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53 Seiten

Auf den Spuren meiner Mutter - Roman

Romane/Serien · Erinnerungen
Ruhe in Frieden Mutter (Kapitel 1)

Ein schöner Frühlingsmorgen mitten in der Woche, die Sonne schien fröhlich vom strahlend blauen und wolkenlosen Himmel herab. Die Straßen waren voller PKWs und LKWs und öffentlichen Verkehrsmitteln; Menschen waren auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule oder waren unterwegs, zum irgenwelche Termine wahrzunehmen bzw. um Besorgungen zu machen. Im Klinikum der Stadt spielte sich jedoch in einem Krankenzimmer ein Szenario ab, welches alles andere als schön sein sollte-

Hildegard Brown, stolze 93 Jahre alt, lag im Sterben. Um sie herum hatten sich ihre 5 Kinder (3 Söhne, 2 Töchter) sowie 2 der 5 Enkelkinder versammelt, um ihrer Mutter bzw. Großmutter die letzte Ehre zu erweisen.

Bis vor wenigen Tagen hatte die Rentnerin noch selbstständig in dem Haus gewohnt, welchen sie auch ihre beiden jüngsten Kinder groß gezogen hatte. Auch nach dem Tod ihres Mannes nach über 60 Ehejahren vor 4 Jahren verstorben war blieb Hildegard Brown dort wohnen. Ihr Wunsch war es dort zu sterben, wo sie zu Hause war; an jenem Ort zu sterben, wo sie umgeben war von all jenen Dingen, die auf irgendeine Art und Weise ihr Leben erzählten. Ein Leben, das wohl bemerkt neben so vielen schönen und positiven Erinnerungen leider auch einige tragische Seiten aufwies.

Denn Hildegard Brown hatte es erleben müssen, wie die Nazis unter Adolf Hilter am 30.1.1933 die Macht an sich rissen und ganz Deutschland unter ihrer subtilen Tyrannei nach und nach im Dunklen versank - damals war sie etwa 12 Jahre alt gewesen. Sie hatte erleben müssen, wie die ganze Welt von einem brutalen und letztlich sinnlosen Krieg beherrscht und ins Chaos gestürzt wurde.

Ihr Vater und ihre beiden Onkels wurden gezwungen, an die Front zu gehen; später folgten ihnen auch Hildegards Brüder nach und nach in den Krieg. Zurückkehrten am Ende nur zwei ihrer Brüder, der eine hatte drei Finger und das rechte Bein verloren, nachdem er auf eine Mine getreten war. Der zweite Bruder war zwar körperlich unverletzt geblieben, aber psychisch wie seelisch so stark gebrochen, dass er nur wenige Monate nach seiner Rückkehr Selbstmord beging. Ihr verkrüppelte Bruder lebte auch nicht lange, starb jedoch eines natürlichen Todes. Ihre Mutter wurde angesichts der großen Verlustes ihres Mannes, ihrer beiden Schwagern und vor allem ihrer Söhne so traurig, dass sie mehr oder weniger auch die Lust am Leben verlor - obwohl Hildegard Brown alles versuchte, damit ihre Mutter über den Verlust doch noch hinweg kam und wieder anfing zu leben.

All das hatte die 93-Jährige wie durch ein Wunder überlebt (auch wenn sie durch den Krieg bzw. in dessen Folge fast ihre gesamte Familie verloren hatte) und nach Kriegsende unter jenen Soldaten, die im amerikanischen Sektor des geteilten Berlins stationiert wurden, ihren Ehegatten gefunden.

Freilich, der Umgang mit den Deutschen waren den amerikanischen Soldaten eigentlich verboten gewesen, aber daran hielten sich beide Seiten nicht wirklich. Und kaum hatte der junge Soldat John E. Brown die hübsche Hildegard gesehen, war er sofort in sie verliebt gewesen. Sie verließen Deutschland schließlich zusammen und ließen in John's Heimat, Madison in Wisconsin, nieder. Dort heirateten sie und bekam ihre ersten beiden Söhne Brian und Andrew.

Nur leider waren die Wunden noch sehr frisch und so kam es zwischen der Familie Brown und einigen Nachbarn zu mehreren Auseinandersetzung, da diese Amerikaner sich beharrlich weigerten eine Deutsche plötzlich als ihresgleichen zu akzeptieren. Letztlich sahen sich Hildegard und ihr Mann John am Ende gezwungen mit ihren beiden Söhnen in eine Kleinstadt in Ohio umzuziehen - dort kam dann auch ihre Tochter Aubrey zur Welt. In ihrer neuen Nachbarschaft waren die Amerikaner zwar allgemein tolerant und sehr freundlich; doch irgendwann spürte Hildegard, wie sie sich nach ihrer eigenen Heimat zurücksehnte.

Und nachdem ihr Mann dann auch noch seinen Job verlor, weil seine Arbeitgeber pleite gingen, zog es die Familie Brown mit ihren Söhnen und ihrer Tochter sowie einer Neugeborenen wieder nach Deutschland; wo dann (kaum ein Jahr später ) überraschend Matthew, der jüngste Sohn, geboren wurde.

Ja, man konnte wohl durchaus sagen, dass Hildegard Brown ein sehr bewegtes und wechselhaftes Leben hatte; aber wann immer man sie darauf ansprach, so äußerte sie stets: "Ich bin zufrieden mit dem was ich erlebt habe, denn hat es mich weiser gemacht!" Doch Heute sollte ihr Leben innerhalb der nächsten Stunden für immer enden.

Vor einigen Tagen hatte ihre Tochter Emily sie in ihrem Wohnzimmer liegend vorgefunden; gerade noch rechtzeitig wie sich im Nachhinein rausstellte, denn Hildegard Brown hatte einen Herzinfarkt erlitten. Zwar wachte sie wieder auf, aber das Herz hatte dennoch beträchtlichen Schaden genommen. Und Angesichts des Alters von immerhin stolzen 93 Jahren sahen die Ärzte davon ab, den eigentlich dringend notwendigen operativen Eingriff vor zu nehmen.

Hildegard Brown öffnete noch mal die Augen, blickte Ihre Kinder und die beiden Enkelkinder um sich herum an und sagte mit schwacher Stimme: "Ich bin so stolz auf euch alle." Dann schloss sie Augen, seufzte noch einmal und wurde dann vollkommen still. Ihr ältester Sohn fühlte nach einigen Minuten den Puls und da er keinen mehr feststellen konnte, war es gewiss ... Ihr Mutter war verstorben!

Nach und nach traten ihre Angehörige vor, um sich zu verabschieden. "Ruhe in Frieden, Mutter!" sagte ihre Tochter Emily und drückte ihr einen letzten Kuss auf die Stirn.

Kindheitserinnerungen (Kapitel 2)

Es war ein komisches Gefühl, plötzlich wieder dieses Haus zu betreten. Denn auch wenn sie und ihre Familie nicht schon immer hier gelebt hatten, so verband Emily Sommer geb. Brown mit diesem Ort die meisten und auch die schönsten Erinnerungen ihr Kindheit und Jugend. Und all das brach wie eine riesige Tsunamiwelle in ihrer Gedankenwelt über sie hinein.

Erinnerungen daran, wie ihre Brüder durchs ganze Haus tobten oder ihren Eltern Streiche spielten während Emily und ihre große Schwester Aubrey sich kaputt lachten. Die 53-Jährige erinnerte sich daran, wie sie und ihre Schwester Verkleiden mit den Sachen ihrer Mutter spielten oder im Wohnzimmer Teepartys mit ihren Puppen machten - einmal hatte ihr ältester Bruder Emilys Lieblingspuppe geklaut und kaputt gemacht. Sie war darauf hin weinend zu ihrer Mutter gerannt, um ihr das zu petzen, daraufhin bekam ihr Bruder ein paar Klapse auf den Hintern sowie eine Woche Fernsehverbot zur Strafe - ihre Mutter war immer sehr streng gewesen.

Aber auch viele andere Erinnerungen gingen der 53-Jährigen jetzt durch den Kopf, wie z.B. der Tag an dem sie ihren ersten festen Freund mit nach Hause brachte, dieser sie im Wohnzimmer küsste und sie dann Monatelang deswegen von ihren Brüdern aufgezogen wurde. Die Stimme ihres Mannes, Maximilian Sommer, riss sie plötzlich aus ihren Gedanken.

"Alles in Ordnung, Schatz?" fragte er und klang dabei besorgt. Emily drehte sich zu ihm um, wischte sie mit dem Handrücken die Tränen weg und lächelte. "Ja," erwiderte sie und küsste ihn sanft auf den Mund, "ich war nur einen Moment lang von all den Erinnerungen an früher überwältigt." Ihr Mann umarmte sie und küsste sie seinerseits noch einmal. Für einen Moment genoss sie es die Geborgenheit, die von seiner Umarmung ausging, doch dann erklang die Türklingel. Emily öffnete und begrüßte ihre Schwester Aubrey, ihren Bruder Brian und dessen Frau Kiyoko sowie ihren Bruder Andrew und dessen Frau Sarah.

Nachdem sie ihre verblichene Mutter vor wenigen Tagen im Kreis der ganzen Familie zu Grabe getragen hatten, galt es nun die schwere aber unausweichliche Aufgabe zu meistern, ihren Haushalt aufzulösen und das Haus zu verkaufen... Denn von den Kindern hatte leider niemand wirkliche Verwendung dafür; zwar wäre die Alternative es zu vermieten auch möglich gewesen, aber das wäre auch mit Verpflichtungen sowie einer generellen finanziellen Belastung verbunden. Und nach einigem Hin und Her hatten die Geschwister gemeinsam beschlossen, dass es am Ende doch besser war, das Haus zu verkaufen und den Gewinn zu gleichen Teilen untereinander auf zu teilen.

"Sind Sean und Britney gut und sicher in New York gelandet?" erkundigte sich Emily bei ihrer Schwester. Sean war Aubrey's Ehegatte und hatte aus beruflichen Gründen quasi schon am Tag nach der Beerdigung wieder zurück in die USA fliegen müssen; Britney, die Tochter, war mit geflogen, weil sie schon bald eine wichtige Prüfung in der Schule schreiben und nun dafür noch lernen musste. "Ja, gestern Abend habe ich noch mit ihnen telefoniert," erwiderte Aubrey, "natürlich wären sie gerne länger geblieben, aber ... naja geht halt nicht." Dann standen sie einige Minuten lang allesamt schweigend in der Diele und Emily wusste, dass ihre Geschwister genau wie sie selbst auch gerade in Gedanken von einer Welle aus Erinnerungen fortgerissen wurden.

Schließlich brach Brian das allgemeine Schweigen, in dem er sagte: "Nun, denn ... wo wollen wir anfangen mit dem Ausräumen?" Darauf wusste niemand wo wirklich etwas zu antworten; sicher letztlich müssten sie irgendwo mit der Arbeit anfangen, aber derzeit waren sie noch immer zu sehr von den ganzen Erinnerungen überwältigt. Und so wanderten die Geschwister und ihre Ehepartner zunächst einmal nur so plan- wie ziellos durchs Erdgeschoss des Hauses.

"Hier hat sich echt nichts verändert, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin," sprach Andrew nach einer Weile laut aus, was sie allesamt dachten. Die Möbel, die Bilder und Fotos an die Wänden sowie auch der ganze Dekokram; ihre Mutter schien rein gar nichts an der Einrichtung in den letzten Jahren verändert zu haben. Wenn man von dem modernen Telefon sowie dem Kühlschrank und den anderen neumodischen Elektrogeräten in der Küche absah.

Emily und Aubrey wanderten irgendwann über die Treppe ins Obergeschoss und landeten schließlich in jenem Zimmer, das sie sich einst als junge Mädchen geteilt hatten - zumindest bis Aubrey ausgezogen war, um in den USA zu studieren. Und auch hier hatte sich augenscheinlich rein gar nichts verändert seit damals.

Im Zimmer standen nach wie vor die beiden Betten, in den sie geschlafen hatten; im großen Kleiderschrank hingen noch immer die gleichen Kleidungsstücke, die beiden Frauen zu Teenie-Zeiten trugen und selbst dieselben alten, mädchenhaften Posten zierten die Wände. Emily setzte sich vorsichtig auf ihr altes Bett, ließ den Blick durch Zimmer wandern und schwelgte abermals in Erinnerungen. Aubrey öffnete indes den Kleiderschrank und nahm das ein oder andere Kleidungsstück heraus, um es näher zu betrachten.

"Dass ich mal hier rein gepasst habe," sagte sie irgendwann und hielt ein pinkes Oberteil hoch, auf dem hinter einem mit stark verzierten Hintergrund in glitzernden Paletten die Worte Rich Royal stand und welches nun ganz offensichtlich viel klein für sie war. "Tja," erwiderte Emily, "bis halt alt und dicker geworden seit damals." Sie schmunzelte als ihr ihre Schwester daraufhin die Zunge raus streckte. Eine kurze Weile nahm Aubrey noch weitere Kleidungsstücke raus, betrachte sie und dachte dabei, wie sie diese in ihren Teenagerjahren getragen hatte.

Ein bestimmter Minirock stach ihr dabei ins Auge; sie nahm ihn heraus, betrachtete ihn und meinte dann: "Weißt du noch wie ich den hier anhatte und so aus dem Haus gehen wollte? Und Mum mich erwischt hat? " "Ja, sie hat dir gedroht, dich ins Kloster zu schicken;" antwortete Emily und fügte nach einer kleinen Pause noch hinzu: "Wollte sie ihn nicht auch in den Müll werfen?" "Das schon, aber ich konnte ihn noch rechtzeitig verstecken," entgegnete Aubrey, betrachtete ihn noch einige Minuten und hängte ihn dann wieder zurück in den Kleiderschrank.

Anschließend ließ sie sich ebenfalls auf ihrem alten Bett nieder und versuchte aus einer spontanen Laune heraus, sich mit dem ganzen Körper ins Bett zu setzen; Emily betrachtete derweil die verstaubten Bücher in den Regalen. Nach einiger Zeit wandte sie sich um und es bot sich ihr ein Anblick, bei dem sie nur viel Mühe vor Lachen nicht los prustete.

Es war Aubrey tatsächlich gelungen, gänzlich ins Bett zu gelangen; da sie aber seit den Teenagerjahren natürlich um ein ganzen Stück noch gewachsen war, war sie jetzt viel zu klein um noch ins Bett zu passen. Sie saß mit dem Rücken ans Kopfende gelehnt und obwohl sie ihre Beine soweit wie möglich angezogen hatte, stießen ihre Füße dennoch noch immer ans Fußende. "Gott verdammt," fluchte sie und versuchte erfolglos irgendwie wieder aus dem Bett zu kommen. Und da konnte Emily nicht anders als laut los zu lachen, worauf ihr Aubrey einen finsteren Blick zu warf.

"Statt mich auszulachen solltest du mir mal helfen", schimpfte sie und versuchte noch mal erfolglos von alleine aus dem Bett zu kommen. Ihre Schwester kam, noch immer ein wenig kichernd, zu ihr und ergriff die augestreckte Hand. So gelang es Aubrey schließlich endlich die Beine aus dem Bett zu kriegen und sich auf die Bettkante zu setzen; doch als sie dann auch noch mit Hilfe ihrer Schwester hoch zu kommen versuchte, schlug das wieder fehl und am Ende landeten die beiden Frauen auf dem Boden, wobei Emily auf ihrer Schwester lag.

Einen Moment lang sahen sie sich nur an, dann lachten sie beiden gleichzeitig los und konnte mehrere Minuten lang nicht damit aufhören. "Ach hier seid ihr," drang dann plötzlich eine Stimme von der Tür hier zu ihnen und als die beiden Frauen aufsahen, stand ihr Bruder Brian amüsiert im Türrahmen - scheinbar hatte er das Ganze beobachtet. "Immer noch so kindisch," kommentierte er mit einem Grinsen. Seine Schwestern zählten zur Antwort bis 3 und streckten ihm dann synchron die Zunge raus.

Schwere Entscheidungen (Kapitel 3)

"Matthew ist gerade gekommen," erklärte Brian seinen Schwestern, "und wir wollen jetzt mal anfangen, mit dem Ausräumen .. sonst wären wir nie fertig." Die beiden Frauen rappelten sich hoch und folgten ihrem Bruder wieder nach unten ins Erdgeschoss des Hauses. Nachdem sie ihren kleinen Bruder Matthew begrüßt hatte, saßen sie alle im Wohnzimmer zusammen und planten ihr Vorgehen in Sachen Auflösung des Haushaltes.

Zunächst galt es logischer Weise die ganzen Schränke und Schubladen zu leeren. Die ganzen Klamotten sowie auch alle Schuhe sollten in großen Müllsäcken landen und entweder bei einem gemeinnützigen Verein oder Second-Hand-Shop in der Stadt abgegeben werden, die solche Sachen gebraucht sammelt und gegen kleines Geld wieder verkauften, oder auch einfach in den nächsten Altkleidercontainer stopfen. Alle Papiere und Dokumenten und Familienfotos würden sie erst mal im Wohnzimmer sammeln und später aussortieren. Bezüglich der Möbel würde Emily in der hiesigen Lokalzeitung entsprechend Annoncen aufgeben, um diese an Leute zu verkaufen, die vielleicht noch Verwendung dafür haben. Was Dekokram und gemalte Bilder u.Ä. anging, so würde sich jeder der Geschwister aussuchen, was er/sie behalten möchte; alles was dann am Ende noch übrig sein sollte, würde dann wie die Möbel verkauft werden.

