zu erhalten war nicht schwer. Am Leben zu bleiben hingegen schon.
Er nahm einen Schluck, wandte sich von seiner bedeutungslosen Ordensammlung ab. Es gab Wichtigeres. Ganz besonders in Kriegszeiten wie der Kommenden.

***

Welche Chancen hatte ein Flüchtling ohne Schulabschluss und ohne Ausbildung? Entweder landete man im Gefängnis oder starb im Dschungel der Straßenkriminalität. Keines davon hatte er für sich im Sinn. Jetzt sahen die Dinge anders aus. Dummerweise hatte er das Kleingedruckte nicht gelesen.
Er blickte sich im Unioner Landungsboot vom Air Command um.
Die Frauen und Männer waren alle in seinem Alter. Plus Minus ein bis zwei Jahre. Man hatte ihnen in der Grundausbildung die Hölle heiß gemacht. Nur 46 % der Rekruten und Kadetten kamen über das erste Dienstjahr hinaus. Der klägliche Rest starb oder schied vorzeitig aus. Salik konnte sich noch sehr genau an die Worte ihrer Ausbilderin erinnern; Wir Leben um zu sterben.
Die Streitkräfte hatten rein gar nichts mit dem zu tun, was man aus den Holofilmen kannte.
Ein brutaler Ruck ging durch das Landungsboot. Der Rumpf ächzte besorgniserregend. Insassen übergaben sich. Der Gunny lachte schallend.
Durch die Bullaugen konnte er sehen wie die Luftabwehr des Feindes den Nachthimmel zum Tag werden ließ. Überall explodierten Lichtblitze, Flugabwehrraketen oder Energiebolzen von Luftabwehrkanonen am Boden.
Ein Energiebolzen jagte in eins der Hecktriebwerke von einem Landungsboot. In einem Feuerball riss es die Turbine in Stücke. Schrapnelle durchschlugen die Panzerplatten. Das Luftfahrzeug kippte zur Seite und verschwand aus seinem Sichtbereich.
Innerhalb weniger Sekunden würde das Vehikel auf dem Boden aufschlagen. Wenn jemand die Sache überlebte, hatte er Glück. Oder Unglück, je nachdem aus welcher Perspektive man es sah.
Als takianischer Flüchtling kam er in eins der Unioner Flüchtlingslager im Savoi-Gürtel. Die Ursache war der Feldzug vom Sternenreich Oclean, dem seine Heimat zum Opfer fiel. Woran sich bis heute nichts geändert hatte. Takian stand nach der Kapitulation unter dem Banner vom Sternenreich.
Immer wieder gelangten Raumtransporter mit Flüchtlingen an Bord über die scharf bewachte Grenze. Auf der anderen Grenzseite waren sie zwar in Sicherheit, wurden dafür von den Behörden weitestgehend alleine gelassen.
Salik verbrachte 5 Jahre im Flüchtlingslager Savoi 5. Eins von vielen. Im Savoi-Gürtel konzentrierte die Union ihre Flüchtlingshilfe. Dabei war er einer von wenigen mit gültigen Papieren. Die Mehrzahl erhielt deswegen keine Reiseerlaubnis außerhalb des Savoi-Gürtels.
Sein Vater brachte ihn, seine Mutter und seine beiden Schwestern zum Raumbahnhof. In den Wirren des Chaos verloren sie sich. Seit jenem Tag hatte Salik seine Familie nicht wiedergesehen. Allen Versuchen zum Trotz. In den Flüchtlingslisten fanden sich die Namen seiner Schwestern und/oder seiner Mutter nicht. Dafür der seines Cousin Amir. Er konnte seine Familie ebenso wenig finden wie Salik.
Als die Union dem Sternenreich Oclean den Krieg erklärte, meldeten sie sich freiwillig.
Wohin ihn seine Entscheidung führte, erfuhr er jetzt hautnah.

***

Rechts neben ihm saß ein aselanischer Schlacks. Die braune Hautfarbe hatte einen matten Grauton angenommen. Die Pupillen stark geweitet, aus Angst. Seine Hände hielten das Impulsgewehr so stark umklammert, dass die Knöchel weiß waren.
Links saß eine Chaboo. Bei ihr fand Salik keine Spur von Angst, Furcht oder Panik. Im Gegenteil, auf ihn wirkte sie mehr als freue sie sich auf den bevorstehenden Augenblick. Ihre schmalen blutroten Lippen schienen leicht zu grinsen. In den Augen lag eine ungemeine Kraft und Stärke. Ihr Körper war durch die illegalen Straßenkämpfe gestählt. Sie besaß einen Bizeps von dem manch ein Marine träumte. Als er sie das erste Mal sah, glaubte Salik sie könne Dualkruppstahl mit bloßen Händen verbiegen.
In der Grundausbildung war sie furchtlosen, meldete sich stets als Freiwillige, kämpfte verbissen um jeden Zentimeter und ließ sich nicht unterkriegen. Er hütete sich davor ihr näher zukommen. Schließlich brauchte er seine Arme und Beine noch.
Das Landungsboot sackte plötzlich zur Seite weg.
Die Insassen wurden in die Gurte gepresst.
Einer wurde sogar ohnmächtig.
Jemand schluchzte.
Die Triebwerke heulten auf.
„Wir werden sterben.“, wimmerte der Aselaner neben ihm.
Salik ignorierte ihn. Er hatte nicht vor zu sterben. Nicht hier und nicht jetzt.
Ein rotes Licht durchflutete die Kabine. Ein lauter Knall schüttelte das Vehikel durch. Zwei aus der 15er Gruppe übergaben sich in die Kotztüte. Ein modriger Geruch breitete sich aus. Der Boden vibrierte unnatürlich. Die Triebwerksturbinen jaulten, wie ein Rudel Wölfe. Immer wieder ging ein Ruck durch das Transportvehikel. Es knirschte, kratzte und knallte.
Hoffentlich hielten die Scheißnähte und Nieten!

***

Dem Piloten gelang es das Landungsboot wieder in die Horizontale zu bringen. Keine 20 Sekunden später erschütterte ein weiterer harter Ruck das Luftfahrzeug. Das rote Licht erlosch. Dafür wurde die Kabine in ein grünes Licht gehüllt.
Sie waren gelandet.
Salik spürte ein kribbeln in ihm aufsteigen. Seine Hände wurden warm und feucht. Sein Adrenalinspiegel sprengte die Skala.
Die Rampe öffnete sich.
Zur gleichen Zeit lösten sich die Gurte.
Drei Frischlinge sackten auf die Knie. Einer von ihnen übergab sich erneut.
„Raus mit euch. Euer Schöpfer wartet.“, schrie der gvanische Gunny.
Salik war einer der Ersten, die das Landungsboot verließen.
Über ihren Köpfen spielte sich ein faszinierendes tödliches Feuerwerk ab. Um sie herum landeten weitere Landungsboote. Am Himmel explodierten welche oder wurden von der Luftabwehr getroffen. Die Hölle der Grundausbildung war nichts gegen das, was sich ihnen hier bot.
Plötzlich wurde er zu Boden gerissen.
Eine ohrenbetäubende Explosion folgte und eine Hitzewelle rollte über ihn hinweg.
Als Salik sich aufrappelte, klaffte dort, wo das Landungsboot gestanden hatte, ein dampfender Krater. Um ihn herum lagen Wrackteile und brennende Lachen. Erschrocken blickte er zur Seite.
Die Chaboo hatte ihn zu Boden gerissen. Womit Sie ihm das Leben rettete.
Außer ihnen überlebte keiner aus ihrer Gruppe.
Wir Leben, um zu sterben.
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-Eins-

Kein Traum!!
Beim Versuch aufzustehen spürte er jeden Knochen in seinem Körper. Trotz Schlafs war er müde. Das Dröhnen von Lufteinheiten zog über seinem Kopf hinweg, sie entfernte sich schnell. Wofür er dankbar war. Jedenfalls für 2 Sekunden. Eine andere Lufteinheit landete irgendwo in der Nähe.
Salik trat aus dem Zelt, das sich mit den Luftverwirbelungen neigte. Draußen war es hell. Die Sonne blendete ihn. Als sich seinen Augen angepasst hatten, erhaschte er einen ersten Überblick über Camp Alpha. Die ersten Stunden der Landungsoffensive waren vorüber.
„Hey, Bursche.“, blaffte ihn ein Sergeant an. „Gehörst du zur Gruppe Gelb-6?“ Salik nickte. „Hol deine Sachen. Du wurdest einer Einheit zugeteilt.“
Er ging ins Zelt zurück, nahm sein Impulsgewehr und sein Einsatzgeschirr.
Draußen folgte er dem Sergeant.
Das Camp bestand hauptsächlich aus Zelten und Container. Im Lager herrschte ein heilloses durcheinander. Desorientierte Soldaten, meist Frischlinge wie er, irrten umher. Marines in Kampfmontur liefen zur Landezone. Von dort starteten im Sekundentakt Lufteinheiten um die Marines an die Bodenfront zu bringen.
Die Bodenoffensive hatte begonnen.

***

Als es den Bodentruppen gelungen war eine Landezone zusichern, hatte die eigentliche Landungsoperation begonnen. Im Sekundentakt landeten Versorgungsfähren und frische Truppen. Gleichzeitig wurden Einheiten an die Front gebracht.
Der Sergeant trat in ein Besprechungszelt. Salik folgte ihm.
Im Inneren saßen 6 Frauen und Männer. Gvaner, Mischlinge und Menschen.
Von der Chaboo fehlte jede Spur. Bei der Landungsoffensive waren sie getrennt worden.
Der Lieutenant, der Ranghöchste vor Ort, gab dem Sergeant eine Unterschrift. „Wir sind vollzählig.“, meinte der Mischling.
Salik setzte sich auf einen der freien Stühle.
Er sah alle kurz an. „Wir haben einen Einsatz erhalten.“ Die Frauen und Männer schienen darüber erleichtert. „Unsere Aufgabe ist es Luftabwehrstellungen im östlichen Bezirk von Eldoron City zu markieren.“ Hinter ihm tauchte ein Satellitenbild auf. Es zeigte den erwähnten östlichen Bezirk der Hauptstadt. Scheinbar nichts Besonderes. Eine von vielen in den Niederungen der bekannten Galaxie. „Die Stellung gehört zum äußeren Verteidigungsgürtel. Bisher ist es dem Air Command nicht gelungen, die dahinter liegende massive elektronische Störzone entscheidend zu schwächen.
Unser Job ist es einen Keil hineinzutreiben. Damit unsere Flieger wenigstens ansatzweise sehen, wo sie die Bomben abwerfen und unsere Leute absetzen.“ Konzentriertes Schweigen trat an diese Stelle.
Salik war sich nicht sicher hier richtig zu sein. Die Anwesenden machten den Eindruck Berufssoldaten zu sein. Bei der Landungsoffensive hatte er seine erste Kampferfahrung gesammelt. Auf weitere konnte er gut verzichten.
„Wie nah bringen uns die Flieger heran?“, fragte ein Gvaner mit markanten Gesichtszügen.
„Ungefähr hier.“, zeigte der Lieutenant auf der einblendenden holografischen Karte. „Außerhalb der Flugabwehrreichweite. Von dort geht es zu Fuß weiter.“ Mitten durch Feindesland. Soweit Salik sehen konnte. „Sobald unser Job gemacht ist, startet das Air Command Luftangriffe auf die Frontpunkte. Zur gleichen Zeit landet die Division von Colonel Heinrich über unseren geschaffenen Keil in dem Bezirk.“ Ein blauer Pfeil zeigte die Landungsrichtung an. Colonel Heinrichs Aufgabe war es den dort befindlichen Raumhafen einzunehmen. Er wurde vom Feind als Versorgungsstützpunkt genutzt. Wozu Sie ihn ebenfalls verwenden würden. „In 20 Minuten geht es los.“

***

Salik saß in voller Einsatzmontur auf einem Hartschalensitz eines Panther-Transporthubschraubers. Durch die offene Seite wehte ein rauer Wind. Links neben ihnen flogen Gladiator-Kampfhubschrauber. Sie fungierten als Eskorte.
„Alles klar?“, fragte ihn Senior Sergeant Pugh.
Eine drahtige Menschenfrau mit kantigen Gesichtszügen und leuchten grüne Augen. Ihr Vorname war Sally.
Wenn er ehrlich war, wusste er es nicht. Mehr eine Mischung aus Aufregung und Angst.
Der Gvaner, mit Namen Bear, klopfte ihm auf die Schulter. „Keine Sorge, Anfänger. Tu was wir tun und du überlebst.“, meinte der Senior Coporal schlicht.
Der Transporthubschrauber ging in den Tiefflug, dicht über dem Erdboden.
Eine weitläufige, unberührte Savanne raste unter ihnen hinweg. Es bot sich einem ein herrliches Panorama. Grüne Oasen. Sanddünen. Palmen. Eine Herde Gnus, die an Langbäumen die Blätter und Früchte aßen. Die Hüpfvögel, die aufgeregt auseinanderstoben, als der tieffliegende Transporthubschrauber heran.
Der Kameramann von Frontline dem wohl populärsten Reportagemagazin der Union filmte den Überflug. Er begleitete sie auf dem Einsatz. Statt eines Panzeranzugs trug Andrèas lediglich eine Panzerweste.
Salik’s Gedanken schweiften bei dem Überflug ab. Wie sah es auf Takian aus? So unterschiedlich waren sich Eldoron und seine Heimatwelt gar nicht. Sie trugen sogar das gleiche Schicksal. Beide Welten hatte sich das Sternenreich im Zuge ihres Eroberungsfeldzugs einverleibt.
„Lieutenant Tuncay.“, kam es aus dem Teamkanal.
„Ja.“
„Noch 2 Minuten bis zur Absetzzone.“
„Verstanden. 2 Minuten.“, bestätigte der Truppführer, Lieutenant Tuncay. Der Mischling wandte sich an seine Leute. „Bereit machen zur Absetzung.“
Salik und die Anderen überprüften ihre Panzeranzüge, ihre Waffen und sonstige Ausrüstung.
Die Kabine wurde in ein diffuses rotes Licht gehüllt.
Ungeachtet dessen beendeten die Frauen und Männer ihre Prüfung.
„1 Minute.“, teilte der Pilot seinen Passagieren mit.
Die im Kragen vom Panzeranzug integrierten Helme wurden aktiviert. Er hüllte den Kopf ein. Der Helm wurde durch das verspiegelte Visier geschlossen.
Als sich sein Helm schloss, hielt Salik die Luft an.
„30 Sekunden.“
Regungslos saßen die Marines angegurtet auf den Hartschallsitzen. Das Reaper X2-5-S7e in Händen. Ob Mann oder Frau war nun mehr nicht zu erkennen.
„10 Sekunden.“
Mit einem Ruck setzte der Transporthubschrauber auf. „Landung.“
Die Sicherheitsgurte schnappten auf. Der Marine an der Seitentür schob Sie auf. Zwei Kameraden sprangen raus, gingen sofort in die Hocke über und hatten die Impulsgewehre im Anschlag. Der Rest vom Trupp und der Kameramann folgten augenblicklich
Bei der Absetzung glitt das Pulsergeschütz vom Transporthubschrauber Zielsuchend von links nach rechts und zurück. Um notfalls Feuerschutz zu bieten. Automatisch glitt die Seitentür zu.
Der Transporthubschrauber erhob sich, als Lieutenant Tuncay dem Piloten den erhobenen Daumen zeigte. „Command. Zero 7 wurde abgesetzt.“, meldete der Pilot.
„Verstanden, Air 4.“, erwiderte einer der Leute beim Command.
„Zero 7 an Command.“, sagte Lieutenant Tuncay. „Rücken zur Einsatzzone vor.“
„Verstanden, Zero 7.“
Der Mischling gab das Handzeichen zum Abrücken.
Der Kameramann filmte den abfliegenden Transporthubschrauber sowie den Begleitschutz.

***

Sie erreichten den östlichen Außenbezirk der Hauptstadt, Eldoron City.
Der Ostbezirk besaß Züge eines Slums. Hütten aus Wellblech/Holz. Flachbauten aus nacktem Sandbeton. Die asphaltierte Hauptstraße führte quer durch den Bezirk. Von Türmen und Hochhäuser aus Stahlbeton-Glas-Chrom war nichts zusehen. Hier hatten die wenigsten Gebäude mehr als 5 Stockwerke.
Man benutzte die Nebenstraßen, Gassen und Wege um tiefer in den Ostbezirk vorzudringen. Die Hauptstraße wurde mit Sicherheit von Ocleanern und ihren einheimischen Vasallen kontrolliert und überwacht. Daher mieden Sie sie. Aufklärung war eben kein Kampfeinsatz.
Der Außenbezirk wirkte wie ausgestorben.
„Kontakt. Rechts. Oben.“, meldete Sally über den Teamkanal.
Salik sollte den Trupp absichern. Entsprechend hob er sein im Anschlag befindliches Impulsgewehr.
Auf einem Balkon eines herunter gekommenen Mietshauses stand eine junge Eldoronerin. Sie rauchte eine Zigarette. Mit ihr auf dem Balkon war ein kleines Mädchen. Es spielte mit einer Puppe, die wahrscheinlich aus dem Müll stammte. Das Mädchen winkte ihnen unschuldig lächelnd zu. Ihre Mutter schnippte die heruntergerauchte Zigarette hinunter, sagte etwas zu ihr, nahm das Mädchen auf den Arm und verschwand in die Wohnung.
„Weiter.“, befahl Lieutenant Tuncay.
Obwohl von dem Mädchen und ihrer Mutter keine Gefahr ausging, entspannte sich Salik nicht. Er hatte den Finger nicht vom Abzug genommen. Jederzeit bereit zu schießen. Selbst als klar war das Mutter und Kind keine unmittelbare Bedrohung für ihn und den Trupp darstellten. Hätte er geschossen? Ihm lief es eiskalt den Rücken runter.
Bevor er sich der Frage stellten konnte, rückten sie ab.

