... für Leser und Schreiber.  

Tangroths Amulett (1)

24
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© Doris Edlinger   
   
Prolog

Alex wagte es nicht, sich zu bewegen. Seit fast drei Minuten hatte er keinen Muskel bewegt und rang nun angestrengt um die Beherrschung über seinen Körper. Seine dunklen Haare hingen ihm ins Gesicht und versperrten ihm die Sicht, was ihn rasend machte, dennoch rührte er sich nicht.
Seinen Dolch fest umschlossen lag er im Weizenfeld, nur der Mond und die Sterne erhellten die Nacht und hatten ihn davor bewahrt, dem Mann vor ihm direkt in die Arme zu laufen, der kaum drei Meter von ihm entfernt war.
Der Mann blieb stehen, schnüffelte in der Luft, und Alex wünschte sich, nicht so sehr vor Nervosität und Hitze zu schwitzen. Er beobachtete, wie der Mann einen Schritt nach links machte – der Weg zu Alex – dann noch einen und schließlich wenige Zentimeter vor ihm Halt machte.
Alex betrachtete die Züge des Mannes. Ein Atrox, ohne Zweifel.
Die Atrox waren eine gefährliche Mischung aus Vampiren, Dämonen und Menschen, ausgestattet mit großen körperlichen Kräften und geschärften Sinnen. Man wusste nicht genau, woher sie kamen, irgendwo aus dem Norden hieß es, oder aus der großen Ebene, aus Narx. Alex war es gleich, hauptsache er fiel dem Atrox nicht zum Opfer. Er hatte schon zu oft gesehen, wie die Atrox ihre Beute, egal ob Mensch oder Tier, auffressen.
Was hab ich nur für ein Glück, dachte Alex sarkastisch und rief sich die letzten acht Monate ins Gedächtnis.
Er war als Thronfolger geboren, und hatte schon seinen Thron bestiegen, als der König der Elfen ihn um Hilfe bat. Und kaum hatte er sein Land verlassen, riss sein größter Widersacher die Regentschaft an sich. Alex hatte damals beschlossen, sich darum später zu kümmern, denn seine Mission war wichtiger. Er sollte mit Thalihilion, dem Prinzen der Elfen nach Araye reiten und dort mit dem König sprechen. Nun, in Araye war er nun, allerdings ohne Thale, wie er seinen Freund nannte, da dieser schon vor drei Monaten in der Nähe des Sofienwaldes, viele Meilen von Araye entfernt in Gefangenschaft geraten war, und er war dem König nicht begegnet, da man ihn selbst vor zwei Wochen in der Nähe der Felder in denen er sich nun befand ebenfalls gefangen genommen hatte. Nun hatte er es endlich geschafft auszubrechen und auf was traf er? Einen Atrox! Das Schicksal meinte es nicht gut mit Alex.
Ein nachdenkliches Brummen kam aus der Kehle des Wesens, und Alex holte zum Streich aus, sprang auf die Beine, um den Atrox zu töten, doch als Alex seinen Dolch im Fleisch des Atrox versenkte, bemerkte er, dass schon ein Pfeil das Werk vollbracht hatte, dass er hatte tun wollen – der Atrox fiel tot zu Boden und Alex wusste, dass nicht er für diesen Tot verantwortlich war.
Doch woher war der Pfeil dann gekommen? Er hockte sich neben die Leiche und zog den Pfeil heraus. Er bestand aus Holz mit einer kleinen eisernen Spitze, die als Widerhaken diente. Der Duft des Giftes, welcher der Pfeilspitze anhaftete stieg ihm in die Nase und er verzog angewidert das Gesicht. Das Ende des Pfeils war mit Gänsefedern bestückt, aber ansonsten verriet ihm nichts, von wessen Hand der Pfeil abgeschossen worden war.
Er wollte sich aufrichten, als sich eine kalte Klinge an seinen Hals legte. „Kann ich bitte meinen Pfeil wiederhaben“, fragte eine Stimme hinter ihm.
Alex schluckte hart, dann reichte er den Pfeil langsam an die Frau hinter ihm zurück. „Dankeschön“, flüsterte sie spöttisch, dann hob sie die Klinge, sodass er aufstehen musste.
„Wer seid Ihr“, fragte er.
„Jemand, der berechtigt ist, hier zu sein. Ganz im Gegensatz zu Euch! Ich werde Euch wohl an das Gefängnis übergeben müssen.“
