... für Leser und Schreiber.  

Und wir werden Freunde bleiben ... (1 von 3)

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©  Middel   
   
Sie hatte es versucht. Sie wollte es unbedingt, mehr als alles andere. Aber er machte es ihr schwer, fast unmöglich, ihr Versprechen einzuhalten. „... und wir werden Freunde bleiben“, hatte sie gesagt. Und wenn sie etwas sagte, dann meinte sie es auch so. So stand sie nun in dieser sternenklaren Vollmondnacht vor ihrem Auto und überlegte, ob sie weiterhin zu dieser Aussage stehen könnte. Nach all dem, was passiert war in letzter Zeit.
Rupert war aber seit der Trennung ein anderer geworden. Äußerlich durch seine Entscheidung sich seine langen Haare, die sie so geliebt hatte, abzuschneiden und den Rest dann auch noch schwarz zu färben. Innerlich durch seine aufgesetzte Coolness und seine Art ihr zu zeigen, wie viele Andere er doch haben konnte. Das allein war sicherlich kein Grund ihn nicht mehr als Freund anzusehen, aber da war noch etwas anderes und das war es, was es Steffi einfach unmöglich machte diesen ehemals so sensiblen, netten und respektvollen Jungen, der schließlich mal mit ihr zusammen gewesen war, länger in ihrer Nähe zu dulden. Es war die Art und Weise, wie er Tatsachen verdrehte und sie vor anderen Menschen bloßstellte, runterputzte oder sich einfach nur lustig über sie machte.
Als sie letztens Eis essen war zum Beispiel. Da hatte sie einen netten Jungen entdeckt und auch er schien gefallen an ihr zu finden. Sie schauten sich an und irgendwie hatte es gefunkt. Dieses Kribbeln begann und das Spiel mit den Augen ... Doch bevor wirklich was passieren konnte fing ihr Exfreund lauthals an über ihre vermeidliche Zukunft zu sprechen, ihre Verlobung und die Wahl der Ringe. Sie war wie vom Blitz getroffen. Fiel aus allen Wolken und ehe sie die Situation aufklären konnte, war der süße Junge auch schon weg. Rupert bemerkte nur süffisant, dass er sich nicht so leicht hätte abbringen lassen. Steffi war sauer, konnte mit ihrem Wutanfall aber nur bewirken, dass die Leute im Café, die von der Vorgeschichte ja nichts mitbekommen hatten, sie anstarrten. Peinlich berührt verließ sie den Ort der Bloßstellung und wollte unbedingt nach Hause. Dummerweise war sie ja mit Rupert hier und der hatte darauf bestanden mit seinem Wagen zu fahren. Also musste sie zur nächsten Haltestelle und auf den Bus warten. Während sie dann da so stand und wartete, tat ihr Rupert dann auch schon wieder leid. Sie dachte daran, wie sehr sie sich einmal geliebt hatten und dass es ihm bestimmt schwer fiele, sie einfach loszulassen. Und etwas despektierlich war es ja schon, mit jemanden zu flirten, während der Exfreund neben einem sitzt. Bis sie zu Hause war, wurde aus der eigentlichen Aggression schon so etwas wie Mitleid, die soweit ging, dass sie Rupert anrief und sich für ihr Verhalten entschuldigte. Er schien diese Entschuldigung zu genießen, lud sie aber noch zu einem zwanglosen Bier zu sich ein. Um nicht wieder etwas falsch zu machen, willigte sie ein und fuhr, diesmal mit dem Auto, zu ihm. Weit war es ja nicht und wenn dann wieder alles im Lot ist, würde sich die Viertelstunde bis zu seiner Wohnung schon lohnen.
Als sie klingelte meldete sich so ein Gefühl, dass von ihrer Magengegend ausging. Was, wenn er sich mehr erhoffte, als nur ein Bier? Sie erinnerte sich daran, wie sie das erste Mal vor seiner Tür gestanden hatte. Das musste doch mittlerweile drei Jahre her sein. Sie rechnete kurz nach. Ja so ziemlich genau drei Jahre war das jetzt her. Damals waren ihr Gefühle gerade am Aufblühen gewesen und nicht wie jetzt schon verblüht. Wie schnell sich Gefühle und Empfindungen gegenüber einer anderen Person ändern können ist schon erstaunlich, dachte sie. Man denkt immer es ist für ewig und dann geht alles so rasend schnell vorbei. Aus netten Angewohnheiten des Partners werden inakzeptable Macken, aus nicht enden wollender Lust irgendwann ein zwanghaftes Muss. Und selber gibt man sich nicht mehr die Mühe, den andern zu erobern, von seinen Vorzügen zu überzeugen. Zumindest war das ihre Sicht der Dinge. Aus Freundschaft wird Liebe wird wieder Freundschaft. Leider, so begann sie langsam zu verstehen, war das mit der erneuten Freundschaft nicht so einfach, wie sie sich das vorgestellt hatte. Plötzlich wurde sie aus allen Gedanken gerissen. Der Türöffner.
 

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