***

Am Ende der Gasse, die wiederum parallel zur Hauptstraße lag, führte eine Seitenstraße vorbei. Genau dort stand ein Checkpoint der Miliz. Eine Straßensperre aus Betonblöcken. Am Straßenrand stand ein klappriger Pick-up. Auf dem Fahrzeug war ein MG montiert. Junge Eldoroner bewachten den Checkpoint und waren mit Sturmgewehren aus Ligaproduktion bewaffnet. Aus dem Gettoblaster drang basslastige Musik. Sie langweilten sich, dösten und rauchten.
„Zero 7 an Command.“, sagte Lieutenant Tuncay über den Gruppenkanal.
„Sprechen Sie Zero 7.“
„Wir sind auf einen Checkpoint der Miliz gestoßen.“, meldete er der Kommandozentrale.
„Verstanden, Zero 7. Markieren Sie ihn. Nehmen sie einen anderen Weg zu ihrem Primärziel.“
Tuncay gab Bear den Befehl das Ziel zu markieren, tippte auf sein Touchdisplay an seinem Arm. „Verstanden, Command.“ Er überprüfte die Satellitenkarte. „Nehmen einen anderen Weg zu Alpha 1.“
Der Gvaner ging an die Spitze. Ohne hinzusehen, gaben seine Finger Ausführungsbefehle über das anzugeigene Eingabefeld ein. „Sir, Ziel ist markiert.“ Die Eldoroner bekamen davon nichts mit.
„Command. Ziel wurde markiert.“, gab Tuncay weiter.
„Bestätige, Zero 7. Setzen Sie ihre Mission fort. Command Ende.“
„Wir gehen den Weg bis zur schmalen Abzweigung beim Mietshaus zurück.“, teilte er den Marines über den Teamkanal mit. Alle nickten knapp.
Der Trupp rückte ab.
Sie gingen die schmale Abzweigung entlang die in die Seitenstraße mündete, wo die Milizionäre den Checkpoint betrieben. Sie machte eine derartige Biegung, dass die Eldoroner sie nicht einsehen konnten.
Die Marines überquerten die Straße, verschwanden in der angrenzenden Gasse und setzten ihren Weg zum Primärziel ihrer Aufklärungsmission fort.

***

Sie warteten mit dem Vorrücken, bis die 3er Patrouille der Miliz außer Sichtweite war. Von denen war sich keiner bewusst, dass man Sie im Visier hatte.
Senior Coporal Bear rückte vor, sicherte die nähernde Umgebung. Die Übrigen vom Trupp folgten ihm.
Von der Patrouille war nichts mehr zusehen.
Die Marines drangen in ein 5 stöckiges Gebäude ein, die Waffen im Anschlag gingen sie das Treppenhaus hinauf, sicherten auf jedem Zwischenstockwerk die offenen Durchgänge.
Oben angekommen verließen Tuncay, Pugh, Pérez, David, Ròss und der Kameramann das Treppenhaus und betraten das Flachdach des Gebäudes. Während Pugh, Pérez und Ròss die Sicherung des Dachs übernahmen, hatten Bear und Salik im Treppenhaus Stellung bezogen. Tuncay, David und Andrèas taten das, was die Mission des Trupps war.
Das Primärziel ausspähen.
Mitten auf einer Straßenkreuzung befand sich eine Verteidigungsstellung des Feindes. Sie bestand aus einem festinstallierten Geschützturm. Einem Stellungsgraben. Panzersperren. MP-Nester. Einer Flakbatterie. Dazu musste sich in einem der umstehenden Gebäude ein Schattengenerator befinden, der die Verteidigungsstellung für die Satelliten in Finsternis tauchte. Ebenso ein Störsender. Nicht zu vergessen die beinahe 50 schwer bewaffneten Milizionäre.
„Zero 7 an Command.“, rief Lieutenant Tuncay über den Gruppenkanal.
„Command hört.“
„Haben Primärziel erreicht. Ziel wird markiert.“
Das übernahm diesmal Coporal Nina David.
„Verstanden, Zero 7. Stand-by.“
Wie zuvor Bear tippte sie auf das Eingabefeld ein. Dadurch wurde im Helm der Markierungslaser aktiviert. In ihrem HUD erschien: Markierungspunkt gesetzt.
Kurz darauf meldete sich einer der Namenlosen aus der Kommandozentrale. „Zero 7. Markierung erhalten.“, teilte er ihnen mit. „Zero 7. Ein Tiger ist abgestürzt. 2 Kilometer westlich ihrer Position. Übernehmen sie die Absicherung der Absturzstelle. Erst dann können wir einen Rettungstrupp einfliegen. Standortkoordinaten werden übermittelt.“
„Verstanden, Command.“, sagte Lieutenant Tuncay monoton. „Steht Unterstützung zur Verfügung?“
„Negativ, Zero 7. Zurzeit steht keine Unterstützung zur Verfügung.“
Er schaute auf das Touchdisplay. Auf der Satellitenkarte wurden die Koordinaten der Absturzstelle angezeigt. „Verstanden, Command. Zero 7 macht sich auf den Weg. Ende.“
In Echtzeit direkt vom Satelliten per Up-Link.
Die Satellitenkarte mit den Koordinaten der Absturzstelle wurde automatisch ins HUD der Marines geladen.
Tuncay gab das Kommandozeichen zum Abrücken.
Kurz darauf verließ der Trupp das Gebäude, machte sich auf den Weg Richtung Absturzstelle, ohne dabei die eigene Sicherheit zu vernachlässigen. Schließlich befand man sich stets in Feindesland.

***

Sie liefen durch die Gassen, Nebenstraßen und Wege. Immer die Umgebung im Auge die Waffen im Anschlag und den Finger am Abzug. Die Marines beeilten sich.
„Command an Zero 7.“
„Zero 7 hört.“, erwiderte Truppführer Tuncay hechelnd über den Gruppenkanal. Man lief weiter.
„Zero 7. Eine Gruppe bewaffneter Eldoroner ist auf dem Weg zur Absturzstelle.“
„Freund oder Feind?“
Postwendend kam die Antwort. „Aller Voraussicht feindlich. Die Absturzstelle befindet sich in einer Hochburg der Miliz.“
Daran musste der Trupp nicht erinnert werden.
„Verstanden, Command. Zero 7 Ende.“
Sie mussten als Erste an der Absturzstelle sein, bevor der Mob dort eintraf. Andernfalls konnte niemand für die Sicherheit der abgestürzten Hubschrauberbesatzung garantieren. Genau das sollten sie tun.
Entsprechend verschärften die Marines ihr Tempo.
Sie erreichten eine Straße. Ein Marine, Bear, ging als Erster rüber, während ihm die Anderen Deckung gaben. Als er drüber war, gab der Gvaner das Zeichen. Damit war jetzt Salik dran. Er sollte zusammen mit dem Kameramann rüber sprinten. Sie rannten los.
Als plötzlich ein Bodenfahrzeug heran gefahren kam.
„Feindkontakt.“, ertönte es im Teamkanal.
Salik zögerte nicht. Er schubste den Kameramann, wodurch dieser stolperte und zu Boden fiel. Was ihm das Leben rettete. Den dort, wo er zuvor noch gestanden hatte, schlugen die Bolzen ein, die der MG-Schütze des Pick-ups abfeuerte.
Die Marines eröffneten unverzüglich das Feuer.
Sie nahmen das Bodenfahrzeug ins Kreuzfeuer. Kinetische Bolzen schnitten sich durch das ungepanzerte Fahrzeug. Die Milizionäre hatten keine Chance. Der Fahrer verriss das Steuer. Das Fahrzeug prallte auf einen Betonpoller, überschlug sich und krachte durch ein vernageltes Schaufenster. Ein Insasse war zuvor hinausgefallen. Er lag regungslos auf der Straße. Weder er noch die übrigen Milizionäre hatten das Zusammentreffen mit den Marines überlebt. Es handelte sich um jene jungen gelangweilten Männer von dem Checkpoint, den der Trupp markierte und umging.
Als ob nichts gewesen wäre, ließen die Marines den Ort des Geschehens hinter sich, liefen durch die Gasse. Immer auf der Hut. Die Waffen im Anschlag. Den Finger am Abzug.
Sie liefen aus der Gasse nach allen Seiten absichernd, auf die breite V-Kreuzung zu, die vor ihnen lag.
Ein prächtiger Portalbogen aus Sandquadern überspannte die breite Straße, die zur Absturzstelle führte.
Sie konnten sie bereits sehen.
Der Kampfhubschrauber, vom Typ Tiger, war auf dem alten Handelsplatz abgestürzt. Das Luftfahrzeug lag auf der Seite, mitten auf einer kleinen Außenmauer. Eine Hauptturbine war abgerissen. Genau wie die Stufenheckturbine. Dort hatte es gleich den gesamten Heckarm abgerissen. Er war in eins der Gebäude gekracht und hatte die Außenwand durchschlagen. Gelegentlich stoben aus dem Heckstumpf Funken.
Der Trupp mitsamt Kameramann erreichte die Absturzstelle.
Tuncay wies per Handzeichen die Stellungsposten zu. „Apollo. Apollo.“, rief er als er an die offene Seite des Hubschraubers trat. Bear ging vor der Öffnung in Stellung. Dann trat der Lieutenant hinein. „Pérez.“
Der Truppsanitäter verließ seine Stellung. Sofort veränderten seine Kameraden die Schutzanordnung, glichen es aus. Pérez eilte an Bear vorbei ins Innere des Hubschraubers.
„Zero 7 an Command.“, meldete Tuncay.
Eine weibliche Stimme ertönte aus dem Gruppenkanal. „Command hört.“
„Haben die Absturzstelle erreicht und gesichert. Zwei der Besatzung sind Tod. Und Zwei Verletzte. Einer davon schwer. Er muss sofort ausgeflogen werden. Der Zweite ist eingeklemmt und bei vollem Bewusstsein.“
„Verstanden, Zero 7. Rettungstrupp ist im Anflug. Aus Süden. Richtung 1 9 0.“
„Rettungstrupp im Anflug.“, wiederholte Lieutenant Tuncay. „Aus Süden. Richtung 1 9 0. Zero 7 verstanden.“
„Command an Zero 7. Der Mob hat soeben einen Straßenarm der V-Kreuzung erreicht und ist auf dem Weg zu euch.“
„Verstanden, Command. Nehmen Verteidigungsposition um den Tiger ein.“ Tuncay kam aus dem Hubschrauberwrack, gab entsprechende Handzeichen. Die Marines gingen in Verteidigungsstellungen. „Erbitten zur Einflugdeckung des Rettungstrupps Luftunterstützung.“
„Negativ, Zero 7. Keine Einflugdeckung möglich.“
„Command und Zero 7, hier Air 17. Kommen rein. Absturzstelle voraus.“, teilte der Pilot vom einfliegenden Rettungstrupp mit.
Andrèas fing den einfliegenden Hubschrauber vom Typ Hannibal mit seiner HD-Kamera ein.
Die Seitentüren öffneten sich. Der Bordschütze ging ans Geschütz.
„Zero 7 hat verstanden Air 17.“
Die Turbinen heulten auf, als der Pilot die Schubumkehr einleitete. Es schien als falle der Hubschrauber wie ein Stein vom Himmel und würde ungebremst aufschlagen.
„Feindkontakt.“
________________________________________

-Zwei-

Boletti schaute mit störrischer Miene auf die Taktikkarte vom Kommandotisch. Über ihren Köpfen donnerten die reinkommenden oder rausgehenden Lufteinheiten. Jeder Zentimeter den Sie eroberten hatte seinen Preis. Die Teiloffensive war im volle Gange. Alle verfügbaren Kräfte waren daran involviert. Sie hatten nur wenig Spielraum.
Sergeant Stromberg erschien. Sie war seine Adjutantin. „Sir.“, sagte sie zaghaft. „Zero 7 hat die Absturzstelle erreicht und gesichert. Air 17 ist im Anfliegen um den Rettungstrupp abzusetzen.“ Eine kurze Pause. Boletti blieb äußerlich regungslos. Doch inzwischen kannte Magdalena ihn gut genug um zu wissen das er hörte was sie sagte, auch wenn es den Eindruck hatte er sei abwesend. „Sie haben Feindkontakt.“ Die Augenbrauen zuckten wild. Seine linke Hand ballte sich kurzzeitig. Er wusste um die Situation in der sich Lieutenant Tuncay’s Trupp befand. Doch im Moment konnte Boletti nichts tun um die 7-Marines zu unterstützen. Dazu fehlten ihm einfach die Mittel. Was ihn ärgerte. Ändern konnte er es trotzdem nicht.
Die Offensive hatte Vorrang. Egal wie bitter es war.
Er fixierte jenen Teil der Taktikkarte von Eldoron City wo sich der Aufklärungstrupp einer feindlichen Übermacht erwehrte.

***

In allerletzter Sekunde fing der Pilot den fallenden Hubschrauber ab, ging scheinbar spielend dicht über dem Boden in den Schwebeflug über. Sofort sprang das 3 köpfige Rettungsteam raus. Der Pilot zog das Luftvehikel seitlich nach oben weg. Wodurch der Bordschütze dem Rettungstrupp und den Marines Feuerschutz geben konnte.
„Command. Rettungstrupp abgesetzt.“
„Verstanden, Air 17. Stand-by.“
Der Rettungstrupp verschwand im Hubschrauber.
Beim Einschlag der kinetischen Bolzen stoben die unbewaffneten Eldoroner vom Mob auseinander und rannten davon. Anders diejenigen, die bewaffnet waren. Sie eröffneten das Feuer auf den Hubschrauber. Die Marines gaben Deckungsfeuer. Manche Eldoroner flüchteten in die angrenzenden Gebäude.
Der Trupp veränderte daraufhin seine Verteidigungspositionen.
„Command an Zero 7. Satellitenaufklärung meldet weitere Feinde in eure Richtung unterwegs.“
Tuncay hatte mit seinen Marines alle Hände voll zu tun, die Absturzstelle vor dem verschanzenden Mob zuschützen. „Zero 7 verstanden.“ Er klang ruhig. Als ob der Mischling Eiswasser in seinen Venen hatte, statt mit Adrenalin vollgepumptes Blut. „Air 17. Könnt ihr uns Feuerunterstützung geben?“
„Sind im Anflug, Zero 7.“
„Heckenschützen. Westliches Gebäude. Drittes Stockwerk.“, wies er sie ein.
„Verstanden, Zero 7.“
Im Vorbeiflug spuckte das Geschütz kinetische Bolzen aus. Sie hämmerten in die Gebäudefassade, rissen sie auf. Die verbarrikadierten Heckschützen brachten sie den Tod. Der Hubschrauber gewann steil an Höhe, entzog sich dem Beschuss vom Boden und flog eine Schleife.
„Rescue 9. Nummer 1 wurde geborgen.“, ertönte die Meldung vom Truppführer des Rettungsteams über den Gruppenkanal.
„Verstanden, Rescue 9. Wie ist der Stand bei Nummer 2?“
Eine sekundenlange Pause folgte.
„Wir müssen uns von außen durch den Rumpf schneiden, Command. Eine zeitnahe Bergung ist nicht möglich.“
„Verstanden, Rescue 9. Fahren sie mit der Bergung von Nummer 2 fort. Nummer 1 wird umgehend ausgeflogen.“
„Air 17 hat verstanden.“
„Zero 7 ebenfalls.“ Über den Teamkanal gab Tuncay Befehle an seine Marines. „Also gut Leute, sichern wir den Abtransport von Nummer 1. Verteidigungsformation Birma Gold.“
Sie mussten für Air 17 eine Landezone und den Transport von Nummer 1 zum Hubschrauber sichern. Man nahm neue Positionen um die Absturzstelle ein. Der Frontline Kameramann filmte alles. Alle gaben ihrem Truppführer das -Okay- Zeichen.
„Zero 7 an Air 17.“, rief Tuncay den Hubschrauberpiloten. „Wir sind soweit.“
„Verstanden, Zero 7. Status Rescue 9?“, fragte der Pilot den Rettungstrupp.
„Könnt reinkommen, Air 17.“
„Verstanden. Air 17 für Command.“
„Command hört.“
„Schütze Lee bittet, um die Erlaubnis am Boden zu bleiben.“ Der Bordschütze von Air 17 wollte sich den Bodeneinheiten anschließen, um die Absturzstelle zu verteidigen.
Die Pause wehrte keine 15 Sekunden.
„Verstanden, Air 17. Ihre Entscheidung. Command Ende.“
„Rescue 9. Zero 7. Wir kommen rein.“
Unterdessen lieferten sich die Milizionäre ein Feuergefecht mit den Marines.
Und Salik war mittendrin. Er tat das, was man ihm in der Grundausbildung lehrte. Nicht nachdenken. Einfach machen. Wer zu viel nachdachte, so ihre Ausbilderin, gefährdet alle anderen, die mit einem im Schützengraben lagen. Wieviele Milizionäre er inzwischen erschossen hatte, wusste der Takianer nicht.
Immer nur schießen, wenn man sich sicher war, auch zu treffen, trichterte ihre Ausbilderin ihnen ein. Die Bolzen schnitten sich durch die ungeschützten Leiber der Eldoroner. Sie zuckten wild wie Marionetten mit elliptischen Anfällen.
Unterdessen kam der Hubschrauber angeflogen. Das Bordgeschütz spuckte beim Anflug kinetische Bolzen aus, zwang die Milizionäre ihren Beschuss einzustellen und sich unter dem schweren Feuer zurückzuziehen. Die Marines unterstützten das Sicherungsfeuer.
„Rescue 9. LOS.“, gab Tuncay das Zeichen.
Der Rettungstrupp wurde beim Verlassen des Hubschrauberwracks von 3 Marines in Empfang genommen, schützten Sie vor dem sporadischen Schussversuchen der Milizionäre. Just in dem Moment schwebte der Hubschrauber ein und landete. Das Bordgeschütz verstummte. Dafür sprang der Bordschütze aus dem Hubschrauber, kniete sich hin und gab dem Evakuierungstrupp aus Marines und Rettungstrupp Feuerschutz.
Die Rettungsleute schoben die Barre in die entsprechende Schiene auf dem Kabinenboden des Hubschraubers, aktivieren die Verriegelungen, gaben dem Piloten das Zeichen und entfernten sich vom Hubschrauber.
„Nummer 1 ist an Bord.“, vermeldete der Pilot über den Gruppenkanal.
Die Turbinen heulten auf, als er Schub gab. Das Luftvehikel gewann unter dem Feuerschutz der Bodenkräfte schnell an Höhe, wendete und flog davon.
Von der Miliz auf dem alten Handelsplatz eingeschlossen blieben der Aufklärungstrupp um Lieutenant Tuncay, der Rettungstrupp, Bordschütze Lee, die 2 Leichen der Hubschrauberbesatzung, Nummer 2 und Kameramann Andrèas zurück, der alles filmte. Live und in Farbe.