Alex schluckte. Sie konnte ja nicht ahnen, dass er gerade von dort kam und nicht den Wunsch hegte, dorthin zurückzukehren.
„Und der Atrox“, fragte er, „hatte der die Berechtigung, hier zu sein?“
„Niemand hat die Berechtigung hier zu sein, außer jenen, die die Felder des Herren der Burg Ciralow schützen.“
„Verstehe“, murmelte Alex, „ich vermutete jedoch nicht, dass man dafür Frauen einsetzt!“
Der Druck der Klinge auf seine Kehle wurde stärker. „Nur weil ich eine Frau bin, heißt das nicht, dass ich Euch unterlegen bin, ganz im Gegenteil!“
Alex grinste breit. „Tatsächlich?“
Damit fasste er nach dem Schwert, entzog es der jungen Frau und wirbelte herum, bis sie es an der Kehle hatte.
Er lachte und murmelte: „An wem ist es jetzt, zu drohen?“ Alex zog die Luft tief ein. Er würde sich nicht nochmals einsperren lassen, koste es was es wolle! Der Mond erhellte das Gesicht der jungen Frau und ihr intensiver Blick verblüffte ihn.
Die junge Frau antwortete nicht, sondern traf mit einem gezielten Schlag ihres Ellbogens seinen Bauch, und in schneller Folge zwang sie ihn in die Knie und nahm ihm ihr Schwert und seinen Dolch ab.
Überrascht keuchte er auf, schluckte und fragte dann mit leiser Stimme erneut: „Wer seid Ihr?“
„Ihr habt nicht das Recht, mich nach meinem Namen zu fragen, ganz besonders in diesen Feldern! Und nun kommt, ich übergebe Euch dem Gefängniswärter.“
Sie packte seine Handgelenke fesselte seine Hände wortlos auf seinem Rücken.
„Warum arbeitet Ihr für einen Fürsten“, fragte Alex, als sie den Knoten fest zuzog.
„Er ist nicht nur ein Fürst, sondern auch der Bruder des Königs dieses Landes! Ihr solltet ihm etwas Respekt zollen. Ansonsten habe ich Euch nichts zu sagen!“
„Ihr habt doch etwas zu verbergen. Ich sehe Euch an, dass es Euch widerstrebt hier zu sein.“
Einen Moment lang war sie still, dann murmelte sie: „Das mag stimmen, aber ich habe mich gegen ein behütetes Leben mit Haus, Hof und Mann entschieden. Das ist der Preis für meine Freiheit. Seid Ihr nun zufrieden?“
„Keineswegs, ich habe tausend Fragen, die ich Euch stellen möchte. Ihr kennt den Fürsten, der über dieses Fleckchen Erde gebietet, nicht wahr? Ich wage sogar zu behaupten …“
„Seid still“, zischte sie.
„Ich frage mich nur…“
Erneut fuhr sie ihm dazwischen. „Ich sagte, seid still! Ich habe etwas gehört.“
Alex verstummte augenblicklich und lauschte ebenfalls in die Dunkelheit, konnte jedoch nichts hören.
Die Frau stand kerzengerade neben ihm, reckte das Kinn und schloss die Augen, ein Windstoss fuhr durch ihr zusammengebundenes Haar. Sie legte die Stirn in Falten, als würde sie sich sorgen und schien etwas zu flüstern. Als der Wind sich legte, öffnete sie die Augen und seufzte erschrocken auf.
Alex beobachtete, wie sie einen leisen Pfiff von sich gab und wenige Momente später ein graues Pferd auftauchte. Sie sprach mit ihm in einer Sprache, die selbst Alex nicht kannte, dann holte sie aus einer der Satteltaschen eine Armbrust hervor und kontrollierte ihr Schwert.
„Was ist los“, fragte Alex. Es kam ihm so vor, als hätte sie ihn vollkommen vergessen, als sie ihn daraufhin ansah und denn Kopf schief legte.
„Vier Atrox kommen aus westlicher Richtung. Sie haben den äußersten Posten, einen guten Freund von mir, getötet.“
„Hat Euch das der Wind erzählt?“ Das freche Grinsen, das er bei dieser Frage aufgesetzt hatte wurde von ihrem strengen Blick aus seinem Gesicht gewischt.
„Ich werde Euch an das Pferd binden müssen“, überlegte sie.
„Wollt Ihr Euch allein vier Atrox stellen? Das werdet Ihr nicht schaffen!“
