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Einsam und nackt auf der Suche nach einer Automarke mit A

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©  ThiloS   
   
Gestern mal wieder. Ich zapp mich durch die Programme von 1 in Richtung 255, auf der Phoenix liegt, als mein Blick so ganz kurz bei einer nackten Tussi hängenbleibt, die neben einer Tafel mit Geldscheinen mit der Überschrift "Automarke mit A" steht. DSF - Deutsches Spottfernsehen steht oben in der Senderkennung.

Sicher, als heterosexueller Mann schaue ich mir gerne Frauenbrüste an. Erst recht, wenn sie größer als eine Faust sind. Also beschliesse ich eine kurze Zapppause.

Es ist ein Uhr Nachts. Deutschland schläft größtenteils. Uschi arbeitet. Sucht Automarken. Will angerufen werden.

Ich weiß nicht, welcher Verrückte seinerzeit auf den Gedanken gekommen ist, eine nackte, sonnengebräunte Blondine könne durch ihre "erotische Ausstrahlung" irgendwelche anderen Verrückten zum Anrufen animieren. Mir tut Uschi leid.

Ich seh mir Uschi und ihre baumelnden Brüste an und frage mich, wer sie wohl ist. Wie war das damals, als sie noch ein Kind war? Hatte sie ein liebevolles Elternhaus? Kam sie nach der Schule nach Hause, stolz die Matheprobearbeit schwenkend "guck mal, Mutti, eine zwei"? Hat Ihr Vater voller Stolz erzählt, seine Tochter hätte das Zeug zum Gymnasium und wolle Medizin studieren?

Wie mögen sich Eltern fühlen, die ihre hübsche nette Tochter einsam nachts durch den Äther irren sehen, auf der Suche nach einem Anrufer, der eine Automarke mit A weiß?

Uschi zappelt vorne auf dem Bildschirm herum, sie ist Österreicherin... "Leute, rufts mich an, ich hab nicht acht, ich hab nicht neuen, ich hab zehen Leytungen frey..."

Nein, Uschi, Du hast zwei große Brüste, aber nichts, was mich irgendwie dazu animieren könnte, bei Deinem Schmierensender anzurufen...

Wie lief das wohl, damals, als Uschi noch die große Hoffnung hatte, nach ihrer Schauspielschule und dem Gesangsunterricht beim Fernsehen unterzukommen und Kohle zu scheffeln? Wie war das, als sie mit ihren Bewerbungsunterlagen beim DSF aufschlug und der Personaler ihren Redeschwall über ihre guten schulischen Leistungen mit den Worten: "zeig mal Deine Möpse" unterbrach?
Wie hat sie sich da gefühlt? Hat sie gedacht "naja, wenns dazugehört"? Fühlte sie sich gedemütigt? Beleidigt? Amüsiert? Was hat sie empfunden, als alles, was sie seit dem Zeitpunkt, als sie mit der Schultüte stolz am ersten Schultag die Grundschule betrat, plötzlich nichtig und klein und unwichtig und nur ihre Mopsgröße das entscheidende Einstellungskriterium war?

Uschi ist nervös da vorne und weiß sichtlich nicht, wohin mit den Händen und den Brüsten. "Rufts mich an. Des giabts doch nicht, daß da niemand eine Lösung hat. Hat den niemand eine Lösung?"

Ach Uschi, für Dich gibt es weder Lösung noch Erlösung. Du bist verdammt dazu, bei einem drittklassigen Sendung eine achtklassige "Spielshow" ohne BH zu "moderieren". Du bist in den tiefsten Tiefen der Fernsehhölle gelandet, auf einem Programmplatz auf dem 230sten Receiverpunkt, auf dem nur noch so alte Säcke Dich mitleidig beim Tittenbaumeln betrachten und gelangweilt gähnen und sich in ihren eigenen philosophischen Gedanken verlieren.

Ich kann mir vorstellen, wie laut Uschi seinerzeit mit ihrer Freundin über die Zigeunerin gelacht hat, die ihr gesagt hat "Ich verfluche Dich. Du wirst einsam und nackt des Nächtens durch Deutschland irren und Automarken mit A suchen". Sie hat das damals für einen Scherz gehalten. Ich bin sicher, heute findet sie es nicht mehr komisch.

Natürlich wird heute niemand mehr Uschi anrufen. Heute nicht, morgen nicht, nie. Es ist ein Fluch. Sie mag ihre Ömmels in die Kamera strecken und mehr als nur 10 Leitungen offen haben, sie, der Kabelträger und der Kameramann und "der, der in der Leitung bleibt, um den Gewinn auszuzahlen" sind heute Nacht wie jede Nacht die einsamsten Menschen der Welt. Unangerufen, unbedauert, unwichtig. Menschen, die ihr Leben für "die Kamera und den großen Traum" weggeschmissen haben. Die nicht einmal für Pornofilme qualifiziert genug waren. Die in der Nahrungskette des Fernsehens und seiner Bussi-Bussi-Gesellschaft ganz unten stehen. Der Abschaum des telemedialen Zeitalters. So unwichtig, daß nicht einmal Wiederholungen der eigenen aktorischen Glanzlichter gesendet werden.

Ich weiß, Uschi wird wahrscheinlich noch 2 Stunden ganz verzweifelt "auf eynen Onrufer" warten. Er wird nicht kommen. Sie wird irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen die Geldscheine abnehmen und es werden Automarken mit A wie "Hamplat" oder "Blablubb" erscheinen, die keine Sau kennt und nach denen sie lange suchen kann. Dann werden sie und ihre beiden Brüste sich artig von den beiden Zuschauern "bis morgen" verabschieden, sie wird sich in ihre Bluse hüllen, vielleicht dem Kameramann ein "verdammte Scheisse, wieder keiner angerufen" zuraunzen und sich irgendwo in der nächtlichen Kölner Innenstadt eine Nase Koks holen oder sich besaufen und über ihr beschissenes Leben nachdenken.

Uschi erzählt vorne, daß DIESMAL und GANZ EHRLICH die LÖSUNGEN total EINFACH sind und sie fragt sich verzweifelt, ob "jetzt denn noch jemand wach ist" und ich zerfliesse vor Mitleid und Trauer.

Ich gebe mir einen Ruck und schalte weiter auf Phoenix, da läuft gerade eine spannende Geschichtsreportage mit dem Titel "Hitlers Wellensittiche", allemal spannender und erotischer als Uschis depremierende Suche nach Automarken, die wo ein A haben tun.

Die arme Sau.
 

http://www.webstories.cc 04.05.2024 - 20:34:34