... für Leser und Schreiber.  

siehe und lerne!

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© Pia Dublin   
   
„Sieh dir die Omma an.“
Marc und Tommy hockten auf ihren Maschinen, die mitten auf dem Bürgersteig geparkt waren, tranken sich mit Dosenbier nüchtern und beobachteten den Verkehr, der an ihnen vorbeirauschte.
An einer ungünstigen Stelle, wo die Straße eine Biegung machte und es unmöglich machte, die ankommenden Wagen rechtzeitig zu sehen, stand eine alte Frau, die immer wieder zögernd einen Fuß auf die Straße setzte, sich ängstlich umsah und dann doch wieder zurück auf den Fußweg flüchtete. Sie war klein, gebeugt, hatte ein prall gefülltes Einkaufsnetz in der einen und eine Handtasche in der anderen Hand. Ihre Bewegungen waren wackelig, der Luftstrom der Autos schien sie jeden Moment mitreißen zu wollen.
Marc leerte das Bier, rülpste, drückte die Dose zusammen und warf sie hinter sich. Mit alkoholgetränkten Bewegungen mühte er sich von seinem Bike und sagte zu seinem Kumpel Tommy: „Siehe und lerne, Sackgesicht.“
Er trat neben die alte Frau, bot ihr in einer erstaunlich galanten Bewegung den rechten Arm, den sie sofort ergriff und erstaunt zu ihm aufsah.
Ohne nach rechts und links zu sehen führte er sie durch den stoppenden Verkehr über die Straße. Er war zwei Meter groß und wog 170 Kilo. Er trug seine Kluft, sein schwarzes Haar reichte ihm fast bis an den Hintern. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ihn aus dem Weg zu hupen.
Auf der anderen Straßenseite sagte er: „Das nächste Mal die Ampel suchen, woll?“
„Das war aber sehr nett von ihnen.... junger Mann...“
Marc grinste und erwiderte: „Na hörn se mal. Selbst so Leute wie ich haben ne alte Mutter zu Hause.“

+++ das habe ich in zwei minuten geschrieben, während eiliger korrespondenz und der vorbereitung eines trainings. als seitenhieb nicht schlecht, oder? +++
 

http://www.webstories.cc 05.05.2024 - 12:06:41