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Tröpfchen am Strand

Romane/Serien · Für Kinder
Vor vielen tausend Jahren, vielleicht auch gestern oder heute, war hier und dort
und wer weiß an was für einem Ort, ein Wassertropfen mit dem Namen Tröpfchen unterwegs.
Die Einen sagten: „den kenn ich, den habe ich schon tausend mal gesehen“, während die Anderen sagten:
„Einen Wassertropfen, ob ich einen Wassertropfen gesehen habe? Was für eine blöde Frage?
Sicherlich, doch für so einen Blödsinn habe ich jetzt keine Zeit.“ Ja so ging es Tröpfchen Tag für Tag,
egal was es auch machte, keiner dachte darüber nach, wie es sich gerade fühlt oder was es gerade macht,
wo es gerade her kommt, oder wo es gerade hin geht, kaum einer sagte mal danke, nein oft genug wurde es
nicht nur übersehen, sondern gar fürchterlich behandelt. Und doch, keiner konnte unserem Tröpfchen
die Freude am Leben nehmen, es war ja das Leben selbst und so machte sich Tröpfchen auf den Weg,
Augen zu suchen, die es sahen und Ohren zu finden, die seine Geschichten hören wollten.

An einem wunderschönen, vom Abendrot gestreichelten Sommerabend, ließ Tröpfchen sich von einer kleinen,
weißen Schaumblase auf einer Welle an den Strand tragen. Oh wie war das schön, mit all den befreundeten
Wassertropfen um die Wette auf den Wellen zu Reiten, um dann mit einem wohlklingenden Rauschen, auf den
Strand zu springen. Manchmal versuchten sie sich, an einem Stein fest zu halten, um eine kleine Pause zu machen
und den Anderen zusehen zu können, aber meistens ließen sie sich über den Sand wieder ins große weite Meer zurück rollen,
um erneut nach einer großen schönen Welle Ausschau zu halten. Es machte unwahrscheinlich viel Spaß die Sandkörner dabei
anzuschupsen und sie den Strand hinunter zu rollen. So hatte Tröpfchen und seine vielen Tausend Freunde den ganzen Tag über
viel Spaß beim Wellen reiten und Sandkörnen rollen gehabt, doch jetzt, wo die Abendsonne das Meer mit goldener Farbe anstrich,
da wollte Tröpfchen eine Pause machten und sich des schönen Anblicks erfreuen.

So sprang es dieses mal ganz geschickt in eine auf dem Rücken liegende Muschel am Strand und legte sich in diese, um das golden
schimmernde Meer betrachten zu können. Es war ein so wunderschöner Anblick, all die tanzenden Wassertropfen im Meer zu sehen.
Diese hielten ihre Körper so in die Abendsonne, dass sie jeweils von einem Sonnenstrahl erfasst werden konnten und auch Tröpfchen
rekelte sich so lange, bis ihn ein Sonnenstrahl entdeckte und behutsam ihm den Rücken streichelte. Oh tat das gut, oh war das schön,
was für ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Auch wenn Tröpfchen, schon tausend und abertausend mal dieses Streicheln hatte erleben dürfen,
er konnte nie genug davon bekommen. Es war einfach viel zu schön, um es nicht immer wieder erleben zu wollen und so genoss Tröpfchen,
auch dieses mal wieder, die wohlige Wärme, die es nun durchdrang. Es war einfach nur schön, solch einen Augenblick alleine erleben
zu dürfen, jedoch mochte es Tröpfchen, solche Momente auch mit anderen teilen zu können.

Als hätte der liebe Gott seinen Wunsch gehört, kam mit einem leisen Blums, ein weiteres Tröpfchen zu ihm in die Muschel gesprungen,
doch im Gegensatz zu ihm, sah dieses Tröpfchen nicht glücklich und zufrieden, sondern zutiefst traurig aus. Tröpfchen sah es
und wollte sofort helfen, doch zuvor interessierte es ihn, wo dieser fremde Kumpel so plötzlich her gekommen war.
Aus dem Meer konnte er nicht kommen, das hatte sich wegen der aufkommenden Ebbe schon soweit zurück gezogen, so dass es nicht mehr
zu schaffen war, bis hierher zu springen. Außerdem hatte Tröpfchen den Eindruck, dass sein Kumpel zwar auch nach Salz schmeckte und doch,
es war etwas ganz anders an ihm.

