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Projekt 349B - ein Exposée

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© Aves    
   
Der folgende Text ist ein kleines Exposée (oder wie man das schreibt) aus einer mittlerweile 200 A4-Seiten langen Geschichte, die ich, wenn sie zu Ende ist, zu veröffentlichen versuchen werde. Wollte nur mal sehen, ob sie überhaupt einigermaßen bei den Leuten ankommt und ob sie überhaupt veröffentlichungstauglich ist... hoffe, ihr könnt mir dabei irgendwie helfen.



Hu Wei stellte das Schweißgerät ab und klappte die Sicherheitsscheibe seines Schutzglases hoch. Er blickte noch einmal prüfend auf die eben abkühlende Schweißnaht am Stahlträger. Dieser, ein Doppel-T-Träger in schwerer Ausführung, stützte mehrere große Betonplatten auf der obersten Ebene der Drei-Schluchten-Talsperre.
Wei, einer der zahllosen Männer, die im Auftrag der chinesischen Regierung an dem gewaltigen Bauwerk arbeiteten, blickte voller Stolz auf den sich in der Endphase befindenden Damm.
Seit 1994 arbeiteten bis zu 18'000 Leute daran, ein nie da gewesenes Projekt Wirklichkeit werden zu lassen. Die Drei-Schluchten-Talsperre, von vielen fälschlicherweise als Damm bezeichnet, entstand im Bereich der drei berühmten Schluchten Qutang, Wuxia und Xiling.
Kein anderes Bauprojekt war in den letzten Jahren so umstritten gewesen wie die gewaltige Talsperre. Die Befürworter des Projekts begründeten seine Notwendigkeit mit den Vorteilen im Hochwasserschutz, der Energieerzeugung und der Verbesserung der Schifffahrt. Gegner stützten sich auf befürchtete Nachteile in der Umwelt, in der Geologie und den sozialkulturellen Folgen. Greenpeace, einer der schärfsten Gegner der Talsperre, sprachen sogar von einem gewaltigen Ökodesaster.
Hu Wei störte das alles nicht. Wie die vielen anderen Arbeiter war der gelernte Schweißer stolz auf ’sein’ Projekt. Die Volksrepublik China befand sich in gewaltigem Aufschwung und strebte danach, eine Weltmacht zu werden. Und mit der Fertigstellung der Drei-Schluchten-Talsperre würde ein großer Schritt dahin getan worden sein.
Wei wusste, dass 65% des Projektes von der Weltbank, der kanadischen Regierung und weiteren ausländischen Investoren finanziert worden war. Länder wie Deutschland hatten sich extra für die Talsperre verbürgt. Den Rest der Kosten, die sich auf geschätzte 75 Milliarden US-Dollar beliefen, trug das chinesische Volk. Eine Sondersteuer garantierte, dass die Unmengen an Geld aufgetrieben werden konnten.
Die Länge des Staudamms betrug 2310 Meter, was ihn zur längsten Talsperre der Welt machte. Das Regelarbeitsvermögen des 663 Kilometer langen Stausees würde bis zu 84'000 Kilowattstunden pro Jahr betragen. Viele der gefährlicheren Atomkraftwerke würden damit abgelöst werden können.
Wei war jeden Morgen erfreut, wenn er die ersten Lastwagen mit Zement heranfahren sah. Über 350 LKWs fuhren pro Tag die Ladungen an, jede davon war gute 20 Tonnen schwer.
Was Wei nicht so genau wusste, oder auch nicht wissen wollte, waren die Umsiedlungen. Bei normalem Wasserstand waren 23'397 Hektar Land überflutet. In diesem Gebiet befanden sich 13 Städte, über 650 Fabriken, und beinahe zwei Millionen Menschen hatten ihre ehemaligen Wohnorte verlassen müssen.
Doch Hu Wei belastete sich nicht gerne mit solchen Dingen. Für den Arbeiter aus Chongqing war die Drei-Schluchten-Talsperre eine gewaltige Chance, eine Chance für ihn und das gesamte Land.
Zielstrebig ging er auf den kleinen, offenen Aufzug zu, der ihn von der obersten Ebene auf den Staugang bringen würde. Für heute war er mit der Arbeit fertig. Knarrend setzte sich der Aufzug in Bewegung. Die dicken Drahtseile beförderten ihn und zwei weitere Arbeiter sicher nach unten, obwohl die Konstruktion alles andere als verlässlich schien.
