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Das Tor - Kapitel 29

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©  Alexander   
   
Delgado hatte die Orientierung verloren. Ihm war schwindlig, er schwitzte wie ein Schwein und hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Sein Eindruck war im Kreis zugehen. Verflucht!! Die Angst wandelte sich in Panik. Er musste mit dem Team am Torweg Kontakt aufnehmen. Sie mussten ihn rausholen. Sein Ziel die Geheimnisse der Goldenen Stadt zu plündern war in weiter Ferne. Überleben war wichtiger.
Er rappelte sich auf, öffnete die Tür einen Spalt, spähte in die Gasse. Mist!! Aus welcher Richtung war er gekommen!? Für einen Moment wusste Delgado nicht, was er tun sollte. Dann traf er eine Entscheidung und ging los. Angespannt bewegte er sich an den Wänden entlang, hielt die Waffe gehoben, den Finger am Abzug. In der Stadt herrschte eine unheimliche Stille. Die Stille des Todes. Eine Geisterstadt mit umherstreifenden Dämonen.
Wenn er in Sicherheit war, würde er die Goldene Stadt von den Dämonen säubern und sich alles nehmen, was da war. Ein neuer Impuls brachte seinen Willen auf Touren.
In der Ferne, auf der anderen Seite der Stadt, ertönte ein schwerer Schusswechsel. Die Gasse mündete in die Allee, die vom Tor direkt zum Tempel führte. Erleichterung machte sich breit. Die Schüsse kamen nicht vom Torweg. Gut, dann bestand die Chance, dass seine Männer noch lebten.
Er eilte die Allee entlang.

***
Drei Monster tauchten von der Stadtseite her auf. Gerüstete Exemplare überseht mit Furchen, Dellen, Kratzern. Hierbei handelte es sich nicht um Halbwüchsige. Langsam, ja schon bedächtig, näherten sie sich. Das Vieh in der Mitte brüllte kehlig.
Da wurde klar, was der Aufmarsch bedeutete. Sie waren nicht wegen ihnen hier.
Rrrraaarrr! Kam zur Erwiderung aus ihrem Rücken. Alexander sah nach hinten. Seine Annahme bestätigte sich. Zusammen mit dem Alphawächter waren zwei weitere Wächter aus dem Tempeldurchgang getreten.
Die Abkömmlinge forderten die Wächter heraus.
Wunderbar!!
Da wandte sich Professor Remzsch um. Seine Augen starr, wie in Trance.
Daraufhin blieben die Abkömmlinge stehen.
Nava`s Vater trat einen Schritt vor.
„Professor!!“ Alexander schaute zwischen den Monstern hin und her.
„Was zum Teufel geht hier vor!!“, zischte Samir. Er und Ari zielten abwechselten auf die Monster hinter und vor ihnen.
Remzsch machte einen weiteren Schritt. Der Anführer der Abkömmlinge knurrte drohend. Seine Augen waren die ganze Zeit auf den Professor gerichtet. Sein Summen ging in Singsang über. Etwas Ähnliches machten Indianerstämme im Amazonas um sich in Trance zubringen.
Weder die Abkömmlinge noch die Wächter rührten sich. Sie standen da wie angewurzelt, lebendig zu Statuen erstarrt. Jetzt oder Nie!!
„An die Arbeit.“, flüsterte Alexander den Israelis zu.
Gemeinsam liefen sie über den Brückensteg, immer die Szenerie im Auge und die Waffen im Anschlag. Niemand rührte sich oder schenkte ihnen Aufmerksamkeit.
Alexander schaute Samir und Ari hinterher. Er blieb bei Nava`s Vater.
Zügig, aber nicht hektisch, liefen sie den Tempelhof rauf. Um den Plan auszuführen musste sich Ari in luftige Höhe begeben. Zu diesem Zweck führte das Mossadteam für jedes Mitglied eine Kletterausrüstung mit. Sie gehörte zur Standardausrüstung. Man gerade die Position von wo aus er den Aufstieg wagen wollte, als 3 kleine Wächterexemplare aus dem Durchgang sprinteten. Vorbei an den perplexen Erwachsenden, direkt auf die Israelis zu.
„Nicht schießen.“, hörten Ari und Samir Alexander über den Ohrempfänger sagen. Der Typ war ja verrückt!! Major Pérez hatte ihnen zu verstehen gegeben wer bei der Unternehmung das Sagen hatte.
Die Halbwüchsigen wurden langsamer, knurrten und umschwirrten Ari und Samir wie Schmeißfliegen einen Kothaufen. Knurrten drohend. Keiften klagend. Sie griffen nicht an, warteten darauf dass die Erwachsenen, bzw. der Alphawächter ihnen erlaubte die Eindringlinge anzugreifen. Die Wächter rührten sich nicht. Daher wussten die Halbwüchsigen nicht was sie tun sollten. Unschlüssig kreisten sie um Ari und Samir.
Rücken an Rücken standen die Israelis, schwenkten ihre Sturmgewehre mit den vorbei ziehenden Monstern, den Finger am Abzug. Sie hatten gesehen was die Halbwüchsigen mit den Männern der La Seguridad Global Sociedad gemacht hatten. Ihre Kontrahenten waren zahlenmäßig mehr, besaßen dadurch mehr Feuerkraft aber am Ende nutzten es nichts. Daher zweifelten sie nicht daran, wie die Sache ausging wenn die Halbwüchsigen angriffen.
Der Halbstarke schaute immer wieder zu den starren Wächtern, jaulte und murrte. Dass Sie ignoriert wurden passte ihm gar nicht. Dennoch traute er sich nicht die Initiative zu übernehmen.

