... für Leser und Schreiber.  

Hobbyophobie

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© Lena N.   
   
Es gibt viele Menschen, die man für das, was sie tun, bewundern kann und sollte. Quantenphysiker, Feuerwehrleute, Mütter, Proktologen,…
Ich persönlich bewundere allerdings eine ganz spezielle Gruppe von Menschen: Menschen mit Hobbys.
Als Kind habe ich Blockflöte gespielt, das machte keinen Spaß, obwohl „Alle meine Entchen“ nach drei Monaten schon recht gut klang. Also habe ich zum Klavier gewechselt, mich jahrelang damit herumgequält und es dann doch sein lassen. Geblieben ist mir der Flohwalzer, den ich allerdings schon spielen konnte, bevor ich meine erste Stunde hatte. Egal, ob Ballett, Volleyball oder Töpferkurse, es hat mich nie lange bei einer Sache gehalten.
Zu Beginn meines Erwachsenenlebens habe ich mir dann noch einmal einen Ruck gegeben, bin (relativ) regelmäßig zum Joggen gegangen und habe sogar in zwei Chören gleichzeitig gesungen (also nicht gleichzeitig in dem Sinne…). Aber irgendwann ging mir auch das auf die Nerven und ich glaube, selbst vor einem Zahnarztbesuch graut es mir weniger als vor dem Konzept „Hobby“.
Ich verstehe Menschen nicht, die jede Woche zum Sport, zur Bandprobe und zum Briefmarkensammlertreff gehen. Klar, ich gehe gerne mal zum Schwimmen, zum Laufen, zum Skifahren… Aber sobald ich weiß, dass ich es regelmäßig tun muss, wird es mir zur Last.
Kein Mensch hat meines Wissens bis jetzt die Hobbyophobie untersucht. Dabei könnte das unsere Wirtschaft unglaublich ankurbeln! Würden die Menschen nicht so unglaublich viel Geld verpulvern, um sich für Kurse, Vereine und Gruppen anzumelden, zu denen sie doch nie gehen, wie viel Geld wäre dann da, um zu konsumieren! (Das Shoppen nicht als Hobby zählt, egal wie regelmäßig man es tut, ist wohl selbstverständlich. Das gleiche gilt für Friseurbesuche, Weiberabende und Sex.)
Regelmäßigkeit hat etwas mit Pflicht zu tun, Pflicht ist das Gegenteil von freiem Willen und was nicht aus freiem Willen getan wird, wird den Hobbyophoben zur Belastung. (Man möge mir verzeihen, dass ich gerade das Argument all der Männer klaue, bei denen ich mich bis jetzt beschwert habe, dass sie sich nicht oft genug Zeit für mich nehmen…) Es ist doch widersinnig, montags zur Chorprobe zu gehen, wo sie nun einmal stattfindet, wenn man eigentlich lieber tanzen gehen möchte, was man dann aber mittwochs beim Tangokurs tun muss, obwohl einem da nach stricken wäre.
Hobbys sollte man ausüben, wenn man gerade Lust darauf hat, nicht, weil es im Terminkalender steht, oder weil man die Gebühr nun einmal bezahlt hat. Sich jede Woche widerwillig irgendwohin zu schleppen, das kann ja nicht der Sinn der Sache sein. Das ist ja auch gerade das Gute am Zahnarzt: Wenn ich da rauskomme, weiß ich, dass ich erst in einem halben Jahr wieder hinmuss, nicht schon nächste Woche!
 

http://www.webstories.cc 23.05.2024 - 05:58:56