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Mandarin

Trauriges · Kurzgeschichten
© akasha
... Absolut Sunshine : 1/4 Limette in ein Cocktailglas
geben, 2 Löffel Rohrzucker
dazu,zerstampfen.
Glas zu 2/3 mit Crushice
füllen,
6cl Absolut Mandrin auf das
Eis gießen,
mit Maracujasaft auf-
füllen und einen Spritzer
Grenadine obenauf geben...
(für das Farbspiel natürlich)

Wo sie schon beim Thema war- der alte Mann schälte eine Mandarine. Vielleicht war es der bitterscharfe Geruch der Schale, vielleicht auch das Geräusch mit dem das glatte, kühle Fruchtfleisch zerriß, etwas veranlaßte sie jedenfalls den Kopf zu heben und den hageren, grauhaarigen Mann, der auf der anderen Seite des Zugabteils saß, anzuschauen.
Sie sah auf seine Hände, die mit eleganter Achtlosigkeit die Frucht in ihre Segmente teilten und sie registrierte die leichte Grimasse, die er zog, wenn seine Zunge mit dem süßlichen oder eher sauren Saft in Berührung kam.
Vielleicht hätte sie sich wieder ihren Cocktail-rezepten zuwenden sollen, denn bis zur Party waren es nur noch wenige Tage und bis dahin sollte sie die 16 Getränke auf dieser eingeschweißten Liste
auswendig können.
Doch etwas veranlaßte sie ihr Gegenüber anzustarren, unhöflich, agressiv, wenn möglich offenen Mundes.
Es lag nicht an seiner Kleidung, der dunkle Anzug war elegant und tadellos in Ordnung. Es lag nicht an seinem scharf geschnittenen Gesicht, den blaßbraunen
Hundeaugen, oder der hervorspringenden Nase, die so völlig von den faltigen, ledrigen Lippen ablenkte.
Natürlich registrierte sie die ungesunde Farbe seiner Haut, die hervortretenden Knochen im Gesicht und an den Handgelenken, die spitzen Knie.
Dieser Mann brauchte sicher mehr, als das Diabetikerbesteck, das einem Fach seines eleganten Aktenkoffers ruhte. Er war krank, soviel stand fest und wenn sie sich nocht täuschte, konnte kein Insulin, keine alternative Medizin, kein noch so starkes Morphin ihn vor einem höchst schmerzhaften Ende bewahren.
Sie hatte das alles schon einmal gesehen, vor 7 Jahren, im bitterkalten Winter,als sie jeden Tag hinaus zum Krankenhaus fuhr und durch den erstarrten Park zur Onkologischen Station schritt, das Gesicht ebenso taub wie ihre Fingerspitzen, gefühllos wie ihr Innerstes.
Dort hatte sie ihn besucht, ihn, der die gleiche Uhr getragen hatte, wie der Mann, den sie nun so unverwandt ansah. Die Uhr, die längst vergessen in ihrer Schachtel auf dem Dachboden ruhen sollte.
Sie wandte den Kopf zum Fenster und sah hinaus auf den vorüberziehenden Winterhimmel, der sich langsam verdunkelte und bald den intensiven Blauton ihrer Augen annehmen würde.
Als sie den Kopf an die eisige Scheibe lehte, schmolzen Eisblumen unter der Wärme ihrer Haut und ihr Atem formte sofort neue Muster.
Sie dachte an die Uhr in ihrer goldenen Fassung, an das schwere braune Lederarmband mit der schweren goldenen Schließe, die filigranen Zeiger, die über das Zifferblatt aus Perlmutt huschten und an das leise Ticken, das in ihren Ohren dröhnte, wenn er sie zu nahe an sich zog, dort unten im Keller des Hauses, das ihm und der Großmutter gehörte.
Sie schrak vor der Erinnerung zurück,wollte die Augen schließen und sich an einen anderen Ort wünschen, wo er sie nicht finden konnte, wo sie sicher wäre vor diesen immer-tastenden Händen, dem schweren Atem auf ihrer Haut, den häßlichen Worten, mit denen er sie bedachte.
Ihre Wangen brannten und sie reckte entschlossen das Kinn. Sie war nicht länger Vier. Sie war eine Erwachsene, hatte gelernt 'Nein' zu sagen, den Schmerz in sich zu verschließen. Niemand würde ihr jeder wieder so nahe kommen. Sie wollte nicht berührt werden, nie mehr. Nicht so.
Er war seit 7 Jahren tot, hatte das erlitten, was sie ihm so lange gewünscht hatte. Wenn es möglich war, dann hatte er die Qual, die er ihr geistig zugefügt,
am eigenen Leib erfahren müssen und am Ende hatte es ihn buchstäblich zerfressen. Nicht einmal die aufgesparten Schmerzmittel hatten ihn die Besuchszeit
durchstehen lassen.