"Also, dann," rief Emily und klatschte in die Hände, als ihr Arbeitsplan schließlich stand, "legen wir los!" Dabei klang sie natürlich motivierter als sie sich wirklich fühlte; aber nun ja, den Haushalt der verblichenen Mutter aufzulösen war halt etwas, was einen ganz und gar nicht kalt ließ. Denn in gewisser Weise bedeutet, dass man auch einen Teil der Erinnerungen an die Familie verlor. Aber sie konnten halt schlecht alles was in diesem Haus war, unter sich aufteilen und behalten. Mit schweren Herzen machten sie sich also alle an die Arbeit.

Zusammen mit ihrem Mann Maximilian und ihrem Bruder Brian holte Emily einen Stapel an zusammengefalteten großen Umzugskartons und mehrere Rollen mit großen Müllsäcken. Dann teilten sie sich in zwei Gruppen auf; während die einen sich das Erdgeschoss vornahmen, gingen die anderen hoch ins Obergeschoss, um dort mit dem Ausräumen zu beginnen. So arbeiteten sie mehrere Stunden und ohne sich groß dabei zu unterhalten.

Nach und nach wanderten Klamotten und Schuhe in die großen Säcke und am Ende hatte sich eine ganze Reihe von ihnen in der Diele angesammelt. Auf dem großen Tisch im Wohnzimmer wuchsen immer mehr Papierstapel und gehäufte Ansammlungen an Familienfotos (teilweise sogar noch in schwarz-weiß) und überall, wo Platz war, wurde der Dekokram abgestellt.

Bis zum Mittag waren Emily und ihre Geschwister und deren jeweilige Ehepartner/in so durchgehend am Arbeiten. Dann meinte Aubrey:"Ich finde es wird Zeit für eine Pause." "Soso," witzelte Matthew und legte einen weiteren Stapel an Papieren auf dem Wohnzimmertisch ab, "die alte Frau ist wohl aus der Puste?" "Haha," gab seine große Schwester zurück und räumte sich einen Stuhl frei, um sich zu setzen. "Sag bloß, du hast keinen Hunger." "Doch doch," entgegnete ihr Bruder und murmelte dann noch halblaut: "War ja nur nen Scherz, du Zicke!" Aubrey warf ihm ein Kissen an den Kopf, das gerade neben ihr lag, lächelte aber und er lächelte auch - letztlich brauchten sie diese kleine Frotzeleien, um mit dem emotionalen Part dieser Art von Arbeit fertig zu werden.

Emily fischte einen zusammengeknickten Speiseplan eines Lieferservice aus der Gegend aus ihrer Handtasche und jeder suchte sich ein Gericht dort aus. Maximilian notierte die Menüzahlen und rief dann von seinem Handy dort an und gab die Bestellung durch. Bei der Frage, ob liefern lassen oder selbst abholen, kam eine kurze Diskussion auf; aber da sie alle gerade keine Lust hatten, es selbst zu holen, fiel die Wahl dann doch auf liefern lassen.

"Was machen wir noch nach dem Essen?" fragte Brian und setzte sich auf den Fußboden, seine Frau Sue-Ling nahm neben ihm Platz. Die anderen taten es Aubrey nach und räumten sich einen Stuhl oder einen Platz auf der Couch frei. "Naja, Kleidung und Schuhe, das ist eigentlich alles schon in den Säcken," erwiderte Andrew, "und die Möbel sollen ja solange hier bleiben bis sie verkauft werden oder?" Bei den letzten Worten sah er seine Schwester Emily an, welche nickte. "Und auch hier unten im Erdgeschoss sind wir auch so wie gut fertig mit Ausräumen," meldete sich Matthew zu Wort, "Naja, bis das Chaos hier," fügte er nach einer Pause hinzu und wie mit einer Handbewegung auf die Berge von Papieren, alten Dokumenten und Familienfotos vor sich auf dem großen Couchtisch. Für eine Weile trat wieder Schweigen ein, dann fragte Aubrey: "Sagt mal, fällt es euch auch so schwer, zu entscheiden was von dem ganzem Kram hier aufgehoben werden und was weg soll?" Allgemeines zustimmendes Nicken von ihren Geschwistern, dann klingelte es plötzlich an der Haustür.

Während Emily, Matthew, Andrew und Sarah die Packungen mit ihrem Essen vom Lieferanten entgegennahmen und ins Wohnzimmer brachten, bezahlte Maximilian das Essen aus seinem Geldbeutel. "Ihr gebt mir nachher einfach das Geld zurück," sagte er, als sie schließlich alle das von ihnen ausgesuchte Gericht in den Händen hielt. Von irgendwoher wurden noch schnell Messer und Gabel hervorgekramt. Zu Trinken hatten sie Limonade, wovon Emily eine ganze Kiste und auch Becher mitgebracht hatte.

Eine ganze Weile war nichts zu hören aus üblichen Geräusche, die Menschen beim Essen und Trinken so machten. Nachdem sie aber gesättigt war, machten Emily, ihre Geschwister und die Ehepartner/innen noch einige Zeit Smalltalk, wobei sie sich einander auch von irgendwelchen privaten Plänen erzählten, die in naher Zukunft verwirklicht werden sollten. Und natürlich wurde das neuste vom Neusten über das Leben ihrer jeweiligen Kinder berichte - abgesehen von Andrew und Sarah sowie Matthew, die Kinder hatten.

"Und wie gefällt es Avery in ihrem neuen Job,?" fragte Brian und trank den letzten Schluck seiner Limonade; Avery, das war Emily's zweite Tochter. Sie hatte nach ihrem Abitur erst Bürokauffrau gelernt, jedoch nach geraumer Zeit immer öfter das Gefühl bekommen, dass dieser Job doch nicht so das Richtige für sie war. Nach einigem Hin und Her, vielen Bewerbungen und Absagen hier und dort, war die 29-Jährige dann vor 3 Jahren in der Altenpflege gelandet und hatte nach einer entsprechenden Ausbildung ihr Examen auch mit Bravour bestanden. "Oh, es ist zwar sehr anstrengend sagt sie, aber es macht ihr dennoch viel Freude," erwiderte Emily, selbstverständlich mit mütterlichen Stolz in der Stimme. Dagegen konnten Brian und seine Frau Kiyoko auf ihren jüngsten Sohn Toyo nicht wirklich stolz sein.

"Es wird immer schlimmer mit ihm, er lässt sich von uns im Grunde schon lange nicht mehr," offenbarte Brian den anderen und starrte dabei auf das Stück Teppich, machte eine Pause und fügte dann noch hinzu: "Und wir befürchten, dass er schon bald hinter Gittern landet, wenn er so weiter macht wie bisher." Er legte einen Arm um Kiyoko, die bei seinen Worten eine stumme Träne vergoß und küsste sie sanft auf die Stirn.

Damit endete schließlich auch der familiäre Smalltalk und alle machten sich wieder an die Arbeit, um doch noch etwas zu schaffen bevor sie dann für heute Schluss machten und sich zu Hause bzw, im Hotel ausruhten. So sortierten sie schon mal einen Teil der vielen Papiere und Dokumente nach dem was noch wichtig sein könnte und dem was unwichtig und somit als Altpapier entsorgen werden konnte; auch die Familienfotos gingen Emily und ihre Geschwister teilweise durch, aber schon bald wurde ihnen klar, dass niemand mehr so richtig Lust hatte heute noch irgendwas in diesem Haus zu tun.

Die ganzen Erinnerungen an früher, die mit dem Ausräumen von Schubladen und Schränken und so immer wieder aufkamen, das war einfach genug für einen Tag. Und so beschlossen sie schließlich, es für heute gut sein zu lassen. "Also dann bis morgen," sagte Emily, drückte alle ihre Geschwister sowie ihre beiden Schwägerinnen - auch wenn sie sich ja schon bald wieder sehen würden - und fuhrt dann mit ihrem Mann Maximilian nach Hause.

Die Tagebücher (Kapitel 4)

Emily war froh, dass Maximilian am Steuer saß und fuhr, denn sie fühlte sich nach dem vergangenen Tag irgendwie .. müde; insbesondere auf seelisch-emotionaler Ebene. Wobei sie eigentlich schon seit einige Wochen in eben diesem Zustand war; was aber wohl nicht verwunderlich war. Schließlich hatte sie noch vor nicht all zu langer Zeit am Krankenbett ihrer toter Mutter gestanden und sich von ihr verabschiedet. Dann war ihre Beerdigung gewesen und jetzt musste ihr Haus ausgeräumt und dann verkauft werden.

Gut, Letzteres hätte man vielleicht man nicht so eilig erledigen müssen, dachte die 52-Jährige und starrte aus dem Beifahrerfenster, aber letztlich war es doch besser alles möglichst rasch zu bewältigen und dann mit einem Schlag damit abschließen zu können. Denn auch wenn sie ihre Mutter über alles liebte und auch zutiefst vermisste jetzt, wo Hildegard Brown nicht mehr war; das Leben ging letztlich doch weiter.

"Ich geh gleich ins Bett," sagte Emily, als sie schließlich zu Hause angekommen waren und die Schuhe ausgezogen hatten,"bin schlichtweg erschöpft vom Tag." "Verständlich," erwiderte ihr Ehegatte und küsste sie sanft. Sie erwiderte den Kuss und fragte:"Kommst du mit oder willst du noch ein wenig aufbleiben?" Hmmmm, kam es von Maximilian und er tat so als würde ihm schwer Fall hier eine Antwort zu finden. "Schwierige Entscheidung," erwiderte er und fügte diesen Worten nach einer weiteren Pause noch hinzu:"Ich denke ich werde noch auf bleiben." Seine Frau boxte ihn liebevoll gegen die Brust, erwiderte er aber sein Grinsen und küsste ihn noch mal. Dann ging sie über die Treppe nach oben ins Obergeschoss während Maximilian ins Arbeitszimmer ging.

Oben im Schlafzimmer angekommen zog Emily ihre Kleidung aus, legte sie ordentlich zusammengelegt auf einen Stuhl und zog einen Satinpyjama an. Dann kippte sie eines der beiden Fenster und zog die Vorhänge vor. Kurz darauf lag sie im Bett, doch obwohl sie eigentlich wirklich erschöpft und müde war von dem sehr emotionalen Tag heute, konnte sie trotzdem noch nicht einschlafen.

Sie lag einfach nur da, starrte im Halbdunklen an die Zimmerdecke und dachte wie schon so oft in den letzten Tagen an früher. Es fiel ihr ehrlich gesagt immer noch schwer, zu akzeptieren, dass der Tod ihrer Mutter unausweichlich gewesen war - schließlich gehörte der Tod ja auch irgendwie zum Leben dazu. Wäre sie an jenem Tag, an sie den Herzinfarkt hatte, nicht zufällig bei ihr vorbei gekommen, dann wäre Hildegard Brown schon da gestorben. Und nun? Nun, war sie doch gestorben, nur halt einige Tage später. Das empfand Emily noch immer irgendwie als ungerecht und war damit mehr oder weniger in Phase 4 - die Depression - der Trauer angekommen.

Das Zufallen der Haustür riss die 52-Jährige plötzlich aus ihren Gedanken, Avery war wohl endlich von der Arbeit heim gekommen. Emily drehte sich auf zur Seite um auf das Display ihres Radioweckers auf dem Nachttisch zu schauen ... 21.39. Seit dem ihre Tochter als examinierte Fachkraft in der Altenpflege arbeitete, kam sie sehr oft erst am späten Abend nach hause - eben immer wenn sie die lange Spätschicht machen musste. Schritte auf der Treppe, dann kurzes Stimmengewirr zwischen Vater und Tochter) und dann trat Maximilian ins Schlafzimmer.

"Schläfst du schon, Schatz?" fragte er, während er sich auszog und sich ein T-Shirt überstreifte, welches er beim Schlafen tut. "Nein, ich konnte noch nicht schlafen," erwiderte seine Frau, wartete bis er sich neben sie ins Bett gelegt hatte und kuschelte sich dann an ihn. "Mir geht noch so vieles durch den Kopf, wegen dem Haus und den ganzen Sachen dort und ... wegen meiner Mutter." Er küsste sie auf die Stirn und strich ihr anschließend beruhigend über die Schulter. "Ich weiß du hast sie sehr geliebt und tut es noch immer," sagte er leise und fuhr ihr sanft über das Haar, "aber deine Mutter hätte bestimmt nicht gewollt, dass du dich jetzt verrückt machst vor Trauer um sie." Emily lächelte, gab nun ihrem Mann einen Kuss und schloss dann die Augen; nur wenig später war sie dann eingeschlafen.

Am Morgen des nächsten Tages kamen Emily und ihre Geschwister und ihre Schwägerinnen im ehemaligen Elternhaus an. "Wo ist Maximilian?" fragte Aubrey, während sie erst mal noch Kaffee aus Pappbechern tranken, die Brian und Kiyoko für sie alle mitgebracht hatten. "Er musste heute Morgen sehr früh ins Büro fahren, kommt aber später nach," erwiderte Emily und trank den Rest von ihrem eigenen Kaffee. Ihr Mann war Architekt und hatte sich vor einigen Jahren mit einem guten Freund und Geschäftspartner selbstständig gemacht.

Sie tranken alle ihre Kaffee leer und machten sich dann wieder ans Ausräumen des Hauses ihrer verblichenen Mutter. Während Brian und Andrew die Säcke voll Kleidung und Schuhen in sein Auto luden, um sie irgendwo in der Nähe in Containern der Altkleidersammlung los zu werden, sahen Emily und Aubrey die ganzen restlichen Papiere und Dokumente durch, um das Wichtige vom Unwichtigen trennen zu können. Derweil inspizierte Matthew mit seinen Schwägerinnen Kiyoko und Sarah den Keller des Hauses.

"Puh," kommentierte Aubrey ihre Arbeit, als sie endlich jedes noch so kleine Papier bzw. Dokument genau betrachtet und als wichtig oder halt eben unwichtig beurteilt hatten, "hätte nicht gedacht, dass das so ein Aufwand sein würde." Sie ließ sich in die Kissen der Couch zurücksinken und schloss für einen Moment die Augen; doch nur kurz darauf wurde die eingetretene Stille von einem lautem Grummeln unterbrochen. "Es ist Mittag," witzelte Matthew und betrat mit seinen Schwägerinnen das Wohnzimmer; auch er hatte das hungrige Knurren von Aubrey's Magen gehört.

Sie ließen sich ebenfalls im Wohnzimmer auf einem freien Platz nieder und Emily fragte ihren Bruder schließlich: "Und, wie sieht's aus im Keller?" Er zuckte die Schultern und erwiderte dann: "Na ja, eigentlich ist da unten nur Gerümpel." "So manches davon könnte man vielleicht noch an einem Schrotthändler los werden," meldete sich Sarah zu Wort.

In den letzten Jahren war es in der Stadt sowie auch im Landkreis dessen zu einem florierenden Geschäft geworden, Schrott und Altmetall zu sammeln. Zumindest hatte man diesen Eindruck, wenn man sich betrachtete, wie viele Immigranten plötzlich mit einem alten Transporter oder kleinen LKW durch die Gegend mit der Aufschrift Altmetall- oder Schrottsammler darauf (wenn auch diese manchmal fehlerhaft geschrieben wurde). Und die Bürger der Stadt trugen auch ihren Beitrag dazu bei, indem sie alles was aus Metall war aber nicht mehr gebraucht wurde einfach an den Straßenrand vor ihrem Haus stellten/legten. Ein Schrott- bzw. Altmetallsammler fuhr dann daran vorbei und nahm das Zeug dann einfach mit. Auf diese konnte man sogar den alten Herd los werden, den man wegen einer komplett neuen Küche nicht mehr brauchte.

"Dann machen wir das so," erwiderte Emily schließlich und stimmte damit dem Vorschlag ihrer Schwägerin Sarah zu. "Ja, aber erst mal was essen," seufzte Aubrey. Während dem Gespräch eben hatte sich immer wieder ihr Magen knurrend gemeldet. Unterdessen war auch Brian und Andrew wieder zurück gekehrt; sie hatten eine ganze Weile durch die Gegend fahren müssen, um auch den letzten großen Sack mit alter Kleidung und Schuhen in einem x-beliebigen Container für Altkleider unter zu bringen.


Jetzt saßen sie alle im Wohnzimmer und besprachen gerade, was sie jetzt zu Mittag essen sollten, als es an der Haustür klingelte. Da Emily sich schon denken konnte, wer das sein würde, ging sie öffnen und bekam gleich einen dicken Kuss von ihrem Mann auf den Mund gedrückt.

"Na, Schatz;" sagte sie und erwiderte den Kuss, "alles gut gegangen im Büro?" "Ja, auch wenn es noch fraglich ist, ob Georg und ich den Bauauftrag doch noch kriegen werden," erwiderte Maximilian. Emily wollte gerade die Haustür wieder schließen, als sie plötzlich Schritte vor dem Haus hörte, die näher zu kommen schienen. Die 52-Jährige öffnete die Tür wieder und sah, wie ihre ältestes Tochter Olivia direkt auf sie zu kam.