„He, wo kommst du den her?“, fragte er seinen, immer noch ganz traurig guckenden Nachbarn. Dieser hatte noch gar nicht bemerkt,
dass da noch jemand war und so zuckte er einen Augenblick lang vor Schreck zusammen. „Ich, ich komme aus dem Auge des alten Mannes da oben.
Ich habe ihn einige Tage begleiten dürfen, doch jetzt ist auf einmal so viel Traurigkeit über ihn gekommen, so dass der Platz zu knapp
und ich über das Augenlied raus gedrückt wurde. Erst versuchte ich mich noch an seinen Wimpern fest zu halten, doch dann rutschte ich ab
und fiel auf seine Wange. Schnell streichelte ich diese noch ein letztes mal, aber dann konnte ich mich nicht mehr halten und fiel in diese Muschel“.
Tröpfchen merkte sofort, das sein Nachbar jetzt Trost und Freundschaft brauchte und so legte er behutsam seinen Arm auf die Schulter
des anderen Tröpfchens. Kaum hatte er dies getan, da sprang der goldene Sonnenstrahl, den schon Tröpfchen so wohlig warm empfunden hatte,
auch auf seinen neuen Kumpel über und so waren es jetzt zwei goldene Tropfen, die von einem Glücksgefühl durchströmt in die Ferne schauten.

Kein Wölkchen trübte den wundeschönen Abendhimmel, an dem auch schon die ersten Sterne sichtbar wurden und doch konnte Tröpfchen nicht lange
bei diesem Anblick verharren, da sich plötzlich sein Blick, mit dem, des alten Mannes traf. Er sah in zwei unglaublich traurige Augen,
die schon viel, jedoch noch nicht alles von ihrem einstigen Glanz verloren hatten. Sie waren umrahmt von einem gebräunten und von tiefen Falten
durchfurchtem, sehr würdevoll aussehendem, aber von tiefem Kummer geplagtem Gesicht, dass sich jedoch beim Anblick dieser beiden,
goldglänzenden Wassertropfen dort unten in der Muschel, langsam in ein liebesvolles, wehmütig lächelndes Gesicht verwandelte.

„Ach sieh da“ sagte der alte Mann, „es ist, als würdest du mich anschauen und könntest mich verstehen“. Tröpfchen hätte vor Freude,
in die Luft springen können, endlich, ja endlich, sprach ihn jemand an und da er, von so viel Freude ergriffen, nicht still daliegen konnte,
rollte er und sein Kumpel sich vor Begeisterung hin und her und so kam es, dass einer der letzten goldenen Sonnenstrahlen, die beiden Tröpfchen,
auf eine solche Art durchdrang, dass er sie ganz kurz, aber um so intensiver erleuchten ließ, um dann zu dem Gesicht des alten Mannes hinauf
zu springen und diesen streicheln zu können. Auch er wurde von dieser wohligen Wärme ergriffen. Sie erfasste ihn mit aller Kraft und schaffte es
ohne weitere Anstrengung direkt bis in sein Herz vorzudringen.

Vor lauter Wohlgefühl musste er seufzen und setzte sich hernieder in den Sand. Er hob die Muschel auf und legte sie in seine Hand,
betrachte sie eine ganze Weile mit liebevollen Augen und streichelte sanft über ihren rauen Rand. „Danke, Danke und nochmals, Danke“,
sagte er mit auf die Muschel gerichtetem Blick, „schön das es euch gibt, ihr schönen Dinge auf der Welt und schön das mir der Herrgott
noch die Augen gelassen hat euch sehen zu dürfen.“

Er hielt die Muschel, mit den 2 Tröpfchen, noch eine ganze Weile liebevoll in seiner Hand und streichelte sie immer wieder, während sein Blick
inzwischen auf die große Schar von leuchtenden Sternen am Himmel gerichtet war. Als eine kleine, aber wunderschöne Sternschnuppe
ihre Bahn am Himmel zog, hob er die Muschel gen Himmel und sprach: „Sieh nur, meine geliebte Hedwig, auch wenn du heute von mir gegangen bist,
an unserem Lieblingsplatz durfte ich das Leuchten deiner ach so blauen Augen noch einmal sehen. Hab Dank dafür und ich bitte dich,
komme doch morgen wieder zu mir, ich hab dich doch so lieb.“

Ein kühler, aber unglaublich sanfter Wind, blies durch sein dünn gewordenes Haar und ihm war, als würde er ganz liebevoll gestreichelt.
Da wusste er, an diesem Ort würden sie sich immer wieder finden und mit einem großen Gefühl der Erleichterung ging er mit der Muschel in der Hand nach Hause.
 
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Kommentare  

wie könnte man noch schöner trösten. ein echtes lehrbeispiel.

Jochen M. (19.11.2002)

traumhaft,verspielt und so romantisch,

Rainer K. (13.11.2002)

*seufz* einfach nur... was soll man sagen... einfach nur wunderschön... es ist als ob du mit wörtern ein schönes bild malst... ein ehrliches "sehr gut" von mir...

*Becci* (25.10.2002)

HALLO, bin die Freundin von Pascal.
Eine sehr schöne Geschicht, toll
heidi


 (20.10.2002)

Schön,hat mir sehr gut gefallen

passi (15.10.2002)

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