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The Boys of the Old Brigade - 2

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© Aves    
   
Vielen Dank an meine Kommentatoren, ich würde eure Vorschläge gerne umsetzen, aber das hier habe ich vor gut anderthalb Jahren geschrieben und keine Lust mehr, alles zu ändern...

Das besondere an verlorenen Klöstern ist, und das wissen nicht viele, dass sie verloren sind.
Niemand weiss wirklich genau, wo sie sich befinden. Viele nehmen den mühevollen Aufstieg, das Überqueren von reissenden Flüssen mit Hilfe von halb auseinander fallenden Brücken, das Weglaufen vor gefährlichen Widdern und das rechtzeitige Verstecken vor Gerölllawinen in Kauf, um so ein Kloster zu finden.
Angeblich soll in solch verlorenen Klostern ein Mönch sitzen, der uralt und halbnackt ist, und einem die Fragen nach dem Sinn des Lebens beantworten kann.
Abt Finnegan und Novize McLeod sassen im Innern von so einem Kloster.
Sie spielten ein gar seltsames Spiel. Man musste mit einem Becher würfeln, auf eine komische Art und Weise die Augen zusammenzählen und dann etwas anderes sagen als die Anzahl der Würfel. Oder so.
Wer verlor, musste einen Becher Bier in einem Zug leer trinken. Oder so.
„Neunundneunzig“, strahlte Novize McLeod.
„Aber das gehtdochgarnicht“, lallte der Abt. Er verlor ziemlich häufig.
„Stimmt“, sagte der Novize und trank einen Becher leer. Er hingegen gewann ziemlich häufig, hätte jedoch lieber verloren.
Irgendwo rumpelte etwas.
„Oh“, sagte der Abt „Das war der grosse Schtein.“
Er bezog sich auf das ausgeklügelte Fallensystem, dass das Kloster vor unliebsamen Besuchern schützte. Falls es tatsächlich jemand bis zum Kloster schaffen sollte, würde er die Mönche und den (und diesmal wirklich) altehrwürdigen Meister nicht belästigen können, da die Fallen jeden abhalten würden.
„Dreiundsiebzig“, sagte der Novize fröhlich. Der Abt bemerkte den Fehler diesmal nicht, hob den Becher und trank ihn halb aus.
„Kannnichtmehr“, seufzte der Abt.
Wieder krachte es.
„Die Falltür“, bemerkte der Novize und trank den Rest des Bechers „Scheint ein schlauer Bursche zu sein.“
Ein Geräusch wie von hunderten von sirrenden Pfeilen ertönte.
„Die hunnerte von sirrenden Bfeilen“, lallte der Abt.
Der Novize nickte bewundernd. So weit war bis jetzt nur einer gekommen.
Dann erschallte wildes Kriegsgeschrei und verstummte wieder.
Der Novize lächelte.
„Bis zu den bösen Kelten ist der Typ mit der Peitsche auch gekommen“, sagte er „Aber jetzt wird wohl Schluss sein.“
„Schicher“, bemerkte der Abt und reiherte geräuschvoll auf den Boden.
„Guten Abend“, sagte jemand.
Der Novize sprang auf die Beine.
Ein grosser, muskulöser Mann mit wildem, blonden Bart stand an der Tür zur Halle. Er schwankte leicht und sah etwas mitgenommen aus. Irgendwie sah er schwul aus.
„Bin ich hier richtig?“, fragte der Mann „Ich suche einen gewissen allwissenden Mönch.“
Der Novize war baff. Erstaunlich…
„Mein Name ist Gryf…“, fuhr der andere etwas verwirrt fort „Ich suche…“
„Ja, ja, ich weiss“, fiel ihm der Novize ins Wort „Den allwissenden Mönch. Der ist leider vor etwa dreihundert Jahren gestorben. Grippe. Üble Sache, sag ich Euch. War ein wirklich hässlicher Anblick, Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen, dagegen ist der Arsch eines leprakranken Esels geradezu heilig…“
„Aber wir haben ein ziemlich grosses Problem“, sagte Gryf nun etwas panisch „Ich bin extra hier her gekommen.“
„Nun“, sagte der Novize „Vielleicht kann Euch der altehrwürdige Meister da weiterhelfen.“
Gryf folgte dem Novizen durch einen langen, steinernen Gang.
Sie gelangten an eine grosse, beschlagene Tür. Der Novize sagte: „Nur wer reinen Herzens ist, wird vor dem Meister bestehen können. Ab mit Euch da rein!“
Er schubste Gryf durch die nun geöffnete Tür und schlug sie hinter ihm zu.
Der Schotte sah sich ziemlich verwirrt um. Die Halle war recht gross und seltsame Kohlepfannen standen an den Wänden.
Weiter vorne hockte ein kleiner, halbnackter Mann.
Gryf ging langsam auf ihn zu und blieb etwas verwirrt vor ihm stehen.
„Meister“, sagte er mit zitternder Stimme „Meister, wir haben etwas entdeckt was besser unentdeckt hätte bleiben sollen.“
Der Mann mit dem sehr, sehr langen Bart sagte nichts.
„Es handelt sich um kleine Kreaturen, Meister“, fuhr Gryf nervös fort „Sie sind sehr… aggressiv. Und es sind Millionen von ihnen.“
Der altehrwürdige Meister sagte nichts.
Verwirrt starrte Gryf auf die riesige, sicher hunderte von Metern hohe Statue hinter dem kleinen Mann, als ob sie ihm helfen könnte.
„ Meister, sag uns, sollen wir, der schottische Clan der McKenzies, uns gegen die Kreaturen stellen und versuchen, sie zu vernichten?“, fuhr er dann fort „Und die restliche Welt vor dem Übel bewahren, obwohl auch Engländer, Bayern und Touristen dabei sind?“
Mehr fiel Gryf wirklich nicht ein und er starrte schwitzend und mit klopfendem Herzen auf den Greis.
Dann schaute ihn der altehrwürdige Meister an und öffnete den Mund. Ein einziges, klares Wort kam zwischen den Lippen hervor.