***
Ihnen lief die Zeit davon.
Einfach nur rumstehen brachte sie nicht weiter. Ari senkte die Waffe, ging in die Hocke, nahm den Rucksack ab und öffnete ihn. Herausholte der Israeli eine futuristisch aussehende Konstruktion, die er mit wenigen Handgriffen montierte. Sie ähnelte einer herkömmlichen Harpune und dem veralteten Browning Maschinengewehr mit Munitionstrommel. Aus dem Lauf ragte ein mattsilberner Bolzen mit einem Spitzenaufsatz.
Ari klappte einen Monitor auf, wie bei einem mobilen Raketenwerfer. Der Bildschirm erwachte augenblicklich zum Leben. Das Display zeigte unterschiedliche Daten an. Windgeschwindigkeit, Distanzmesser. Temperatur. In der Mitte befand sich ein grünliches Fadenkreuz.
Wie bei einer Panzerfaust legte er das Gerät auf die Schulter, richtete es aus und drückte den Button am Gehäuse. Das Fadenkreuz schimmerte orange, blickte dreimal und verfärbte sich rot. Die Zielfixierung war aktiv. Der Computer hatte alle relevanten Daten berechnet. Ari drückte beim schwachen Summton, der daraufhin ertönte, ein weiteres Mal den Button.
Wusch! der Bolzen schoss aus dem Lauf, stieg und ging in die exakte Flugbahn über, die der Computer errechnete. Hinter sich her schleppte der Bolzen ein Seil, das eine Spezialanfertigung war. Mehrere reißfeste Fasern wurden miteinander zu einem 2 Finger dickem Faden verflochten, in einem Spezialofen gebacken. Anschließend wurden 5 dieser Fäden miteinander verschmolzen, abgekühlt und erneut ausgebacken. Die genaue Zusammensetzung war streng geheim. Das Seil hielt extremen Belastungen stand und war witterungsunempfindlich. Ein perfektes Arbeitsutensil für militärische Spezialeinheiten wie Major Pérez Mossadteam.
Der Bolzen bohrte sich in das Felsgestein. Aus dem Mantel schossen fingerlange Hacken, gruben sich ins Gestein und sorgten für den nötigen Halt, so das der Bolzen an Ort und Stelle blieb.
Daraufhin drehte sich Ari, setzte das Gehäuse auf seine andere Schulter, klappte den Bildschirm um, berührte den Button auf dem Touchscreen, öffnete die Laufklappe, wiederholte die Zielfixierungsprozedur. Diesmal zielte er bloß auf den Boden und nicht in die Höhe. Beim Summton drückte der Israeli den Button.
Ein zweiter Bolzen, an dem das hochfertige Seil befestigt war, schoss aus dem hinteren Lauf, schlug in den Boden ein. Als die Hacken aktiviert waren, nahm Ari die letzten Einstellungen über den Bildschirm vor. Das Seil spannte sich. Er klappte den Bildschirm zu, öffnete die Laufkammer, in dem das gespannte Seil lag, tat das Gehäuse beiseite, schloss die Laufkammer und machte sich an die Demontage.
Dabei wurde Ari die gesamte Zeit über vom Halbstarken Monster beobachtet. Samir behielt ihn und die anderen Halbwüchsigen im Auge.
Demontiert packte er den Werfer in den Rucksack zurück, holte dafür eine Gürteltasche und Gurtzeug heraus, legte beides an, klickte einen hydraulisch betriebenen Karabiner in das straffe Seil. Ari kontrollierte ein letztes Mal alles, schaute zum Halbstarken, der ihn nicht aus den Augen ließ, wandte sich Samir zu. Sie nickten einander knapp zu.
Der Israeli drückte einen Knopf am Karabiner. Mit einem hydraulischen Zischen schoss er davon, zog Ari hinter sich her in die Höhe.
Der Halbstarke schaute ihm hinterher…