***

Der Rausch des Adrenalins war vorüber. Der Geist war matt und erschöpft. Geistig wie körperlich. Die Glieder waren schwer. Dennoch war er nicht müde. Salik fühlte sich gerädert, als wenn er über die Maßen hinweg trainierte. Was nicht der Fall war.
Der Kampf flaute ab.
Anfangs flammte die Schießerei immer wieder mal auf. Doch inzwischen war Ruhe eingekehrt. Auch wenn es keiner aussprach, ahnte jeder die Gründe. Die Milizionäre sammelten sich zum letzten Gefecht.
Für Salik war es der erste, echte Kampfeinsatz.
Bei Anbruch der Abenddämmerung warf eine Aufklärungsdrohne eine Nachschubkiste über der Absturzstelle ab. Sie hatten zuvor einen Leitstrahl eingeschalteten, wodurch sie punktgenau bei ihnen landete.
Lieutenant Tuncay ernannte Schütze Lee kurzerhand zum Versorger. Der 20 Jährige eilte von Stellung zu Stellung, verteilte die Energiemagazine und Granaten.
Die Rettungsleute schnitten sich seit Stunden mit einem Schneidbrenner durch den Rumpf des Hubschrauberwracks. Was mühselig war, da man die Panzerung mit durchschneiden musste. Während sich seine Kollegen durch die Rumpfnase schnitten und hämmerten überwachte der Dritte Mann vom Rettungstrupp den Gesundheitszustand der eingeklemmten Pilotin.
Außerhalb des Wracks nutzten die Marines die Feuerpause zur Konfigurierung ihrer Panzeranzüge. Zum Auffüllen der Munitions- und Granatenbestände, Pinkeln, Essen und Trinken.
Salik hatte den Helm deaktiviert. Inzwischen war es Nacht. Die Sterne am Himmel über ihm funkelten wie winzige Diamanten. Irgendwo dort lag seine Heimatwelt. Genau wie Eldoron hatte das Sternenreich Takian besetzt und infolgedessen eine Marionettenregierung eingesetzt.
Ob seine Geschwister noch lebten? Oder seine Eltern? Überhaupt jemand den er kannte, bevor sich alles veränderte!? Selbst wenn er die Antwort bereits kannte, hätte Salik sich trotzdem freiwillig gemeldet. Damals war er noch zu jung gewesen, um zu kämpfen. Jetzt hingegen war er alt genug. Als Soldat der Unioner Streitkräfte konnte er seine Heimatwelt befreien.
Da erschien Lieutenant Tuncay. Der Mischling sprach kurz mit jedem. Jetzt war er bei Salik angekommen. „Wie geht es ihnen? Alles in Ordnung?“
„Mir geht es gut, Lieutenant…Sir.“, antwortete er unschlüssig.
Sein Truppführer winkte ab. „Dein erster Kampfeinsatz?“, fragte er persönlicher.
Salik nickte. Abgesehen von dem heillosen Durcheinander bei der Landung, wo sich vor einem der Höllenschlund auftat. „Ja.“, antwortete er schlicht.
Tuncay klopfte dem Jungen aufmunternd auf die Schulter. „Dafür hältst du dich ausgezeichnet.“
Das Lob wirkte irgendwie heilsam. „Danke, Sir.“
Ein kurzer Blick, dann ging Tuncay zum Nächsten, sprach kurz mit Coporal David, verschwand im Hubschrauberwrack und kehrte zu seiner ausgehobenen Verteidigungsstellung zurück.
Umso schneller die Jungs fertig wurden, umso eher konnte man von hier verschwinden. Daher ließ er Sie in Ruhe ihre Arbeit machen.
Der Kameramann filmte unverdrossen weiter.

***

Gute 90 Minuten später ertönte über den Gruppenkanal die weibliche Stimme wieder. „Command an Zero 7.“
„Zero 7 hört.“
„Aufklärungssatelliten haben einen Truppenverband mit 2 Geschützfahrzeugen gesichtet, die in eure Richtung unterwegs sind.“
Alle hörten die Meldung.
„Verstanden, Command.“, erwiderte Tuncay monoton. „Wie sieht es mit Unterstützung aus?“
„Luftunterstützung wird betankt und neu bewaffnet.“
Erleichterung kam auf. Noch so ein Gefecht überstand man nicht. Dazu war man den Milizionären zu unterlegen. Vor allem bei der angekündigten Verstärkung.
„Ankunftsfenster?“, wollte Tuncay wissen. Ihm hörte man nichts an.
„Bis zu 1 Stunde, Zero 7.“
„Verstanden, Command.“, sagte er zähneknirschend.
„Scheiße!! Eine verfluchte Stunde!!“, echauffierte sich Senior Coporal Bear via Teamkanal.
Verständlicherweise. Immerhin harrten Sie schon seit Stunden an der Absturzstelle aus, verhinderten, dass die Miliz sie einnahm, und sorgten dafür, dass der Rettungstrupp seine Arbeit machen konnte. Ohne jegliche Unterstützung aus der Luft oder vom Boden.
Bevor jemand weiteres seinem Ärger Luft machen konnte, ertönte ein anschwellendes Pfeifen. „GRANATE.“
Innerhalb von Sekunden verwandelte sich die Feuerpause in ein wahres Inferno aus kinetischen Bolzen, Granaten und Geschützfeuer. Der Boden bebte bei jedem Einschlag. Sesselgroße Krater entstanden. Über den alten Handelsplatz ging ein lehmartiger Sandregen nieder. Bolzen schwirrten, wie Leuchtwürmer umher, erhellten den Kampfplatz farbig.
Pérez eilte zu Coporal David. Sie war von einem Energiebolzen niedergestreckt worden und rührte sich nicht. Unter dem Deckungsfeuer erreichte der Sanitäter des Trupps ihre Stellung. Er begann sofort mit den Rettungsmaßnahmen. Vergeblich. „Sie ist Tot.“, meldete Pérez schlicht über den Teamkanal.
„Zero 7 an Command.“, schrie Tuncay in den Gruppenkanal. „Wir stehen unter schweren Feindbeschuss. Coporal David ist Tod.“ Er wartete die Rückmeldung vom Command nicht ab. „BENÖTIGEN SOFORTIGE LUFTUNTERSTÜTZUNG.“
„Lufteinheiten heben gerade ab, Zero 7. Ankunft in 20 Minuten.“, teilte ihm die Frau emotionslos mit.
„SCHEISSE!! 20 MINUTEN!!“, blaffte Bear ungehalten.
„DAS IST DOCH NICHT DEREN ERNST!!“, kommentierte Senior Sergeant Sally Pugh.
Nichtsdestotrotz schossen die Marines, was die Energiemagazine und Impulsgewehre hergaben. Bolzen um Bolzen. Milizionäre gingen getroffen zu Boden, um sofort ersetzt zu werden. Der Feind rückte vor. Zentimeter um Zentimeter. Gedeckt von den Geschützen und Granaten machten sie Boden gut.
Bear warf sich neben dem Kameramann. „ZUM WRACK.“, bellte er ihn schroff an. „JETZT.“
Andrèas hinterfragte ihn nicht, sprang auf und rannte aus der Stellung zum Wrack. Um ihn herum schlugen Bolzen ein, als die Milizionäre ihn ins Visier nahmen. Neben ihm grub sich eine Granate in den Boden, detonierte und schleuderte ihn, wie ein Spielball durch die Luft. Beim Aufprall drohte er das Bewusstsein zu verlieren. Er nahm ein entferntes Grollen war. Sein Sichtfeld war verschwommen. Vor seinen Augen tanzten die Sterne am Himmel.
Irgendwie schleppte sich Andrèas halb kriechend, halb stehend zum Wrack. Er wurde vom Mitglied des Rettungstrupps in den Hubschrauber gezogen. Der Mann nahm das Impulsgewehr in die Hand und setzte sein Unterstützungsfeuer vom Wrack aus fort.
Seine Kollegen schnitten und gruben sich unverdrossen durch den Rumpf.
Das Zischen und Knallen draußen blieb heftig. Einem Unwetter gleich. Bolzen trommelten auf das Wrack ein. Noch hielt die Panzerung stand.
Der Soldat vom Rettungstrupp neben ihm bekam einen Bolzen in die Brust und ging zu Boden. Andrèas packte zu, zog ihn ins Wrack.
Anders als die Marines trugen die Mitglieder des Rettungstrupps keine Panzeranzüge, welche sie bei der Bergung behinderte. Stattdessen hatten Sie zum Schutz Panzerwesten an. Einem solch heftigen Gefecht hielten die wiederum nur bedingt stand.
In der Weste klaffte ein rauchendes Loch. Der Mann stöhnte.
„MARINE GETROFFEN. MARINE GETROFFEN.“

***

Salik und Bear gaben Lee Deckungsfeuer als er Private Pérez in das Wrack schleifte.
„Gamma 6.“, befahl Lieutenant Tuncay via Teamkanal.
Die Marines zogen sich weiter zurück, nahmen neue Verteidigungsstellungen um den Hubschrauber ein und nahmen den Finger nicht vom Abzug.
„Bin blank.“, meldete Private Ròss.
„Hier.“ Salik warf dem Gvaner eins seiner letzten Reservemagazine zu.
Die Miliz konnte sich vorkämpfen.
Wofür Sie einen hohen Blutzoll zahlten. Ungeachtet ihrer immensen Verluste rückten Sie unbeirrt vor. Den Geschützfahrzeugen sei dank. Ohne deren Feuerkraft, denen der Aufklärungstrupp nichts entgegenzusetzen hatte, hatten Sie die Oberhand. Mit Ihnen war es nur eine Frage der Zeit bis der alte Handelsposten eingenommen und die Unioner Marines besiegt waren. Da spielten die Verluste im Angesichts des Sieges keine Rolle.
Salik rammte sein letztes Energiemagazin in den Schacht vom Impulsgewehr, lud das Sturmgewehr durch, zielte und betätigte den Abzug. Der kinetische Bolzen zerschmetterte die Schulter eines Milizionärs, der zu Boden geworfen und einfach überrannt wurde. Sie waren keine 50 Meter entfernt.
Trotz der drohenden Niederlage ließen die Marines nichts unversucht. Und Salik ebenso wenig. Denn er war jetzt einer von ihnen. Tod oder Lebendig, niemand wird zurückgelassen. Erst jetzt, in diesem Moment, wurde ihm die Bedeutung der Worte seiner Ausbilderin klar. Es spielte keine Rolle ob Mensch, Gvaner, Mischling oder eine andere Volksgruppe diejenigen hatten. Das spielte keine Rolle. Sie waren alle Marines. Und kein Marine wurde Tod oder lebendig zurückgelassen.
Obwohl es im Moment nicht danach aussah glaubte Salik daran nach Takian zurückzukehren. Die Ladeanzeige seines Energiemagazins sprang von Grün auf Gelb, von Gelb auf Orange und von Orange auf Rot. Dann begann es wild zu blinken.
Die Milizionäre kamen auf 30 Meter heran.
Plötzlich brachte eine schwere Detonation den Boden zum Beben.
Ein Geschützfahrzeug wurde in einem Feuerball auseinandergerissen.
Ein Angriffshubschrauber tauchte aus dem Nichts auf, setzte sich schwebend vor die Marines und die Bordkanone surrte kinetische Bolzen aus.
Bevor das zweite Geschützfahrzeug ihn ins Visier nehmen konnte, explodierte es. Die Wucht der Explosion ließ das brennende Wrack einen Salto schlagen.
Ein weiterer Angriffhubschrauber flog über den alten Handelsplatz hinweg und verschwand in der Dunkelheit.
Der Vormarsch der Milizionäre fand ein jähes Ende. Jene die den Luftangriff überlebten ergriffen die Flucht oder suchten Deckung. Nur die fanatischen stürzten sich in den Tod, den ihnen die Geschützbolzen des Angriffshubschraubers brachte.
„Rescue 9 an Command. Bergung von Nummer 2 ist abgeschlossen.“, vermeldete der Anführer des Rettungstrupps.
„Verstanden, Rescue 9.“, sagte die Frau in der Kommandozentrale. „Air Group. Freigabe zur Evakuierung unserer Truppen bei der Absturzstelle.“

***

„Verstanden, Command. Air Group beginnt mit Evakuierung.“, teilte eine neue Stimme im Gruppenkanal mit.
„Air 20 an Air 11. Landezone ist sicher.“
„Verstanden, Air 20. Befinden uns im Anflug.“
Unverzüglich gewann der Angriffshubschrauber an Höhe.
„Deckungsformation.“, befahl Lieutenant Tuncay seinem Trupp.
Die Marines führten den Befehl aus.
Da flog der Rettungshubschrauber ein.
Kaum hatte er aufgesetzt, brachten die Männer vom Rettungstrupp, im Begleitschutz der Marines, Nummer 2 zum Hubschrauber. Dort übergaben Sie die Pilotin an die Besatzung. Die Leichen der Gefallenen wurden ebenfalls in den Hubschrauber geladen. Anschließend bekam der Pilot das Zeichen zum Starten.
„Command. Nummer 2 und unsere Gefallenen sind an Bord.“
„Verstanden, Air 11. Bringen Sie sie nach Hause.“
Der Rettungshubschrauber hob umgehend ab, wurde beim Abflug von einem Angriffshubschrauber flankiert.
Gleich hinter Air 11 flog ein Transporthubschrauber ein. Bis kurz vor der Landung wurde er ebenfalls von einem Angriffshubschrauber begleitet. Er ging in eine Schwebeposition über der Absturzstelle.
Der Transporthubschrauber setzte auf.
Die Seitentür öffnete sich.
Einer der Zwei Bordschützen sprang raus, ging in die Hocke und hatte ein Impulsgewehr im Anschlag. Der zweite Bordschütze saß am Geschütz, jederzeit bereit die Milizionäre mit Bolzen einzudecken, das denen Hören und Sehen verging.
Zusammen mit dem Rettungstrupp, Schütze Lee und dem Kameramann Andrèas ging der Aufklärungstrupp an Bord. Dem Deckungsschützen der Hubschrauberbesatzung klopfte Tuncay auf die Schulter. Als Zeichen das Er der Letzte war. Der Bordschütze stieg in den Hubschrauber.
„Es sind alle an Bord.“, sagte Tuncay zum Piloten.
Der nickte ihm zu. „Command. Unsere Jungs sind an Bord.“
„Verstanden, Air 14. Fliegen Sie sie aus.“
„Wird gemacht, Command.“, bestätigte der Pilot lässig.
Der Transporthubschrauber gewann scheinbar gemächlich an Höhe. Sofort wurde er vom Angriffshubschrauber flankiert.
Unter ihnen explodierte das Hubschrauberwrack.
Nichts wurde zurückgelassen.
Dunkelheit legte sich über den alten Handelsplatz.
Unter ihnen glitt der Randbezirk hinweg.
Erschöpft, ausgepumpt, am Ende ihrer Kräfte saßen die Marines auf den Hartschallsitzen. Die Panzeranzüge waren ramponiert und verdreckt. Niemand sagte ein Wort.
Salik schaute hinaus.
In der Ferne tauchte die Leuchtfeuer von Camp Alpha auf.
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-Drei-

Die Beine waren schwer wie Blei als Salik mit den Anderen den Transporthubschrauber über die Rampe verließ. Auf dem Rückflug war er eingenickte. Die Erschöpfung war riesig. Sein gesamter Körper schmerzte.
Camp Delta schloss sich gleich Camp Alpha an, dem Hauptstützpunkt der Bodenstreitkräfte. Im Sekundentakt landeten Transport-Rettungshubschrauber, Bergungsfähren auf dem Landefeld vom Frontlazarette. Das Personal hatte alle Hände voll zu tun. Ihre Hauptaufgabe war in aller Regel die Erstversorgung der Verletzten. Sobald kritische Fälle stabilisiert/transportfähig waren, wurden Sie umgehend zur VF Hafia, dem Lazarettschiff der Kampfgruppe Rheinland im Orbit von Eldoron Prime ausgeflogen.
Der Rettungshubschrauber mit Private Pérez an Bord war Sekunden vor Ihnen gelandet. Eins der Notfallteams, die die Verletzten in Empfang nahmen, übernahmen ihn. Der Teamleiter ließ sich vom Sanitäter des Rettungshubschraubers die Werte durchgeben. Dann folgte er seinem Team. Der Hubschrauber hob unverzüglich ab, um bei Camp Alpha aufzutanken.
Tuncay und sein Trupp folgten dem Notfallteam, betraten die Notaufnahme von Camp Delta.
Es herrschte ein heilloses Durcheinander. Überall wo man hinsah, lagen, saßen, standen oder hockten Verletzte. Die Luftfilteranlage konnte den Kupfergeruch nicht herausfiltern. Blut in allen Schattierungen. Ein grauenhaftes Bild mochte man meinen. Doch der Krieg war grauenhaft. Egal wo er im Universum geführt wurde. So etwas wie einen sauberen Krieg gab es nicht.
Marines, die erstversorgt wurden, verließen Camp Delta. Entweder, weil Sie einer der Ärzte entlassen hatte oder Sie sich selbst entließen. Manch einer schien nur einen Kratzer abbekommen zu haben. Andere hatte es schlimmer erwischt als es den Anschein hatte. Trotzdem humpelten Sie in Richtung Ausgang, um an die Front zurückzukehren.
Das Jemand freiwillig an die Front zurückkehrte verstanden anhand der Bilder und Eindrücke nur die wenigsten. Mut oder Tapferkeit hatten damit nichts zu tun. Natürlich gab es auch jene, die keine 10-Pferde mehr an die Front zurückbrachten. Nicht jeder war dafür geschaffen. Dummerweise hatten sich die Frauen und Männer verpflichtet. Manche hatten sich sogar Freiwillig gemeldet. Tat man es, gab es kein Weg mehr zurück. Außer man desertierte.
Trotz der Bilder die Salik das wahre Gesicht des Krieges zeigten, hatte er nicht vor zu desertieren. Ja, es war erschreckend gewesen. So war die Realität nun mal. Ganz gleich wo und wann ein Krieg tobte. Die Erkenntnis spornte ihn sogar an. Für seine Geschwister, Eltern und Takian. Die Freiheit war das höchste Gut. Wenn nur der Krieg sie einem brachte, dann war dies ebenso. Genau das kam auf Takian zu. Früher oder später. Und Salik wollte dabei sein. Komme was da wolle.
Eine Ärztin erschien. „Lieutenant Tuncay!!“ Der Mischling nickte. Es war nicht unüblich das Trupps deren verletzte Kameraden im Delta Camp versorgt wurden im Empfangsbereich der Notaufnahme warteten. Sofern sie nicht sofort zurück an die Front mussten. „Private Ròss ist außer Lebensgefahr.“ Erleichterung. Auch wenn man es ihm kaum ansah. „Wir werden ihn zur VF Hafia ausfliegen.“
„Kommt er wieder auf die Beine?“, mischte sich Bear ein.
Die Mischlingsfrau schaute ihn an. Den Ärzten, Pflegern und Schwestern erging es nicht anders als den Marines. Sie waren erschöpft und ausgepumpt. Trotzdem taten Sie ihre Pflicht. Genau wie die Frauen und Männer der Vereinten Streitkräfte. „Ja, aber nicht in naher Zukunft, Coporal.“
„Danke, Doktor.“, sagte Tuncay schlicht.
Sie nickte ihm zu, wandte sich ab und kehrte an ihre Arbeit zurück.