"Ja."



Irgendwo brachen ein paar verschneite Berggipfel ab.
Gryf rappelte sich wieder hoch, klopfte die Trümmerteile von seinem Kilt und verneigte sich.
„Danke, Meister.“
So schnell es ging rannte der Schotte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
„Willst’n Bier?“, fragte der Novize und hielt ihm einen Becher hin.
„Hm… yo“, sagte Gryf.

„Also gut“, begann William und zeigte auf eine Karte an der Wand „Wir haben die komischen Viecher hier gefunden. Und Schloss Urquhart liegt hier.“
Die Anwesenden Mitglieder des Clans der McKenzies nickten pflichtbewusst.
„Wir liegen also genau zwischen dem Land, das man Schottland nennt, und der Landzunge, auf der wir die Viecher gefunden haben.“
Wieder allgemeines Nicken.
„Wie alle wissen, habe ich Gryf auf die Suche nach dem verlorenen Kloster geschickt“, fuhr William fort „Und wenn er zurück ist, werden wir wissen, was wir gegen diese Bedrohung tun müssen.“
„Wieso bringen wir nicht einfach alle um?“, fragte Rulf und kratzte sich nachdenklich am Kopf „Das tun wir doch auch sonst immer mit den Engländern.“
William schlug den Kopf gegen einen Tisch. Sein dämlicher Bruder hatte es noch immer nicht kapiert…
In diesem Moment flog die Tür zum Rittersaal auf und Gryf torkelte herein.
Alle wandten sich zu der übel zugerichteten Gestalt.
„Und?“, fragte William nach einiger angemessener Zeit.
„Wirsollnsiealleumbringen“, lallte Gryf und knallte zu Boden.

Irgendwo in den verschneiten Bergen der Highlands kam Abt Finnegan wieder zur Besinnung.
Schreckliche Kopfschmerzen tobten in seinem Schädel und er ärgerte sich grausam darüber, wieso noch kein Mensch Schmerztabletten erfunden hatte.
„McLeod?“, rief er fragend „Novize McLeod?“
Jemand torkelte hinter einer Säule hervor und salutierte.
„Angus McLeod zur Stelle, Sire“, sagte der Novize „Aber jetzt will ich mal den Abt spielen.“
„Aber du bist doch erst morgen dran“, flüsterte Finnegan und fügte hinzu: „Und schrei bitte nicht so.“
„Schreien oder nicht schreien, das ist hier die Frage“, krakeelte McLeod und schnappte sich den goldenen Anstecker, auf dem ‚Der Abt’ stand.
Er riss mit einiger Mühe seine Plakette (Der Novize) von seinem Gewand und reichte ihn Finnegan.
„Wer war der Besucher?“, fragte Finnegan den nun übers ganze Gesicht strahlenden Abt McLeod.
„Ach der“, sagte der Abt glücklich „Der wollte nur einen Rat vom altehrwürdigen Meister.“
Er zwinkerte.
„Vom altehrwürdigen…“, fragte Finnegan und sah McLeod scharf an „Du hast ihn doch nicht etwa zu dem komischen Kauz mit dem Bart geführt, oder?“
McLeod kicherte.
„Wie auch immer du das Ding nennst, doch, habbich.“
Finnegan seufzte.
„Aber der sagt doch immer nur ‚Ja’“, sagte er „Und das in einer Lautstärke, bei der wir froh sein können, dass wir so abgelegen sind.“
Der Abt nickte fröhlich und trank weiter aus seinem Becher. Novize Finnegan fragte sich, wie viel Bier der Mann eigentlich vertragen konnte.
„Was wollte der Besucher denn?“, fragte er zwischen zwei Schlücken McLeods.
„Ach, nur einbisschendrinken“, gab der Abt zurück und rülpste „Unnd hadd wasvon einer Gefahr gelallt. Oderso.“
Irgendwo im Hinterkopf von Novize Finnegan klingelte eine Alarmglocke. Doch sie wurde von den wütenden Hammerschlägen eines sehr aggressiven Katers vertrieben.
 

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