Unten angekommen ging er in Richtung der Umkleideräume, die in großen gelben Baucontainern neben der eigentlichen Staumauer standen. Er kam an einer Gruppe Arbeiter vorbei und grüsste sie flüchtig. Dann ging er eine Treppe hinunter, die in die Staumauer führen würde und danach auf einen der Hügel, die sich neben dem Damm erhoben.
Durch eine unfertige Stelle konnte Wei auf den gewaltigen Yangtsekiang sehen, den drittgrößten Strom der Erde. Träge floss das braune Wasser vom Damm weg, durch den es mittels großer Turbinenschächte gelangt war.
Als Hu Wei am unteren Ende der Treppe angelangt war, polterte etwas hinter ihm die Treppe hinab. Überrascht drehte der Chinese sich um und seine Augen weiteten sich. Vor ihm lag ein Vorarbeiter. Dunkelrotes Blut bildete rasch eine Lache unter dem Mann, der mit leerem Blick an die Betondecke starrte.
Weis Blick glitt die Treppe hoch. Mit einem entsetzten Keuchen stolperte er zurück und prallte gegen eine Wand. Was dort auf dem Treppenabsatz stand, konnte nur einem Albtraum entsprungen sein!
Das Wesen war gute zwei Meter groß und äußerst muskulös. Seine Haut war gräulich und der Kopf erinnerte an einen Außerirdischen. Zwei starre, große Augen waren auf Hu Wei gerichtet.
Wei wollte schreien, doch sein Körper reagierte nicht. Mit geschmeidigen Bewegungen kam das Wesen die Treppe hinab.
Ich träume, schoss es Wei durch den Kopf, Das ist alles nur ein schlechter Traum! Gleich wache ich auf und liege neben meiner Frau im Bett!
Doch er wachte nicht auf. Stattdessen packte ihn das grausame Wesen am Arm und hob ihn mühelos hoch. Der Chinese keuchte auf, als Schmerzen durch seinen Arm strömten. Die toten Augen, die Wei an die Insektenaugen von Libellen erinnerten, blickten ihn an. Dann hob das Wesen seine andere Hand, und Wei sah, dass es nur eine richtige Hand besaß.
Die zweite Hand bestand aus einer Kugel, die anscheinend aus Knochen war. Wei wimmerte. Das durfte nicht wahr sein! Es gab keine Monster!
Mit einer ruckartigen Bewegung schnellte die Fausthand nach vorne und landete auf Weis Brustkorb. Rasende Schmerzen breiteten sich in der Brust des Arbeiters aus. Während er immer noch völlig verwirrt auf das Monster starrte, entfernte sich dieses. Dann realisierte er, dass er durch die Luft segelte. Er prallte gegen eine der Betonwände. Es knackte unheilvoll und Wei rutschte zu Boden. Er versuchte sich aufzurappeln, doch auf einmal hatte er keine Kontrolle mehr über seinen Körper.
Ich bin gelähmt!
Während Wei völlig bewegungsunfähig und vor Schmerzen wimmernd an der Wand lehnte, kamen mehrere Männer die Treppe hinab. Sie waren keine Arbeiter, dass sah Wei sofort. Die Männer trugen ockerfarbene Tarnuniformen, Helme und hielten große Gewehre in der Hand. Auf ihren Ärmeln prangte die US-amerikanische Flagge.
Rasch bogen sie rechts ab, wo sich, so weit Wei sich nicht irrte, ein Kontrollraum für die Kräne auf der Staumauer befand. Das Monster folgte ihnen, als wäre es ihr Schosstier.
Zehn Minuten später kamen sie wieder hinaus, warfen einen raschen Blick auf den verletzten Wei, und gingen dann die Treppe wieder hoch. Auch diesmal folgte ihnen das Albtraumwesen.
Hu Wei verstand die Welt nicht mehr. Was ging hier vor? Was hatten amerikanische Soldaten mit diesem… Alien zu tun? Was taten sie hier? Und wieso halfen sie ihm nicht?
Weitere fünfzehn Minuten später wurde der vor Schmerzen beinahe ohnmächtige Chinese erlöst, als eine Feuerwalze, gefolgt von einer gewaltigen Druckwelle, aus dem Kontrollraum schoss.
 

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