***

Der Trupp verließ geschlossen die Notaufnahme, ging durch die Zelt- und Containerstadt von Camp Alpha. Über ihren Köpfen donnerten aus allen Richtungen die Luftfahrzeuge hinweg. Trupps oder einzelne Marines liefen im Schritttempo an ihnen vorbei oder kamen ihnen entgegen. Einige trugen zerschrammte Panzeranzüge wie Sie selbst. Bei anderen schienen die Panzeranzüge direkt vom Fließband gekommen zu sein. Der polierte Glanz ging schneller verloren als einem Lieb war. Dagegen war man machtlos. Doch solange der Panzeranzug seiner eigentlichen Bestimmung nachkam, nämlich seinen Träger zu schützen, war der verlorene, polierte Glanz bedeutungslos.
Sie gaben ihre ramponierten Panzeranzüge beim Ausrüstungs- und Waffenmeister ab. Von den dortigen Frauen und Männer bekamen die Marines ihre Einsatzausrüstung, die Waffen und alles Sonstige was man brauchte.
Dort nahm man die Panzeranzüge kommentarlos entgegen. Jeder bekam einen tadellos Neuen ausgehändigt. Sie gehörten zur Standard Kampfausrüstung eines jeden Marine im Kampfeinsatz. Dazu zählte ebenfalls ein Handpulser und ein Impulsgewehr sowie ein Einsatz-Kit mit allem notwendige.
Von dort ging es für Tuncay’s Trupp zu ihrer Unterkunft.
Jeder Trupp, jede Einheit hatte seine eigene Unterkunft. Je nach Größe der Einheit oder des Trupps variierte auch die Bettenanzahl der Unterkunft. Die Betten von Nina und Ròss blieben bei ihrer Rückkehr leer. Weder ihre Spinte noch die kleinen Kommoden wurden angefasst. Entweder räumten Sie sie leer oder jemand kam vorbei und erledigte es. Meistens dann, wenn niemand da war.
Salik fiel vollkommen erschlagen ins Bett. Trotz der donnernden Überflüge schlief er kurze Zeit später ein.
Er hörte nicht mal den Türsummer.
„Herein.“
Die Tür glitt beiseite.
Ein junger Junior Private stand vor dem Quartier. „Lieutenant Tuncay?“
Er war gerade am eindösen. „Der bin ich.“
„Brigadier General Boletti lässt ausrichten, das er Sie sprechen möchte, sobald es ihnen passt.“ Überbrachte er die ausgetragene Mitteilung.
Sobald es einem passte!! Jemanden wie Brigadier General Max Boletti ließ man nicht warten, egal ob er einem die Wahl ließ. Man würde ihn nicht vor ein Kriegsgericht stellen, hätte er sich entschlossen erstmal zu schlafen. Nach einem solchen Einsatz war eine Ruhephase unverzichtbar. Dass wusste auch Max Boletti. Deshalb ließ er ihm auch die Wahl. „In 20 Minuten, Private.“
„Jawohl, Sir.“ Er machte auf dem Absatz kehrt.
Die Quartiertür schloss sich.
Stöhnend stieg er sich aus seinem Bett, zog seine Uniform an, wusch sich im Gemeinschaftsbad und verließ gerädert die Unterkunft seines Trupps.

***

Vom Befehlsstand, der Kommandozentrale wurde der Bodenkrieg befehligt, koordiniert und überwacht. Und als Befehlshaber war Brigadier General Max Boletti der Hausherr.
Lieutenant Stromberg trat einen halben Schritt heran. „Sir. Lieutenant Tuncay ist hier.“
Er schaute vom Taktiktisch auf. „Schicken Sie ihn zu mir, Magdalena.“
Sie nickte, winkte den wartenden Tuncay zu und entfernte sich, als dieser bei ihrem Vorgesetzten vorstellig wurde.
„Lieutenant Tuncay.“, grüßte Boletti den Mann.
„Brigadier General Boletti.“, erwiderte Tuncay hörbar müde.
Die Männer gaben sich die Hand.
„Sie hätten sich vorher ausruhen können.“ Er schwieg dazu. „Da Sie jetzt hier sind“, fuhr Boletti fort. „will ich mich kurzfassen.“ Er wartete einen Augenblick. „Der Verlust ihrer Männer tut mir leid.“ Aus seinem Mund war es keine Floskel. Um jeden Marine tat es ihm leid.
„Danke, Sir.“
Opfer waren in einem Krieg unvermeidlich. Dass wussten Sie.
„Ich habe ihren Trupp der Special Force Unit zugeteilt.“, erklärte er ihm. Als Befehlshaber konnte er mit den ihm zur Verfügung stehenden Truppen praktisch tun und alles, was er wollte. Er konnte Sie überall dort einsetzen, wo er es für Richtig hielt. Boletti machte eine Eingabe in den Taktiktisch. Die taktische Lage von Eldoron City wurde hervorgehoben. In Echtzeit.
Durch die eingeleitete Offensive, die Tuncay und sein Trupp versäumten, hatte man mehr als 95 % der Außenbezirke unter ihre Kontrolle gebracht. Doch es handelte sich nur um die Außenbezirke. Das Problem war die Innenstadt von Eldoron City.
Die befand sich nämlich auf einer Insel die der Eldoron River vor Millionen von Jahren vom Festland abnabelte. Sie war die eigentliche Stadt. Eine Metropole mit gut 3 Millionen Einwohnern. Rein rechnerisch bot die Inselfläche Platz für knapp 1 Million. Wodurch es zu einem Ballungszentrum wurde.
Mittig lagen Dutzende Wolkenkratzer von bis zu 35 Stockwerken. Im Gegensatz zu den Wolkenkratzern, Megatowers von Gvan oder Terra, waren dies gerade Mal Türmchen. Drum herum hatten sich die Bewohner, mittleres und kleineres Gewerbe niedergelassen. Die Fabriken, Werkstätten und Fertigungsstätten hatten sich meist auf dem Festland angesiedelt. Wo im Westbezirk das Industriegebiet von Eldoron City entstand.
Tuncay zählte 7 projizierte Brücken, die den Eldoron River überspannten. Von 6 waren nur noch Reste übrig, die den Ansatz einer Brücke erkennen ließen. Am Inselufer türmte sich eine Betonwand auf, der die gesamte Insel umspannte. Ein Verteidigungswall. Von den Vasallen der Ocleaner errichtet zum Schutze von Eldoron City, wie die Regierung behauptete. Hinter dem Wall igelten sich Besatzer und Miliz ein. Mit 3 Millionen Geiseln.
„Bei unserem Vormarsch“, erzählte ihm Boletti. „haben die Eldoroner die Brücken gesprengt.“ Das erklärte die dargestellten Brückenreste. „Die 4te Brücke ist die einzig verbliebende. Den Pionieren zur Folge dauert es jedoch Sie wieder Instand zusetzen. Unter den Umständen tun sie ihr möglichstes.“ Er machte eine kurze Pause. Eine Eingabe folgte. Woraufhin ein Geländeteil der Insel herangezoomt wurde. „Dass ist der Campus der Universität-1.“, informierte ihn Boletti. „Dort befindet sich zur Forschungszwecken ein Fusionsreaktor der Stufe 3.“ Die Fusionsreaktoren in der Union hatten Stufe 7 bis 9. Wobei die 9er die neuste Generation waren. „Laut den Informationen des Widerstandes haben die Ocleaner ihn auf Stufe 5 verbessert. Nicht ganz uneigennützig.“, stellte der Brigadier General grimmig fest. „Neben dem Energienetz der Insel versorgt der Fusionsreaktor auch die Störsender und den Schattenreaktor, den die Ocleaner installiert haben.“ Damit waren Sie sensorisch Blind. „Demzufolge können wir nicht riskieren einen Angriff auf die Insel zu starten, da wir nicht sehen, wohin wir schießen. Schon gar nicht bei an die 3 Millionen Zivilisten.“ Boletti schaute Tuncay an. Obwohl der Mischling über alle Maßen erschöpft war, war er voll bei der Sache. „Aus diesem Grund werden Captain T’hali und Sie hinter die feindlichen Linien gehen und verdeckte Operationen durchführen. Captain T’hali wird für das Air Command die Störsender und Flugabwehrstellungen markieren.“
„Und mein Trupp?“
Dazu kam Boletti jetzt. „Ihre Aufgabe wird es sein den Fusionsreaktor vom Netz zu nehmen.“ Eine kurze Pause. „Aufgrund der Tatsache, dass der Schattenreaktor an ihn gekoppelt ist, haben die Ocleaner den Campus zu einer Festung ausgebaut. Das Wachkontingent wird von der Garde gestellt. Dem Widerstand zufolge sind die Notgeneratoren nicht in der Lage das Leistungslevel zuhalten, sollte der Fusionsreaktor aus welchen Gründen auch immer abgeschaltet werden.“ Was die sensorische Blindheit (Verzerrung) abschwächen würde. „Womit das Air Command in der Lage sein sollte ihre Präzisionslenkwaffen gefahrlos einzusetzen.“ In einem Krieg waren Opfer unter der Zivilbevölkerung unvermeidbar. Man versuchte ihre Zahl so gering wie möglich zu halten. Zumindest auf Unioner Seite. Für das Sternenreich war das zweitrangig. „Sobald dies geschehen ist, werden wir Sie ausfliegen und den Angriff einleiten.“ Die Invasion der Insel. Ein heikles aber unvermeidliches Unterfangen.
„Wann geht es los?“, fragte Tuncay nach.
Boletti schaute kurz zum Chronometer. „In ungefähr 20 Stunden.“ Eine festgelegte Startzeit gab es für das Unternehmen noch nicht. Zumal noch Details geklärt werden mussten. Bei beiden Missionen handelte es sich um konzipierte Nachteinsätze. „Captain T’hali und Sie werden bei dem Unternehmen Unterstützung vom Widerstand erhalten.“ Was durchaus hilfreich sein konnte, da sich die Einheimischen besser auskannten als die Marines. Hilfe konnte man immer gebrauchen.
Tuncay schwieg.
„Das wäre soweit alles, Lieutenant. Haben Sie noch Fragen?“
Er überlegte kurz. Ihm war nicht danach die Sache unnötig in die Länge zu ziehen. Sein Körper und Geist sehnten sich nach seinem Bett. „Nein, Sir.“
Der Brigadier General nickte knapp. „Dann sind Sie entlassen, Lieutenant.“
Tuncay wollte gerade gehen.
„Das hätte ich beinahe vergessen.“, sagte die Legende der Unioner Marines lapidar. „Ihr Trupp und Sie werden für ihren heutigen Einsatz die Ehrenmedaille erhalten.“ Als Befehlshaber konnte er dies Veranlassen. Genau das hatte Boletti getan.
Dass was die Frauen und Männer seines Trupps geleistet hatten war mit nichts aufzuwiegen. Weder mit Geld noch mit Medaillen. Was also sollte man dazu sagen? Ablehnen!! „Danke, Sir.“, entgegnete Tuncay schlicht. Sie hatten sich die Auszeichnung verdient. Auch wenn niemand von Ihnen danach strebte.

***

Das endgültige Missionsbriefing fand am Nachmittag statt.
Wirklich Neues erfuhr Tuncay nicht. Außer dass der Einsatz bei Anbruch der Abenddämmerung losging und dass Sie sich an festgelegten Treffpunkten mit Leuten aus dem Widerstand trafen. Ihre Einsätze fanden getrennt voneinander statt. Man würde gleichzeitig von Camp Alpha starten, mehr aber auch nicht. Beide Missionen waren miteinander verknüpft und wichtig für den Angriff auf die Insel. Ein Scheitern konnte eine hohe Anzahl an Opfern zur Folge haben. Zivilisten wie Soldaten der Vereinten Streitkräfte.
Nachdem Briefung hielt, Tuncay eine Einsatzbesprechung mit seinem Trupp ab. Inzwischen waren Private Ròss und Coporal Nina David ersetzt worden. Sergeant Stefano Rossi nahm Ròss Posten als Truppsanitäter ein. David wurde von Junior Private Càn ersetzt. Beide gehörten dem Reservekontingent an.
Die Besprechung dauerte 40 Minuten. Danach ging es zum Ausrüstungs- und Waffenmeister um sich dort für den Einsatz mit allem nötigen einzudecken. An der Start- und Landezone von Camp Alpha wartete bereits ein Transporthubschrauber, um Sie zum Absetzpunkt in den eroberten Außenbezirken von Eldoron City zu bringen.
Beim Einstieg über die Rampe sah Salik wie der KSK-Trupp von Captain T’hali in deren Transporthubschrauber stiegen. Unter den KSK-Soldaten befand sich Nàzj, die Chaboo. Er wollte ihr zurufen, tat es dann doch nicht. Irgendwie kam es ihm albern vor. Andererseits war der Lärmpegel so das Sie ihn wohl gar nicht gehört hätte. Seit der Landung hatte Salik Sie nicht mehr gesehen. Nàzj bei der KSK wiederzusehen hatte er nicht erwartet.
Im letzten Moment schaute Sie dann doch noch rüber. Furchtlos. Genau wie im Landungsboot und während der Grundausbildung.
Salik legte den Sicherheitsgurt an, schaute die Anderen an. Er gehörte jetzt zu Ihnen. Genau, wie seine Lebensretterin jetzt zum KSK-Trupp gehörte. Wie es wohl dazu gekommen ist? Immerhin kam man nicht so ohne Weiteres ins KSK. Schon gar nicht als Frischling.
Das Triebwerk heulte auf. Der Bison-Transporthubschrauber erzitterte, gewann an Höhe und flog flankiert von einem Marder-Kampfhubschrauber gemächlich über Camp Alpha hinweg in Richtung Eldoron City.

***

Obwohl die Miliz mit Waffen aus Ligaproduktion ausgerüstet war, hatten Sie gegen den gewaltigen Militärapparat der Union nur bedingte Chancen als Sieger hervorzugehen. Sie kämpften jedoch verbissen um jeden Zentimeter, wehrten sich mit Händen und Füßen.
Trotzdem war es nur eine Frage der Zeit bis die Union als Sieger hervorging. Darum stellte sich die Frage, wieso erhielt die befreundete Miliz nicht größere Unterstützung durch das Sternenreich?
Eldoron hatte einfach nicht den Stellenwert der nötig war um Sie weiter aufzurüsten. Für das Sternenreich war Eldoron ein Prellbock. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Union musste die Planeten die Sie sich im Eroberungsfeldzug einverleibten befreien um bis zum Raumgebiet des Sternenreichs vorzudringen. Dass brachte die Vereinten Streitkräfte an ihre wieso schon engen Grenzen. Wodurch ihnen nur wenig Handlungsspielraum blieb.
Das Sternenreich hingegen konnte in Ruhe zusehen, wie sich die Union samt Verbündete aufrieben, während man selbst seine Kräfte schonte und seine Stärke demonstrierte.
Wie bei Xerxes-Point.
Dem Dreh- und Angelpunkt der königlichen Streitkräfte im Grenzgebiet zum Sternenreich.
Niemand hatte es für möglich gehalten das es dem Sternenreich gelang Xerxes-Point einzunehmen, bzw. die massive militärische Infrastruktur zu zerstören oder die enorme Flottenpräsenz des Königreichs zu bezwingen.
Xerxes-Point machte eins deutlich.
Das Sternenreich verfügte über eine unvorhergesehene Schlagkraft.
Die auch den Vereinten Streitkräften gefährlich werden konnte.
Ein Umstand der einen Nervös machte und Sorgen bereitete.
Da nahm sich Max Boletti nicht aus.

