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Einsamkeit in Ewigkeit

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© Kim Brennecke   
   
Ein kalter Abend. Es regnet. Doch das schlechte Wetter hält niemandem von einer kleinen Party ab. Ich mache meinen letzten Schlag beim Billiard. Ich höre die anderen, wie sie mir zurufen : Los Anna! Einen Schlag noch und du hast gewonnen.
Über den Billiardtisch gelehnt schaue ich hochkonzentriert zur Billiardkugel. Doch plötzlich spüre ich, wie kalte Hände mir unters T-Shirt fahren.
Ich erinnere mich dabei an etwas.
Es war ein dunkler Raum und eine Stimme sagte immer zu mir, komm schon, es tut auch nicht weh! Dieser Typ mit der Stimme fuhr seine kalten Hände unter mein Schlafanzug Oberteil. Es war grausam!
Ich springe vom Billiardtisch auf und drehe mich ruckartig um.
"Fass mich nicht an!:" schreie ich.
"Was ist los, Baby?", fragt mich mein Freund Mike.
Seine Hände waren es, die mir unters T-Shirt fuhren. Er hat zusammen gezuckt, als ich ihn anschrie. Alle schauen mich an. Es ist mir peinlich. Mit hochrotem Kopf renne ich ins Badezimmer. Meine Freundin Karen hinterher.
"Anna? Was hast du denn?", fragt sie besorgt.
Die Badezimmertür habe ich abgeschlossen. Ich mag es nicht, wenn andere mich weinen sehen.
Und meine schlimme Vergangenheit habe ich noch nie jemanden erzählt. Nicht mal meinen Eltern.
Ich meine, ich war gerade mal 11 Jahre alt. Und nun bin ich 16. Es kann einfach nicht vergessen werden.

Ich schließe die Tür wieder auf und Karen kommt zu mir. Sie sieht mich traurig an.
"Erzähl doch mal, Anna. Was hast du für ein Problem? Oder eher gefragt, was hast du für ein Problem, wenn Mike so zu dir kommt. Immer wenn er dich an "speziellen" Stellen anfässt, meckerst du ihn an und machst ein auf stur! Hat er dir irgendetwas getan?"

"Ich...ach ihr versteht das alle nicht!", blocke ich und geh aus dem Bad raus.
Ich kann es ihr einfach nicht sagen. Dann kommt Mike zu mir.
"Anna, können wir mal reden?", fragt er.
Ich nicke und gehe mit ihm in das Wohnzimmer. Die anderen schmeißen unten im Keller ihre Party weiter.
"Anna, kannst du mir bitte sagen, was ich falsch mache? Ich möchte einfach wissen, warum du so ein Problem hast, wenn ich dich anfasse. Wir sind nun schon 2 Jahre zusammen und hatten nicht mal Sex."
"Wenn ich halt noch keinen will! Ständig denkst du nur an Sex. Für dich gibt es nie ein anderes Thema!", mecker ich ihn wieder an.
Er schaut mich nur mit einem ungläubigem Blick an. Ein kleines "Das ist gar nicht wahr!" höre ich aus seinem sonst immer so vorlautem Mundwerk.
"Verzeih mir, Schatz! Ich wollte dich damit nicht belästigen!", entschuldigt er sich.
Ich nicke wieder und gehe runter in den Keller. Mike hinter mir her.

Nächster Tag.
Als richtige Entschuldigung geht er heute mit mir shoppen. Einer meiner lieblings Beschäftigung. Doch plötzlich traue ich meinen Augen nicht. Dort ist er. Der Typ, der mir damals mit seiner Stimme im dunklem Raum einredete, es würde mir nichts passieren. Nun stehe ich wie angewurzelt da. Ich starre den Kerl die ganze Zeit an.
Er sieht mich und lächelt mich an.
"Was ist denn, Schatz?", fragt mich Mike.
Ich antworte nicht. Es läuft mir momentan eiskalt den Rücken runter. Der Typ kommt auf uns zu. Ich schließe die Augen und höre dann eine vertraute Stimme:
"Hey Mike, haste noch eine Kippe? Oh, hey Anna!"
Ich öffne die Augen und nicht dieser Typ, sondern der beste Freund von Mike, Chester kommt auf uns zu. Alles nur Einbildung!
Chester ist echt ein guter Freund. Zwar etwas merkwürdig aber naja. Ihn kann man immer am besten in der Stadt erkennen, da er ein Punker ist. Sein roter Irokesen Schnitt ist sein Markenzeichen.
Mike gibt ihm eine Zigarrette.
"Was war gestern eigentlich los mit euch?", fragt Chaz neugierig.
"Ach gar nichts!", blockt Mike ab.
"Oh wollte sie wieder kein Sex? Du armes Schwein!"
"Halt die Fresse, Junge!", befehlt er ihm böse.
Chester hatte schon 1000 mal Sex. Seine Freundin ist ja auch 5 Jahre älter als er, aber er betrügt sie trotzdem immer. Eine seiner verflossenen ist nun schwanger von ihm. Vater mit 16. Irgendwie verantwortungslos! So will ich nie enden.
Plötzlich finde ich ein Zettel, der an einem Baum geklebt ist. Darauf steht :
"Helfen sie helfen! Über 80 Millionen Mädchen und Jungen leiden heute unter schlimmen Folgen von sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung! Spenden sie und lehren sie den Opfern das glücklich sein!"
Warum konnte man mir damals nicht helfen? Ich habe schon längst verlernt, glücklich zu sein. Und niemand will es mir beibringen, weil niemand glaubt es tun zu müssen. Ich erzähle ja auch niemandem etwas.
Momentan bin ich dabei, zu verzweifeln!
 

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