... für Leser und Schreiber.  

Focken

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© Robert Zobel   
   
Eigentlich dürfte er dort gar nicht sitzen. Denn Klaus Focken, der in der Strandbar „Zur Kräutermuschel“ am Timmendorfer Strand in aller Ruhe eine Kräutermuschel knackt, war nach einem Heißluftballonabsturz „schon einmal tot“. Sagt er jedenfalls – lächelt selig und schaut den Möwen beim Sturzflug-auf-geworfene-Brötchenstückchen zu.
„Ich hab im Himmel alte Bekannte getroffen, aber ich werde ja noch auf der Erde gebraucht und so hab ich gesagt, dass ich ein wenig später komme“.
Er hat nun Recht bekommen, er wurde gebraucht. Der 32jährige Haudrauf in der beigen Windjacke, der wie ein schwuler HNO-Arzt wirkt, wurde zur Schlüsselfigur einer finsteren „Geschichte“. Seit bekannt wurde, dass der mecklenburgische PDS-Landtagsabgeordnete Udo Berschlomm dem langjährigen Heroinabhängigen 10 000 Euro schenkte, ist die Partei unter Druck.
Anzüglich erkundigen sich die anderen Parteien, ob dieser Focken, der früher Nylonstrumpfhosen geschmuggelt hat, nicht der Geliebte Berschlomms sei. „Alles Quatsch“, beteuerte Klaus Focken beim Treffen im malerischen Timmendorf. Aber er rechnet selbst nicht unbedingt damit, dass man ihm glaubt, setzt sich einen Schuss und küsst vorübergehenden Männern zu.
„Das Sperma meines Vaters muss Strandsand enthalten haben, denn ich hab irgendwie Pfeffer im Blut und so“, sagt er nicht ohne Stolz. Einen Beruf hat er niemals lernen wollen: „Da bleibt man dran hängen, wie am Heroin. Das zieht sich bis zum Lebensende und irgendwie arbeitet ja die Zeit gegen uns alle mal wie wir hier sitzen.“
Stattdessen nutzte das Kind einer Arbeiterfamilie seine Verführungskünste. „Der Charmeur mit dem Sand im Blut“ geriet immer wieder in verzwickte Beziehungstumulte und früh in den Ruf, eine kratzbürstige Tunte zu sein.

Als 28jähriger wurde Focken zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er beim „Armdrücken“ immer den Penis seines Gegners betatschte. Wobei betatschen ein wenig zu milde ausgedrückt ist, denn Focken wurde dabei so wild, dass der Mann zwei Wochen in Lebensgefahr schwebte und nur durch Bluttransfusionen und eine Penisverkürzung gerettet werden konnte. Einen herbeieilenden Notarzt soll der 169-Zentimeter-Mann fast mühelos über drei Kilometer verfolgt haben, weil der so schnuckelig aussah. „Das waren Dummheiten und irgendwie war es auch Notwehr“, sagt der heute bekennende Vegetarier.
Abgehakt sind für ihn die Verurteilungen wegen Nötigung, Verlobungsschwindel und wegen Massenhypnose bei einer Ballettaufführung („Ich hab nur mit den Augen gerollt“). Völlig passé die spektakuläre Flucht im Anzug des Gefängnisdirektors aus der Haftanstalt Klütengolle („War mir irgendwie zu wenig Animationsprogramm“). Focken, der nach Paraguay abgehauen war, dort in den Knast wegen Mangoklauerei kam, aber nicht ausgeliefert wurde, hat bald auch die paragaynische Haft abgesessen: „Ich bin jetzt wieder Hemdenweiß, also blütenweiß und so“.
Magenschmerzen macht ihm nur noch ein Magengeschwür, welches er sich, so sagt er, durch Analsex mit einem Koch zugezogen haben muss. So soll doch Liebe durch den Magen gehen und zufälligerweise ist der Koch für immer verschwunden. Im Moment wartet ein Haftbefehl plus Mordanklage auf ihn.

Dass der Freigänger, der jetzt tagsüber am Bahnhof anzutreffen ist, dieses Verfahren mit allen Mitteln boykottieren wird, trauen ihm andere Junkies zu. Die Connection Focken/Berschlomm gilt aber nicht als Beleg für eine gewisse Schwulität auch in Beamtenkreisen. Berschlomm selbst hält die verschenkte Geldsumme inzwischen für eine finanzielle Dummheit. Er kannte Focken aus Urlaubszeiten am Strand und unter FKK-Anhängern wird mal schnell Geld verschenkt.

Focken jedenfalls sagt über Berschlomm: „Der Udo ist mehr Hetero als Aal.“ Ob diesem aber diese Aussage was nützt, ist mehr als fraglich. Es gibt Gerüchte von Nacktfotos und Focken weiß dazu nur zu berichten:

„Es gibt nichts Schöneres als die nackte Wahrheit“
 

http://www.webstories.cc 19.04.2024 - 00:54:29