***

Salik schaute aus dem Kabinenfenster des Bison-Transporthubschraubers. Draußen wurde es dunkler und dunkler. Nur wenige Lichter brannten in den Straßen der befreiten Außenbezirke. Die Pioniere arbeiteten Rund-um-die-Uhr um die Wasser- und Energieversorgung wieder herzustellen. In eingerichteten Sammeldepots konnten die Bewohner Hilfslieferungen erhalten. Man empfing die Union mit offenen Armen.
„Landung in 1 Minute.“, teilte der Pilot via Ansage seinen Passagieren mit.
Die Marines rührten sich nicht vom Fleck. Ruhe und Entschlossenheit strahlten Sie aus. Zumindest jene die bereits Kampferfahrung gesammelt hatten. Was scheinbar bei Junior Private Càn nicht der Fall war. Der junge Gvaner schaute nervös umher.
Hatte er ebenso ausgesehen, als Sie zur ihrer damaligen Mission gestartet waren?
„Bereit machen.“, sagte Tuncay.
Sie aktivierten die Helme der matt glänzenden Panzeranzüge. Ein Gesicht nach dem anderen verschwand hinter dem verspiegelten Visier des Helms.
„Alles klar?“, fragte Senior Sergeant Pugh Junior Private Càn ohne einen Funken Nervosität. Sie saß neben Salik.
Waren alle Veteranen so!!
Neben Càn saß Senior Coporal Bear. Der Gvaner mit seinen markant groben Gesichtszügen, klopfte seinem Sitznachbarn grob auf die Schulter. „Keine Sorge, Kleiner. Tu was wir tun und du überlebst.“
Salik schmunzelte hinter seinem Visier.
Irgendwie kam ihm das bekannt vor.
________________________________________

-Vier-

Auf einer verwaisten Rinderfarm im Südbezirk hatte man das Treffen zwischen Tuncay’s Aufklärungstrupp und den Widerständlern vereinbart. In 20 Kilometer Entfernung wurden Tuncay und Co abgesetzt. Von dort aus gingen Sie zu der Rinderfarm.
Im Südbezirk von Eldoron City konzentrierte sich vor der Invasion die Viehzucht. Heute war so gut wie keine der Viehzuchtbetriebe, wie die Rinderfarm, mehr in Betrieb. Im Hinterland gab es kleine wilde Viehzüchter. Sie wurden von den Ocleanern und deren Vasallen in Ruhe gelassen. Mehr oder weniger.
Das heruntergekommene Haupthaus hatte einen nicht unähnlichen alten viktorianischen Stil der Erdgeschichte. In seiner Blütezeit war es ohne Zweifel ein stolzer Anblick. Doch Heute war es nur ein Schatten vergangener Zeit. Der Geräteschuppen war ausgebrannt. Von ihm stand lediglich ein verkohltes Gerippe. Im Dach der Scheune klaffte ein großes Loch. Zudem hing es schief. Die Stützbalken konnten das Gewicht nicht mehr lange halten.
Die Anlage war von Wildwuchs bedeckt. Schlingpflanzen waren an der Hausfassade empor gewachsen, hatten sich in jede erdenkliche Ritze gebohrt. Bein langes Gras. Verrostete Geräte und Fahrzeuge wurden zu einem Biotop der Kleintierwelt.
Auf den ersten Blick war hier schon lange keiner mehr gewesen.
Was jedoch täuschen konnte.
„Bewegung. Südosten.“, meldete Bear über den Teamkanal.
Pünktlich auf die Sekunde. Sofern es sich um Widerständler handelte.
Die Marines blieben in Deckung, beobachteten die Umgebung.
Fünf Gestalten brachen durch das Dickicht im Südosten. Sie kamen auf die verwaiste Anlage der Rinderfarm, trennten sich zur Absicherung. Drei der Fünf Gestalten schwärmten aus. Mit Sicherheit hatten sie zuvor das Gelände beobachtet.
Die 3 Gestalten gingen zum teilweise zerfallenen Brunnen. Dort warf einer von ihnen einen Leuchtstab hinein, wartete 5 Sekunden und warf einen Zweiten in den Brunnenschacht. Dann holte er ein Pad hervor, machte einige Eingaben.
Kurz darauf erhielt Lieutenant Tuncay vom Satelliten über ihnen die Bestätigung. Er machte eine Eingabe. „Sally. Salik. Ihr kommt mit mir. Der Rest sichert.“ Der Widerständler warf einen kurzen Blick aufs Pad, sagte etwas zu seinen Begleitern und steckte es weg.

***

Zusammen mit Sally und Salik verließ Tuncay den Beobachtungsposten. Auch wenn es den Eindruck machte, bei den Leuten handelte es sich um Widerständler blieben die Marines auf der Hut. Jederzeit konnte das Treffen zu einem Hinterhalt mutieren.
„Charles De Gaulle.“, sagte Tuncay, als sie keine 20 Meter mehr weg waren.
Kurze Anspannung herrschte. Jetzt kam es drauf an. Wenn das Lösungswort stimmte, das vereinbart wurde, konnte man davon ausgehen, dass es sich um Mitglieder des Widerstandes handelte. Immerhin war der scheinbare Anführer der Widerstandsgruppe ein Mensch. Was Salik überraschte. Seines Wissens nach lebten auf Eldoron keine Menschen. Vor dem Einmarsch des Sternenreichs nicht und mit Sicherheit nicht auch nicht danach.
„Aguilera.“ Die Anspannung löste sich ein wenig. Das Lösungswort stimmte. „Lieutenant Tuncay!“
Das Visier verschwand und gab Tuncay’s Gesicht preis. Er nickte knapp.
Der Mensch reichte ihm die Hand. „Freut mich Sie kennenzulernen, Lieutenant.“, sagte der Mensch rauchig. Seine Gesichtszüge waren hart. Die Augen hatten etwas Löwenartiges. „Jason Möller .“, stellte sich der Mensch vor.
„Mr Möller.“, erwiderte Tuncay. Sie drückten einander die Hand.
Jason lächelte kurzzeitig. „Jason reicht, Lieutenant.“ Dann stellte er seine Begleiter vor. Bei denen handelte es sich um Eldoroner. Ein Mann und eine Frau. „Pèlle.“ Lautete der Name des Mannes. „Rònj.“ Beide zeigten keine Regung.
Die Frau hatte einen athletischen Körper. Ihre rechte Hand war bandagiert. Im Gesicht hatte sie verschorfte Kratzer und Schrammen. Der Mann wirkte pummelig. Er hatte an den Armen Abschürfungen und hinkte leicht. Beim Widerstand schien es nicht gerade zimperlich zu gegangen zu sein.
Alle trugen Panzerwesten und Sturmgewehre aus Ligaproduktion, die Sie wahrscheinlich erbeutet hatten oder auf dem Schwarzmarkt kauften. Die Ausrüstung machte zwar einen veralteten Eindruck, aber sie erfüllte ihren Zweck. Das alleine zählte. Zumal der Widerstand mit Sicherheit nicht über Geldmittel verfügte um sich die neuste Militärausrüstung auf dem freien Markt oder Schwarzmarkt zu kaufen.
Der Mensch holte eine altmodische geografische Faltkarte hervor. Sie zeigte das Campusgelände der Universität-1. Er tippte auf einen eingezeichneten Gebäudekomplex mit dem Kürzel #3. „Dort befindet sich der Fusionsreaktor. Dass ist die Fakultät für Energieforschung.“, teilte ihnen Jason mit. „Die Ocleaner haben speziell diesen Teil vom Campus schwer befestigt. Eine Festung innerhalb einer Festung.“
„Wie kommen wir rein?“, fragte Sally knapp ohne ihn unterbrochen zu haben.
„Über die alte Kanalisation. Sie stammt aus der antiken Zeit. Einen vollständigen Lageplan gibt es nicht. Daher können wir unbemerkt bis zum Campusgelände vordringen. Diesbezüglich haben wir bereits Vorkehrungen getroffen.“ Jason blickte in die Runde.
„Wie ist die Aufstellung der Garde?“
Der Mensch schaute Tuncay an. „3 Kampfhundertschaften decken das komplette Gelände ab. 2 sind in Reserve. Sie setzen außerdem Wachdrohnen in der Luft und am Boden ein. Ein Großteil der Miliztruppen wurde zur Absicherung in die Innenstadt verlegt. Lokale Kräfte sind auf dem Campusgelände kaum vertreten.“ Was ein Pluspunkt für Sie war. Lokale Kräfte kannten sich nämlich mit den Gegebenheiten vor Ort aus. Sie auszuklammern beschnitt einen des vorangegangenen Vorteils. Aus diesem Grund holten die Vereinten Streitkräfte auch den Widerstand mit ins Boot. „Der Widerstand wird nach Absprache einen Ablenkungsangriff auf die Schwachstelle der Campusfestung starten.“, erklärte Jason ruhig. Damit erweckte man den Eindruck einen ernsthaften Versuch zu unternehmen. Bei einem Angriff an anderer Stelle konnte der Kommandeur vermutlich denken, dass es sich um eine Ablenkung handelt und entsprechend Kräfte zurückhalten. Was nicht in ihrem Sinne war. „Sobald wir auf dem Campusgelände sind, sind wir auf uns alleine gestellt.“ Dass hatte sich bereits beim Briefing angedeutet. Solange der Fusionsreaktor aktiv war, konnten Sie mit keinerlei Unterstützung aus der Luft oder vom Boden rechnen. Für das Air Command wäre es ein Blindflug. Im schlimmsten Fall beschossen Sie die eigenen Leute.
Jetzt musste sich nur noch zeigen, ob sich der Plan in die Tat umsetzen ließ. „Hört sich gut an.“, schloss Tuncay die Lagebesprechung als keine weiteren Fragen seiner Leute folgten.
Eins war aber klar, es würde kein Spaziergang werden. Gegen eine Kampfhundertschaft der Garde hatten Sie keine Chance. Jedenfalls nicht auf Dauer und nicht ohne schlagkräftige Unterstützung aus der Luft oder vom Boden.
Womit ja nicht zu rechnen war.

***

Zum Glück, dachte Salik, verfügte der Helm des Panzeranzugs über ein mehrstufiges Atmungsfiltersystem. Andernfalls wären Sie dem Fäkalgestank ausgesetzt. Wie die Eldoroner und der Mensch das aushielten, war ihm schleierhaft. Wahrscheinlich waren es die Leute vom Widerstand gewohnt die antike Kanalisation ihrer Welt zu benutzten um von A nach B zu gelangen, ohne dass die Ocleaner etwas davon mitbekamen.
Mit Unterwasserfahrzeugen waren Sie in das unterm Wasserspiegel liegenden Zugangsrohr zur antiken Kanalisation gelangt. In einem großen kathedralischen Sammelbecken tauchten Sie auf.
Dort wurde man von einem Sicherungstrupp des Widerstandes erwartet.
Zur Überraschung der Marines befehligte ein Malianer den Sicherungstrupp. Er besaß einen durchtrainierten stämmigen Körper, war an die 1 Meter 90 groß. Der Mensch stellte ihn als Renard vor.
Nach einer kurzen Verschnaufpause, ging es weiter.
Ein zusammengestellter Voraustrupp bildete die Vorhut. Dann kam der Kern. Dahinter folgte dann die Nachhut. Die Mitglieder des Widerstandes, ausnahmslos Eldoroner, bis auf den Mensch und Malianer, hatten ihren Gebaren nach eine paramilitärische Ausbildung erhalten. Sie waren diszipliniert, hatten die Abläufe verinnerlicht und wussten, wie Sie sich zu verhalten hatten.
„Wie lange kennen Sie sich und der Malianer schon?“, fragte Tuncay während ihres Marsches durch die Abwasserbrühe in der antiken Röhre.
Jason schwieg einige Schritte. „Er hat mir das Leben gerettet, als auf Usar die Unruhen ausbrachen.“
Usar war eine kleine Ein-System-Sternennation nahe der Grenze zur Sternenrepublik Malian. Um Sicherheit und Ordnung auf Usar wieder herzustellen, wurden malianische Söldner eingesetzt. Sie gehörten zu den Besten. Um zu verhindern dass die Unruhen auf die Grenzsysteme überschwappten.
Da die berüchtigte Söldnergilde ohne ein Regierungsmandat loszog, kam es auf Malian zu einer ernsten politischen Krise. Die das politische System in seinen Grundfesten erschütterte. Was auch zum Abzug der Truppenkontingente in der damaligen Friedenstruppe von E’an-Tanis-Sions führte.
Aus dem, was der Mensch sagte, schloss Tuncay, dass Renard ein Söldner war. Dass die Söldnergilde Truppen auf Eldoron Prime im Einsatz hatte, war ihm neu. Brigadier General Boletti hätte dies mit Sicherheit gesagt. Doch da dem nicht so war, konnte es bedeuten das entweder davon nichts wusste oder die Söldnergilde hatte keine Truppen im Einsatz. Andererseits konnten Sie durchaus Militärberater im Einsatz haben. Eine nicht unübliche Vorgehensweise.
„Er ist ein Söldner.“, stellte Tuncay fest. Die Schlussfolgerung war keine Meisterleistung.
Jason schaute ihn nichtssagend an. „Das ist eine lange Geschichte, Lieutenant.“
Die Augenbrauen des Mischlings zuckten hinter dem Helmvisier überrascht. Wenn Renard nicht mehr der Söldnergilde angehörte, dann war er ein Ronin. Ein Nomade. Dem es verboten war jemals nach Hause zurückzukehren. Andernfalls wurde er mit dem Tode bestraft.

***

In der Antike und dem Mittelalter sowie in der Wandlung der Epochen war die Innenstadt von Eldoron City eine Inselstadtfestung. Zwei der gesprengten Brücken stammten aus jener Zeit und gehörten einst zum Kulturerbe. Der Verteidigungswall hatte allen Naturgewalten und historischen Ereignissen widerstanden. Ob er auch den Bomben, Raketen und Lenkwaffen trotzte blieb abzuwarten.
Teilweise über- wie unterirdisch befand sich das Streckennetz der U-Bahn. Bei den Bauarbeiten waren Teile der antiken Kanalisation entdeckt worden. Sie mussten dem Streckennetz weichen. Eine wirkliche Katalogisierung der Kanalisation gab es nicht. Wodurch Sie für den Widerstand zum perfekten Rückzugsort wurden.
Viele der Röhren waren mit Ziegelsteinen gemauert worden. Andere waren vulkanischen Ursprungs, da die Insel der Rest eines explodierenden Vulkans aus der Urzeit war. Die Magma schmolz das Vulkangestein, schuf die Röhren und hinterließ eine glatte, mattschwarze Gesteinsschicht. Das geschmolzene Vulkangestein besaß eine große Festigkeit. Sprengstoff aller Art, Laser und Diamantbohrköpfe kratzten nicht mal die Oberfläche an. Selbst ein Lasercluster einer modernen Mehrstufenrakete, wie aus dem Arsenal der Vereinten Streitkräfte, hätte seine Mühe Not gehabt. Letztlich aber mit Erfolg.
Wieviele Bombenstürme Sie wohl hier unten ausgeharrt hatten? Salik wusste nicht so recht was er davon halten sollte. Die antike Kanalisation lag gute 100 Meter in der Tiefe. Teilweise geschützt durch eine Schicht geschmolzenes Vulkangestein, das Duralstahl wie Pappe aussehen ließ.
Er fuhr mit der Hand über die Oberfläche. Glatt. Wie Glas.
Geologen hätten daran ihre helle Freude.
Sie nahmen eine der unzähligen Abzweigungen, gingen 1 Kilometer leicht bergauf und erreichten einen senkrecht verlaufenden Schacht. Sah man hinunter konnte man den Eindruck gewinnen er führe direkt zum Mittelpunkt des Planeten. Irgendwann verlor er sich in den Tiefen, ohne den Anschein zu erwecken dass da unten Schluss ist.
Ein dumpfes Grollen vernahm Salik. Es schien aus den Tiefen des Schachts zu kommen. „Hört ihr das?“, fragte er die Anderen. „Was ist das?“, richtete er an den Mensch vom Widerstand.
Jason schaute erst ihn, dann auf seine Uhr. Sie hatten ein gutes Tempo vorgelegt. Darum waren Sie vor der geplanten Zeit an Ort und Stelle. „Wasserdampf aus dem Planetenkern.“, antwortete er schlicht und nichtssagend. „Er bringt selbst Duralstahl zum Schmelzen.“ Auch wenn man es ihnen nicht ansah, so war doch klar dass die Marines von der Aussage überrascht waren. Ein Blick auf seine Uhr am Handgelenk. „Von diesen Schächten gibt es auf Eldoron Tausende. Über die Meisten wurden Dampfkraftwerke gebaut. Was die Technologie angeht, sind Sie sehr fortschrittlich. Sie nutzen den Wasserdampf zur Energieerzeugung.“
Jetzt wurde Tuncay auch klar, wieso die Eldoroner über keine nennenswerte Fusionsreaktoren verfügten. Oder weshalb die entsprechende Technologie so unterentwickelt war. Dafür war die Technik der Dampfkraftwerke umso ausgereifter.
„In 10 Minuten findet die nächste Eruption statt. Wir werden danach 20 Minuten warten und dann mit dem Aufstieg beginnen.“ Ein erneuter Blick auf seine Uhr. „Bis zur nächsten vergehen dann 3 Stunden.“ Ein ausreichendes Zeitfenster für den Aufstieg.
Bisher jedenfalls.