"Hallo," sagte Emily und umarmte ihre Tochter, "das ist aber eine Überraschung. Was führt dich hierher?" Olivia war 32 Jahre und lebte seit längerem schon in Hamburg, wo sie als Anwältin tätig war. Natürlich war sie mit ihrem Lebensgefährten Florian bei der Beerdigung ihrer Großmutter dabei gewesen, aber dann aus beruflichen Gründen wieder heim gefahren. "Na ja," erwiderte sie und begleitete ihre Eltern ins Wohnzimmer, wo ihre Onkels und Tanten sie freundlich begrüßten. "Es hat einen spontanen Grund, wieso ich hier bin. Einen Grund, den man eher nicht so einfach übers Telefon mitteilen möchte."

Wie um die Spannung noch mehr zu steigern machte Olivia eine Pause und fuhr erst dann fort: "Florian und ich erwarten unser erstes Kind." Die Worte machten alle Anwesenden für einige Sekunden sprachlos; aber dann entlud sich alles in großer Freude - natürlich insbesondere bei den zukünftigen Großeltern. Emily und Maximilian umarmten ihre Tochter gleichzeitig und dann folgte einer nach dem anderen die Verwandschaft. Auf die Frage wie lange Olivia schon wusste, dass sie schwanger war, erwiderte diese, dass sie erst seit gestern wusste. "Florian ist leider gestern Morgen auf Geschäftsreise gegangen und kommt erst am Ende der Woche zurück," erzählte sie weiter, "daher konnte ich es ihm nur am Telefon sagen."

Sie klang bei ihren letzten Worten ein wenig traurig, wofür ihre Mutter und ihre Tanten aber volles Verständnis hatte; denn sie wussten, dass erste Moment zu wissen, dass man schwanger ist, eines der schönste Augenblick im Leben einer Frau war; und diesen besonderen Augenblick möchte man als erstes mit dem Lebensgefährten bzw. dem Ehegatten teilen - aber persönlich und nicht telefonisch.

Zwischen Olivia, ihrer Mutter und ihren Tanten folgte dann auch der typische Frauentratsch über Babys und Babysachen und so weiter auf; was aber von Brian alsbald unterbunden wurde, indem er sagte: "Hey Ladys, wir haben den ganzen Dachboden und den ganzen Keller zu räumen und das geht besser, wenn man einen mit Essen gefüllten Bauch hat." "Männer," murmelte Sarah,"denken immer nur ans Essen und sind absolut nicht sensibel für die wahren schönen Dinge im Leben." Alle lachten und dann wurde noch mal ernsthaft besprochen, was sie essen sollten.

Fast Food, das außer Frage, denn keiner wollte frisch kochen und unnötig lange warten, bis das Essen dann fertig war. Nach einigem Hin und her in Sachen Diskussion fiel die Wahl fürs heutige Mittagessen auf Pizza. Maximilian und Brian holten die Bestellung mit dem Auto ab und als sie dann endlich wieder zurück waren, wurde sich erst mal gestärkt.

Am frühen Nachmittag teilen sie sich dann wieder in zwei Gruppen auf, die einen nahmen sich den Keller vor während die anderen sich auf den Dachboden wagten. Olivia, die nicht nur rumsitzen wollte, half so gut sie konnte beim Entrümpeln des Kellers mit. Unterdessen stießen Emily, Aubrey, Matthew und Sarah auf dem Dachboden auf uralte Koffer mit genauso alten Klamotten, ein paar verstaubte Bilder und Bilderrahmen sowie auch auf jede Menge altes Spielzeug, welches einem der Geschwister gehört hatte.

"Oh, sieh mal," rief Aubrey, als sie eine Kiste fand, in welcher ihre Mutter irgendwann mal all ihre Puppen verstaut hatte. Sie und ihre Schwester nahmen die ein oder andere Puppe heraus, betrachteten sie und legten sie dann wieder zurück. "Die Frage ist jetzt was damit machen sollen," meinte Emily und starrte nachdenklich auf die Puppen. "Naja," meinte Maximilian und kam zu ihnen herüber, "so manche alte Puppe ist bei Sammlern beliebt. Wer weiß vielleicht würde sie jemand kaufen. Und wenn nicht können wir die Puppen immer noch einem Kindergarten spenden." Das klang vernünftig und so wurde der Kiste mit den Puppen nach unten getragen, um ihn später mit zu nehmen.

Bis zum Abend dauerte es den Keller vom Gerümpel zu befreien; der Dachboden war sogar noch schwer auszuräumen, weil Emily und Aubrey und Maximilian und Sarah immer wieder aufhören und an die Frische Luft mussten; denn dort oben war es so staubig, dass sie nach einer Weile einen Hustenanfall bekamen - doch schließlich war es geschafft.

Als die anderen den Dachboden bereits verlassen hatten, fand Emily ganz weit hinten in der Ecke unter Lumpen und noch zahllosen Staubschichten eine Holztruhe. Neugierig was da drin ist, hob die 52-Jährige den Deckel der Truhe an, als plötzlich eine große Spinne auf dem Deckel auftauchte; vor Schreck ließ Emily den Deckel wieder fallen. Sie hatte keine Phobie gegenüber Spinnen aber sie mochte dieses Ungeziefer trotzdem nicht. Gott sei dank schien die Spinne mehr Angst vor ihr zu haben als sie vor ihr, denn sie krabbelt schnell davon und war nicht mehr gesehen. Nachdem sich Emily vollends von ihrem Schrecken erholt hatte, öffnete sie die Truhe und fand in ihrem Innern eine ganze Reihe an in Leder gebunden Bücher.

Sie nahm wahllos eines davon heraus und betrachtete es genauer. Das Leder war alt und glatt; es war keinerlei Worte geschweige denn ein Buchtitel war darauf zu erkennen; immer noch neugierig schlug Emily das Buch auf, blätterte ein wenig durch die Seiten und war einen flüchtigen Blick auf das Geschriebene.

Die Schrift war sehr alt, das merkte sie auf Anhieb, auch wenn sie nicht genau wusste, was für eine Art. Zwar konnte sie kaum ein Wort entziffern, aber zumindest glaubte die 52-Jährige, die Handschrift ihrer verstorben Mutter zu erkennen. "Schatz, wo bist du?"

Es war Maximilian, der nach ihr rief und sie damit aus ihren Gedanken riss. "Ich bin noch hier oben," rief sie und wandte sich wieder der offene Truhe und ihrem Inhalt zu. Knarrenden Geräusche hinter hier erklangen und dann tauchte der Kopf ihres Mannes in der Bodenluke auf.

"Was machst du da?" fragte er und als sie nicht antwortete, kam er zu ihr und betrachtete ebenfalls die Truhe mit deren Inhalt. "Was sind das für Bücher?" Seine Frau zuckte die Schultern und klappte den Deckel zu. "Keine Ahnung," erwiderte sie und versuchte das Ding von der Stelle zu bewegen. "Ich helfe dir," sagte Maximilian, der sich schon dachte, dass seine Frau die Truhe mit heim nehmen und die Bücher in Ruhe genausten betrachten würde.

Gemeinsam wuchteten sie die Truhe zur Bodenluke des Dachbodens; da sie aber befürchten mussten, dass das schwere Ding auf der steilen Aufstieg nach unten ins Obergeschoss des Hauses abrutschen konnte, entschlossen sie sich Brian und Andrew um Hilfe zu bitten. Gemeinsam schafften die Männer es schließlich die Truhe mit den Büchern vom Dachboden zu kriegen. Und natürlich wollten Emilys Brüder dann auch wissen, was darin ist.

"Was willst du denn mit den Büchern?" fragte Andrew, blätterte eins davon durch und warf es dann zurück zu den anderen. "Keine Ahnung," erwiderte seine Schwester,"erst mal lesen und schauen was drin steht. Vielleicht kann ich sie irgendwie im Laden gebrauchen." Emily war schon als Kind von Büchern und so weiter begeistert gewesen und dies hatte sich auch bis heute nicht geändert.

Gewissensbisse (Kapitel 5)

Nachdem sie ihren eigentlichen Beruf als Büroangestellte in einer Firma für Kunststofftechnik aufgrund dessen dass diese dann Pleite ging verloren hatte, entschied sie sich ihre Begeisterung für Bücher und Literatur im Allgemeinen doch noch zum Beruf zu machen. Sie ging ins Gewerbe des Buchhandels und arbeite hat und mit viel Ehrgeiz, bis sie irgendwann eine eigene Buchhandlung in der Innenstadt aufmachte. Schön und gut, in Zeiten des lukrativeren Onlinehandels von allen möglichen Waren (somit auch von Büchern) kam sie wohl nie zum Reichtum, aber der Laden lief zumindest gut genug, um sich über Wasser halten zu können - außerdem wollte Emily nie reich werden.

"Du willst das hier lesen?" fragte Brian erstaunt, der ebenfalls eines der Bücher durchgeblättert und dann wieder in die Truhe gelegt hatte. "Die Schrift scheint so uralt zu sein, dass sie wohl heutzutage keiner mehr lesen kann." "Naja," erwiderte die 52-Jährige, "so uralt ist die Schrift gar nicht." Und sie erzählte ihren beiden Brüdern, dass die Schrift in den Büchern sehr oft als deutsche Schrift oder auch Frakturschrift bezeichnet wurde und u.a. auch in den ersten Jahren jener Zeit in Deutschland angewendet wurde, als die Nazis an der Macht waren.

Dass sie glaubte, dass es sich bei den Büchern um Tagebücher ihrer Mutter handelte, behielt sie lieber noch für sich - auch wenn sie nicht genau wusste wieso. So oder so die Schrift wirkte auf die 52-Jährige als wäre es die Handschrift ihrer verstorbenen Mutter. Aber 100 % Gewissheit konnte sie nur haben, wenn sie diese Bücher las.

Brian und Maximilian schleppten die Truhe schließlich zu dessen Wagen, während Emily und Andrew die vielen Lumpen nach unten schleppten; diese würden bei nächster Gelegenheit im Müll entsorgt werden. Nun war das Haus mehr oder weniger aus geräumt... Lediglich die Möbel waren noch da, denn bevor diese verkauft werden konnten, mussten die Annoncen in der Zeitung erscheinen; das gleiche Schicksal erwarte auch der Dekokram. Zumindest jener Teil, den keinen der Geschwister haben wollte.

Jene Sachen, die einer von ihnen gerne behalten wollte, hatte jeder in einen Umzugskarton getan. Emily nahm den ihren natürlich gleich mit nach Hause, genauso wie Brian. Aubrey und Andrew, die beide im Ausland lebten, würden es irgendwann in den nächsten Wochen auf dem internationalen Postweg nach Hause liefern lassen. Auch Matthew würde sich seinen Teil per Post liefern lassen, obwohl auch er in Deutschland lebte.

Er hatte jedoch kein Auto und konnte es somit nicht selbst transportieren. Derzeit lebte er in einer Kleinstadt oben im Norden von Deutschland, wo er auch seine aktuelle Freundin Lisa kennen gelernt hatte.. Allerdings war Matthew einer von jenen, die gerne mal dazu neigten, plötzlich alles auf zu geben und woanders eine neue Existenz aufzubauen. Was er auch schon das ein oder andere Mal getan hatte - doch seine Geschwistern akzeptierten das, denn schließlich war er so oder so immer noch ihr kleiner Bruder.

"Ich finde wir haben gute Arbeit geleistet," meinte Emily, nachdem sie noch ein letztes Mal durch Haus gewandert waren und sie nun die Haustür von außen abschloss. Sie würde sicherlich noch ein paar Mal hier her kommen, schon allein weil sie ja den Interessenten die kaufbaren Möbel und anderen Sache zeigte musste. Ihre Geschwister jedoch würden das Haus möglicherweise wie über eine sehr sehr lange Zeit nicht mehr sehen, in dem sie aufgewachsen waren - und wenn sie es irgendwann mal wieder sehen sollten, dann würde es sicher schon verkauft sein.

So standen sie also alle noch einige Minuten vor dem Haus, betrachteten es schweigen und sagten im Stillen Lebewohl. Und dabei überkam die Geschwister ein letztes Mal eine Welle an Erinnerungen in ihren Gedanken, Aubrey lief sogar eine einzelne Träne die rechte Wange herunter. Nach einer gefühlten Ewigkeit verabschiedeten sich Emily, Maximilian und Aubrey von Brian, Matthew, Andrew sowie ihren beiden Schwägerinnen Kiyoko und Sarah.

Diese würden sich nämlich jetzt wieder auf dem Weg nach Hause machen, hauptsächlich aus beruflichen Gründen. Aubrey würde erst am Freitag nach Hause fliegen und wollte die beiden Tage bis dahin mit ihrer Schwester verbringen; als junge Mädchen waren die beiden einst fast unzertrennlich gewesen und hatten sehr viel gemeinsam unternommen, doch während des Älterwerdens hatten sie sich nach und nach auseinander gelebt.

"War das ein Tag," meinte Emily geraume Zeit später, als sie und Maximilian zu Hause angekommen waren und im Wohnzimmer die Nachrichten auf ARD sahen. "Dass wir Großeltern werden ist natürlich die größte Überraschung gewesen." "Tja, nicht mehr lange und wir stecken dich ins Altersheim," witzelte ihr Mann mit einem Grinsen und bekam dafür einen Knuff von ihr in die Seite. "Du bist älter als ich," erwiderte sie,"du kommst vor mir dahin .. OPA!" Maximilian lachte und die beiden küssten sich.

Avery kam nach Hause, plauderte kurz mit ihren Eltern und erzählte ihnen, wie ihr Tag an der Arbeit gewesen war. Im Gegenzug erzählten diese ihr von ihrem Tag und natürlich auch, dass sie bald Tante werden würde - was ihre Tochter auch sehr freute. "Ich geh mal und ruh mich ein wenig aus," erklärte die 27-Jährige dann, wünschte ihren Eltern eine gute Nacht und zog sich in ihr Zimmer zurück.

Emily und ihr Mann schauten noch eine Weile fern und gingen dann schließlich schlafen. Während sie Arm in Arm im Bett lagen, dachte sie wieder an die Truhe mit den Büchern und fragte sich, was ihre Mutter in diese geschrieben hatte. Aufgrund der alten Schrift musste sie es lange bevor sie ihrer Geburt und vielleicht auch sogar der ihrer älteren Geschwister niedergeschrieben haben; gerade als sich die 52-Jährige ausmalen wollte, was die Bücher ihr über ihre Mutter verraten würden, schlief sie ein.

Am Vormittag des nächsten Tages trommelte Aubrey ungeduldig mit den Finger auf dem Tresen der Rezeption jenes Hotels, in welchem sie die letzten Tage geschlafen hatte. Sie hatte beschlossen, dass sie die letzen beiden Tage vor ihrem Flug zurück in die USA bei ihrer Schwester und ihrer Familie übernachten würde; schließlich wollten die beiden Frauen ja auch gemeinsam die Stadt unsicher machen - wie früher mehr oder weniger. Bei dem Gedanken, was sie als Mädchen teilweise angestellt hatten, umspielte ein Lächeln den Mund der 54-Jährigen. In der blank polierten Oberfläche des Tresen konnte sie ihr Gesicht gut sehen und kontrollierte aus einem spontanen Impuls heraus, kurz ob mit ihrem dezent aufgelegten Make-up.

Durch eine Laune der menschlichen Natur war sie mit einer makellosen Haut gesegnet, welche noch immer kaum Falten warf, wodurch man ihr ihr Alter auf den ersten Blick gar nicht anmerkte. Aufgrund ihres guten und junggebliebenen Aussehens trug sie auch jetzt einen schwarzen, etwa knielangen Rock, eine passende Bluse sowie hautfarbene Strumpfhose und schwarze Pumps. Zum einen mochte Aubrey sich so betont feminin zu kleiden; aber zum anderen hatte das auch einen gewissen Grund zur Folge.


Als Frau hatte sie es nämlich nicht immer leicht, ihren Platz in den Managerängen der großen Wirtschaft zu behaupten; denn dort herrschte sehr oft noch immer das Machogehabe mit einer eindeutigen (nicht unbedingten positiven) Meinung über das weibliche Geschlecht. Wegen ihres Geschlecht aber auch wegen ihres Kleidungsstils wurde Aubrey dementsprechend von ihren männlichen Kollegen häufig unterschätzt; bevor sie ihnen mit ihrer Schlagfertigkeit und ihres beruflichen Know-Hows eines Besseres lehrte.

"Gott verdammt," murmelte die 54-Jährige und fing erneut an, mit den Fingern auf dem Tresen zu trommeln, "es kann doch nicht so schwer sein, eine Rechnung aus zu drucken. Ein Mitarbeiter des Hotels mit schon fast kindlichen Gesichtszügen hatte Dienst an der Rezeption, als sie mit ihrem Gepäck aus dem Fahrstuhl verließ und auf ihn zu steuerte, mit der Absicht des Auscheckens. Sie hatte ihm die Zimmernummer genannt, worauf dieser im Hinterzimmer verschwunden und wart seitdem nicht mehr gesehen.

