... für Leser und Schreiber.  

Liebesbrief an die Kanzlerin

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© Robert Zobel   
   
Liebe Bundeskanzlerin,

hier schreibt ein Diener Ihres Volkes in einem Ganzkörperlatexanzug. Dieser wurde übrigens im malerischen Dresden gefertigt und wenn man ganz dicht mit der Nase daran riecht, dann hat es Flair. Genau wie Sie.
Ich war schon vor Ihrem Amtsantritt ein sehr großer Fan von Ihnen und ich verfolge jede Debatte und jeden Auftritt. Ich hab auch ein großes Album, in das ich Zeitungsartikel und Fotos von Ihnen klebe.
Auf einer Veranstaltung in Berlin habe ich Sie auch berührt. Das werden Sie nicht gespürt haben, aber ich hab es und ich danke Ihnen für dieses Erlebnis.
Dieser Tag gehört zu den schönsten Tagen in meinen Leben und wird nur durch Ihre Wahl zur Kanzlerin übertroffen. An diesem Tag bin ich mit dem Fahrrad durch Bobitz gefahren und hab jeden Passanten umgehauen, wenn der nicht mit mir gejubelt hat. Die meisten Leute haben aber mitgejubelt und das endete erst in dem nächsten Lokal, wo ich acht Weizenbiere auf Sie getrunken habe. Danach bin ich drei Mal für sie auf die Toilette gegangen und erlaube mir deswegen im Rückblick auch das Du.
Ist ja auch viel netter. Da fühlt man sich gleich viel näher und es soll auch nicht respektlos sein. Wobei es respektlos wäre, wenn Du es respektlos findest, dass ich Dich duze.
Denn ohne mich, hättest Du ja gar keine Fans. Also keine richtigen Fans. Sind ja alles nur Schleimer, die Dir nur an die Wäsche wollen um die Taschen nach Geld zu durchsuchen. Ich hingegen möchte unter Deine Kleidung und dort für immer angeschmiegt auf meinen Tod warten. Dann zwicke ich manchmal, um Deine Stimme zu hören oder streichele Deinen Bauchnabel und Du entspannst Dich von Deiner anstrengenden Arbeit. Manchmal komm ich dann bis hoch zu Deinen Ohren, verdecke dabei meine Augen vor der blöden Realität und singe Dir leise die Deutsche Nationalhymne vor. Dann stehst Du stramm und ich an Dir in gleicher Konsistenz. Ja, ich gebe zu, ich bin ein Treudeutscher und es ist mir eine Pflicht zu Deutschland und auch zu Dir, meiner Kanzlerin, zu stehen. Hinzu kommt, dass ich ein Faible für hübsche Frauen habe und somit natürlich Deutschland durch Dich doppelt so lieb habe, bzw. liebe.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Du Hausmannskost gerne isst und liebe Angela, mein Gulasch wird Dir gefallen. Also schön mit Gurken, Fettfleisch, Soßenschmiere und Wasser. Hinzu kommen zahlreiche Gewürze, mitsamt Zwiebeln und natürlich ganz viel Butter und Sahne. Hast Du schon mal in Gulasch gebadet? Hört sich verrückt an, oder? Ist es aber nicht. Für so was bräuchte man aber am Besten zwei Wannen. Eine voll mit Gulasch und eine mit normalem Wasser. Dann kann man erst in die Gulaschwanne und sich danach in der anderen Wanne säubern, weil die Fleischfladen ja sonst überall zwischen hängen. Besonders das Haar klebt dann zusammen und verklettet. Deswegen bin ich auch überall gut rasiert.
Übrigens statt einer zweiten Wanne geht auch eine gute Dusche mit noch besserem Duschkopf. Der Duschstrahl muss schon fast auf der Haut weh tun sonst bleibt der Gulasch als zweite Haut auf dem Körper bis er abbröckelt, was auch was Positives an sich haben kann.
Manchmal sitze ich zum Beispiel beim Arbeitsamt und warte und warte bis ich Hunger bekomme. Dann hab ich immer so ein paar Stellen, wo ich noch Gulaschreste vorfinde. Ich kann Dir diese Stellen gerne einmal präsentieren.
Vielleicht bei einem Gulaschempfang bei Dir oder bei mir.
Nein, ich mach Witze. Natürlich würdest Du Dich nicht einfach mit mir treffen wollen. Oder wollen sicher, aber nicht können. Das würden die Paparazzis ja nicht gerne sehen und sofort hättest Du ne Pressemeute am Hals und man weiß ja seit Lady Di, wie das dann endet. Die würden uns sofort ne Liebschaft andichten.