***

Der Schacht endete in der Ausgleichsdruckkammer vom Dampfkraftwerk. Von der Kammer aus wurde der Dampf aus dem Planetenkern in 5 Dampfturbinen geleitet, die dann wie bei einem altmodischen Dynamo Energie erzeugten, der ins Energienetz von Eldoron City eingespeist wurde. Das Dampfkraftwerk auf dem Campus hingegen gab die Energie an das sekundäre Energienetz der Universität-1 ab.
Jedenfalls, bis man es gegen den Fusionsreaktor ersetzte und abschaltete.
Die Wasserdampferuptionen verpufften wirkungslos. Sie erzeugten keine Energie mehr.
Eine Wartungsluke führte aus der Ausgleichsdruckkammer, wo der komprimierte Wasserdampf aufgeweicht wurde, um mögliche Beschädigungen bei den Turbinen vorzubeugen.
Außer Ihnen war niemand im Dampfkraftwerk anwesend.
Sie verließen nach einer kurzen Verschnaufpause und einer Besprechung das Gebäude.
Das Gelände war ebenso verlassen wie das Gebäude Innere.
Hinter der Abzäunung sah das ganz anders aus.
Von einem höheren Punkt aus sahen Sie das rege Treiben.
Das Dampfkraftwerk lag nämlich innerhalb der Schutzzone, die um den Fusionsreaktor gezogen worden war. Das Gelände war taghell erleuchtet. Automatisierte Suchscheinwerfer. 5er Patrouillen. Wachdrohnen am Boden. Überwachungsmasten die eine 360 Grad Abdeckung der Kameraüberwachung gewährleisteten. Kontrollpunkte. Geschütznester. Flakstellungen. Das volle Programm.
Von ihrem Beobachtungsposten aus konnte Lieutenant Tuncay das Fakultätsgebäude für Energieforschung sehen. Es lag etwas 2 Kilometer vom Dampfkraftwerk entfernt. Eine Todeszone, sollte Sie entdeckt werden. Die Ocleaner würden erst schießen und dann Fragen stellen. Sofern es jemand gab, der die Fragen beantworten konnte, dachte Tuncay zynisch.
Ganz unrecht hatte der Mischling nicht.
Der Mensch schaute zum wiederholten Male auf seine Uhr.
In 20 Minuten sollte der Widerstand die Festung mit allem Angreifen, was Ihnen zur Verfügung stand. Was genug Truppen der Garde binden sollte, damit Sie sich klammheimlich zum Fakultätsgebäude aufmachen konnten.
Das war der Plan.
Ob dies auch tatsächlich eintraf, würde sich demnächst zeigen.
Um genauer zu sein in 14 Minuten, stellte Tuncay bei einem Blick auf die Anzeige im HUD fest.

***

Pünktlich auf die Sekunde griff der Widerstand die Schwachstelle im Südosten an. Explosionen und Feuerpilze zeugten davon. Keine 10 Sekunden nach der ersten Detonation heulte der Alarm los. Doch wirklich Bewegung kam nicht in die Soldaten. Die meisten blieben nur einen Moment stehen und machten dann da weiter, wo der Alarm Sie unterbrochen hatten.
Es dauerte fast eine Minute als erste Truppenteile der Kampfhundertschaften neue Befehle erhielten und abrückten. Der massive Angriff des Widerstandes ließ den Kommandeur 7 Minuten später weitere Truppen ins Kampfgebiet verlegen.
Der bis dahin überbevölkerte Campus lichtete sich mehr und mehr. Anscheinend setzte der Widerstand den Gardetruppen doch mehr zu, als Sie es erwartet hatten. Wahrscheinlich rechnete die Ocleaner nicht mit so einem massiven Angriff. Immerhin war die Insel abgeschottet worden. Und das Vorgehen beim Aufstöbern von Widerstandsnestern gegen die Bevölkerung schien nicht die gewünschte Wirkung erzielt zu haben.
Eine schwere Explosion erschütterte den Südosten.
Der Widerstand musste über schwere Waffen verfügen. Eine derartige Explosion erzeugte man nicht mit Pulsern, Sturmgewehren, Mörsern, Granaten oder herkömmlichen Sprengstoff. Man hatte sich für diesen Tag wohl einiges im Arsenal aufgehoben.
Ein weiterer Trupp der Garde wurde kurze Zeit später vom Campus in die Kampfzone abkommandiert.
Es musste reichen. Wenn Sie länger warteten, bestand die Gefahr, dass der Angriff des Widerstands zusammenbrach, bevor Sie einen Fuß auf das Campusgelände setzten. Dann wäre die Ablenkung nutzlos verpufft und die Toten umsonst gestorben.
Dementsprechend gab Tuncay nach Absprache mit Jason via Teamkanal seinen Leuten den Befehl zum Abrücken.
Die gebildeten Grüppchen verließen das Gelände vom Dampfkraftwerk.
Der Spießrutenlauf zum Fakultätsgebäude begann.
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-Fünf-

Salik, Bear und Càn bildeten zusammen mit Rònj und Jim, einem Widerständler, eine Gruppe. Wie an einer Perlenkette sollten sich die Gruppen über den Campus bewegen, ohne dabei Alarm auszulösen. Denn dann brach hier die Hölle los. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Jede Gruppe deckte die jeweils andere. Sie konnten keine elektronischen/sensorischen Hilfsmittel benutzten, ohne Gefahr zu laufen, dass die Abstrahlung die Ocleaner alarmierte. Egal wie gering der Abstrahlungswert auch sein mochte.
Auf dem Campusgelände befanden sich einige schwere Baufahrzeuge. Anscheinend baute man die Festung immer weiter aus. Indem Wissen dass die Vereinten Streitkräften nicht ewig am anderen Flussufer verweilen würden. Durch die Baumaßnahmen verschaffte man Ihnen ungewollt Deckungsmöglichkeiten.
Die Patrouillen waren von 5 auf 2 Mann zusammengestrichen worden. Ebenso die Anzahl der Patrouillentrupps. Was im direkten Zusammenhang mit dem andauernden Angriff des Widerstandes zu tun hatte.
Sie waren gerade hinter einem Kipplaster in Deckung gegangen, als in der Ferne ein näherkommendes Grollen ertönte. Es hörte sich wie Triebwerke an. Schon in den ersten Stunden der Landungsoffensive hatte das Sternenreich die Lufthoheit eingebüßt. Führte das Air Command einen Luftschlag aus!? Der Fusionsreaktor war noch immer am Netz. Demnach herrschte weiterhin die undurchdringliche sensorische Dunkelheit. Wobei es sich auch immer handelte, es kam näher.
In der Ferne, im Südosten, ertönten schwere Explosionen.
Plötzlich heulte der Alarm für einen Luftangriff los.
Das Grollen nahm zu.
Dazu kam das Surren der Luftabwehrgeschütze.
Ein Angriffsjäger flog im Tiefflug über Sie hinweg. Das Luftfahrzeug gehörte nicht zum Air Command. Es handelte sich um einen der letzten Angriffsjäger der einstigen Verteidigungsflotte von Eldoron.
Eins der Triebwerke zog eine dunkle Rauchwolke hinter sich her. Die Triebwerke heulten. Eine Explosion ertönte. Das zweite Triebwerk war von einem kinetischen Bolzen eines Flugabwehrgeschützes getroffen worden. Der Angriffsjäger torkelte am Himmel, verlor an Höhe und würde am anderen Ende der Insel abstürzen. In unmittelbarer Nähe zum Einsatzgebiet des KSK-Trupps von Captain T’hali. Wenn sich Salik richtig erinnerte.
Von ihrer Position aus sahen Sie, wie sich ein Trupp der Garde formierte in gepanzerte Bodenfahrzeuge stiegen und abfuhren.
Lieutenant Tuncay, der mit seiner Gruppe direkt hinter ihnen war, konnte dies von seiner Position ebenfalls sehen. Er hätte über Com das Command informieren können. Doch dann hätte er die Funkstille gebrochen. Das Signal hätten die Ocleaner vermutlich geortet. Womit ihr Einsatz augenblicklich gescheitert war. Ob das Signal überhaupt durchgekommen wäre, stand auf einem anderen Blatt.
Captain T’hali konnte man ebenfalls nicht warnen, ohne Gefahr zu laufen, dass das Signal geortet wurde.
Wie man es drehte und wendete, ihnen waren die Hände gebunden. Anderseits war klar das ein abgestürzter Angriffsjäger der aus den Beständen der einstigen Verteidigungsflotte stammte, einen Suchtrupp nach sich zog. Demzufolge waren die Gvanerin und ihr KSK-Trupp vorgewarnt.
Als der kurzzeitige Trubel abflaute, setzte die Gruppe um Salik ihren Weg fort.
Ihren Platz hinter dem Baufahrzeug nahm Lieutenant Tuncay’s Gruppe ein.

***

Sig ärgerte sich einmal mehr dass er sich sturzbetrunken freiwillig zum Dienst in der Garde gemeldet hatte. Wenn er nicht betrunken gewesen wäre, würde jetzt nicht auf einem Planeten festsitzen den er trotz seines milden Klimas nicht ausstehen konnte. Einzig positiv an dem Loch den die Eldoroner Heimat nannten, waren die Frauen. Doch das Vergnügen weiblicher Gesellschaft reichte nicht aus um seinen Groll zu besänftigen.
Dumm gelaufen konnte man meinen.
Hätte er bloß einen Sitz in einem Transporter gehabt, als nach der Besetzung mit dem Teilabzug begonnen wurde. Auch dies wurde ihm vom Schicksal verwehrt. Ein weiteres Ärgernis war die Tatsache, dass Sie auf verlorenem Posten saßen. Der Sieg der Unioner Streitkräfte war nur eine Frage der Zeit. Statt die Waffen niederzulegen, sollten Sie kämpfen. Dabei wusste jeder das Eldoron verloren war.
Wieso also weiter kämpfen?
Weil man dann standrechtlich erschossen wurde.
Er schluckte seinen Ärger runter, trat den Zigarrenstummel aus, spuckte einen Schleimknoll aus. Warum zum Teufel dauerte das so lange? Sein Patrouillenpartner nutzte die Pause zum Pinkeln. Was jetzt schon 5 Minuten dauerte!! Sig wollte ihm gerade nachgehen und anpflaumen, als plötzlich ein Unioner Marine im Panzeranzug vor ihm stand. Der Schreck lähmte ihn kurzzeitig. Was zum Teufel?
Kurz bevor sich der Gedanke manifestierte, blitzte die Klinge eines Kampfmessers auf. Welches nicht Seins war. Einen Schmerz spürte er nicht, als sich die Klinge in seinen Hals bohrte und dabei den zentralen Nervenstrang durchtrennte.
Sig blieb einen Moment aufrecht stehen, fiel dann in sich zusammen. Just in dem Moment kehrte sein Patrouillenpartner von seiner Pinkelpause zurück, sah seinen toten Kameraden, den Unioner Marine. Seine Hand ging innerhalb eines Sekundenbruchteils zum Pulser. Was ihm auch nicht das Leben rettete. Im Gegenteil.
Besser wäre es gewesen, wenn er über den Kommunikator Alarm gegeben hätte. Zumindest hätten die übrigen Gardisten dann gewusst das Unioner Truppen inmitten der Festung weilten. Gerettet hätte ihn das auch nicht.
Seine Hand schloss sich um den Pulsergriff. Da wurde ihm durch den 7en und 8en Halswirbel ein Kampfmesser reingerammt. Er sah seinen Gegner nicht, da dieser hinter ihm stand.
Salik stand vor der Leiche des Gardisten. Er schaute zu Rònj, die den zweiten Gardisten ausgeschaltet hatte. Rein instinktiv hatte der Takianer gehandelt, als auf einmal der Ocleaner auftauchte. Mit dem Kampfmesser tötete er den Feind lautlos. Das Impulsgewehr oder der Pulser hätten möglicherweise Alarm schlagen können.
Ohne einen Funken der Reue oder sonstigen Gewissensbissen steckte die Widerständlerin ihr Messer weg, ignorierte die Leiche und stieg über Sie hinweg.
Bear trat neben Salik, nickte ihm knapp zu und gab den übrigen der Gruppe das Zeichen zum weitergehen. Die Leichen wurden versteckt. Eine andere Patrouille sollte nicht zufällig über die toten Gardisten stolpern. Es war jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die zwei Leichen vermisst wurden.
Bis dahin mussten Sie ihren Auftrag ausgeführt haben.
Das Fakultätsgebäude war 500 Meter entfernt.
Die Gruppe um Salik setzte sich in Bewegung.

***

Der Platz vor dem Fakultätsgebäude war befestigt worden. Abwehrnester vor dem Haupteingang. Davor auf dem Platz ein Wall in Form eines Halbmondes. Im Wall befanden sich Stellungsnischen.
Zudem gab es einen Kontrollpunkt. Jeder der ins Gebäude wollte wurde kontrolliert. Obwohl im Südosten weiterhin gekämpft wurde, schienen sich die Gardisten vor Ort keine Sorgen um die Sicherheit zu machen.
Der Überraschungsmoment wäre zwar auf Ihrer Seite, doch ein Angriff auf den Haupteingang kam nicht frage. Ihr Eindringen ins Gebäude musste verdeckt bleiben. Die Ocleaner bekamen dann früh genug mit das Unioner Marines vor Ort waren.
Stattdessen ging es für den Trupp aus Marines und Widerständlern wieder hinab. Nur so konnten Sie unbemerkt in das Fakultätsgebäude eindringen. Rundherum waren nämlich Verteidigungsstellungen ausgehoben worden.
Über einen alten Verbindungstunnel gelangten Sie in den parallel laufenden Servicetunnel unterhalb des Gebäudes. Dafür mussten Sie lediglich die Wand einreißen. Die Servicetunnel wurden nicht überwacht. Die installierten Bewegungsdetektoren hatten immer Alarm geschlagen. Wegen der ständigen Fehlalarme waren Sie abgeschaltet worden.
Verursacht wurden Sie von scheuen Kleinkatzen, die im Keller der Fakultät ein Nest hatten. Wo blieb ein Rätsel. Die Kleinkatzen waren die heimlichen Haustiere der Universität.
Mit den Sturmgewehren im Anschlag schritt der Trupp die Flure entlang, sicherten bei Biegungen und Kreuzungen. Der schnellste Weg zum Fusionsreaktor war durch die Vordertür. Bloß war dies in ihrem Fall nicht der sicherste Weg. Der direkte Weg war nicht immer der richtige.
Bei einer Kreuzung trennte sich der Trupp.
Die 5er Gruppe um Salik begab sich zum Treppenhaus. Dort stiegen Sie die Stufen zur höher gelegenen Etage hinauf. Da befand sich die von den Ocleanern eingerichtete Sicherheitszentrale für das Fakultätsgebäude.
Der übrige Trupp blieb einige Meter weiter vor einem verschweißten Schott stehen. Dahinter befand sich der Reaktorraum. Einst handelte es sich um einen Lagerraum, der schon Jahre vor der Besatzung zum Forschungsraum umgebaut wurde. Bei den Umbaumaßnahmen wurde das Schott von Ihrer Seite zu geschweißt. Auf der anderen Seite mauerte man es zu.
Sally schaute sich das verschweißte Schott an. „Wir müssen die Schweißnaht entfernen.“, berichtete Sie Tuncay.
Der Mischling nickte. „An die Arbeit, Sally.“
„Jawohl, Sir.“
Die Menschenfrau entnahm ihrem Ausrüstungsgurt einen Handlaser, gab die Laserstärke ein und fräste mit dem Laser die Schweißnaht entlang.

***

Unterdessen erreichte die Gruppe um Salik die Zugangstür zur Etage, auf der die Sicherheitszentrale lag. Mit dem Wärmebildfilter des Helms sahen die Marines, wie viele Wachposten sich auf dem Flur befanden.
2 standen direkt vor der Tür zur Sicherheitszentrale. Sonst war niemand zu sehen. Für den Fall, dass ein Gardist seine Runde auf der Etage drehte, warteten Sie mit dem stürmen. Als eine akzeptable Zeitspanne vergangen war, teilten Sie den Widerständlern per Handzeichen mit, wie viele Gardisten ihnen gegenüberstanden.
Als ranghöchster Soldat teilte Bear die Gruppe ein.
Salik und Càn sollten stürmen, die Gardisten ausschalten und sichern. Bear, Jim und Rònj würden aus ihrem Rücken vorrücken, nach einer Prüfung in die Sicherheitszentrale eindringen und jeden ausschalten der Widerstand leistete. Salik und Càn würden die Sicherung übernehmen.
Niemand erhob gegen die Einteilung Einwände.
Sie nahmen Aufstellung.
Jim wartete auf das Zeichen die Verriegelung der Tür kurzzuschließen. Rònj würde am Knauf ziehen. Salik und Càn würden stürmen.
Bear sah jeden an.
Alle waren bereit, auch wenn er nicht in die Gesichter der Marines gucken konnte. Sie waren bereit ihren Teil zu erfüllen. Mit der Eroberung der Sicherheitszentrale verschafften Sie sich Zeit. Die der übrige Trupp bei der Erstürmung des Reaktorraums gut gebrauchen konnte.
Mit den Fingern zeigte er den Countdown an.
Drei …
Zwei …
Eins …
Jim schloss die Verriegelung kurz. Ein Funkenflug entstand. Dass rote LED erlosch.
Rònj zog die Tür auf.
Salik ging voran. Càn folgte ihm auf dem Fuße.
Die Gardisten bemerkten Sie erst gar nicht. Als Sie es taten, war es zu spät.
Ohne jedes zögern, feuerten die Marines die kinetischen Bolzen ihrer Impulsgewehre ab. Jeder der 3 Schuss traf sein Ziel. Tod sackten die Gardisten zusammen. Sofort übernahmen Sie die Sicherung.
Aus ihrem Rücken eilten Bear, Rònj und Jim vorbei, gingen zur Tür. Sie war mit einem Magnetschloss gesichert. Wie die Tür vom Treppenhaus. Jim machte sich sofort daran die Verriegelung kurz zuschließen. Darin hatte der Eldoroner inzwischen Übung.
Als er soweit war, nickte ihm Bear zu.
Dass rote LED erlosch.
Der Gvaner ging zuerst. Ihm folgten Rònj und Jim.
Auf dem Flur sicherten Salik und Càn.
Insgesamt taten in der Sicherheitszentrale 5 Mann Dienst. 2 Wachen und 3 Techniker.
Als Bear in seinem Panzeranzug den Raum betrat, reagierten die Wachen instinktiv. Seine Warnung: Keine Bewegung, hörten Sie nicht. Stattdessen griffen Sie nach ihren Waffen. Der Gvaner warnte Sie kein zweites Mal. Er erschoss die Wachen.
Ein Techniker wollte den Wachen nacheifern. Sein Griff zur Waffe war sein Todesurteil. Rònj erschoss ihn ohne Warnung und ohne jedes zögern.
Die Überlebenden Techniker verharrten versteinert auf ihren Drehstühlen. Sie rührten sich keinen Millimeter. Wohl wissend, was dies bedeutete.
Jim fesselte die Ocleaner mit Magnetfesseln. Sie hockten auf dem Boden, weit genug weg von jedweder Konsole, die Sie benutzten konnten, um Alarm auszulösen. Auch wenn es nur um Techniker handelte, waren Sie in erster Linie Soldaten.
„Sicherheitszentrale ist sicher.“, meldete Bear über den Teamkanal. „15 Feinde vor Ort. 5 Gardisten und 10 Techniker.“
Auf einem der Holoschirme sahen Sie eine Detonation im Reaktorraum.