Mit einem Seufzen wandte sich Aubrey um und ließ den Blick durch die Hotelhalle wandern. Hier und da saß oder standen andere Gäste und weitere waren auf dem Weg nach draußen bzw. nach oben in ihr Zimmer. Als Aubrey abermals beiläufig zum Hoteleingang sah, bemerkte sie wie ihre Schwester gerade an. Im selben Moment vernahm sie hinter sich ein Geräusch und als sie sich umwandte, stand endlich der junge Hotelangestellte wieder hinterm Tresen und reichte ihr die Rechnung für ihr Zimmer.

"Entschuldigen Sie bitte, dass sie so lange warten musste," sagte er und seine Stimme passt zum kindlichen Gesicht. "Ach halb so wild," log die 54-Jährige und zückte ihre Kreditkarte aus dem Portemonnaie, um die Rechnung zu zahlen, die sie so eben kurz überflogen hatte. Das Bezahlen mithilfe des Kartenlesegeräts ging Gott sei dank schnell und so waren Aubrey und Emily bereits wenig später auf dem Weg zu ihrem Wagen. Das Gepäck noch rasch in den Kofferraum gelegt und dann waren die beiden Frauen auch schon auf dem Weg zu Emily's Haus.

"Also," meinte die 54-Jährige, "was machen wir heute so?" "Dachte wir gehen heute Shoppen und am Abend gehen wir ein wenig aus ... nur wir zwei. Ein Frauenabend wie früher. Und morgen chillen wir gemütlich im Garten ... wenn wir ausgeschlafen haben," erwiderte ihre Schwester und setzte Blinker, um ab zu biegen. "Klingt gut," entgegnete Aubrey und sah wieder aus dem Fenster.


Einige Zeit später erreichten sie die Zufahrt in riesige Tiefgarage, die unterhalb der Fußgängerzone in der Innenstadt gelegen war und auch einen direkten Zugang zu einem riesigen Einkaufszentrum namens City-Point lag. "Los gehts," rief Aubrey euphorisch, nachdem sie geparkt hatten und Richtung Ausgang gingen. "Los gehts," wiederholte Emily, hakte sie sich bei ihrer Schwester unter und fröhlich marschierten die beiden Frauen

Zunächst schlenderten sie durchs Kaufhaus, welches an den Ausgang vom Parkhaus grenzte und dann ging es weiter, hinaus auf die Fußgängerzone mit ihren vielen anderen Geschäften und Boutiquen. Und weil sie es nicht eilig hatten, schlenderten die beiden Frauen langsam und gemütlich herum; betrachteten hier und da die Auslagen in den Schaufenstern und unterhielten sich ansonsten über alles mögliche.

Bis zum Mittag waren sie nonstop unterwegs und als sie dann schließlich in einem Bistro-Café mit warmer Küche einkehrten, hatten Emily und Aubrey die ein oder andere Einkaufstüte einer Boutique in den Händen. Sie suchten sich einen freien Tisch und legten ihre Handtaschen und Tüten auf den freien Stühlen ab. Eine Kellerin kam auch sogleich zu ihnen, reichte ihnen die Speisekarte und nahm gleichzeitig die Getränkebestellung auf.

Eine Zeit lang blätterten die beiden Frauen schweigend durch die Speisekarte auf der Suche nach etwas, was sie essen wollten. Irgendwann klappte Aubrey die Karte zu, legte sie beiseite und sah ihre Schwester an. "Hast du dich auch schon entschieden?" fragte sie und Emily nickte. Sie legte die Karte ebenfalls beiseite und dann wartete sie beide nur noch auf die Kellnerin.

Während des Wartens fragte sich Emily insgeheim, ob sie ihrer großen Schwester davon erzählten sollte, dass die Bücher in der Truhe vermutlich Tagebücher ihrer verstorbenen Mutter waren - Aubrey hatte natürlich die Truhe gestern Abend ebenfalls gesehen wie sie von Brian und Maximilian zum Wagen getragen wurde. Und sowohl den ganzen Abend bis zum Schlafengehen als auch am heutigen Morgen hatte die 52-Jährige immer wieder Gewissensbisse, ob sie diese vermeintlichen Tagebücher wirklich lesen sollte.

Die Kellnerin kam mit ihren Getränken, nahm ihre Essensbestellung auf und verschwand dann auch schon wieder. "Ah, das tut," sagte Aubrey und nahm sogleich einen großen Schluck von ihrem Getränk, "meine Kehle fühlte schon ganz ausgetrocknet an." Als sie sah, dass ihre Schwester vor sich hin starrte und irgendwie geistig abwesend zu sein schien, fragte sie: "Alles ok?"

Emily erwachte aus ihren Gedanken, blickte auf und erwiderte: "Ja, alles gut." Sie schwieg für einige Minuten, dachte erneut nach und fügte dann noch hinzu:"Ich brauche deinen Rat." Die 52-Jährige erzählte von ihrer Vermutung, dass es sich bei den Büchern um alte Tagebücher ihrer Mutter handelte sowie auch dass sie diese (der alten Schrift zur Folge) vermutlich in ihre Jugend geschrieben hatte; welche wie die beiden Geschwister wussten zu Zeiten des Nazi-Regimes in Deutschland war. Und um ganz sicher zu gehen hatte Emily, wie diese ihr Schwester ebenfalls erzählte, die besagten Bücher mit nach Hause genommen, um sie zu lesen. Doch jetzt hatte sie Gewissenbisse gekommen, ob sie wirklich die vielleicht sehr persönlichen um nicht zu sagen intimen Gedanken zu lesen, die ihre verstorbene Mutter als junges Mädchen einst nieder geschrieben hatte. "Wie denkst du darüber?" fragte die 52-Jährige schließlich in dem Moment, als das bestellte Essen ihnen serviert wurde.

Nachdem sie einen ersten Bissen von ihrem Gericht zu sich genommen hatte, erwiderte Aubrey: "Ich verstehe dein Bedenken, du weißt nicht ob es unserer Mutter recht gewesen wäre, wenn du ihre Tagebücher liest und evtl. sehr private Gedanken von ihr erfährst. Und ganz sicher würde das was dort geschrieben steht, das Bild bezüglich ihrer Person nachhaltig beeinflussen; sowohl positiv als auch vielleicht negativ." Sie machte eine Pause und trank einen Schluck, bevor sie fort fuhr: "Aber, ich denke wenn unsere Mutter wirklich nicht gewollt hätte, dass irgendwer von uns diese Bücher irgendwann findet geschweige denn liest, dann hätte sie die Bücher doch wohl schon vor langer Zeit entsorgt statt sie über all die Jahre auf dem Dachboden zu lassen." Sie verstummte und aß genüsslich weiter von ihrem Gericht.

Unterdessen stocherte Emily eher in ihrem eigenen Essen als dass sie aß, denn sie dachte gerade über das nach was ihre Schwester gerade gesagt hat. "Also du glaubst, ich mache mir umsonst Gedanken? Unsere Mutter hätte nicht dagegen, wenn ich ihre Tagebücher lese?" fragte sie schließlich. "Ja, das denke," erwiderte Aubrey und schob den nun leeren Teller weg - der von Emily war noch halb voll. "Und jetzt iss bitte fertig, damit wir gehen können. Ich will mir nämlich doch noch diese Handtasche in dem einen Laden kaufen wo wir vorhin vorbei kamen." Emily lachte und begann nun endlich weiter zu essen.

Einige Zeit später zahlten sie dann die Rechnung verließen mit ihren Tüten das Restaurant, um noch weiter zu shoppen. Als sie dann schließlich wieder zurück ins Parkhaus kehrten und auf Emilys Wagen zu steuerten, hatten die beiden Frauen noch einige Einkaufstüten mehr in den Händen und schafften es nur mit viel Mühe, alle in beiden Händen zu halten und die Handtasche noch dazu. "Bin gespannt wieviel du am Flughafen für das viele neue Gepäck mehr zahlen musst," spöttelte die 52-Jährige und schloss die Klappe des Kofferraums - ihre Schwester hat die meisten Einkaufstüten von ihnen beiden gesammelt. Aubrey streckte ihr die Zunge raus, grinste jedoch und kurz darauf waren die beiden schon im Wagen auf dem Weg zur Ausfahrt.

Auf der Fahrt nach Hause war das Thema ihrer Unterhaltung, wo sie heute Abend hin ausgehen würden. Emily hatte von einer Bekannten von einer Bar erzählt bekommen, die ein spanisches Flair hatte und derzeit zu den angesagtesten regionalen Lokalitäten gehörte. "Klingt gut," meinte Aubrey, als sie gerade in die Straße einbogen, wo Emilys Haus lag. Sie stiegen aus und während ihre Schwester schon mal die Haustür aufschloss, griff Aubrey schon mal ihr Gepäck um es in Haus zu tragen.

Danach trugen die beiden Frauen zusammen mit Maximilian die ganzen Einkaufstüten in die Diele, wobei sie genau aufpassten dass sie strikt getrennt von einander standen, damit später keine Verwechslung passieren konnte, wem was gehörte. "Meine Güte," sagte Emilys Ehegatte und stellte die letzten beiden Einkaufstüten ab. "Ihr habt ja die halbe Stadt leer gekauft, so wie es aussieht." "Natürlich," erwiderte Aubrey, "leider konnte wir nicht mehr Tüten schleppen sonst hätten wir auch noch die andere Hälfte leer gekauft." Alle drei lachten und dann machte Emily erst mal einen Kanne Kaffee.

In den nächsten Stunden des Nachmittages passierte dann nicht Nennenswertes und der Abend kam auch rasch. Emily und Aubrey gingen schließlich nacheinander ins Badezimmer um sich dezent zu schminken; beide hatten sie bereits ein schickes und feminines Outfit angezogen sowie Schmuck da angelegt.

Wie ihre große Schwester war auch die 52-Jährige mit für ihr Alter noch sehr straffen und jung gebliebenen Haut gesegnet; allerdings machte sich Emily nicht viel daraus und kleidet sich bis auf besondere Anlässe oder wenn sie mal Abends ausging (meistens mit ihrem Mann) eher schlicht und praktisch statt schick und feminin.

"Den Ehering lässt du aber dran," mahnte Maximilian als die beiden fertig gestylt die Treppe herunter kamen. "Kommt darauf, wenn ich von einem hübschen Mann an geflirtet werde, nehme ich ihn vielleicht schnell ab," erwiderte Emily augenzwinkernd und gab ihrem Mann zum Abschied einen Kuss. Maximilian würde den Abend in seinem Arbeitszimmer verbringen, mit einer Flasche Bier und an ein paar Bauplänen für einen neuen Auftrag arbeiten. Ein weiterer Kuss von seiner Frau, dann ergriffen die beiden Frauen ihre Handtaschen und gingen los.

Sie gingen bis zur nächstgelegenen Haltestelle der Straßenbahn, welche sie direkt in die Innenstadt bringen würde. Aufs Auto verzichteten sie bewusst, denn auch wenn sie sich nicht sinnlos besaufen wollten, so wollten sie doch zumindest ein wenig Alkohol konsumieren. Es dauerte auch nicht lange bis eine Bahn kam und sie einstiegen.

Emily kaufte eine Fahrkarte am Automaten für sie beide und nahm dann neben ihrer Schwester, wobei sie aber in ihren Pumps aufgrund des ständigen Ruckelns der Bahn sich langsam zu ihr bewegen musste. "Wie in den guten alten Zeiten," meinte Aubrey und eine Weile schwelgten die beiden Frauen in Erinnerungen an die Zeit, als sie noch als junge Mädchen an den Wochenenden (und wenn ihre Mutter nichts dagegen hatte) in die Disco A7 gegangen werden waren.

Damals war es wie bei allen anderen Mädchen das Größte für sie gewesen, wenn sie von irgendwelchen Jungs zum Tanzen auffordert oder auf ein paar Drinks eingeladen wurden war - die Gefahr, dass mal jemand ihnen K.o.-Tropfen ins Getränk tun könnte, wurde ihn erst später im Laufe des Älterswerdens bewusst. Was aber nicht heißen sollte, dass ebendies Emily oder Aubrey in ihrer Jugend jemals passiert wäre; sie hatten beide immer Glück gehabt. Die Innenstadt kam in Sicht und kurz darauf stiegen die beiden Frauen auch schon aus und begaben sich in die besagte Bar.

Es ging bereits auf Mittag zu als die 52-Jährige am nächsten Tag in ihrem Bett die Augen aufmachte und ein leichtes Schädelbrummen spürte. Vielleicht waren das doch ein paar Cocktails zuviel, dachte sie, rieb sich die Augen und drehte sich auf andere Seite.

Natürlich war die Seite wo ihr Mann schlief leer; er war sicher heute Morgen aufgestanden und ins Büro gefahren. Und ganz bestimmt hatte er auch die Vorhänge aufzogen, denn die Sonne schien durch die Fenster hinein. Langsam wirklich wach werdend, fragte sich Emily wie sie so lange hatte schlafen können, wenn die Sonne das Zimmer so erhellte.

Erstes Tagebuch (Kapitel 6)

Da sie befürchtete, dass sie wieder fest einschlafen könnte, wenn sie noch länger im Bett liegen blieb, beschloss Emily aufzustehen - schließlich war es bereits Mittag und somit hatte sie den halben Tag schon verschlafen. Sie war jetzt nicht sauer deswegen, weil sie so lange geschlafen hatte, aber es war halt der letzte Tag bevor Aubrey's Flug zurück in die USA ging. Und wer weiß, wie lange es dauern konnte, bis sich die beiden Schwestern das nächste Mal sehen konnten.

Natürlich hatten sie regelmäßíg Kontakt über Internet und auch über Telefon, aber sie waren nun mal beide beruflich aktiv und hatte ihre jeweilige Familie; außerdem war da noch das Wässerchen mit dem Namen atlantischer Ozean zwischen ihnen, was ein täglichen Besuch untereinander nahezu unmöglich machte.

Immer noch die Reste der Müdigkeit los werdend und weiterhin mit einen leichten Brummschädel quälte sich Emily also aus dem Bett und begab sich einmal quer über den Flur des Obergeschosses zu jenem Zimmer, dass einst ihre großen Tochter Olivia gehört hatte und nach deren Auszug in ein Gästezimmer umfunktioniert wurde. Sachte klopfte die 52-Jährige an die Zimmertür und schob sie dann langsam auf.

Aubrey lag mit dem Rücken zur ihr auf der Seite und schlief noch; die Bettdecke war ein wenig verrutscht und so lugte ein Fuß darunter hervor. Leise schlich sich Emily ans Bett und kitzelte ihre große Schwester an der Fußsohle, worauf diese aus dem Schlaf aufschreckte und sie einige Minuten böse anblinzelte.

"Das war nicht nett," murrte sie, rieb sich ebenfalls die Augen und setzte sich dann mit dem Rücken an die Bettkante, ihre Schwester zog derweil die Vorhänge zurück und sofort flutete das Sonnenlicht auf dieses Zimmer. Anschließend setzte sie sich auf die Bettkante und für einige Minuten herrschte Schweigen, während Aubrey sich bemühte vollends wach zu werden.

Auch sie hatte ein Schädelbrummen, vielleicht sogar noch stärker als Emily, denn die 54-Jährige fluchte: "Verdammt, ich glaub mein Schädel platzt gleich!" Ihre Schwester schmunzelte und erwiderte: "Tja Alkohol ist nun mal reines Gifts für alte Frauen wie dich." "Seeeehr witzig," hörte sie als Antwort darauf. Nach einigen weiteren Minuten Schweigen quälte sich dann auch Aubrey aus dem Bett und streckte sich erst mal.

Zu faul sich jetzt schon anzuziehen, zogen die beiden Frauen ihre Morgenmäntel übers Nachthemd und gingen so runter in die Küche, wo es erst mal einen starken Kaffee gab. Mit den Tassen in den Händen saßen die beiden Schwester schließlich am Küchentisch; Emily schlug die Zeitung auf und überflog die Hauptschlagzeilen, während Aubrey schweigend gegen ihren Kater ankämpfte. "Sag mal hast du hier irgendwo Aspirin?" fragte sie schließlich. "Oben im Badezimmer im Spiegelschrank erwiderte Emily ohne von der Zeitung auf zu blicken.

Mit einem Seufzen trank die 54-Jährige den Rest ihres Kaffees und begab sich dann die Treppe hoch ins Badezimmer, um eine Aspirin zu suchen - vielleicht würde das die Kopfschmerzen ihres Katers etwas lindern. Schließlich fand sie die Packung, musste aber feststellen, dass es Brausetabletten waren. Das war zwar nicht weiter schlimm, aber sie brauchte dafür ein Glas aus der Küche, da sie Tablette erst mal im Wasser auflösen musste. Als Aubrey wieder unten angekommen war, räumte ihre Schwester gerade die beiden nun leere Tassen in die Spülmaschine.

Die 54-Jährige nahm ein Glas aus dem Küchenschrank und füllte es mit ein wenig Wasser. Nachdem sich die Aspirin darin restlos aufgelöst hatte, nahm Aubrey das Ganze mit wenigen Schlücken zu sich und tat das benutzte Glas dann auch gleich in die Spülmaschine. Anschließend voll zog sowohl sie als auch ihre Schwester die morgendliche Wäsche mit Zähne pusten, gefolgt vom Ankleiden.

