... für Leser und Schreiber.  

Die 18 Abschiedsbriefe des Herrn Homeral 2

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© Robert Zobel   
   
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

ja, ich bin nicht mehr. Keine Sorge, Ihre nächste Wahl wird dies nicht beeinflussen, denn ich bin sowieso nie zur Wahl gegangen. Warum denn auch? Mich selbst konnte ich ja nie wählen, dabei war ich ja parteilich gebunden. Einmal in der PDS und natürlich auch in Ihrer Partei, der CDU. Mit meiner Doppelparteizugehörigkeit wollte ich eigentlich das System zum Absturz bringen, aber irgendwie hat es gar keiner gemerkt. Nicht einmal als ich auf einer Demo zwischen den beiden Seiten herumsprang und meine Genossen angeschrieen habe. Die und die. Auch wenn ich in der Zeitung zu einem Thema Dampf ablasse und dabei meine dafür favorisierte Partei nenne fällt es keinem auf.
Ich hab sie persönlich auch schon einmal gehanddrückt. Das war als durch diese Hand noch Blut floss. Damals im Jahre 1999 als sie noch ein kleines Licht waren und ich ein noch kleineres Licht war. Licht ist übrigens völlig richtig und trifft meine damalige Berufung völlig. War nämlich der Bühnenlichttechnikerhilfsarsch, der Ihnen Ihr Face bei der einen Rede ausgeleuchtet hat. Dafür haben sie sich dann bei mir bedankt, aber ich denke nicht, dass sie noch wissen wer ich bin. Falls Sie dies überprüfen wollen, senden Sie doch bitte einen Geheimdienstler an meine neue Liegestatt/also dem zuständigem Leichensammelplatz. Würde Ihnen gerne auch die Adresse geben, aber ich hab jetzt auch vergessen, mich zu erkundigen. Muss ja auch diese ganzen Abschiedsbriefe schreiben.
Jetzt fällt mir gerade ein, dass ich dann ja total blass bin und ich überlege ob das nun einen guten Wiedererkennungswert liefert oder nicht. Wobei man ja die Bilder aus der Vergangenheit nur in schwarz/weiß speichert. Farbe würde zuviel Speicherplatz wegnehmen. Und wenn ich da schon so blass liege..wäre das ja dann doch förderlich.
Oder schauen Sie doch mal alte Pressefotos an. Ich war auf einem Bild in den „Bobitzer Pressblätter“ neben Ihnen zu sehen. War zwar nur mein Ellenbogen aber dieser ist das markanteste an mir. Fragen Sie nicht warum denn das wäre mir bis in den Tod sehr peinlich.
Ich weiß gar nicht wie das mit Ihnen hier dann weiterlaufen soll und ich hoffe das ich meine Sorgen nicht mit in den Himmel nehme. Eigentlich will ich ja dann meine Ruhe haben.
Hab ich mir ja verdient.
Wissen Sie Frau Merkel, ich muss ja auch mal Sympathie für Ihren Mann bekunden. Ich kann es gut verstehen, dass er mit ihnen nicht in der Öffentlichkeit zu sehen sein will. Es gab da bei mir auch mal so eine Sache in meiner Jugend.
Sie hieß Elegeora Fluppe und ging mit mir in die Erich-Weinert-Schule in Bobitz. Im Sportunterricht war sie vom Bock gefallen und mir dann vor die Füße. Das war das erste Mal im Leben dass ich Blut gesehen habe und natürlich hat das irgendwie eine Verbindung geschaffen. Sie hat das erste Mal geblutet und ich es das erste Mal gesehen. Wenn das kein Vorereignis für das Ereignis Hochzeit sein kann dann weiß ich auch nicht. Auf jeden Fall war sie halt ein Tollpatsch und das auch schon vor dem Bockunfall. Bedeutet, sie hatte im Gesicht mehr Narben als Züge. Kann man vielleicht mit einem Zebrarücken vergleichen. Nun ja, sie konnte fabelhaft küssen (Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das gut können), aber es wäre mir viel zu peinlich gewesen sie meiner Gang zu präsentieren. Sie hingegen wollte aber mit mir apartem jungen Herrn angeben wo sie konnte und so zerbrach es auch. Ich weine ihr keine Träne nach, aber sie erinnern mich wirklich an dieses Mädchen. Sie war und ist sicher hübscher als sie, aber die Sache an sich passt.
Und Ihre Adresse hab ich ja und Elegeoras finde ich nicht. Wahrscheinlich war sie dann ein richtiger Tollpatsch und hat sich totgetolpatscht.
Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute und wenn Sie mal an irgendeinen Toten denken möchten. Machen Sie das ich warte dann auf diesen Gedanken. Machen Sie weiter so. Ist nämlich egal. Is sowieso alles egal.

Mit Endgrüßen
Ihr Ausleuchter
 

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