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Andacht Nr.28 Selig sind, die geistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Ihr Lieben


Vor über zwanzig Jahren bekam ich das Buch „Sophies Welt“ in die Hände und las es begeistert. (Noch heute schätze ich es!) Etliche von euch werden dieses Jugendbuch, das durchaus auch für Erwachsene lesbar ist, kennen. Es bringt den Lesern die Philosophie nahe und stellt verschiedene berühmte Philosophen und ihre Schulen sowie Denkansätze vor. Nach dem Lesen wuchs in mir aber die „persönliche/eigene“ Erkenntnis: „Das wird ja ein Rattenschwanz ohne Ende den man, so man will , bis zum letzten eigenen Atemzug durchexerzieren kann, ohne jemals wirklich die Wahrheit und damit seinen Frieden zu finden. Man wird durchaus sehr tiefgründig, erfährt viel über sich und das Leben, jedoch: Philosophie lebt - meiner persönlichen Ansicht und Erkenntnis nach - davon, dass eine Antwort die nächste Frage provoziert. Glückselig wer ab einer bestimmten Stelle sagen kann: So, jetzt is gut! Jetzt weiß ich genug, jetzt geb ich mich zufrieden. Dieser Charakterzug ist uns Menschen nicht unbedingt gegeben.

Als ich mich eingehender mit der Bergpredigt zu beschäftigen begann, natürlich immer zuerst in der Oppositionsrolle, stiess mir die erste Seligpreisung mehr als bitter auf:


Matthäus Kap.5 Vers 3 /Schlachter
Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel.


„Dat Glück is mit de Doofe“, spottete immer ein lieber, nach drüben gegangender Freund, eine rheinische Frohnatur wie man sie kennt und liebt.
Auch mir erschien obiger Ausspruch Jesu erstmal so, wie es mein Bekannter wenig schmeichlerisch formulierte. Es dauerte eine Weile bis ich anfing meine und die Denkweisen anderer Bekannten zu beobachten. Ich entdeckte sehr viel herablassendes Getue an uns. Wir erarbeiteten uns Wissen, kulturelle Kompetenz und waren auf diese selbst erarbeitete Leistung stolz –ohne zu hinterfragen, was uns dieses und jenes Wissen im Leben denn wirklich brachte.
Natürlich, man konnte trefflich auf irgendwelchen Parties, Zusammenkünften, damit beeindrucken und gnadenlos kaltgestellt werden, wenn man sich nicht als ebenbürtiger „Kenner oder zumindest Interessierter und damit Belehrbarer“ beweisen konnte. Manchmal reichte es für einen begehrten Posten oder war zumindest ein „Türöffner“. In unserer illustren Runde damals war es überdies nichts ungewöhnliches zwei, drei Buddhastatuen zu Hause zu haben, Räucherstäbchen und Brimborium und sich Buddhist zu nennen. Spätestens beim Besuch eines buddhistischen Klosters in Südostasien wurden mir meine persönlichen Irrungen diesbezüglich sehr klar. Nix Buddhist, nicht mal annähernd! Pah!
Lange Zeit war ich ein Bücherwurm und glaubt mir, die gebundenen Ausgaben von Tolstoi (Berichtigung: der war Taschenbuch), Mann, Hesse, Kafka, den Bronte Schwestern u. ä. standen nicht nur im Regal um den Platz auszufüllen und Staub abzufangen und wenn mich nicht alle fünf Jahre mindestens einmal der Koller überfallen hätte und ich Schallplatten, CDs, Mc´s, und DVDs fortgetragen hätte; und ich kannte sie alle, jedes einzelne Stück –Musik war neben dem Lesen meine Leidenschaft – läge ich unter all diesem Wissen buchstäblich erschlagen und begraben.

Vorgestern hab ich wieder mal geputzt, Staub gesaugt und kam im Flur am Bild meiner Großmutter vorbei.
Nie konnte ich ihr Fragen zu Vivaldi oder Bach stellen, nie sah ich bei ihr ein Buch in einem Regal stehen. Ihre Bibel, die sie zu ihrer Hochzeit bekam, lag mit dem Losungsbüchlein unter dem Fernseher. In der Küche hing der Neukirchner Kalender von dem jeden Tag das aktuelle Blatt abgerissen wurde. Das nahm sie mit der Bibel, dem Losungsbüchlein tagtäglich nach dem Mittagessen. legte sich auf die Couch und las darin, bevor sie in den Mittagsschlaf dämmerte. Ich war enttäuscht, dass sie mich nie nach meinen Interrailerlebnissen fragte; zweimal bin ich durch Europa gerattert, nur ein geringschätziges „dort wird auch bloss mit Wasser gekocht“, nachdem ich von meiner Kanadareise zurückkam. Ich hatte damals einen unbändigen Reisedurst, wollte mindestens die ganze Welt sehen, probierte und steckte meine Nase in Dinge, die weiß Gott nicht immer die besten waren. Es war dann übrigens auch meine Großmutter, die mich aus einer tiefen Schuldenfalle „rausboxte“ ... und mir mit lauter Stimme und erhobenem Zeigefinger in der Bank, vor dem Schalterbeamten die erste Lehrstunde in „Weisheit“ erteilte: Du kannst nicht mehr ausgeben als du hast, vorgegessenes Brot macht Magenkrümmen und man bezahlt für das, was man benutzt – Miete, Strom etc ...basta! Keine Entschuldigung!
Heute weiß ich, dass diese Frau keine Regale voller Bücher, keine Weltreisen und noch nicht mal Musik brauchte um mir –ich glaub noch in mancher Hinsicht heute – weit überlegen zu sein und Ich danke Gott noch jeden Tag dafür, eine derart einfache, das wesentliche und wichtige erkennende, Großmutter geschenkt bekommen zu haben. Da es nur den körperlichen Tod gibt, weiß ich dass „dieses Geschenk“ nach wie vor existent ist und vermeide schon aus Respekt davor, den Begriff „gestorben sein“ und wünsche euch Gottes Geschenk des Wissens um die wirklich notwendigen Dinge sowie das wichtigste von allem – das ewige Leben und das Wiedersehen mit den Vorangegangenen!
Gottes Schutz und Segen für die kommende Woche!
 
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