***

Während die Gruppe um Salik die Etage samt der Sicherheitszentrale stürmte, legten die Frauen und Männer am zu geschweißten Schott letzte Hand an. Sally hatte die Schweißnaht beseitigt. Zusammen mit den Anderen schob man das Schott auf.
An das Schott schloss direkt eine unverputzte Steinmauer an. Statt sich hindurch zu schlagen, was den Überraschungseffekt verpuffen ließ, den Wachen im Reaktorraum Zeit zum handeln gab und Alarm auslösen konnte.
Darum hatte man sich für eine etwas subtilere Methode entschieden durch die Wand durchzubrechen. Sprengstoff. Die Päckchen, kaum großer als ein handelsüblicher Kommunikator, wurden über die ganze Schott Länge und Breite verlegt. Jedes Päckchen wurde mit einem Up-Link Zünder versehen.
Über den Panzeranzug oder ein Pad konnte man jetzt die einzelnen Zünder einstellen. Man konnte Sie synchron oder asynchron schalten, so das jedes Päckchen mit einer minimalen Zeitverzögerung detonierte.
Sally, die Sprengstoffexpertin von Tuncay’s Trupp, stellte die Zünder auf synchrone Detonation. Spielereien waren hier nicht nötig. Sie brauchten ein simples Loch in der Wand. Mehr nicht. Die eingesetzte Päckchenmenge sollte entsprechend ausreichen.
Die Menschenfrau machte die Zünder der Sprengstoffpäckchen scharf.
Jetzt mussten Sie warten bis Bear’s Gruppe Grünes Licht gab.
Der Ablauf der Erstürmung war klar.
Die Marines gingen als Erste. Wegen des Panzeranzugs. Die Widerständler sicherten Sie.
„Sicherheitszentrale ist sicher.“, meldete Bear über den Teamkanal. „15 Feinde vor Ort. 5 Gardisten und 10 Techniker.“
Die Widerständler hatten über die Ohr-Com’s mitgehört.
Schnell und hart.
Wer der Aufforderung nicht nachkam und eine falsche Bewegung machte, hatte eben Pech gehabt. Immerhin war man im Krieg. Da konnte man kein Auge zu drücken. Jeder Schuss musste sitzen, andernfalls konnte es ziemlich hässlich werden.
Tuncay zählte per Hand bis Drei.
Eins …
Zwei …
Drei …
Im gleichen Bruchteil gab Sally das Zündsignal. Innerhalb von Millisekunden detonierten die Sprengstoffpäckchen, sprengten ein Loch in die Wand durch das locker ein Flugtaxi gepasst hätte. Sofort drangen die Unioner Marines mit angelegten Impulsgewehren in den Reaktorraum ein, riefen den Fingern am Abzug ihre Warnung aus.
Hinter Ihnen kamen die Widerständler, deckten Sie.

***

Der Schusswechsel dauerte keine 30 Sekunden.
Auch wenn ihr Eindringen für die Ocleaner überraschend kam. Bei den Gardisten war die Schrecksekunde schnell verflogen. Sie reichte dennoch aus um den Unionern samt Widerständlern einen Vorteil zu geben, den Sie brauchten um die Kontrolle zu erhalten. Die Gardisten hatten keine Chance. Schließlich rechnete man nicht damit das Unioner Truppen so tief und unbemerkt vordrangen.
Bis auf einen Techniker verhielten sich die Übrigen ruhig.
Sofort machte man sich daran Sie zu fesseln und nicht in der Nähe einer Konsole zu lassen, worüber Sie klamm heimlich Alarm auslösten.
Man machte sich gleich daran den Fusionsreaktor abzuschalten.
Auch wenn die Ocleaner die Stufe des Fusionsreaktors ausbauten, basierte dies auf der vorhandenen Eldoron Technik. Auch der Fortbetrieb fand mit der Technik statt. Für die Ocleaner war zu aufwendig ihre hauseigene Technik mit einzubeziehen.
Pèlle hockte an einem Terminal, tippte auf die Eingabefläche ein und verschaffte sich Zugriff auf die Reaktorkontrolle. Einem Techniker war es gelungen das Sicherheitsprotokoll zu aktivieren. Dummerweise passierte es auf Eldoroner Programmtechnik. Vor seinem Dasein als Widerständler war Pèlle Systemingenieur gewesen. Daher wusste er was zu tun war um das Sicherheitsprotokoll zu umgehen, auszuhebeln und letztlich abzuschalten. Er brauchte für die Zugriffserlangung der Reaktorkontrolle gut 10 Minuten.
Dann begann er mit der Zeitgesteuerten Notabschaltung und kappte die Kernverbindung. Um den Reaktor wieder hochzufahren, musste man erst wieder die Kernverbindung herstellen. Von Hand. Eine Zeitintensiv Prozedur, die bis zu 20 Stunden oder länger dauern konnte. Was dem Air Command genug Zeit verschaffen sollte um die markierten Feindstellung anhand der Präzisionslenkwaffen zu zerstören. „Ich bin soweit.“, meldete Pèlle als er fertig war. „Zeitfenster?“
„Äh, Boss.“, ertönte Bear’s brummige Stimme aus dem Com. „Ich glaub wir haben ein Problem.“
Wie aufs Stichwort heulte der Alarm los.

***

Von den Gefangenen war es keiner, die wurden alle bewacht und saßen dort wo man Sie platzierte. Demzufolge hatte man die Leichen der Wachposten gefunden. Was durchaus im Bereich des möglichen lag. Damit war nach dem kleinen Zusammenstoß zu rechnen gewesen.
Jason schaute zu Tuncay.
Sie hatten eigentlich beschlossen eine zeitgesteuerte Abschaltung zu benutzten. Bei einer sofortigen Abschaltung wäre der Alarm los gegangen. Wodurch ihre Fluchtmöglichkeiten aus dem Gebäude begrenzt waren. Genau dieser Fall war jetzt eingetreten.
Noch wussten die Ocleaner jedoch nicht wo Sie sich aufhielten. Lange blieb das nicht so.
„Stell das Zeitfenster auf 15 Minuten.“, sagte Jason. „Fluchtplan B. Wie nehmen die Kelleretage.“
Pèlle wartete nicht, ob der Unioner Truppführer einen Einwand erhob, machte eine Eingabe und startete die zeitgesteuerte Notabschaltung mit einem Zeitfenster von 5 Minuten.
„Bear!“, rief Tuncay den Gvaner.
„Hab’s gehört. Fluchtplan B.“
„Wir rücken ab.“
Die Frauen und Männer sammelten sich, verließen den Reaktorraum wie Sie ihn betreten hatten und liefen im Laufschritt den Weg zurück den Sie gekommen waren. Bis auf eine Ausnahme. Sie öffneten die Tür zum Treppenaufgang, schritten die Stufen hinauf, vereinten sich mit Bear’s Trupp und liefen weiter. Stufe um Stufe.
Fluchtplan B sah nämlich gar nicht vor dass Sie über die Kelleretage flüchteten. Dass sollten die Gefangenen nur denken, damit Sie den anrückenden Gardisten unwissentlich Fehlinformationen zu ihrer Flucht mitteilten. Damit verschafften Sie sich weitere Zeit.
Sie liefen die Stufen so schnell Sie konnten. Je länger es dauerte schwanden die Kräfte, selbst bei einem durchtrainierten Marine. Trotzdem blieb keiner Stehen um zu verschnaufen. Stufe um Stufe näherten Sie sich ihrem Ziel.
Das Dach.
________________________________________

-Sechs-

Von dort sollte das Air Command Sie rausholen, bevor der Luftangriff losging. Für Ihre Abholung gab es nur ein kleines Zeitfenster. Demzufolge musste der Ablauf schnell gehen. Sie würden den Piloten einweisen. Für den Fall dass die Interferenzen das Navigationssystem vom Bordcomputer störten.
Außerdem konnten Sie vom Dach aus weitere Stellungen am Boden markieren, die der Begleitschutz angreifen konnte.
Auf dem Dach gekommen, verschafften Sie sich schnell einen Überblick. Es hatte die Größe 2er Fußballfelder, besaß genügend Aufbauten, die man als Deckung nutzen konnte. Ideal war es natürlich nicht, den ein Dach bedeutete eine Sackgasse. Sie mussten demnach solange ihre Position halten, bis die Jungs und Mädels vom Air Command eintrafen, um Sie rauszuholen.
Der Zugang zum Treppenhaus war die einzige Möglichkeit, um aufs Dach zu kommen.
Ein Vorteil für Sie, denn dann mussten Sie ihre Feuerkraft nicht teilen.
Man wies den Frauen und Männern ihre Stellungen zu. Sie formierten sich im Halbkreis um den Treppenhausaufgang. Alle hatten miteinander Sichtkontakt und konnten dem Nebenmann/frau zur Hilfe eilen.
„Command. Hier Sisko-2.“, rief Tuncay über den Gruppenkanal.
„Command hört, Sisko-2. Status?“
Die Funkstille sollte nur im äußersten Notfall gebrochen werden. Oder wenn der Job erledigt war. Je nachdem was als Erstes zutraf. Bei ihnen kam irgendwie beides zusammen.
„Blackout in“ Er schaute auf den Countdown. „7 Minuten, Command. Benötigen individuellen Abholservice.“ Was soviel hieß wie, sie konnten nicht zur festgelegten Abholzone gelangen.
„Verstanden, Sisko-2.“, erwiderte einer der Namenlosen Operator. „Air Group 22 ist unterwegs. Ankunft in 10 Minuten.“
„Verstanden, Command.“ Er schloss den Gruppenkanal.
Jetzt hieß es warten.
10 Minuten konnten verdammt lang werden. Vor allem dann, wenn man mitten in Feindesland sich befand und jagt auf einen gemacht wurde. Sie mussten ihre Position 10 Minuten halten.
Da ertönte eine dumpfe Explosion.
Eine von Sally’s ausgelegte Sprengfallen war ausgelöst worden.
„Laden und Entsichern.“, befahl Tuncay.
Die Unioner Marines und Widerständler zielten auf den Dachzugang vom Treppenhaus.
Mit jeder verstreichenden Sekunde wuchs die Anspannung.
Angst war für den Moment die natürlichste Reaktion überhaupt.
Sie wurde bloß vom rauschenden Adrenalin ertränkt.

***

Die Ocleaner waren kriegserprobte Soldaten und kein Kanonenfutter. Durch den Eroberungsfeldzug bei dem man sich etliche Planeten einverleibte, konnten Sie 1 und 1 zusammenzählen, hatten Kampferfahrung und rannten nicht ins offensichtliche offene Messer.
Die Anwesenheit der Unioner Marines überraschte Sie. Dadurch wiederum rückten die andauernden Kämpfe mit dem Widerstand in ein anderes Licht. Truppen wurden von der Kampfzone abgezogen. Gleichzeitig sollten die Gardisten den Campus abriegeln, um die Unioner Marines jeglicher Fluchtmöglichkeit zu berauben.
Gleichzeitig wurden Trupps in das Fakultätsgebäude beordert, um es zu sichern. Dabei hatte er Reaktorraum höchste Priorität. Durch die Befreiung der eigenen Leute wurde klar, dass die Unioner Marines Unterstützung vom Widerstand hatten und sich an den Reaktorkontrollen zu schaffen machten.
Was bei den Entscheidungsträgern der Garde nur eins bedeuten konnte.
Genau in dieser Sekunde schaltete sich der Fusionsreaktor ab und trennte, wie von Pèlle programmiert, die Kernverbindung.
Ein Blackout war die Folge.
Worauf die Vereinten Streitkräfte warteten.

***

Boletti schaute auf das Schwarze Loch vom Taktiktisch. Dort lag die Innenstadt von Eldoron City. Das Filetstück. Sie mussten die Insel einnehmen. Andernfalls konnte der Vormarsch der Unioner Streitkräfte auf Eldoron ins Stocken geraten oder ganz zum Erliegen kommen. Etwas derartiges war Gift. Da half die Raum- und Lufthoheit auch nichts. Unter den gegebenen Voraussetzungen würde man nie einen Angriff auf die Insel unternehmen. Schließlich befanden sich dort noch 3 Millionen Zivilisten.
Trotz allem ging der Kampf weiter.
Man hatte die Offensive inzwischen auf die wichtigsten Städte entlang der Küste ausgedehnt.
Die Frontberichte kamen Grund zum Durchatmen. Für den Augenblick. Die Küstenstädte waren bei Weitem nicht so befestigt worden, wie Eldoron City. Hinzu kam, dass Sie meist von der Miliz verteidigt wurden, die der Schlagkraft der Vereinten Streitkräfte nur kurzfristig etwas entgegenzusetzen hatten. Danach brach deren Widerstand zusammen.
Der Erfolge zum Trotz blieb das Hauptaugenmerk auf Eldoron City.
Eine Belagerung kostete Zeit, die Sie nicht hatten oder dem Maße um es auszusitzen.
Darum der verdeckte Einsatz.
Die letzten Sekunden des Countdowns brachen an.
Die Nerven im Kommandostab waren zum zerreißen gespannt. Sie wussten, was vom gelingen des Einsatzes abhing. Der Krieg hatte nicht optimal begonnen. Kein Wunder bei der verpfuschten Politik, die der Vorgänger von Präsidentin Hard betrieben hatte. Für die Vereinten Streitkräfte bedeutete dies ein Kraftakt unvorstellbaren Ausmaßes. Scheiterten Sie war dies das Ende. Wortwörtlich.
Die Chancen konnten jedenfalls besser stehen.
Taten Sie bloß nicht.
Boletti schluckte den aufgestauten Groll hinunter. Sich darüber den Kopf zu zerbrechen, brachte nichts. Die Lage war so, wie Sie nun mal lag. Damit mussten Sie leben. Punkt. Schuldzuweisungen halfen da nicht.
Der Countdown ging in seine entscheidende Phase.

***

Über dem Taktiktisch flogen die Icons der Lufteinheiten der Air Group 22 in Richtung Eldoron City mit Kurs auf das Campusgelände der Universität-1. Als Sie den Küstenstreifen erreichten, teilte sich die Formation auf. Woraufhin sich die Bezeichnung änderte. Aus den gesplitteten Luftverband wurde jetzt Air Group 22a und Air Group 22b. Denn ein Verband sollte Lieutenant Tuncay’s Trupp rausholen und der andere den von Captain T’hali.
Neben den Bison-Transporthubschraubern, die die Soldaten aufnehmen und ausfliegen sollten, bestanden die Teilverbände aus 4 weiteren Lufteinheiten. Dabei handelte es sich um 2 Gladiator-Kampfhubschrauber, 1en Cobra-Angriffshubschrauber und 1en AWACS-Hubschrauber.
Aufgabe eines AWACS-Hubschraubers ist die luftgestützte Luftraumaufklärung- und Überwachung, Früherkennung und Vorwarnung sowie eigene Verbände oder Einheiten zu dirigieren/lenken und/oder zu koordinieren. Zusätzlich sind Sie mit EloKa-Systemen für den Angriff eigener Truppen und zur Abwehr ausgestattet. Jeder AWACS-Hubschrauber war ein fliegendes Auge. Am Himmel sind Sie die Augen und Ohren des Air Command’s.
Sozusagen ein fliegender Befehlsstand.
Bei den Bodentruppen hatten Sie den Spitznamen Big Mama’s.
2…
1…
Der Countdown war abgelaufen.
Im ersten Moment schien alles beim Alten. Die holografische Projektion vom Taktiktisch war Echtzeit. Obgleich keine Sekunde vergangen war, dauerten die Auswirkungen des Blackouts eine gefühlte Ewigkeit. Das Schwarze Loch flackerte. Verzerrungen traten auf. Die Wolke aus sensorischer Dunkelheit, die über der Insel lag, riss auf. Löcher entstanden, so groß das Güterzüge und Frachtfähren hindurch passten. Sie wuchsen, vereinten sich, verschmolzen miteinander und ließen gaben den Blick frei, den die Ocleaner versuchten zu verschleiern.
Mehrere Markierungssignale tauchten auf. Ebenso die Icons von Sisko-1 und Sisko-2. Gleichzeitig wurde die Projektion von Dutzenden Feind-Icons gesprenkelt. Wovon sich einige bei der Campusfestung einen Kampf mit diversen blauen Icons lieferten. Dabei handelte es sich um Truppen des Widerstands. Ihren Verbündeten.
Sie hatten es geschafft.
Jetzt war es an Ihnen die Chance zu nutzen. „Operation Endgame hat Grünes Licht.“, sagte Boletti. Sofort wurde sein Befehl zur Ausführung von Operation Endgame via Com weitergeleitet. Dass war der Start für die Offensive auf die Insel.
Die auf Stand-bye stehenden Truppenverbände, die für die Offensive vorgesehen waren, erwachten aus ihrem Dornröschenschlaf. Die Angriffwelle formierte sich und setzte sich in Marsch.