***
Alexander schaute dem skurrilen Schauspiel fasziniert zu. Für Bergsteigen hatte er was übrig. Das Seil, das Ari gespannt hatte, fungierte für den Karabiner als Schiene, zog den Mann hinter sich her. Oben angekommen kletterte der Israeli hinauf.
Sein Partner stand alleine am Boden, umgeben von den Halbwüchsigen, die weiter unschlüssig waren. Der Halbstarke ließ den kletternden Ari nicht aus den Augen. Seine Artgenossen liefen weiter um Samir herum. Sie hatten kein Interesse an seinem entschwundenen Partner.
Er schaute zurück, zu den Abkömmlingen, blickte zum Professor. Sein Singsang ging wieder in ein Summen über. Hatte das Monster eben geblinzelt!?! Nichts war von Dauer. Verdammt!! Alexander sah zu Ari. Er legte gerade die 1. Ladung.
„Ohhh…“
Er wandte sich um. Nava`s Vater stöhnte auf. Seine Augen verdrehten sich. Kurz darauf sackte der Mann zusammen.
Alexander eilte zu ihm. Seinen Blick auf die Abkömmlinge gerichtet.
Der Anführer blinzelte.
Er schob das Sturmgewehr zur Seite, griff Remzsch unter die Schultern und zog ihn über die Stegbrücke.
Zwar hielt die Starre an, aber lange blieb es dabei nicht. Inzwischen blinzelten auch die Artgenossen. Ein unmissverständliches Knurren war zu vernehmen. Da war jemand ziemlich sauer.
Alexander erreichte Samir mit dem bewusstlosen Professor in dem Moment wo sich die Starre vollends auflöste. Die Abkömmlinge knurrten tiefkehlig und näherten sich dem Graben.
„Professor.“ Nava`s Vater blieb weggetreten.
„Erledigt.“, teilte Ari Ihnen über den Ohrempfänger mit.
Ein gewaltiger Schatten türmte sich über ihnen auf…

***
Der Alphawächter hatte sich ihnen genähert. Mit gesenktem Kopf. Seine Augen auf Remzsch gerichtet. Da fiel Alexander wieder ein, was er ihnen gesagt hatte. Er sei der Führer der Wächter.
Samir hatte die Halbwüchsigen vergessen. Sein Sturmgewehr zielte auf den gewaltigen Kopf vom Alphawächter, die Halbwüchsigen im Rücken. So brutal die Szenerie auch war, bewahrten sie einen klaren Kopf. Was nicht selbstverständlich war bei dem, was einem da gegenüberstand.
Alexander konnte nicht sagen, dass es ihn kalt ließ. Der Alphawächter war knapp 3 Meter groß, verbarg unter der Rüstung einen massigen Körper, ohne fettleibig zu sein. Die Pfoten mit den mattschwarzen Krallen. Vorder- und Hinterläufer wie Stützpfeiler aus Beton, aber durchzogen von Muskelgewebe. Einen überdimensionalen Löwenkopf in einem gerüsteten Helm. Die tief liegenden Augen glänzten klar und rein. Ein Unterschied zu denen der Abkömmlinge, wie Alexander beiläufig feststellte. Deren Augen waren trüb.
Er nahm die Wasserflasche zur Hand, schraubte den Verschluss auf und schüttete dem Professor Wasser ins Gesicht. Nava`s Vater stöhnte auf, behielt die Augen aber geschlossen. Das Grummeln vom Alphawächter klang besorgt.
„Professor!!“
Er stöhnte. Die Trance musste ihm schwer zugesetzt haben.
Alexander schüttete ihm eine zweite Ladung Wasser ins Gesicht. Seine Augenlider flackerten. Er wollte Nava`s Vater ansprechen.
RAAARRR!
Sie schauten nach hinten. Eine Gänsehaut kam auf.
Der Kampf um die Vorherrschaft von El Dorado begann…
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-Ende, Kapitel 29-
© by Alexander Döbber
 

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