... für Leser und Schreiber.  

Einblick in eine Geisteskrankheit 3

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© Robert Zobel   
   
Seitdem es die DDR nicht mehr gibt, haben wir hier in der Nachbarschaft keinen Abschnittsbevollmächtigten mehr. Und seitdem ist es hier viel schlimmer geworden. Damals hat man ja nichts in der Zeitung von all so was gelesen und nun nur noch Mord und Totschlag. Liegt wohl daran, dass die Bürger damals so erzogen wurden, dass ihnen die Moral wirklich etwas bedeutet hat und die Organe der Regierung haben das dann auch schön im Zaum gehalten, und jetzt wo sie weg sind ist das zusammengestürzt. Aber wer soll das glauben?
Also wer soll glauben, dass es die DDR nicht mehr gibt? Das ist doch nur ein Test und die, die jetzt außer Rand und Band sind und Blödsinn machen, sehen ja, wohin das führt. Ich denke, noch ein oder zwei Jahre und dann heißt es auf einmal „Die Grenzen sind wieder geschlossen“ und dann wird aber mal richtig gejubelt. Die rote Fahne habe ich immer griffbereit. Die hab ich als Bettbezug umnähen lassen und wenn ich sie dann gerade in der Wäsche ist, habe ich immer noch mein Blut und das weiße Laken. Dann werden die Nachbarn aber Augen machen. Die glauben mir alle überhaupt nicht und nennen mich „Stasijochen“. Dabei will ich sie doch nur bewahren. Nur wer jetzt noch Flagge vor dem erneuten Aufstieg zeigt, steigt mit auf. Dieses kapitalistische Gebahren wird in den Ruin führen. Ich werde ihnen aus dem Fenster zuschreien „Ich habs doch gesagt“. Besser hätte die SED nicht schauen können, wer wirklich dem Staat treu ergeben ist. Ich auf jeden Fall. Bis zur DDR. Seid bereit.
 

http://www.webstories.cc 27.04.2024 - 01:48:51