***

Unterdessen kämpften die Unioner Marines mit den Widerständlern auf dem Dach des Fakultätsgebäudes für Energieforschung gegen die Gardisten um jeden Zentimeter. Ein heftiger Schusswechsel, gepaart mit Explosionen von Granaten. Die Gardisten ließen nicht locker. Kein Wunder waren Sie im Vorteil. Denn anders als deren Feinde konnten Sie innerhalb kürzester Zeit weitere Truppen ins Kampfgeschehen werfen. Hinzu war das Dach nur eine begrenzte Kampfzone. Irgendwann war es zu Ende.
Trotz dieser Tatsache traten die Marines mitsamt der Widerständler eins ums andere Mal den Rückzug an, formierten sich neu und wehrten sich mit allem was ihnen zur Verfügung stand. Ihre Reserven neigten sich mit jedem Schuss dem Ende. Was bei einem Einsatz in Feindesland nicht verwunderlich war. Sie besaßen keine Nachschublinie wie die Marines an der eigentlichen Frontlinie.
Dass der Countdown längst abgelaufen und der Blackout einsetzte, ging in dem Schusswechsel schier unter. Ihre Konzentration lag ganz woanders. Da war der Missionserfolg eine unbedeutende Randnotiz.
Salik jedenfalls verschwendete keinen Gedanken daran. Er nahm den Finger nicht vom Abzug, zielte, drückte ab, zielte neu und drückte ab. Die kinetischen Bolzen surrten umher wie paarungsfreudige Glühwürmchen. Bloß mit dem Unterschied, dass Sie tödlicher waren.
Die Anzeige der Panzerung seines Panzeranzugs kam in den kritischen Bereich. Nicht mehr viel und sein Panzeranzug würde ihn nicht länger schützen. Er hatte ihn bereits 2 Mal neu polarisiert. Was ihn ein wenig länger schützte. Beim 3en Mal war der Panzerungsschutz nur minimal. Man konnte einen Panzeranzug nicht in alle Ewigkeit neu polarisiert. Schon gar nicht in einem laufenden Gefecht, wie dem auf dem Dach.
Eine Statusanzeige flackerte im HUD auf: Panzerung kritisch.
Er ging hinter einem Aufbau in Deckung, entfernte das leere Energiemagazin, rammte ein volles in den Schacht, lud das Impulsgewehr durch, atmete ein, kam aus der Deckung, zielte und drückte ab.
Der Ocleaner wurde von dem Bolzen niedergestreckt. Er blieb regungslos liegen.
Kreuzfeuer zwang ihn Deckung.
Länger konnten Sie die Gardisten nicht aufhalten. Sie würden sie überrennen.

***

„Sisko-2.“, hörte man jemanden über den Gruppenkanal rufen. „Hier Air Group 22b.“
Wurde auch verdammt noch mal Zeit, dachte Salik. Und da er war nicht der Einzige.
„Sisko-2 hört.“, erwiderte Tuncay scheinbar seelenruhig.
„Haben euer Positionssignal geortet. Befinden uns im Anflug. Richtung 1 6 3.“
„Verstanden, Air Group 22b. Stehen unter schweren Beschuss. Umgebungsstellungen unserer Position sind markiert.“, informierte der Mischling die anfliegenden Lufteinheiten vom Air Command.
„Markierungen ist eingerastet. Angriff in 30.“, teilte ihnen der Chefpilot der Air Group mit. „Macht euch zur Abholung bereit.“
„Wir warten nur auf euch.“
Angriff in 30 bedeutete nichts weiter als dass der Angriff auf die markierten Stellungen auf dem Campus und um das Fakultätsgebäude in 30 Sekunden stattfand.
30 Sekunden konnten verdammt lang sein.
Pünktlich auf die Sekunden schlugen auf dem Campusgelände Dutzende Raketen ein.
Wie in einer der unzähligen mythologischen Erzählungen stieß 1 Cobra-Angriffshubschrauber durch eine der emporsteigenden Feuerpilzsäulen. Ein furchterregender Anblick, der einen Feuerschweif hinter sich herzog. Aus dem Bordgeschütz spie er Doppelbolzen aus.
Sie brachten Tod und Verderben, rissen eine Schneise in das Dach.
Die Überlebenden Gardisten griffen in ihrer Verzweiflung den gepanzerten Angriffshubschrauber an. Hinter ihm schwebte der Bison-Transporthubschrauber ein. Ein Gladiator-Kampfhubschrauber mischte sich in den Kampf zwischen Gardisten und Widerständler ein, feuerte Raketen und Bolzen ab. Der zweite Gladiator-Kampfhubschrauber flog im Tiefflug über das Campusgelände und deckte die feindlichen Bodentruppen mit Bolzen ein.
Das seitliche Gatlinggeschütz feuerte einen hundertfachen Bolzenschwarm ab. Die komprimierten Energiebolzen zerfetzten alles, was ihnen in die Quere kam. Keine Körperpanzerung der Welt konnte verhindern, dass man in Stücke gerissen wurde. Diese Energiebolzen hatten das Hundertfache an Durchschlagskraft wie jene Bolzen aus den Impulsgewehren.
Innerhalb von wenigen Sekunden war die Überzahl der Gardisten zusammengeschrumpft. Ihr Angriff und Vormarsch war abrupt beendet. Diejenigen die den Luftangriff überlebten verkrochen sich irgendwo.
Der Bison-Transporthubschrauber schwebte auf Höhe der Dachkante. Die Rampe hatte den Mauersims zermalmt. Ein Bordschütze verließ den Hubschrauber, winkte den Trupp heran. Sie erreichten die Rampe, liefen sie hinauf ins Innere. Der Bordschütze folgte Bear, der Gvaner war der Letzte.
„Abflug.“, meldete der Bordschütze via InterCom. Die Rampe hob sich.
Der Transporthubschrauber gewann an Höhe.
„Command.“, rief der Pilot. „Sisko-2 ist an Bord.“
„Verstanden. Bringen Sie sie nach Hause.“
„Wird gemacht, Command.“ Dann wandte sich der Pilot an die Marines in der Kabine übers InterCom. „Willkommen an Bord. Wir danken Ihnen, dass Sie Air Command gebucht haben. Bitte folgen Sie den Anweisungen des Flugpersonals. Cockpit Ende.“
Gelächter ertönte.
Die Verwundeten wurden sofort vom bordeigenen Sanitäter, jeder Transporthubschrauber hatte einen an Bord, versorgt.
Erschöpfung machte sich unter den Marines und Widerständlern breit.
„Hey. Wo sind die Erdnüsse?“, polterte Bear griesgrämig. Der Crewmen lachte. Ebenso die Marines und Widerständler.
Wer sagte das Gvaner keinen Sinn für Humor hatten!
________________________________________

-Epilog-

88 Stunden nach der Landung hatten die Vereinten Streitkräfte Eldoron Prime weites gehend unter ihrer Kontrolle. Zumindest die wichtigsten Städte der Kontinente waren in ihrer Hand oder der des Widerstandes. Ein erfolgreicher Feldzug.
Insgesamt verloren 311 Soldaten der Vereinten Streitkräfte ihr Leben. 612 wurden verwundet. Wovon 137 bis auf Weiteres ausfielen. Die Verluste waren schmerzhaft aber überschaubar. Wahrscheinlich sah man das Zuhause so.
Für Boletti hingegen waren es zu viele. Jeder Soldat, egal welcher Teilstreitkraft er angehörte, der starb war einer zu viel. Doch in Kriegen starben Sie nun mal als Erstes. Das ließ sich nicht verhindern. Selbst mit Panzeranzügen und modernsten Waffen nicht. Jeder Krieg hatte seinen Preis. Ganz egal wo und wann.
Wer Krieg führt, will den Frieden. Wer den Frieden will, führt Krieg.
Die Türklingel seines Büros riss ihn aus seinen Gedanken. „Ja.“
Die weiche Stimme von Lieutenant Stromberg ertönte. „Sir. Private Salik ist hier.“
„Er soll eintreten.“ Boletti nickte seinem bereits anwesenden Gast knapp zu, schloss den Rufkanal und leerte sein Glas mit einem Zug.
Private Salik trat über die Schwelle. Der Takianer schaute überrascht drein, als er merkte das außer dem Brigadier General noch jemand in dessen Büro auf ihn wartete.
„Private.“
„Sir.“, erwiderte der Takianer zackig.
„Bitte nehmen Sie Platz.“, bot ihm die Legende vom Vereinten Terra-Gvan Marine Corp an. Der Mann hatte ihn zum Gespräch gebeten. Worum es dabei gehen sollte, wusste Salik nicht. Was ihn ein wenig stutzig machte. Vor allem die Anwesenheit des unbekannten Mannes.
„Bevor wir anfangen, Private“, sagte dieser dunkel. „muss ich Sie darauf Hinweisen, dass alles, was hier gesagt wird, der Geheimhaltung unterliegt.“ Jetzt war Salik erst recht verwirrt. Er war doch ein Niemand. Wieso also ihm etwas sagen, was der Geheimhaltung unterlag? „Sie dürfen mit keinem darüber sprechen. Haben Sie das verstanden?“, belehrte ihn der Mischling mit scharfen und harten Tonfall.
Salik blickte zu Boletti. Dann schaute er den Mann an. „Ja, Sir.“
„Gut.“, meinte Boletti daraufhin.
Der Mann lehnte sich ein wenig zurück, wartete einen Moment ab. „Es gibt Angriffsplanungen für das Takian-System.“
Er war sprichwörtlich geschockt. Damit hatte Salik überhaupt nicht gerechnet. Was seinen Grund hatte. Seine Heimatwelt lag im Speck-Gürtel. Wo Takian die Achse darstellte. Aus diesem Grund hatte sich das Sternenreich auch die Republik Takian einverleibt. Daraufhin boten die übrigen Sternennationen keinen nennenswerten Widerstand mehr. Takian gehörte zu den Führungsnationen im Speck-Gürtel. Weshalb Sie beim Eroberungsfeldzug auch Ziel des Sternenreichs wurden. „Wann?“
Der Mischling zögerte. Ein kurzer Seitenblick zu Boletti. „Darüber kann ich ihnen keine Auskunft geben, Private.“, sagte er zurückhaltend. „Zu ihrer eigenen Sicherheit.“ Verwundert hob Salik eine Augenbraue. Bevor er nachhaken konnte, sprach Boletti.
„Die Planungen sind fortgeschritten.“ Die Augenbrauen des Mannes zuckten kurz. Er sagte jedoch kein Wort um den Brigadier General am sprechen zu hindern. „Doch deswegen sind Sie nicht hier, Private. Zumindest nicht direkt.“ Mit einem Blick richtete die Legende das Wort wieder an den namenlosen Mischling.
Er schwieg einen Moment. „Wir schicken Sie mitsamt einem KSK-Trupp nach Takian.“ Salik riss die Augen auf. Der Mann fuhr fort. „Dabei handelt es sich um eine verdeckte Operation.“, stellte er unmissverständlich klar. Was so viel hieß, dass Sie keine Rückendeckung hatten. Eine Black-Ops hinter feindlichen Linien. „Stellen Sie Kontakt zu den Separatisten her. Die KSK-Soldaten werden als Militärberater fungieren und die Separatisten in Guerillataktik ausbilden. Sammeln Sie so viele Informationen, wie Sie können.“
Salik ließ das gehörte erstmal sacken. Warum man ihn auswählte, lag auf der Hand. Er war Takianer. Ein Einheimischer. Kannte die lokalen Gegebenheiten. Und er fiel nicht auf. Wie Menschen, Gvaner und Mischlinge. Er würde keine Aufmerksamkeit erregen. Viel wichtiger jedoch war der Umstand, dass er nach Hause kam. Salik konnte herausfinden was mit seinen Eltern und Geschwistern passiert ist. Ob Sie noch am Leben waren?
„Haben Sie Fragen, Private?“
Er schaute den Mann an, der wahrscheinlich vom Geheimdienst oder Black-Ops Center der Special Force Unit war. Dann blickte Salik zu Boletti. Man konnte ihm nicht ansehen, was er von der Sache hielt. „Sir. Ich habe einen Cousin, der ebenfalls bei den Vereinten Streitkräften dient.“ Einen Augenblick schwieg er, weil Salik nicht wusste, wie er das Kommende formulieren sollte. Immerhin stand es ihm nicht zu irgendwelche Forderungen zu stellen. Ganz egal in welcher Form. Er war nur ein Soldat. „Ich möchte das er dazugehört.“
Der Mischling grunzte knurrig.
Hingegen Boletti verzog keinen Muskel. „Sie waren zu lange mit Lieutenant Tuncay zusammen. Das färbt auf Sie ab.“, meinte die Legende einfach ohne ein böses Wort. „Wie ist sein Name?“
„Amir, Sir.“
„Mal sehen, was ich tun kann, Private.“ Boletti betonte den Rang absichtlich. Andererseits war ihm der Junge sympathisch. „Das war soweit alles. Sie können wegtreten.“
Salik stand stramm, salutierte. „Jawohl, Sir.“ Dann machte er auf dem Absatz kehrt. In der Hoffnung, dass Amir noch lebte.

***

Sie kehrten nach Hause zurück.
Es war jedoch ein anderes Zuhause, wie Sie es kannten.
Damit hatte Salik nicht gerechnet.
„Heilige Scheiße.“, japste Amir neben ihm.
Ihre Erinnerung an Takian entsprachen keinesfalls der Realität. Hier und jetzt war ihre Heimatplanet ein von Krieg und Zerstörung zerrütteter Planet. Die einstige prächtige Allee mit ihren Palmen und 3 Fahrspuren, den Geschäften und Gebäuden aus Glas, Stahl und Beton auf der einen Seite und der Strandpromenade auf der Anderen. Nichts davon war mehr da.
Es war alles zerstört.
In den Türmen mit ihren verspiegelten Fassaden klafften die Narben des Kriegs den das Sternenreich in ihrem Eroberungsfeldzug über Takian und den Speck-Gürtel brachte. Überall waren die Spuren sichtbar. Die Aufräumarbeiten schritten im Schneckentempo voran. Im ganzen Stadtgebiet hatte der Angriff Spuren hinterlassen, die sich so schnell nicht beseitigen ließen.
Dies war nicht das Takian das Salik und Amir verließen.
Der Mensch mit dem Namen Garcia, dem das veralterte Angriffsboot gehörte, trat hinter die beiden Takianer. Durch die Spiegelbilder konnte er ihren Schock und das Entsetzen sehen. Verständlicherweise bei dem Anblick. Ihm wäre nicht anders ergangen. Takian war nur ein Planet von vielen, die dem Sternenreich zum Opfer gefallen waren. Überall im Speck-Gürtel gab es Beispiele dafür, was der Krieg zerstörte.
„Sie haben nicht viel übrig gelassen von der Perle des Speck-Gürtels.“, nuschelte Garcia leise. So wurde Takian einst genannt. Die Perle des Speck-Gürtels. Ein Planet dem alle Türen zu einer blühenden Zukunft offen standen. All das fiel den Plänen des Sternenreichs zum Opfer. Oder gerade deswegen.
„Ihr wart schon mal auf Takian?“, fragte Salik das Spiegelbild des Menschen.
Schwache Erinnerungen kamen hoch. Er war immer gerne auf Takian gewesen. Sie waren immer freundlich. Bis auf die Beamten vom Zoll oder der Grenzpolizei. „Ja.“, antwortete er abwesend.
Salik fragte sich, ob er schon damals ein Schmuggler war. Obgleich der Mensch sich als freiberuflicher Dienstleister bezeichnete. Schmuggler machte sich Lebenslauf auch nicht besonders gut.
„Es ist gleich soweit.“, teilte er ihnen schließlich mit. Sie wussten, was das bedeutete. Garcia gab ihm einen Kristallstab. „Geht in das Gaius Pub im 9en Bezirk. Dort gibt es eine Kellnerin Bàbs. Sagt ihr Don Juan, schickt euch. Sie wird euch helfen mit den Separatisten in Kontakt zu treten.“
Salik nahm den Kristallstab zögerlich. Dabei hatten der Mensch und der Liberianer genauso viel zu verlieren wie Sie. Die Ocleaner würden nicht gerade zimperlich mit ihnen umgehen, wenn Sie herausfanden, dass sie einen KSK-Trupp nach Takian schleusten.
„Garcia.“, tönte es blechern durch das InterCom.
„Bin unterwegs, Partner.“, erwiderte er locker. Der Mensch schaute die 2 an. „Ihr wisst bescheid.“ Sie nickten. „Gut.“ Dann kehrte er ins Cockpit zurück, ließ Salik und Amir zurück.
Sie blickten noch einen Augenblick auf Takian Stadt. Die Perle des Speck-Gürtels.
Das Sternenreich brachte ihnen den Krieg. Jetzt wurde es an der Zeit den Krieg zu ihnen zurückzubringen. Aus diesem Grund waren Salik und Amir gekommen. Um Takian zu befreien.
Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
________________________________________

-Ende-
© by Alexander Döbber
 
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Hallo.
Hab die überarbeitete Episode jetzt geuppt. Hat sich jedoch nichts wesentliches geändert.

Aus Toivan wurde Eldoron.
Und weitere Kleinigkeiten (in meinen Augen).

Grund für die Änderung ist mein Versuch die Episoden besser in die RtH-Welt einzubinden und somit fortführende Storyfehler zu vermeiden.

Hoffe dennoch euch gefallen die Episoden.

Gruß an alle die bereit sind sich auf meine Geschichten einzulassen und vielen Dank für eure geopferte Zeit.


Alexander Bone1979 (02.10.2011)

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