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PK Story 3 - Gothic - Vorspann

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©  AndreaSam15   
   
PK Story 3 - Gothic

Jetzt fügt sich das Puzzle zusammen!
Lese was vor dem ersten Band geschah und wie es nach dem zweiten Band weitergeht.

Vorspann

Rumänien 1987

Wie mit Kinderhand gemalt, dominierte die hellgelbe Sonne auf der himmelblauen Wand. Ein Vogel ,der wesentlich realistischer wirkte als die Sonne, sauste durch die Luft.
Eine grüne Wiese mit herrlich bunten Blumen bildetet den unteren Abschluss dieser überdimensionalen Wandmalerei.
Immer wieder bannte sich, umbarmherzig, das grelle Sonnenlicht durch das geöffnete Fenster, wenn die orangenfarbenen Vorhänge von einem leichten Wind aufgebläht wurden. Fast schien es, als wollte das Licht den noch so kleinsten Winkel des kleinen Zimmers ausleuchten.
Madame Donata betrat das Zimmer, blieb für einen kurzen Moment stehen und lief mit eiligen Schritten zum Fenster um es zu schließen. Jetzt bildeten die Vorhänge ein unüberwindbares Hindernis, die Sonne konnte das Zimmer nur noch in ein warmes weiches dämmriges Licht tauchen.
Vorsichtig tupfte Madame Donate mit einem feuchten Waschlappen die Stirn der kleinen Antonia ab. Mit schwachem Atem lag Antonia im Bett, die Augen kaum geöffnet, müde vom Fieber, kaum fähig etwas von ihrer kleinen Umwelt wahrzunehmen. Das große Wandbild mit der lustigen Sonne erschien ihr wie eine farbige Masse, sie sah nicht die bunte Wiese, nicht den Vogel den ihre Mutter in ihrer Verzweiflung auf die große weiße Wand gemalt hatte.
Immer größer wurden die Abstände der kurzen Augenblicke in dem sie ihre Augen weit öffnete und sich langsam ein reales Bild in ihrem Kopf zusammensetzen konnte.
Immer größer die Abstände in denen sie Antworten auf unendlich viele Fragen haben wollte. Sie wusste nicht das ihre Freunde in diesen Augenblick in der nahegelegenen Schule eine Klassenarbeit schrieben, sie wusste nicht das auf dem Spielplatz seit einer Woche ein neues Klettergerüst stand, sie wusste nicht das ihre Mutter seit zwei Tagen in der Klinik oben am Stadtrand lag, eingeliefert mit schweren Schock, als die Ärzte ihr sagten das es für Antonia keine Hoffnung mehr geben wird.
Wie in einem Traum vergingen Tage und Nächte. Madame Donate mit ungarischer Abstammung lebte seit siebenundzwanzig Jahren im Hause der Familie Bleriot als Dienstmädchen. Als die letzten Schneereste in der dritten Märzwoche tauten, feierte sie ihren fünfundsechzigsten Geburtstag.
Klein und zierlich, ihre grauen Haare streng nach hinten zusammengebunden.
Sie hat nie die Rolle von Antonias früh verstorbener Großmutter übernommen. Mit einer gewissen Kühle und Distanz hat sie Antonia stets streng aber fair erzogen. Oft blieb Antonia wach im Bett liegen um auf ihre Mutter zu warten die immer sehr spät von ihrer Arbeit in der Kommunalen Verwaltung kam, dann holte sie sich einen Teil der Liebe und Zuneigung den sie von Madame Donate nie bekommen hat. Oft wünschte sie Antonia einen Vater der für sie da ist, doch an ihren Vater kann sie sich nicht erinnern.
Das Antonias Mutter im Krankenhaus lag veränderte den Tagesablauf von Madame Donate nicht, sie hat stets den Haushalt allein geführt. Sie war zuverlässig und routiniert.
Doch gab es Augenblicke in denen Madame Donate länger neben dem Bett von Antonia verweilte, einmal ertappte sie sich sogar dabei, das sie die kleine zierliche Hand von Antonia hielt und eine Träne sich den Weg über ihre ausgeprägten Wangenknochen suchte.
Madame Donate war in der Küche um einen Tee zu kochen. Doch wiedereinmal schien die Zeit ungünstig zu sein. Gerade als sie das Wasser auf den Herd setzen wollte, ging die kleine eckige Kontrollleuchte am Herd aus.
Ein Stromausfall war nichts ungewöhnliches in Kronstadt. Wie alle Kreise war auch Brasov im unteren Zipfel Siebenbürgens nicht von der sozialistischen Marktwirtschaft verschont geblieben, es fehlte an allem. Die staatliche Energieversorgung brach immer wieder für Stunden zusammen.
Zornig lief die alte Dame die steile Treppe hinab über den Flur in den Keller um ein paar Holzscheite zu holen.
Während sie versuchte Feuer in dem alten Küchenherd zu machen fluchte sie unentwegt. Qualm strömte aus dem Herd und verteilte sich in der großen Küche. Sie stieß das Fenster auf. Ihr Fluchen verstummte.