Als sie beide fertig angezogen wieder die Treppe nach unten nahmen, waren sie auch endlich vollends wach geworden und das Aspirin hatte begonnen Aubrey's unerträgliche Kopfschmerzen ein wenig zu lindern. Mittlerweile war die Mittagszeit auch schon fast rum und es ging auf den Nachmittag zu; die beiden Frauen hatten das Gefühl dass die Zeit viel zu schnell verging - was wohl eine typische Reaktion war, wenn man erst spät heim kommt und dann am nächsten Tag bis zum Vormittag blieb und schlief.

"So und was fangen wir mit halben Tag an, den wir jetzt noch vor uns haben?" fragte Aubrey und ließ sich im Wohnzimmer auf der Couch nieder. "Maximilian und ich haben gestern Abend überlegt, dass wir das milde und sonnige Wetter heute Nachmittag nutzen sollten und im Garten grillen könnten," erwiderte Emily und nahm ebenfalls Platz, wobei sie aber durch das Wohnzimmerfenster hoch in den Himmel schaute.

Tatsächlich war das Wetter heute sehr schön und der Himmel strahlend blau; ungewöhnlich für einen Tag im Frühling, aber in den letzten Jahren spielte das Wetter in Deutschland ohnehin immer wieder verrückt. Der letzte Winter war schließlich auch eher mild und warm statt eiskalt und verschneit gewesen. Anfang des jetzigen Jahres hatte es mal ein oder zwei Tage geschneit, aber das wars dann auch schon gewesen.

"Grillen klingt gut," entgegnete Aubrey, "und was genau wollen wir auf den Grill schmeißen?" Ihre Schwester zuckte die Schultern und antwortete: "Das übliche .. Fleisch, Bratwürste, Gemüse." Emily's Tochter Avery war überzeugte Vegetarierin und würde am Nachmittag mit ihnen speisen, da sie den heutigen Tag endlich mal dienstfrei hatte; gerade war sie irgendwo mit ihrem festen Freund in der Stadt unterwegs, würde aber bald zurückkommen. "Und machst du dazu diesen leckeren Nudelsalat wieder wie beim letzten Mal?" hakte die 54-Jährige und freute sich, als ihre Frage mit ja beantwortet wurde - doch bevor sie überhaupt grillen konnten, mussten zunächst einmal das dazu gehörige Essen und so weiter gekauft werden.

Also erhoben sich die beiden Frauen von der Couch, ergriffen ihre jeweilige Handtasche in der Dielen und verließen dann das Haus, um zum nächst gelegenen Supermarkt zu fahren. Während der Fahrt unterhielten sie sich über alles mögliche, wie z.B. über die (Welt)Politik sowie das sonstige aktuelle Weltgeschehen. Beim Supermarkt angekommen, parkte Emily den Wagen, sie stiegen aus und gingen auf den Eingang zu.

Die 52-Jährige suchte in ihrem Geldbeutel nach einem Euro-Stück und als sie dort keinen fand, wühlte sie in ihrer Handtasche - aber ebenso erfolglos. "Hast du nen Euro? fragte sie an ihre Schwester gewandt, " ich finde leider keinen." Aubrey suchte ebenfalls in ihrem Geldbeutel, fand einen Euro und löste damit den Einkaufswagen von der Kette. Anschließend machten sie sich gemeinsam daran, ihren Einkauf zu erledigen.

"Haben wir alles?" fragte Emily und blickte in den Einkaufswagen, welcher sich innerhalb kürzester Zeit rasch gefüllt hatte. Da sie ja Grillen wollten, lag dementsprechend die ein oder andere Packung mit marinierten Grillfleisch sowie zwei Packungen mit Bratwurst und natürlich auch Gemüse wie frische Pilze oder Zucchini oder Paprika. Außerdem hatten die beiden Frauen alle Zutaten zusammen gesucht, die für den Nudelsalat brauchen würden, welchen Aubrey so gerne aß. Emily hatte auch noch zwei Salatköpfe ausgesucht, da sie noch einen Blattsalat machen wollte. All das klang vielleicht viel, jedoch nicht mehr wenn man bedachte, dass außer Emily und Maximilian und Aubrey auch noch Avery evtl. mit ihrem Freund beim Grillen dabei sein und essen würden.

Nachdem ihre Schwester noch ein wenig Süßkram und Schokolade den anderen Waren hinzugefügt hatte, schob die 52-Jährige den Einkaufswagen weiter und die beiden Frauen schlossen sich der nicht gerade kleine Schlange an jener Kasse an, welche als einzige offen war. Also hieß es für Emily und Aubrey wie auch für die anderen Leute vor ihnen warten, bis sie irgendwann an der Reihe waren und ihren jeweiligen Einkauf bezahlen konnten.

"Wieso machen die nicht einfach ne zweite Kasse auf?" fragte Aubrey nach einer Weile, denn Geduld zu haben war nicht ihre große Stärke. Ironischer Weise wurde gerade in dem Moment, indem sie ihre Worte ausgesprochen hatte, eine zweite Kasse aufgemacht und die beiden Frauen hatten sogar das Glück dass nur ein Paar und zwei weitere Personen sogleich ihren Einkaufswagen dahin lenkten.

Sie reihten sich hinter ihnen ein und Emily meinte an ihrer Schwester gewandt: "Scheinbar hat Gott deinen Wunsch erhört." Dann sah sie sich um und stellte sich fest, dass sich hinter ihnen beiden schon weitere Menschen mit ihrem Einkauf angestellt hatten und die zweite Schlange bereits jetzt schon mindestens genau lang war wie die erste Schlange. Einige Zeit später hatten die beiden Frauen dann bezahlten und waren nun endlich auf dem Weg zurück zum Auto. In weiser Voraussicht hatte Emily bereits eine zusammenklappbare Kiste in den Kofferraum gelegt bevor sie los gefahren waren, sodass sie nun das Einkaufte dort hinein tun konnten.

Gemeinsam räumten die beiden Frauen alles Essen und Trinken in die Kiste und dann schob Aubrey den wieder leeren Einkaufswagen zu anderen um ihn wieder an die Kette zu legen und ihren Euro wieder zu bekommen. Ihre Schwester saß bereits hinterm Steuer als sie zurückkehrte, auf dem Beifahrersitz Platz nahm und sich anschallte. Auf dem Weg nach Hause hörte sie lieber der Musik des Radios zu, welche aus den Lautsprechern kam, statt sich groß zu unterhalten.

Zu Hause angekommen wurde natürlich erst mal das Einkaufte in die Küche getragen und dann machte sich Emily auch sogleich daran, die beiden Salate zu machen sowie das frische Gemüse vorzubereiten und marinieren. Aubrey half ihrer Schwester dabei und schnitt einen Teil der Zutaten entsprechend ihrer Anweisungen klein oder reichte ihr das oder andere Gewürz. So hatten sie gute ein bis zwei Stunden zu; insbesondere der Nudelsalat brauchte seine Zeit, gerade weil die Nudeln dafür erst mal gekocht und dann abgekühlt sein mussten, bevor Emily den Salat anrichten konnte.

"Hmm," machte Aubrey als sie schließlich vom Salat kosten durfte,"einfach nur lecker!" Sie nahm noch eine Probe davon und hätte wohl noch eine genommen, wenn ihre Schwester es nicht verboten hätte. "Ansonsten ist bald nichts mehr da, wenn du so weiter probierst," schimpfte die 52-Jährige und räumte die Schüssel mit dem Nudelsalat beiseite. Anschließend räumten sie und Aubrey die Küche auf und beseitigten so das Chaos, das sie während des Zubereitens der Salate bzw. dem Marinieren des Grillgemüses angerichtet hatten.

Als sie damit fertig waren, gönnten sich die beiden Frauen eine kleine Pause auf der Terrasse; nur wenig später kam Emily's Ehegatte Maximilian aus dem Büro nach Hause begrüßte seine Frau mit einem Kuss und seine Schwängern mit einer Umarmung und machte sich dann auch sogleich daran den Grill anzufeuern; denn bis die Grillkohle heiß genug war, damit das Fleisch gar werden konnte, dauerte es mindestens eine Stunde.

Während er sich um den Grill kümmerte und darauf achtete, dass das Feuer unter der Kohle nicht ganz ausging, deckten seine Frau und seine Schwägerin schon mal den Tisch auf der Terrasse. Irgendwann hörte Emily, die gerade in der Küche war, wie plötzlich die Haustür geöffnete wurde und dann hörte sie auch die Stimmen von ihrer Tochter und von deren Freund.

"Hi Mum," sagte Avery, umarmte Emily und küsste sie auf die Wange; nachdem ihre Mutter und ihr Freund Sven sich ebenfalls begrüßt hatten, begab sich die 27-Jährige mit ihm durchs Wohnzimmer auf die Terrasse, um auch ihren Vater sowie ihre Tante zu begrüßen. Unterdessen schmeckte die 52-Jährige noch ein letztes Mal die beiden Salate ab, und brachte dann beides heraus.

Im Wohnzimmer kam ihr Avery schon wieder entgegnen und meinte: "Dad sagt, es könnte losgehen mit dem Grillen." Sie ging an ihrer Mutter vorbei in die Küche und kehrte nur wenige Sekunden später mit der großen Schüssel mit dem marinierten Grillgemüse in den Händen zurück. Nacheinander traten sie auf die Terrasse und während die beiden Salate auf den Tisch platziert wurde, ging die Schüssel mit dem Gemüse zum befestigten Grillplatz ein wenig abseits von der Terrasse, wo Maximilian seinen großen Edelstahl aufgebaut hatte und gerade den Grillrost über die glühenden Kohlen legte.

Auch ein kleiner Beistelltisch war vorhanden, wo Avery nun die Schüssel abstellte; das Gemüse würde ihr Vater dann gleich in einer Aluschale auf den Grill legen, um es so zu garen - zuvor hatte seine Frau das Gemüse im Sieb abtropfen lassen, da das viel Öl sich ansonsten beim Grillen ein Feuer auslösen konnte. Außer dem Grill mit Beistelltisch bot die gepflasterte Ecke noch Platz für eine Garnitur Gartenmöbel, welche nun im Halbschatten der mächtigen Weide stand. Nachdem die 27-Jährige ihrem Vater auch noch das Grillfleisch und die Bratwürste gebracht hatte, setzte sich zu ihrer Mutter und ihrer Tante neben ihrem Freund und wartete, dass das Essen verzehrfertig wurde.

Während sie so da saßen und warteten, unterhielten sie sich über dies und jenes. "Olivia hat übrigens angerufen," erzählte Emily, " Florian ist schon heute Vormittag von seiner Geschäftsreise heim gekommen, um sie zu überraschen. Am Samstag wollen sie mit uns essen gehen, anlässlich der Freude über das Kind, was nun auf dem Weg ist." Dies hatte dass natürlich zur Freude, dass die Frauen sich über das Thema Baby und Babysachen und so weiter unterhielten - Avery's Freund Sven hielt sich dabei als Mann eher zurück.

Zwar hatte Emily's Tochter bisweilen noch ernsthaft vor schwanger zu werden; doch wie die meisten anderen Frauen spielte sie dann und wann mal mit dem Gedanken, Mutter einer .. wie sollte es wohl anders sein ... einer Tochter zu sein, die sie dann wie eine Prinzessin kleiden würde.

Und diese wunschartige Vorstellung vom Muttersein war auch wieder für die meisten Frauen typisch; auch wenn die Realität dann oft ganz anders aussah. Denn ob es nun ein Mädchen oder doch ein Junge wurde, dass konnte nicht mal ein Arzt mit 100 % Gewissheit vor der Geburt mitteilen.Und selbst wenn es wie gewünscht ein Mädchen wurde bzw. wenn es wie z.B. bei Emily bei beiden Malen ein Mädchen zur Welt kommt, dann wurden diese nicht automatisch jeden Tag wie eine Prinzessin angezogen - nur manchmal.

"Du hast so süß ausgesehen in dem rosa Kleidchen," erzählte die 52-Jährige und schwelgte in Erinnerungen, wie ihre nun erwachsene Tochter als Baby gewesen war. "Mum," flehte Avery (übrigens nicht zum ersten Mal), "sei still, das ist ja voll peinlich." "Was denn? Du warst so ein süßes Baby," entgegnete ihre Mutter, worauf die 27-Jährige die Augen verdrehte. Gott sei Dank verkündigte ihr Vater just in diesem Moment, dass sowohl das Grillgemüse als auch die ersten Grillsteaks bzw. Bratwürste gar waren und verhinderte so, dass seine Frau von weiteren Erinnerungen an Avery als Baby schwärmte.

Zwar unterhielten sie sich während sie nun aßen und tranken auch weiterhin, jedoch wieder über allgemeine Themen. Aubrey fragte z.B. an ihre Nichte gewandt: "Und wie läuft es an der Arbeit?" "Och ganz gut, nur halt sehr stressig," erwiderte die 27-Jährige und nahm einen Schluck von der Fanta in ihrem Glas. Dann berichtete sie ihrer Familie von dem ständigen Arbeitsstress, welchen sie und auch die anderen Pflegekräften im Heim in jedem Dienst ausgesetzt waren aufgrund des ständigen Personalmangels - gegen den weder die Heimleitung noch die Geschäftsführung scheinbar irgendwas unternahmen. Zwar hörte das Personal immer wieder mal von irgendwelchen Bewerbern für die unbesetzten Stellen oder sah auch mal jemanden, der/die zum Vorstellungsgespräch mit der Heimleitung ging. Aber dass jemand neues eingestellt wurde, das geschah leider nicht.

Natürlich war sich Avery bewusst, dass sie aufgrund der Datenschutzbestimmungen weder über die Heimbewohner noch über die innerbetrieblichen Probleme des Heimes selbst mit irgendeinem sprechen durfte. Aber sie konnte sich auch sicher sein, dass weder ihre Familie noch ihr Freund irgendwas von dem weiter erzählen würde, was sie ihnen ... wie jetzt gerade wieder ... im Vertrauen erzählte. Und daher würde wohl kaum jemand an der Arbeit erfahren, dass sie sich nicht immer an die Schweigepflicht hielt - darüber hinaus taten es ihre Kollegen und Kolleginnen innerhalb deren Familie und/oder deren Freundeskreises es wohl auch nicht immer.

Die Zeit verging und irgendwann kündigte die untergehende Sonne, deren letzten Strahlen den Himmel am Horizont golden-kupfer färbten, endgültig den Abend an. Emily und Aubrey hatten eine Flasche Jivé mit Erdbeer - ein sektartiger Fruchtcocktail - gekauft, welchen sie am Abend eisgekühlt genossen und dabei auf den Abend bzw. auf die letzten Wochen, die sie gemeinsam durchgestanden hatten, anstoßen.

Sven, der Freund von Emilys Tochter, verabschiedete sich bereits am frühen Abend; natürlich nicht ohne sich für das leckere Essen zu bedanken. Avery brachte ihn noch bis zur Haustür, verabschiedete ihn dort mit mehreren langen Küssen, ließ ihn jedoch erst geben, nachdem er ihr versprach, sie spätestens Morgen Nachmittag anzurufen. Dann verabschiedete sich die 27-Jährige noch von ihrer Tante (denn Aubrey würde ja morgen früh wieder nach Hause fliegen), wünschte ihr und ihren Eltern eine Gute Nacht und zog sich dann in ihr Zimmer zurück, da sie morgen bereits um 5.15 aufstehen und zur Arbeit musste.

Emily und Maximilian blieben mit Aubrey noch eine ganze Weile draußen im Garten sitzen, unterhielten sich entweder noch ein wenig oder lauschten für einige Minuten schweigend der Ruhe im Garten. Die Sonne war nun gänzlich untergegangen und die Abenddämmerung setzte ein, um immer mehr zur Dunkelheit der Nacht zu werden. Es war auch den ganzen Nachmittag über mild .. ja, schon fast sommerlich gewesen ... aber jetzt hatte ein leichter und auch kühler Wind eingesetzt, welcher die Äste der Weide und die Blätter der Büsche und Blumen immer wieder in schwingende Bewegungen versetzte.

"Na, es wird doch nicht regnen?" meinte Maximilian, als er gerade mit seiner zweiten Flaschen Bier die Terrasse betrat und sah zum Himmel hinauf. Aubrey und Emily folgten seinem Blick und sahen ebenfalls die dunkelgraue Wolkenfront, die da am Himmel in ihre Richtung schob. "Lasst uns lieber aufräumen und reingehen," sagte Emily, "nur für den Fall, dass es wirklich gleich schüttet." Die anderen beiden teilten ihre Meinung und so trugen sie rasch das schmutzige Geschirr und die Essensreste in die Küche und brachten dann auch noch die Sitzpolster ins Trockene.

Da die Reste der Grillkohle noch nicht vollständig erkaltet war und somit noch nicht entsorgt werden konnte, sorgte Maximilian nur dafür, dass kein Regen in den Grill fallen und die weiße Asche zur Matsche werden lassen konnte. Im Wohnzimmer saßen er und seine Frau und seine Schwägerin dann noch etwa eine Stunde herum, bevor sie nach und nach zu Bett gingen.