Sie wollte ihm antworten, als ein Pfeil die Stille der Nacht durchbrach und sich wenige Zentimeter vor Alex Füßen in den Boden bohrte. Das Pferd erschreckte sich und bäumte sich auf, doch entgegen Alex’ Erwartung lief es nicht davon.
„Ich werde kämpfen, so wie es jeder meiner Familie tun würde“, klärte die junge Frau Alex auf, dann schoss sie einen Pfeil in die Dunkelheit der Felder.
Alex hörte den Aufprall des toten Atrox, während die Frau nachlud und erneut schoss und wildes Gebrüll der Atrox ausbrach. Alex wandte sich dem Pferd zu, ein großer Hengst, der jedoch vor ihm zurückwich.
„Keine Angst, ich will deiner Herrin beistehen! Lieber gehe ich erneut ins Gefängnis, als in die Hände dieser Monster zu fallen!“
Der Hengst schien ihn zu verstehen.
Alex legte sich auf den Boden, krümmte den Rücken und schwang schließlich seine Beine durch die Schlaufe, die durch seine zusammengebundenen Arme entstanden war, sodass er dann mit seinen Händen in die Satteltaschen greifen konnte. Er ertastete einen Trinkbeutel und etwas Brot aber nichts, was ihm mit seinen Fesseln hätte helfen können.
Inzwischen hatten sich zwei der Atrox durch das Getreide gekämpft und kamen nun auf die junge Frau zu, die die Armbrust auf einen richtete, der ein überraschtes Grunzen von sich gab, als der Pfeil ihn auch schon durchbohrte.
Der zweite kam direkt auf sie zu und zog ein Metallstück hervor, das einem rechteckigen Schwert glich, dann ließ er es auf die Frau niedersausen, die den Schlag mit ihrem eigenen Schwert im letzten Augenblick abwehren konnte. Der Atrox maß über zwei Meter Größe, während die junge Frau vielleicht 160 Zentimeter groß war, wenn überhaupt.
Alex beobachtete den Schwertkampf der beiden, während er sich in der Satteltasche weiter vortastete und endlich fand, wonach er gesucht hatte: Ein kleiner Dolch, den er von der Scheide befreite und schließlich versuchte, die Fesseln zu durchschneiden. Als er diese endlich loswurde, trat ein weiterer Atrox hervor, ignorierte seinen Kameraden und dessen Gegnerin und trat direkt auf Alex zu.
Er konnte dem Faustschlag des Atrox ausweichen, indem er schnell in die Hocke ging und von dieser Position aus dem Atrox den Dolch in den Bauch stieß.
Gleichzeitig fiel der Gegner der jungen Frau, die nun vor Anstrengung keuchte und sich den Schweiß von der Stirn wischte.
Sie ging wortlos auf den Hengst und Alex zu, als Alex ihr das Schwert entriss und mit einem lauten Schrei der Gestalt hinter ihr war und schon zum Schlag gegen die Frau ausgeholt hatte, den Kopf abschlug.
Dann gab er ihr das Schwert zurück.
„Anscheinend reicht ein Pfeil nicht, um diese Biester zu töten“, seufzte er und betrachtete den Pfeil der in der Brust des Atrox steckte. „Er ist einfach wieder aufgestanden…“
„Danke“, murmelte sie. „Aber … Eure Fesseln …“ brachte sie dann verwirrt hervor.
„Ja, ja, ich weiß“, Alex hielt ihr die Armgelenke hin, „Ihr müsst mich erneut fesseln und mich abführen.“
Sie nahm Alex ihren Dolch ab, drückte ihm dafür den seinen in die Hände, dann zog sie ein Stück Papier aus der Tasche ihres Wams und überrechte es ihm.
„Mein Leben für das Eure“, murmelte sie dann, „los, geht, bevor ich es mir anders überlege. Versucht es zu vermeiden, dass man Euch sieht, aber falls Ihr doch jemandem begegnet, zeigt ihm dieses Schriftstück.“
Sie stieg auf ihren Hengst.
„Bevor ich gehe, verratet mir Euren Namen“, murmelte Alex.
Sie biss sich auf die Unterlippe.
„Bitte!“
Sie atmete tief ein, dann antwortete sie ihm: „Nora. Ich heiße Nora.“
Dann gab sie ihrem Pferd die Sporen und ritt davon.

Hoffe euch hat's gefallen, bin da sehr skeptisch, weil das ist mein erster Versuch zum Fantasy - Genre und ja... Kritik natürlich erwünscht!
LG
 

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