"Einen wunderschönen Tag Frau Melsik" rief sie zum Fenster heraus.

Eine dickliche Frau blieb stehen und schaute sich umständlich in alle Richtungen um ehe sie ihren Blick in Richtung Fenster lenkte. Es schien als würde ihr Kopf ohne Hals direkt an dem dicken Körper sitzen.

"Guten Tag Madam Donate" erwiderte sie den Gruß.

Ein paar unbedeutende Worte wechselten zwischen dem zweiten Stockwerk und der dicken Frau. Abschließend fügte die Dicke hinzu das sich das Anstellen gelohnt hatte und deutete stolz auf den Sack Kartoffeln den sie wie eine Beute in ihrer rechten Hand hielt.

Unbemerkt von Madam Donate die noch immer mit dem Herd beschäftigt war, erwachte die kleine Antonia ein letztes Mal aus ihrem Halbschlaf. Noch einmal fügte sich Bild für Bild mosaikartig zusammen. Noch einmal drang leise der Lärm der Strasse in ihr Zimmer. Sie sah die große runde Lampe die in ihrem Zimmer hing. In ihrem Kopf vermischten sich die Bilder mit Illusionen aus ihren Träumen. Sie lag auf einer großen Wiese, ganz klar und deutlich konnte sie das Lachen und Kreischen ihrer Freunde hören. Die Sonne brannte heiß. Der See lockte mit seinem kühlen Wasser. Sie spürte nicht die Anstrengung als sie sich im Bett aufrichtete. Ihn ihrer Vorstellung war sie auf der Wiese, nur wenige Schritte vom See entfernt. Jonas reichte ihr die Hand und zog sie mit einem Ruck hoch.
Sie konnte ihr Glück kaum fassen, Jonas der Schwarm aller Mädchen in ihrer Klasse beachtete sie, er hatte ihre Hand umfasst. Wie in Zeitlupe gingen sie Schritt für Schritt auf den See zu.
Der Himmel verdunkelte sich, ein greller Blitz unfassbar hell, ließ den Körper vor Schreck erstarren.
Es folgte kein Donner, er folgte eine unheimliche Stille, kein Jonas an ihrer Seite, keine Freunde, kein See und keine Wiese. Barfuss auf den Dielenbrettern, das Gesicht verzerrt vor Schreck, bewegungslos stand sie einem Schritt vor dem Fenster in ihrem Zimmer. Ein zweiter Blitz, stärker und unvorstellbar schlimmer als der erste, ließ ihr Herz verstummen. Kaum hörbar kam ein letztes Mal ein Wort über ihre Lippen:

"Mama"

Doch ganz allein war sie, die Augen schon geschlossen, als ihr geschwächter Körper auf den Dielenbrettern aufschlug. Alle Anspannungen waren aus ihrem Gesicht gewichen. Regungslos lag sie als würde sie schlafen.
Regungslos für immer. Nie wieder ein Lachen, nie wieder ein Weinen, nie wieder Freude und nie wieder Leid.
Ein elf Jahre kurzes Leben war vorbei.

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