Am nächsten Morgen brachte Emily ihre Schwester und deren ganzes Gepäck bereits früh zum Flughafen. Während Aubrey ihr Ticket holte, besorgte die 52-Jährige erst mal Kaffee in Pappbechern aus der hiesigen Bäckerei. "Und alles geklappt?" fragte Emily als ihre Schwester wenig später mit dem Tickend zu ihr zurückkehrte und reichte ihr einen der beiden Becher. "Ja," erwiderte Aubrey und nahm den Becher Kaffee dankend gehend. "Ich muss zu Gate .. 103", fügte sie mit einem kurzen Blick auf ihr Flugticket hinzu, nachdem sie einen Schluck Kaffee genommen hatte." Emily sah sich nach einem Hinweisschild um und wies dann mit dem freien Arm in die Richtung: "Das muss in der Richtung liegen," sagte sie und die beiden Frauen machten sich auf den Weg.

"Ach Schade, dass wir nicht noch ein paar Tage mehr miteinander verbringen können," seufzte Aubrey und schon den Wagen mit ihrem Gepäck vor sich her, während mit einer Hand immer noch den Becher mit Kaffee hielt. "Ja, ich wünschte mir auch, du würdest noch ein wenig länger bleiben", entgegnete ihre Schwester, stürzte den Rest Kaffee in ihren Mund und war den Becher in den Mülleimer, an welchem sie gerade zufällig vorbei gekommen waren. "Das nächste Mal kommst du mich besuchen," meinte Aubrey, "dann machen wir New York unsicher!" Emily schmunzelte und erwiderte: "Ja, das machen wir." Nach einer Pause fügte sie noch hinzu: "meine Ehering nehme ich dann aber nicht mit!" Sie lachten beide und mussten kurz darauf feststellen, dass sie bereits am Gate 103 angekommen waren.

Für einige Minuten schwiegen sich die beiden Frauen nur an, da keine so recht wusste, was sie noch groß sagen sollte angesichts des Moments des Abschiedes. Dann fielen sie sich plötzlich in die Arme und versuchten beide die Abschiedstränen zu unterdrücken.

"Du wirst mir fehlen!" meinte Aubrey und sah ihre Schwester an, sie tat das gleiche und beide lächelten, als sie die Träne jeweils im Gesicht der anderen sahen. "Du wirst mir auch fehlen", erwiderte Emily und drückte sie noch mal fest an sich. Es fielen beiden schwer, voneinander los zu lassen. Aber dann ertönte eine mehrsprachige Durchsage, die alle Passagiere für den Flug nach New York aufforderte, zum Gate 103 zu kommen da das Flugzeug in den nächsten 15 bis 20 Minuten abheben würde.

Langsam lösten sich die beiden Frauen aus der gegenseitigen Umarmung und die 54-Jährige ging wieder zu ihrem Gepäckwagen. "Tja dann muss ich wohl,ne?" sagte sie und sah ihre Schwester noch einmal an. "Pass auf dich auf, Süße ja?" Ihre Schwester nickte und entgegnete: "Du auch auf dich.. Und ruf, wenn du gelandet bist." " Das werde ich," erwiderte Aubrey, lächelte und ging dann los zum Gate. Die 52-Jährige sah ihrer Schwester nach bis sie das Gate betreten hatte und außer Sicht war, dann wandte sie sich um ging Richtung Ausgang, um heim zu fahren.

Obwohl sie und ihre Schwester schon sehr oft Abschied voneinander genommen und sich dann längere Zeit nicht mehr sahen, so wurde Emily dennoch auch weiterhin jedes Mal das Herz schwer, wenn sie sich voneinander verabschiedeten. Was sicherlich auch wieder daran lag, dass die beiden schon als Kinder eine sehr enge Bindung zueinander hatten und dementsprechend auch einst wie unzertrennlich gewesen waren. Aber auch ihre Brüder vermisste die 52-Jährige sehr oft und ertappte sich auch des öfteren, wie sie sich wünschte, dass ihre Geschwister nicht alle soweit weg wohnen würden und sie sich viel öfter sehen könnten.

Mit einem großen Seufzen setzte sie sich hinter das Steuer ihres Wagens, betrachtete ein Flugzeug, das gerade am Himmel vorüber zog und dachte ein letztes Mal an ihre Schwester. Dann startete sie den Motor und fuhr wieder nach Hause. Eigentlich wollte sie heute schon mal zu ihrem Buchladen fahren und dort nach dem Rechten sehen, aber dann hatte sie sich spontan um entschieden und wollte jetzt erst mal die Küche auf Vordermann bringen. Denn dort standen immer noch die Essensreste sowie das dreckige Geschirr rum.


Kaum zu Hause angekommen machte sich die 52-Jährige auch so gleich an ihr Vorhaben; dabei stellte das sie das Küchenradio auf ihren Lieblingssender ein und drehte anschließend noch die Lautstärke lauter. Zur Musik mitsingend machte sich Emily also nun ans Aufräumen und Saubermachen der Küche und war damit so beschäftigt, dass sie alles andere um sich herum vergaß.

So bekam sie auch nicht mit, dass plötzliche Schritte auf der Treppe erklangen und zuckte dementsprechend für einen Moment zusammen, als plötzlich eine noch halbverschlafene Avery mit zersausten Haaren im Türrahmen der Küche stand.

" Entschuldige, wollte dich nicht erschrecken," sagte die 27-Jährige, was mit ihre Mutter mit einer Handbewegung abtat. "Schon ok," erwiderte sie, während sie die letzten schmutzigen Teller in die die Spülmaschine räumte, "mir tut's leid, dass ich dich geweckt habe." "Schon ok, entgegnete ihre Tochter und riss den Mund zu einem großen Gähnen auf, bevor sie fort fuhr: "Wolltest du nicht ins Geschäft fahren, nachdem du Tante Aubrey zum Flughafen gebracht hast?" "Ja," erwiderte ihre Mutter und startete das Waschprogramm der Spülmaschine, " dann habe ich mir aber überlegt, dass ich erst noch die Küche sauber mache und anschließend zum Laden fahre." Sie wischte noch einmal den Küchentisch ab und ließ dann noch mal den Blick durch Raum wandern, ob auch wirklich alles aufgeräumt und sauber war. Avery wandte sich unterdessen um und stieg wieder die Treppe hoch, entweder um sich noch einige Zeit hinzulegen - denn sie hatte heute wieder Spätschicht und es war erst kurz nach 09.00 - oder auch um sich zu waschen und die Zähne zu putzen.

Wenig später verabschiedete sich Emily von ihrer Tochter und machte sich nun endlich auf den auf den Weg in die Innenstadt, um in ihrem Buchladen nach dem Rechten zu sehen. Nicht, dass sie ihren Mitarbeitern/innen nicht vertraute, aber was für eine Chefin wäre sie, wenn sie nicht dann und wann vorbei schauen würde? Schließlich hatte sie - wenn auch aus einem triftigen Grund - bereits seit fast 2 Wochen nicht mehr ihren Laden betreten gehabt.

Der Tod eines geliebten Menschen sowie auch inbesondere die Bewältigung des damit einhergehenden Verlustes für immer war nun mal für jeden Menschen einfach und machte es nun mal auch schwer, sich auf die Arbeit konzentrieren zu können. Aber nun, nun war die 52-Jährige der Meinung, dass es an der Zeit wäre sich wieder ums Geschäft zu kümmern.

So machte sie sich also auf den Weg zum Zentrum jener Kleinstadt, in welcher sie mit ihrer Familie lebte. Dort parkte ihren Wagen und betrat dann ihren Buchladen, welcher unweit des hiesigen Rathaus zwischen einigen anderen kleinen Geschäften, davon zwei Modeboutiquen gelegen war. Es war nur eine Kundin anwesend, welche auch gerade ihr bestelltes Buch bezahlt hatte und nun mit eben diesem in der Hand den Laden verließ. Die 52-Jährige hielt ihr die Tür auf, durch welche sie selbst so eben eingetreten war und die Kundin bedankte sich freundlich. Während die Tür von alleine zu schwing, ging Emily weiter zwischen den kleinen und großen Regalen vorbei auf den runden Tresen zu, auf welchem die Kasse war.

"Hey," wurde sie von ihrer Mitarbeiterin und langjährigen Freundin Silke May begrüßt, welche auch gleich den Verkaufstresen umrundete, um Emily herzlich zu umarmen. Die beiden Frauen drückten sich und dann fragte Silke: "Alles gut?" Die 52-Jährige nickte und erwiderte: "Das Haus ist ausgeräumt, jetzt müssen nur noch die Möbel und Haus selbst verkauft werden. Aber das geht ja nicht von heute auf Morgen. Meine Geschwister sind nun alle wieder heim und ich brenne darauf, mich wieder auf die Arbeit zu stürzen, da ich es allmählich zu Hause nicht mehr aushalte." Silke schmunzelte und verbrachte dann die nächste knappe Stunde damit, ihre Chefin auf den neusten Stand zu bringen.

Während Emily's Abwesenheit hatte sich - sehr zu ihrer Freude - eigentlich nichts wirklich Gravierendes ereignet. Und dass man sich als selbstständiger Buchladen mehr oder weniger Tag für Tag gegen die Großkonzerne mit ihren zahllosen Buchhandlungen behaupten musste, die sich über ganz Deutschland verteilten, war ja letztlich schon lange Alltag; und darüber hinaus hatten auch alle anderen kleinen Läden/Geschäfte in im Grunde allen möglichen Branchen genauso zu kämpften. Und bisweilen hielt sich Emily und ihr Team von insgesamt 4 Angestellten sich doch recht gut.

Nachdem sie erfahren hatte, was sich alles während ihrer Abwesenheit so hier im Laden ereignet hatte, machte sich Emily daran, im Hinterzimmer (welches sowohl Büro als auch Lagerraum war) die Post nach wichtigen Briefen durch zu sehen und anschließend diverse Büroarbeiten zu erledigen. Zwar hatte Silke letzteres bereits teilweise getan, aber die 52-Jährige konnte und wollte es nicht zu lassen, dass diese das Alles alleine tat.

So verging die Zeit, der Nachmittag kam und ging wieder vorüber. Es war früher Abend, als Emily nach Hause kam, wo sie auch sogleich von ihrem Ehegatten begrüßt begrüßt wurde. "Wie war dein Tag, Schatz?" fragte er nachdem er sie geküsst hatte, "Ganz ok, und deiner?" erwiderte sie und legte für einen Moment den Kopf auf seine Brust. "Ach," erwiderte Maximilian und strich ihr über das Haar,"der übliche Wahnsinn im Büro." Einen weiteren Kuss, dann begab sie sich nach oben ins Bad, um ein Entspannungsbad zu nehmen, während er wieder im Wohnzimmer Platz nahm, um weiter fern zu sehen.

Während sich die Badewanne nach und nach mit warmen Wasser füllte und dabei hinzufügte Schaumbad immer mehr Blasen warf, zog sich Emily schon mal aus und ließ gleichzeitig noch einmal den heutigen Tag Revue passieren. Insbesondere an ihre Schwester dachte sie, wie auch an ihr Gespräch über die vermeintlichen Tagebücher ihrer verblichenen Mutter. Sollte sie es wirklich wagen, diese zu lesen?

Letztlich hatte Aubrey wohl recht damit, wenn sie sagte, dass ihre Mutter die betreffenden Bücher sicher nicht über so viele Jahre aufbewahrt hätte, sollte sie nicht gewollt haben, dass jemand sie eines Tages findet und liest. Als die Wanne voll genug mit Wasser war, stellte die 52-Jährige den Wasserhahn ab und stieg langsam hinein.

Sie ließ sich nieder, dachte noch einige Zeit über die Worte ihrer Schwester nach und beschloss dann, ihren Rat zu befolgen. Dann legte sie den Kopf auf den abgerundeten Wand der Badewanne und schloss die Augen, um sich zu entspannen.

Etwa eine dreiviertel Stunde blieb sie so im Wasser und entspannte sich, damit sie den Kopf frei kriegte. Die Haare hatte sie erst gestern gewaschen, weshalb sie es jetzt nicht tat, aber die Beine rasierte sie sich noch. Anschließend stieg sie aus der Wanne und zog den Stöpsel, um das Wasser abzulassen.

Nachdem sie sich mit dem großen Duschhandtuch abgetrocknet hatte, cremte sie sich vollständig mit Bodylotion ein. Im Bademantel gehüllt schritt sie schließlich barfuß über den Flur des Obergeschosses ins Schlafzimmer und zog dort schon mal einen frischen Pyjama an. Dann näherte sich die 52-Jährige der Truhe, die in einer Ecke des Zimmers stand und in welcher sich immer noch die Bücher ihrer Mutter befanden.

Einige Sekunden stand sie erneut zögernd davor, dann gab sie sich einen Ruck und klappte den Deckel auf. Mit einem der in Leder gebundenen Bücher ließ sich die 52-Jährige aus Bett nieder und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil. Ihre Lesebrille hatte sie bereits aufgesetzt - manche Altersdefizite machten auch vor Frauen mit junggebliebener Haut nicht Halt.

Auch wenn Emily anfangs beim Lesen der alten Frakturschrift Probleme hatte, die meisten Wörter überhaupt entziffern zu können, so schien sie sich dennoch umso rascher an die Schrift zu gewöhnen, wie länger sie las. Schon Bald war sie vollkommen in die Zeilen vertieft, die ihre verblichene Mutter einst nieder geschrieben hatte, und hatte die Welt um sich herum vollkommen vergessen. Sie hatte ohne langes Überlegen das nächstbeste Buch ergriffen gehabt und dieses stellte sich dann als das erste Tagebuch raus.

30. Januar 1933 (Abends)

War mit meiner Mutter am Nachmittag einkaufen, überall war das Foto von diesem Adolf Hitler zu sehen und die Leute auf der Straße sprachen auch nur von ihm. Habe gehört wie einer ihn Retter der Nation nannte... Habe dann zu Hause Mutter und Vater gefragt, wen dieser Hitler retten soll. Vater meinte, er würde unser Land wieder groß machen. Das habe ich nicht so wirklich verstanden, aber ich wollte Vater nicht mit weiteren Fragen nerven... das gehört sich nicht!

30. Januar 1933 (Nacht)

Eigentlich sollte ich schlafen... aber draußen geht es sehr laut zu, dachte zunächst irgendwo würde es brennen, weil so viele Leute auf der Straße vor unserem Haus standen... sie unterhielten sich oder liefen hin und her.... Meine Schwestern und ich habe sie von unserem Fenster aus gesehen, aber ein Feuer ist nicht zu sehen! Auf jeden Fall waren es nur Erwachsene, manche hatten glaube ich Uniformen an... einer trug eine Fahne und die anderen gingen in einer Reihe hinter ihm her... ob die sich wegen dem Hitler so aufführen?

31. Januar 1933 (Vormittag)

Unsere Mutter wollte heute Morgen, dass wir unsere schönsten Sonntagskleider anziehen. Als ich fragte wieso, meinte sie, heute sei ein besondere Tag! Ob das auch was mit dem Adolf Hilter zu tun hat? Seit gestern Abend sprechen die im Fernsehen nur noch von ihm und auf der Straße sprechen die Erwachsenen von nichts anderen... Viele haben wie wir Kinder ganz fein geszogen, Mutter und Vater auch ... ich finde es komisch, soviel Wirbel zu machen wegen diesem Hitler

4. Februar 1933 (Nachmittag)

Noch immer wird viel von diesem Adolf Hilter gesprochen... Beim Einkaufen mit Mutter höre ich ständig irgendwelche Erwachsene von ihm reden und in den Nachrichten wird er auch immer wieder erwähnt... Habe meinen Vater noch nie so stolz erlebt! Für mich und meine Geschwister ist es unverständlich, wieso die Erwachsenen sich so über diesen einen Mann, diesen Hitler freuen! Aber wahrscheinlich sind wir Kinder auch einfach noch zu jung um das zu verstehen...

28. Februar 1933 (Vormittag)


Gestern Abend soll es in der Stadt gebrannt haben! Ich habe gehört, wie unser Nachbar ganz aufgeregt zu meinem Vater eilte und es ihm erzählt hat... der Reichtag (so hieß das Gebäude) sei von irgendwelchen Kriminellen angezündet wurde; so wie ich es verstanden habe, war das Gebäude von der Regierung

28. Februar 1933 (Abend)

Meine Geschwister und ich waren am Nachmittag in der Stadt unterwegs... wir sind zu diesem Gebäude gelaufen, was gestern Abend gebrannt hat... sieht komisch aus! Die Mauern sind richtig schwarz; das kommt vom Ruß des Feuers hat mir mein großer Bruder Hermann erklärt... das Dach ist auch weg; ich würde da nicht mehr wohnen wollen

5. März 1933 (Nachmittag)

In der ganzen Stadt sind Plakate festgeklebt wurden und Leute verteilen Flugblätter; manche tragen wieder so braune Uniformen... Mutter sagt, heute gäbe es eine Wahl... da machen die Erwachsene ein Kreuz hinter dem Namen einer Person, die sie gut finden - also wie bei Adolf Hitler

9. März 1933 (Nachmittag)

Auf dem Heimweg von der Schule haben meine Geschwister und ich einen Mann in einem Holzkarren sitzen sehen, der von einem Pferd über die Straße gezogen wurde. Neben dem Wagen liefen wieder Männer mit Uniform mit; das sind wohl Polizisten... der Mann muss also ein Krimineller sein, den sie gefasst haben... ob das der ist, der das große Gebäude vor einigen Wochen angezündet hat?