Der Zug hielt und sie legte ihre Liste zurück in die Tasche. Mit müden Bewegungen schälte sie sich in Mantel und Schal. Sie verließ als letzte das Abteil und würdigte den Mann, der gebeugt vor ihr ging, keines weiteren Blickes.
 
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Kommentare  

hm... das thema finde ich gut, ansonsten... ich würde es auf keinen fall schlecht nennen, aber einmal muss ich mich t. schunk anschließen: was ist jetzt mit der uhr? und auch in anderer hinsicht...einige formulierungen klingen...wie sagt man... pathetisch? in einigen sätzen pro substantiv zwei adjektive... ausführliche beschreibungen von eher unwichtigen details... beschreibungen sind natürlich nötig, aber wenn dadurch nebensächlichkeiten zu sehr betont werden, ist es einfach verwirrend.
dennoch drei punkte, im großen und ganzen finde ich die story trotzdem schön, nur könntest du sie halt noch mal überarbeiten;)
lg darkangel


darkangel (30.01.2007)

;-)

 (15.01.2007)

Hallo, gefällt mir recht gut. Ist mal etwas anderes. lg Sabine

 (18.04.2006)

Zuviel Anne Rice gelesen? Anspruchsloses Getippsel. Vielleicht solltest Du es mit Sticken versuchen?

 (02.10.2005)

Gut geschrieben ist die Geschichte, ein überraschender Anfang (das Rezept), ein storyaufbauender Mittelteil und ein Ende, das man vom Anfang nicht erwartet hätte. Bloß ist vielleicht die Hintergrundgeschichte zu schemenhaft erwähnt, vielleicht aus Absicht.
Zu dem Kommentar von T. Schunk: Die Protagonistin weiß ja nicht, ob die Mandarine sauer oder süß schmeckt. Und die Bemerkung die T. Schunk über das mit der Uhr macht, versteh ich gar nicht. Sonst kann ich ihm eigentlich zustimmen.

Es ist mir 4 Punkte wert.


Redfrettchen (08.11.2003)

Hallo akasha!

Vorweg: Dein Stil gefällt mir, und Du kannst Spannung und Dichte erzeugen.
Mir sind ein paar Dinge aufgefallen. Z.B. woher weiß Deine Heldin, dass das Fruchtfleisch der Mandarine ihres Gegenüber kühl ist? Weiter: "... wenn seine Zunge mit dem süßlichen oder eher sauren Saft in Berührung kam" - also eine Mandarine schmeckt entweder süß oder sauer, hier ist also eine Entscheidung fällig. Oder: warum betonst Du, dass die Liste mit den Rezepten eingeschweißt ist? Das hat für die Geschichte gar keine Bedeutung, das Adjektiv kann also weg. Auch find ich des "Guten" zu viel, wenn Du schreibst: "Doch etwas veranlaßte sie, ihr Gegenüber anzustarren, unhöflich, aggressiv, wenn möglich offenen Mundes." Mit dem letzten Einschub kann ich gar nichts anfangen, den find ich überflüssig, weil nicht stimmig und irgendwie aufgesetzt. Dann: "Die Uhr, die längst vergessen in ihrer Schachtel auf dem Dachboden ruhen sollte." Warum ruhen sollte? Ruht sie nun dort oder ist sie möglicherweise ausgebüchst und zieht um die Häuser? Hier gehts auch um die Perspektive, die mir nicht klar genug wird: Wenn sich die Heldin daran erinnert, dann ist die Uhr ja eigentlich gar nicht in Vergessenheit geraten oder teilt das die Person des Erzählers mit? Der sollte dann aber wissen, was mit der Uhr passiert.

Viele Grüße


T. Schunk (08.09.2003)

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