... für Leser und Schreiber.  

Der Wind pfeift noch immer

61
61 Stimmen
   
©  kalliope-ues   
   
Der Wind pfiff um Ecken und in Winkeln hinter Augsburgs Wöchnerinnenheim, schüttelte die Bäume des nahen Siebentischwaldes kräftig durch, als mein durchdringender erster Schrei Mark und Bein meiner Mutter erschütterte. Was für eine Frau, dass sie trotzdem lächelte!

Die Krippe wollte mich nicht behalten, genau dieses Organs wegen, also verbrachte ich meine Zeit die nächsten dreizehn Jahre vorwiegend in Wohngemeinschaft mit der Oma, Mutters Ziehschwester und deren Mann. Zeitweise war da auch noch ein Untermieter, an dessen Anwesenheit ich mich aber wirklich nicht gerne erinnere.

Die Zeit vertrieb ich mir in diesen Jahren damit, meinem gleichaltrigen Hund Bobby treue Kameradin zu sein, Mutschika-Katzens Kinder meinen Puppenwagen zu leihen und Grimms Geschichten weiter zu träumen. Seltsam, dass die meisten meiner Lehrer mir dennoch sehr gute Noten zusprachen - vielleicht hatten sie aber auch nur Angst, ich könnte sonst aufwachen ...

Gemalt habe ich schon sehr viel früher als geschrieben. Gelesen noch früher, was in erster Linie meinem vier Jahre älteren Vetter gefiel. Obwohl er bereits in der fünften Klasse war, wurde sein Licht nach acht am Abend viel strenger kontrolliert als meines, also investierten wir unser beider sämtliches Taschengeld in Batterien für ein Spielzeug-Walkie-Talkie, das ihn im Zimmer über mir mit meiner Stimme verband, die ihm aus einem der ungezählten Bände von Indianern und Cowboys vorlas. Flüsternd natürlich, sonst wäre ja das ganze herausgekommen.

Mit dreizehn kam dann der große Aufbruch - der erste - ihm sollten noch viele andere folgen. Augenblicke wurden zu Edelsteinchen, um keins zu verlieren hortete ich sie dicht gepresst - so verdichtet hattet sie überall Platz. Vorletztes Jahr sogar in der Bibliothek deutschsprachiger Gedichte der Gegenwartsliteratur. Zehn Jahre davor schon im "Brot der Bilder", und letzten Herbst, beim twitternden duftenden Doppelpunkt, zwitscherte es bei den ersten Zehn.

"Manche Haare
müssen erst wachsen
daraus Zöpfe zu flechten
um sie
altgeworden
wieder ab
zu schneiden"

Wenn Sie wünschen lasse ich meine Herzworte frei fliegen.

Ich suche immer wieder mal das erste Wort, manchmal suche ich das Weite, ganz oft meine Brille, mancherorts Kontakt zu Kollegen. Ich bin auf dem Weg, mich mit Menschen auszutauschen, die ähnlich denken, fühlen und handeln, deren Denken quer- und breitgefächert ist, die lieber neue Wege ausprobieren als eingefahrene Muster zu bedienen.

Gedicht
verdichtetes Wort

raumlassend
nachdenkend
vordenkend
hindenkend
hineindenkend
herausdenkend
herdenkend
ausdenkend

wortschöpfend
kristallines Schöpferwerk

Seit ich angefangen habe Engel zu malen, digital, seitdem scharen sich diese ganz offensichtlich um mich und lassen Wunder geschehen, eins nach dem anderen. Vorwiegend sind es die Engel, aber sehr stark auch meine inneren Welten, SeelenKristalle, auch Körperliches, raumgreifend der Tinnitus, die mich bewegen und dann als Art Digital zum Ausdruck kommen - und diese gibt es jetzt auch im KunstFlur zu bestaunen.

Umbruch - Aufbruch - und der Wind pfeift noch immer
(© Text und DigitalArt by Kalliope Ues)
 

http://www.webstories.cc 20.04.2024 - 08:05:00