Das Geräusch der aufgehende Tür des Schlafzimmers riss Emily plötzlich aus dem Bann, der sich über sie gelegt hatte, als sie mit dem Lesen des ersten Tagebuches begonnen hatte. Ihr Ehegatte trat herein, schloss die Tür hinter sich und zog sich um. Seine Frau legte unterdessen das buch geschlossen auf ihren Nachttisch, wobei sie zu ihrer Überraschung feststellte, dass es bereits nach 22.00 Uhr war - sie war also mit dem Lesen beschäftigt gewesen, dass sie vollkommen die Zeit vergessen hatte.

Erstes Tagebuch Teil 2 (Kapitel 7)

"Na," sagte Maximilian und legte sich zu ihr ins Bett, "ist wohl eine fesselnde Lektüre?" "Naja," erwiderte Emily, küsste ihn und kuschelte sich dann an ihn. Eine Weile lagen sie nur so da und spürten und genossen die Nähe des jeweils Anderen. "Hab ich dir eigentlich gesagt, dass ich dich liebe?" fragte er schließlich und strich ihr sanft über den Kopf. Sie tat als müsste sie erst mal über diese Frage nachdenken und erwiderte dann: "Ich glaube schon, aber ich höre es immer wieder gerne!" Es folgte ein weiterer Kuss auf den Mund und - aus einem ganzen spontanen Impuls heraus - sollte es in dieser Nacht nicht dabei bleiben.

Zwar waren die beiden schon über jene Zeiten ihrer Beziehung bzw. Ehe hinaus, in denen Sex ein mehr oder weniger hohen Stellenwert einnahm; aber das hieß natürlich nicht, dass sie gar keinen mehr hatten. Denn schließlich konnten und durften auch Menschen mittleren Alters immer noch die gleichen Bedürfnisse von sexueller Natur haben wie junge Menschen.

So fingen Emily und Maximilian also spontan an sich gegenseitig zu liebkosen sowie sich einander zärtlich zu streicheln, während sie sich nach und nach ihrer Kleidung entledigten. Die Küsse ihres Mannes fühlten sich heiß und leidenschaftlich auf ihrem Körper an, während sie da lag und das Vorspiel genoss. Schließlich streifte er ein Kondom über und drang mit seinem erregten Genital in sie ein, was Emily dazu brachte, lustvoll aufzuseufzen.

Die Sonne war bereits aufgegangen, als die 52-Jährige am nächsten Morgen - Samstag - erwachte; 9.25 zeigte das Display ihres Radioweckers an. Mit einem Gähnen drehte sich Emily auf die andere Seite und stellte fest, dass ihr Ehegatte bereits wach und aufgestanden war. Vor ihrem inneren Auge ließ sie noch einmal die vergangene Nacht Revue passieren und meinte auch sogleich wieder die wilde Leidenschaft in ihren Lenden.

Es war einfach so unbeschreiblich schön gewesen, der Sex mit ihrem Ehegatten; vor allem weil Emily dadurch für eine Weile abgelenkt war und nicht immer nur an ihre verstorbene Mutter oder an deren Tagebücher denken ließ. Der Sex wie auch die wilde Leidenschaft, die Emily und Maximilian letzte Nacht beherrscht hatte, war einfach die pure Entspannung für die Seele gewesen. Nachdem sie beide ihren Orgasmus gehabt hatten, war die 52-Jährige rasch in den Armen ihres Mannes eingeschlafen und hatte bis eben so gut geschlafen wie schon seit langem nicht mehr.

Aber da sie nun wach war und auch die Müdigkeit rasch aus ihrem Körper verschwand, wollte Emily nicht länger im Bett bleiben. Sie warf die Decke zurück und stellte überrascht fest, dass sie vollkommen nackt geschlafen hatte. Der Sex war also sogar so gut gewesen, dass ich hinterher nicht mal mehr die Kraft hatte, mich wieder anzuziehen, dachte sie und musste dabei grinsen. Nachdem sie die Beine aus dem Bett geschwungen hatte und aufgestanden, überlegte sie ernsthaft, ob sie sich nun anziehen sollte, bevor sie das Schlafzimmer verließ und nach unten ging.

Doch sie fühlte sich noch immer so entspannt von der letzten Nacht, dass sie letztlich entschied, dass sie heute einfach nur ihren Morgenmantel nehmen wollte, um ihre Blöße zu verdecken. So gekleidet machte sich die 52-Jährige auf dem Weg nach unten in die Küche, wo Maximilian bereits angekleidet am Küchentisch saß und die Tageszeitung las.

"Oh la la," sagte er und erhob sich als seine Ehegattin das Zimmer betrat, um sie zu begrüßen. "Na, schönste Frau?" Sie schmunzelte zog ihn an sich und sagte: "Na, allerschönste Mann?" Die beiden küssten sich erneut mit der Leidenschaft frisch Verliebter und fast gleichzeitig lüftete Emily den oberen Teil ihres Morgenmantels. Auch wenn so nur für wenige Sekunden ihre nackte Brüste zum Vorschein kamen, reichte es aus, um ihrem Ehegatten verstehen zu geben, dass sie unter dem Morgenmantel vollkommen nackt war. "Hrrrrrrrr," machte Maxmilian und küsste sie erneut voller Leidenschaft und sie erwiderte es mit einem Zungenkuss.

"Oh mein Gott," sagte eine Stimme von der Tür und als die beiden sich umwanden, sahen sie ihre Tochter Avery dort stehen. Die 27-Jährige hatte das Wochenende ebenfalls frei, da sie eine Woche zu vor für eine Kollegin eingesprungen war, die aus privaten Gründen ihr Dienstwochenende tauschen musste. "Benehmt euch bitte mal," mahnte Avery und schenkte sich eine Tasse Kaffe ein,"schließlich seid ihr schon lange keine 16 Jahre alt mehr, um einen auf frisch verliebt zu machen." "Nana," entgegnete ihr Vater mit erhoben Zeigefinger,"nicht so frech Fräulein, du wirst auch mal so alt werden wir es jetzt sind."

"Püüüh," machte ihre Tochter nur, gab ihren Eltern dann aber jeweils einen Kuss auf die Wange, als Zeichen dass sie nur Spaß machte. Dann nahmen alle ihre Tassen mit Kaffee in die Hand, tranken einen Schluck und sprachen dann über die jeweiligen Pläne für den heutigen Tag.

Avery hatte bis zum Vormittag vor zu chillen - wie die jungen Leute es heutzutage nannten - und wollte dann am Nachmittag zu Sven fahren; gemeinsam wollten sie dann gegen Abend in eine Disco gehen. Ihre Mutter wollte (natürlich nachdem sie sich gewaschen und angezogen hatte) zunächst im Garten um ihre Rosenbüschen kümmern und sich ansonsten weiter mit den Tagebüchern beschäftigen, ihr Vater würde unterdessen den Rasen mähen und anschließend einigen Gartenmöbeln zu Leibe rücken, da diese seit langem schon abgeschliffen und neu angestrichen gehörten. "Dann bis später," meinte Avery schließlich und zog sich schon wieder in ihr Zimmer zurück, um sich schon mal das richtige Outfit für heute Abend aus zu suchen.

Nachdem Emily sich dann gewaschen und angezogen hatte, begab sie sich mit Maximilian in den Garten und schloss die Gartenhütte auf, wo neben einigem Gerümpel auch sämtliches Werkzeug sowie auch so ziemlich jedes weitere Zubehör für den Garten befand. Während die 52-Jährige sich wie geplant liebevoll um ihre Rosenbüsche kümmerte, warf ihr Ehegatte den Rasenmäher an, fuhr diesem systematisch über den Rasen und fuhr später noch mit dem Kantenschneider an den Rändern der Grünflächen entlang.


So waren die beiden also sehr beschäftigt und vergaßen die Zeit. Es war schließlich bereits nach Mittag, als Emily die kleine Gartenschere sinken ließ und sich aufrichtete. "Gott," sagte sie,"ich glaube ich werde langsam zu alt um lange in der Hocke zu arbeiten." Ihr Mann war bereits fertig mit dem Rasen mähen und hatte die dazu benötigen Gerätschaften auch schon wieder zurück ins Gartenhaus gebracht. Jetzt bereitete er alles vor, um die Holzmöbeln abzuschleifen und neu anzustreichen.

"Ach was," rief er ihr zu, während er seiner Schleifmaschine ein neues Blatt einlegte. "Du stehst doch noch in der vollen Blüte deines Lebens." Sie verdrehte die Augen und rief zurück:"Du alter Charmeur!" Dann musste sie grinsen und sie wusste, dass Maximilian es auch tat. Es war einfach schön zu wissen, wie sehr man selbst nach so vielen Ehejahren noch immer so innig geliebt wurde, dachte die 52-Jährige und abermals musste sie dabei an den tollen Sex von letzter Nacht denken.

Dann räumte sie ihr Gartenwerkzeug und alles andere weg und begab sich anschließend ins Haus, um aus ihrem Schlafzimmer, das erste Tagebuch zu holen, da sie nun weiter darin lesen wollte. Mit einer Flasche Limonade und einem Glas machte Emily es sich dann auf der Hollywoodschaukel gemütlich, suchte die Stelle im Tagebuch wo sie gestern aufgehört hatte und las weiter.

11. März 1933 (Nachmittag):

Ein paar Männer haben sich auf der Straße geprügelt, drei oder vier haben auf einzelnen eingeprügelt... ich fand es sehr unfair, soviel gegen einen... ich frage mich, wieso niemand der anderen Erwachsen dem einen geholfen hat... Mutter sagt der eine sei Jude... bin mir jetzt nicht sicher, ob Jude sein etwas schlechtes ist

19. März 1933 (Nachmittag):

Auf dem Heimweg von der Schule haben meine Schwester und ich zwei Männer in Uniformen gesehen, die einem jungen Mann im Anzug die Haare abgeschnitten und dabei gelacht haben... ein anderer hat sogar ein Foto davon gemacht...

21. März 1933 (Nachmittag):

Heute war wieder ein besonderer Tag, denn wir Kinder mussten wieder unsere Sonntagskleidung anziehen... wir durften heute sogar früher als sonst von der Schule nach Hause laufen... Mutter und Vater sind dann mit uns zu diesem Gebäude gegangen, was erst abgebrannt und jetzt neu aufgebaut wurde... das Ganze wurde wie ein großes Fest gefeiert... habe jetzt sogar mal diesen Adolf Hitler gesehen... ich finde er sieht mit seinen Haaren und dem kleinen Bart irgendwie ulkig aus; aber das behalte ich lieber für mich, denn glaube nicht dass Mutter und Vater das auch so sehen... sie halten viel von diesem Mann und ich will sie nicht verärgern

23. März 1933 (Vormittag):

Heute sind wieder viele Leute (viele in braunen Uniformen) mit Fahnen und laut jubelt durch die Straßen der Stadt gezogen.... Vater sagt, dass ist wegen dem Hitler, der hat irgendwas Tolles gemacht... also als Politiker .. und das freut die Erwachsenen

24. März 1933 (Nachmittag):

Wieder haben Männer auf einen anderen auf der Straße eingeschlagen... sie hatten diese braunen Uniformen an, das müssen also Polizisten sein... Aber wieso schlagen sie einen Mann zusammen und schleppen ihn dann weg? Ist er kriminell? Oder auch ein Jude? Verstehe immer noch nicht was daran schlimm sein.. das ist doch so wie ich und meine Brüder.. ich bin ein Mädchen und sie Jungs und daran ist ja auch nichts schlimmes

1. April 1933 (Abend):


Heute Nachmittag war ich mit Mutter einkaufen... das war voll komisch, denn vor sehr vielen Geschäften standen Männer mit diesen braunen Uniformen.. sie hatten irgendwelche Plakate an die Fenster geklebt und ließen keinen ins Geschäft rein... verstehe zwar nicht wieso, aber glaube das machen die nur, um die Leute zu schützen ... doof ist nur, dass Mutter nicht im Laden von Herr und Frau Kaufmann war, weil die Männer in Uniform wollten sie nicht rein lassen.. dabei gibt es dort leckere Süßigkeiten.. ich hätte mir auch was aussuchen dürfen.. ach hätten wir doch nur in diesen schönen Laden gedurft

10. April 1933 (Nachmittag):

Gestern Männer in Uniform Herr Meier aus seinem Haus geholt und mitgenommen... Herr Meier wohnt nur ein paar Häuser die Straße hinunter mit seiner Frau... hätte nie gedacht, dass er böser Mensch wäre, er schien immer so nett und seine Frau auch! Aber wenn die Polizisten ihn mitnehmen muss er schlimmes getan haben!

12. April 1933 (Abend):

Heute habe ich beim Spiel mit bekommen, wie meine Mutter mit Fr. Meier über deren Mann gesprochen hat... Herr Meier ist verhaftet wurden und auch viele andere anderen Leute hätten die Männer in Uniform mitgenommen (sagt Fr. Meier)! Mutter konnte mir nicht erklären, wieso so viele Leute jetzt verhaftet werden und wohl nicht mehr nach Hause dürfen!

19. April 1933 (Nachmittag):

Meine Brüder gehen mittlerweile alle nach der Schule zu dieser neuen Organisation für Jugendliche... Hitlerjugend heißt sie, glaube ich... ob die von diesem Adolf Hilter gegründet wurde? Wenn ja, dann scheint er wirklich vieles Gutes zu tun, wenn er sogar an die Kinder denkt... Meine Brüder erzählen voller Stolz was sie bei den Treffen dieser Hitlerjugend machen... Spiele, Sport und sogar Zelten gehen sie... ich finde es echt doof, dass nur Jungs da mitmachen dürfen... will auch das machen was die machen und Spaß haben

24. April 1933 (Nachmittag):

In den letzten Tagen ist nichts besonderes passiert... habe auch keine Männer mehr gesehen, die irgend wen verprügeln oder einem die Haare abschneiden auf offener Straße... auch über diesen Hitler wurde nun schon eine Weile nicht mehr gesprochen von den Erwachsenen

27. April 1933 (Abend):

Vater hat immer noch keine neue Arbeit gefunden, das macht ihn sehr traurig.. schließlich braucht die Familie Geld, nur leider hat er kein Erfolg bei seiner Arbeitsuche... ich wünschte, ich könnte ihm helfen... war eben kurz bei ihm, um ihn zumindest ein wenig auf zu muntern; hoffe es hat geklappt

29. April 1933 (Abend):

Bin sauer auf meine Mutter! Ich weiß ich darf das nicht, aber sie war so gemein zu mir... ich war heute mit meiner besten Freundin aus der Nachbarschaft spielen, Judith Bodenheimer heißt sie... als meine Mutter uns sah, kam sie angerannt und hat mich einfach geohrfeigt... ich darf nie wieder mit Judith spielen und auch nicht in ihre Nähe kommen, sagt sie! Sonst wird mir Vater den Hinter versohlen... ich weiß nicht, wieso ich nicht mehr mit ihr spielen soll... aber Mutter und Vater wissen sicher, was das Beste für mich und meine Geschwister ist.

"Bis Morgen," rief plötzlich eine Stimme und Emily sah von ihrer Lektüre auf. Avery stand in Durchgang der offenen Terrassentür und winkte ihr zu. "Bis Morgen," erwiderte die 52-Jährige und winkte zurück, " Viel Spaß!" Ob ihre Tochter ihre letzten Worte noch gehört hatte konnte sie nicht wissen, denn die 27-Jährige war bereits wieder verschwunden.

Mit einem leichten Seufzen wandte sich Emily wieder dem Tagebuch zu, las jedoch nicht weiter. Auch wenn Avery nun schon erwachsen war und gewiss auf sich selbst aufpassen konnte (ganz zu schweigen davon dass Sven sicher nie zu lassen würde, dass ihr was passiert), so kam die 52-Jährige trotzdem nicht umhin, sich dann und wann Sorgen um ihre Tochter zu machen - was vermutlich allen Eltern an manchen Tagen erging. Insbesondere in der heutigen Zeit, in welcher man mehr oder weniger täglich von irgendwelchen schrecklichen Gewalttaten und/oder sonstigen schlimmen Dingen in der Zeitung las. Im Grunde, so dachte Emily düster, hat sich die Menschheit seit der Nazizeit und ganz besonders seit dem zweiten Weltkrieg nicht wirklich weiter entwickelt.

Und gerade jetzt, wo diese eindeutig rechts gesinnte AfD-Partei mit ihren ständigen Äußerungen gegen die Flüchtlinge für jede Menge Wirbel in der deutschen Gesellschaft verursachte, musste man leider befürchteten, dass sich dieser dunkle Teil der deutschen Geschichte möglicherweise wiederholte und am Ende sogar der dritte Weltkrieg ausbreche konnte. Abermals seufzte die 52-Jährige und dachte an ihre Mutter und deren Kriegserlebnisse.

