... für Leser und Schreiber.  

Apathie eines Mörders

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© Jessica Reinsch   
   
Sein Herz schlug schnell und das Blut, was an seinen Händen klebte, war noch warm. Reglos starrte er auf den leblosen Körper im Schnee. Sie sah immer noch wunderschön aus, mit ihrem langen, braunen Haar. Ihre Haut war blass geworden und die weit aufgerissenen, grünen Augen starrten ins Leere. Der Rest silberner Lidschatten, der noch auf ihren Augenlidern haftete, passte hervorragend zu ihrem Gesicht. Sanft berührte er ihre zarrten Wangen, fuhr mit dem linken Daumen über ihre Lippen und küsste sie ein letztes mal. Sie fühlten sich immer noch so weich an, wie am ersten Tag. Dann drehte er ihren Kopf leicht zur Seite, nahm ihr die goldene Kette mit dem Kreuzanhänger ab und ließ sie in seine Tasche gleiten. Er streichelte ihren Arm und sah, wie sich ihr weißer Wollpullover durch die Stichwunde im Bauch immer röter färbte. Nun packte er ihre Hände, drückte sie auf die Wunde und strich über ihre schönen Augen. So sah es aus, als würde sie nur schlafen und das tat sie auch. Sie würde für immer schlafen und niemand konnte sie je wieder aus ihren Träumen reißen. Dann drehte er sich kurz um und sah das blutverschmierte Messer im Schnee liegen. Er wischte es mit einem Stofffetzen ab, steckte es wieder in seine Jackentasche und stand auf. Nun warf er ihr lächelnd einen letzten Blick zu und ging zurück durch den Wald. Keine andere konnte ihre Schönheit übertreffen. Immer wenn sie ihm lächelnd entgegen kam, spürte er sein Blut schneller durch die Adern rauschen, seine Hände begannen vor Verlangen zu zittern und er hörte diese Stimmen im Kopf. Wenn er sie nicht besitzen konnte, sollte sie keiner haben! Hatte er ihr nicht eigentlich einen Gefallen getan, indem er sie von dieser Welt befreite? Ja, das war seine Bestimmung. All diese hübschen Mädchen waren zu gut für diese, vom Elend und Leid geprägte Welt.
Nun würde er sich wieder auf die Suche nach seinem nächsten Opfer machen.
 

http://www.webstories.cc 06.05.2024 - 07:06:55