Nicht an Dir würden die das festmachen, sondern an mir, der Dich beobachtet, Dir ständig nahe sein möchte und Dich anschaut wie Dein frischer Gemahl.
Deinen Ehemann mag ich übrigens gar nicht. Du solltest Dir einen anderen suchen. Außerdem ist er ja Professor der Chemie und an solchen Typen hat man eh lange nichts. Der brauch ja nur mal auf die Idee kommen, Lauge zu schlucken und danach Säure zu kippen. Dann ist der tot und Du hast zu tun mit den ganzen Formalitäten.
Auf jeden Fall passt der auch rein optisch gar nicht zu Dir und ich denke, deshalb lässt er Dich im öffentlichen Sinne auch stets alleine flanieren.
Wenn ich in meinen Spiegel schaue, ein Portrait von Dir hängt immer daneben, dann weiß ich, dass ich viel besser zu Dir passe.
Ich denke, da würden alle raunen: „Oh ein perfektes Kanzlerpaar, wie zusammengepuzzelt aus acht Milliarden Bundesbürgern“.
Es wäre also nur zu Deinem Besten. Das einzige Problem wäre, dass ich Hartz 4 Empfänger bin und das die dann Dein Geld als mein Geld berechnen würden. Bedeutet, wir wären eine Hilfsbedarfsgemeinschaft oder wie das heißt oder auch nicht, weil Du ja genügend verdienst. Na ja, müssten wir im Bedarfsfall schauen, wie wir das dann machen. Ich will auch gar nicht vorgreifen. Die Grundessenz dieses Briefes soll ja auch einfach nur sein, dass Du total toll bist und dass ich Dich gerne mal ohne Bodyguards treffen möchte.
Angst musst Du vor mir nicht haben. Ich hab Dich ja auch schon mal berührt und auch nichts weiter gemacht. Ich hätte Dir ja auch da einen Tritt geben können, wenn ich ein Terrorist wäre oder mit einer Glasscherbe ganz dolle stechen, wenn ich wahnsinnig wäre. Ein wahnsinniger Terrorist hätte sich wahrscheinlich Scherben an Schuhsohlen geklebt und dann getreten, aber meine Gedanken gehen schon wieder viel zu weit weg. Wo war ich denn?
Ach ja, ich hab ja Latex an und das trage ich stets daheim wenn ich mich wohlfühlen möchte. Gerne können wir ein Treffen machen, wo man mich mit meinem Latexanzug an die Wand kettet. Dann kann ich keinen Schaden anrichten (würde ich eh nie machen) und bin nicht aufgeregt, weil ich mich irgendwie in meinem Latexzuhause befinde. Und ich denke, das wird für Dich auch mal etwas ganz Neues sein. Ich wiener den Anzug dann auch ordentlich. Dann kannst Du Dich dabei spiegeln. Das ist ein toller Effekt. Man sieht dann sein Mienenspiel, wenn man einen anderen Menschen betrachtet und davon auch genau ableiten, wie man auf diese Person in Latex wirkt.
Aber ich versichere Dir, dass Du stets gut auf mich wirken wirst. Übrigens, wenn ich einen Wunsch äußern darf, ich würde Dich gerne in diesem Abendkleid mit Ausschnitt dann treffen. Weiß Du? Das ausm Fernsehen. Ich glaub, da warst Du auf dem Opernball und alle haben sich auf einmal gewundert, dass Du Titten hast.
Ich wusste das natürlich und als die ersten Fotos davon in den Illustrierten erschienen sind, bin ich erst mal auf mein Fahrrad und hab die Leute jubeln lassen. Und dann natürlich wieder ins Lokal und zweimal auf Dich gepisst (positiv gemeint versteht sich) und vorher die dazugehörige Menge Bier konsumiert.
Wir machen das am besten so. Ich werde am 01.02.2009 vor dem Kanzleramt auf Dich warten. Bitte mache für diesen Tag keine anderweitigen Termine. Wenn Du ins Ausland musst, weil Jemand den Eiffelturm gesprengt hat oder diese Seepiraten in Afrika eine Insel überfallen haben, nimm mich bitte mit. Ich hab mich nämlich jetzt richtig auf dieses Datum eingestellt und fiebere darauf zu. Und wenn man Fieber hat, brauch man Medizin und die bist Du.

Dein bester Bürger und einer
Der Dich liebt.

Matzer Frelk
 

http://www.webstories.cc 20.04.2024 - 01:31:54