Zwar hatte ihre Mutter nie wirklich über ihre Erinnerungen an die Nazizeit oder an den zweiten Weltkrieg gesprochen, aber natürlich hatten ihre Kinder so einiges im Geschichtsunterricht in der Schule über diese Themen gelernt. Hildegard Brown dagegen schien sich nicht an diese Zeit erinnern zu wollen, denn die 52-Jährige konnte sich jetzt - wo sie angefangen hatte das erste Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter zu lesen - plötzlich daran erinnern, wie emotional diese einst reagierte hatte, als ihr Bruder Brian ihre Mutter danach fragte, wie sie die Verfolgung der Juden durch die Nazis empfunden hatte (Grund für die Frage war damals ein Referat gewesen). Und Hildegard Brown hatte daraufhin ihn und auch all ihren anderen Kinder im scharfen Ton verboten, sie je wieder danach zu fragen.

Und jetzt wo Emily sich daran erinnerte, fragte sie sich, ob ihre Mutter vllt eine Art Trauma aus dieser Zeit entwickelt hatte, welches sie nie bzw. nie wirklich verarbeiten konnte. War das denkbar? Wenn ja, wieso hatte sie dann ihre Tagebücher all die Jahre aufgehoben, in welchen sie ebenjene Erinnerungen niedergeschrieben hatte? Denn die 52-Jährige hatte sich ausgerechnet, dass ihre Mutter damals zwischen 10 und 13 Jahre alt gewesen sein musste, als die Nazis damals die Macht über die Nation vollends an sich rissen. Und angesichts der Anzahl wie auch der nicht gerade geringen Menge an Seiten der Tagebücher musste Hildegard Brown auch nach dem Krieg weiter darin geschrieben haben.

Einige Minuten lang versuchte Emily sich wieder in das Tagebuch zu vertiefen, doch sie hatte auf einmal nicht mehr die Ruhe weiter zu lesen und gab es daher schließlich auf. Als sie dann den Blick durch den Garten schweifen ließ, fiel der 52-Jährigen plötzlich auf, dass ihr Ehegatte gar nicht mehr da war. Rasch legte sie das Buch beiseite und stand dann auf, um zu schauen, wo er sein könnte und ob es ihm gut ging.

Zunächst sah sie im Gartenhäuschen nach, konnte Maximilian dort jedoch nicht finden; daher lief sie ums Haus rum zur Garage, wo er auch die Farbe für die Gartenmöbel lagerte. Doch auch dort hielt sich ihr Ehegatte nicht. Ganz ruhig, sagte die 52-Jährige zu sich selbst und bemühte sie sich, nicht die große Panik zu kriegen. Es ging ihrem Mann sicher gut und er würde sicher gleich wieder auftauchen und alles ist gut.

Emily lief den gleichen Weg wieder zurück in den Garten und gerade als sie die Terrasse ansteuerte, um im Haus nach ihrem Ehegatten zu suchen, tauchte dieser auf ebenjener aus dem Haus kommend aus.

"Wo warst du?" fragte die 52-Jährige und umarmte ihn kurz, er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste sie sanft auf dem Mund. Dann antwortete er: "Ich war drin. Wir wollten doch Pizza essen heute, schon vergessen?"

Tatsächlich war Emily so ins Lesen des Tagebuches vertieft gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass es schon lange nach Mittag war und sie noch gar nichts gegessen hatte. Als Maximilian fertig war mit dem Abschleifen und ersten Anstreichen der Gartenmöbel, hatte er sich gedacht, er bestellt schon mal Pizza - ohne seine Ehegattin beim Lesen zu stören. Die Bestellung war einfach gewesen, da er ja wusste, dass sie immer die gleiche Pizza mit einem italienischen Salat auswählte.

Ein Lächeln umspielte den Mund der 52-Jährigen, als sie ihm einen Kuss gab und ihm dabei auch die Zunge in den Mund schob, bis diese auf die seine traf. Nachdem sie noch einige Minuten eng umschlungen wie frisch Verliebte rumgeknutscht hatten, löste sie sich von einander und gingen gemeinsam ins Haus.

Gemeinsam betraten sie die Küche und während Emily zwei Teller eine Gabel sowie ein großes Messer zum Teilen der Pizzen holte, machte sich Maximilian ein Bier auf und nahm einen ersten großen Schluck darauf. Dummerweise löste dies einen Unterdruck aus, welcher den Bierschaum wie ein kleine Fontäne raussprudeln an der Flasche hinunter auf den Fußboden tropfen ließ.

Ein wenig fluchend wischte Maximilian den Boden und die Flasche außen sauber, bevor er dann seiner Frau zurück auf die Terrasse folgte, wo sie in gegenseitiger Umarmung auf der Gartenbank saßen und die Stille genossen, welche lediglich dann und wann vom hungrigen Grummeln ihrer Mägen unterbrochen wurde.

So saßen sie eine ganze Weile und war am Ende so in Gedanken versunken, dass für einen Moment zusammenzuckten, als das Geräusch der Türklingel durch die offene Terrassentür zu ihnen drang. Maximilian ging ins Haus, um die Bestellung entgegen zu nehmen und Emily stellte derweil die beiden Teller ordentlich auf den Gartentisch; die Tischdecke hatte die 52-Jährige vorsichtshalber vorher beiseite gelegt.

Ihr Ehegatte kehrte mit dem Essen auf die Terrasse zurück und schnitt mit dem großen Messer die beiden Pizzen nach und nach in möglichst gleich große Stücke; Emily entfernte derweil die Artischocken vom Salat (sie fand diese einfach eklig) und schob sich dann schon mal ein Stück Tomate in den Mund. Sie begannen zu essen und abermals herrschte Stille, da sie beiden den Mund zu voll hatten, um noch sprechen zu können.

Als Emily dann 3/4 von ihrer Pizza sowie ein Stück von der Pizza ihres Ehegatten und den Salat zu sich genommen hatte, fühlte sie sich vollkommen gesättigt und lehnte sich in ihrem Gartenstuhl zurück. "Gleich platze ich," sagte sie, tätschelte ihren Bauch und musste fast im gleichen Moment kräftig aufstoßen.

"Kein Wunder, so wie du geschlungen hast," erwiderte Maximilian und bekam dafür von seiner Ehegattin die Zunge rausgestreckt. Nach einiger Zeit des Schweigen meinte sie dann: "Da wir ja heute Abend das Haus für uns alleine haben werden, könnten wir eigentlich noch mal die eine oder andere Turnstunde in Sachen Bettsport machen."

Ihr Ehegatte machte eine Grimasse und erwiderte: "WAS? Ich bin doch keine Sexmaschine!" Dass er fast gleichzeitig jedoch grinste, entlarvte diese scheinbar empörte Äußerung von ihm als einen ironisch gemeinten Scherz. Sie beugte sich zu ihm rüber und küsste ihn, bevor sie gemeinsam den Gartentisch abräumten.

Die Reste der Pizzen kamen in einer der beiden Schachteln in den ausgeschalteten Backofen; die konnte man später oder auch morgen noch kalt verzehren. Das schmutzige Geschirr sowie das benutze Besteck landeten natürlich in der Spülmaschine, während die Plastikschale vom Salat sich zu dem anderen Müll im gelben Sack gesellte. Anschließend genehmigte sich die 52-Jährige ebenfalls ein Bier, welches sie aber mit Limonade zu einem Radler mixte - pures Bier schmeckte ihr seit jeher nicht.

Später saßen die beiden noch eine ganze Weile im Garten und Maximilian verpasste den beiden Möbeln zwischendurch den zweiten Anstrich. Hier und da hopsen und flogen Vögel von verschiedenen Arten und Größe durch den Garten, bevor sie sich dann irgendwo niederließen und vor sich hin zwitscherten.

Emily beobachtete die Vögel eine kurze Zeit lang und überlegte dabei, ob sie vielleicht doch mal versuchen sollte, weiter im Tagebuch zu lesen. Doch irgendwie hatte die 52-Jährige gerade dazu keine allzu große Lust mehr heute. Stattdessen ließ sie ihre Gedanken allgemein abschweifen und dachte an verschiedene Dinge, die sie noch erledigen wollte. Eine Weile dachte sie auch darüber nach, wo sie den Garten vielleicht ein wenig umdekorieren konnte.

"Also die Farbe muss natürlich noch trocknen," meinte ihre Ehegatte dann plötzlich, " aber ich denke, ich bin fertig." Er räumte die Farbe und die Pinsel und alles andere, was er benötigt hatte, weg und blickte dann nachdenklich zum Himmeln hinauf. " Ich hoffe nur, dass es nicht regnet," sagte er und betrachte mit besorgter Miene die grauen Wolken, die sich von Westen her am Himmel in ihre Richtung bewegten.

Als er sich dann zu seiner Ehegattin umwenden wollte, saß diese plötzlich nicht mehr auf der Terrasse. Maximilian musste jedoch nicht lange suchen, denn innerhalb weniger Minuten erschien sie im Türrahmen der offene Schiebetür und bot ihm einen atemberaubenden Anblick.

Während ihr Ehegatte damit beschäftigt gewesen war, die Farbe und das Werkzeug und alles andere weg zu räumen, hatte die 52-Jährige ganz plötzlich das was sie letzte Nacht miteinander hatten, jetzt sofort zu wiederholen. Allerdings fand sie es .. doof, einfach zu ihm zu sagen, dass sie jetzt Sex haben will - das kam ihr in diesem Moment irgendwie zu billig rüber. Nein, sie wollte es ihm auf eine schöne Art zu verstehen geben.

Daher verließ Emily heimlich die Terrasse und ging hinauf ins Schlafzimmer, wo sie eine bestimmte Schublade von ihrer Kommode aufzog. Aus dieser holte sie diverse Dessous und sonstige erotisch angehauchte Unterwäsche heraus, welche sie über die letzten Jahre ihres Lebens nach und nach gekauft hatte - meistens ohne das Wissen ihres Ehegattens, um ihn dann später damit zu überraschen.

Eine Weile wühlte sie in den Sachen und hatte Probleme, sich zu entscheiden was sie lieber anziehen sollte. Nach einigem Hin und Her fiel ihre Wahl dann schließlich auf eine schwarze Corsage mit Spitze und einem dazu passendem String-Tanga; zusätzlich wählte sie schwarze Strapse und die Pumps mit der Schleife und dem funkelnden Straßstein auf der Schuhspitze, die sie bis heute zu ihren Lieblingschuhen zählte.

Während sie ihre Kleidung ablegte, um die sexy Sachen anzuziehen, wurde ihr selbst wieder mal einmal bewusst, mit was für einem Glück die menschliche Natur sie doch gesegnet hatte. Denn schließlich war es nicht jeder Frau ihres Alters möglich, in femininer Kleidung geschweige denn in Dessous noch immer jung und auch sexy zu wirken - auch wenn natürlich das Aussehen eines Menschen nicht das Wichtigste im Leben war!

Beim Anziehen der Corsage hatte Emily das Gefühl, dass diese nach dem Festmachen doch ein wenig enger an ihrem Torso anlag, als früher. "Zuviel Hüftgold, meine Liebe," sagte sie zu sich selbst und lächelte. Jetzt noch die Strapse und die Pumps angezogen und dann begab sich die 52-Jährige noch ins Badezimmer, um noch mal ihr dezent Make-up zu überprüfen sowie auch um das Gesamtbild ihres gewählten Outfits zu betrachten; wenn sie sich schon soviel Mühe gab, um ihren Mann auf schöne und erotische Weise zu bezirzen, dann auch das volle Programm.

Als sie dann schließlich und zufrieden mit ihrem Aussehen war, machte sie sich auf den Weg zurück zu ihren Ehegatten, welcher vermutlich noch im Garten war. Während sie die Treppe runter stieg, musste Emily plötzlich daran denken, wie sie als junges Mädchen einst das erste Mal in High Heels die Treppe in ihrem Elternhaus hinunter stieg.

Sie wusst sogar noch wie diese Schuhe ausgesehen hatten: Sie waren dunkelgrün und aus aus einem samtartigen Material mit in einer großen Schleife an der Schuhspitze; Stillettoabsätzen waren es gewesen mit einer Absatzhöhe von stolzen 14,5 cm. Die junge Emily hatte sie ohne groß zu überlegen gekauft und wollte ihrer Mutter stolz zeigen, dass sie allmählich eine junge Frau wurde.

Auf dem Weg nach unten blieb sie jedoch irgendwie mit einem der Absätze ganz plötzlich irgendwo hängen und drohte sofort kopfüber nach vorne stürzen; in letzter Sekunde schaffte es Emily noch beide Arme ausstrecken und sich irgendwo fest zu halten. Beim ersten Blick auf ihre neuen Schuhe war ihr dann aufgefallen, dass der linke Absatz stark nach vor geknickt wurden war - komischerweise aber nicht kaputt gegangen.

Ihre Schwester und ihre Mutter waren von dem Poltern auf der Treppe aus dem Wohnzimmer herbei geeilt, aus Sorge es könnte was passiert sein. Nachdem die junge Emily die Situation geschildert hatte, versuchten sich die beiden erfolglos das Lachen zu verkneifen. Die Schuhe hatte Emily dann wieder angezogen und am Ende für wenig Geld übers Internet gebraucht verkauft.

Unten angekommen steuerte die 52-Jährige in ihrem sexy Outfit auf das Wohnzimmer zu und hörte gerade noch, wie ihr Ehegatten im Garten irgendwas über das Wetter sagte. Kurz darauf erreichte Emily den Durchgang zur Terrasse; Maximilian hat sich da bereits umgedreht und bei ihrem Anblick schienen seine Augen größer zu werden.

Sie lächelte, bemühte sich eine sexy Pose einzunehmen und sagte:"Hallo schöner Mann, wie wäre es mit uns beiden?" Ihr Ehegatte kam auf sie zu und war so von ihren erotischen Auftritt so angetan, dass er ein wenig ins Stottern geriet beim Sprechen. Seine Küsse waren heiß und wild und Emily beantwortete diese auf die gleiche Weise. Mission Verführen erfolgreich, dachte sie und genoss, es wie er jetzt ihren Hals liebkoste.

Wie sie es die Treppe hoch und ins Schlafzimmer schafften, ohne mit dem wilden Küssen und Liebkosen und Streicheln aufzuhören, daran konnte sich die 52-Jährige später nicht mehr erinnern. Sie wusste nur noch, dass Maximilian beim Vorspiel im Bett so leidenschaftlich verwöhnte, dass sie schon alleine dadurch fast zum Höhepunkt kam, bevor er überhaupt in sie eindrang. Die Corsage zog sie aus, als sie später auf ihm saß, damit er ihre Brüste massieren konnte; die Strapse und die Pumps ließ sie bis zum Schluss an.

Sex war natürlich nicht das Wichtigste im Leben und auch nicht in einer festen Partnerschaft. Und dennoch: Es war selbst nach so vielen glücklichen Ehejahren selbst für eine Frau ihres Alters immer noch ein unübertreffbarer Beweis von Liebe, wenn der Ehegatte sie noch immer so sehr sexuell anziehend fand und begehrte, wie damals als man noch frisch verliebt war. Fast wünschte sich Emily, dass der wilde und leidenschaftliche Sex nie aufhören würde; doch natürlich konnten sie beiden irgendwann einfach nicht mehr.

Nachdem sie beide mehrmals zum Höhepunkt gekommen waren, lagen sie atemlos und ausgepowert nebenbei einander im Bett und waren berauscht von der Liebe. Den Kopf auf seine Brust gelehnt konnte Emily hören, wie schnell das Herz ihres Ehegattens schlug, bevor es dann langsam ruhiger wurde.

"Ich liebe dich über alles," sagte sie schließlich, nachdem sie wieder genug Luft zum Sprechen hatte, und sah ihn an. "Und ich bin nach all den Jahren immer noch so verrückt nach dir wie vom ersten Tag an, als ich dich kennen lernte," erwiderte er und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Eine Weile blieben sie dann noch schweigend liegend und genossen wieder einfach die Nähe des jeweils Anderen, bevor Emily schließlich aufstand.

Sie zog die Strapse und die Pumps aus, die sie noch immer an hatte, und ging dann nackt ins Badezimmer, um zu duschen. Gerade als sie ihr Haar shampoonierte, kam Maximilian zu ihr unter die Dusche und cremte ihren Rücken mit Duschgel ein. Auch nachdem sie ihre Haare und ihre Körper sauber gebraust hatten, standen sie noch eine ganze Weile eng umschlungen unter dem Wasserstrahl.

Nach dem Abtrocknen und dem Eincremen mit Bodylotion, verzichtete Emily darauf, noch mal einen BH anzuziehen und streifte sich lediglich ein T-shirt sowie ihre Pyjamahose über. Zusammen mit ihrem Ehegatten kuschelte sie dann später auf der Couch im Wohnzimmer und sah sich mit ihm eine DVD an

Am Sonntag dann beschäftigte die 52-Jährige weiter im ersten Tagebuch von ihrer Mutter und auch in der folgenden Arbeitswoche verbrachte sie so gut wie jede frei Minute mit Lesen.
 
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