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Ein Weihnachts-Krimi

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© Wolfgang Reuter   
   
Ein knallharter Schuss hallte aus der Sparkassenfiliale. „Hilfe!“ … „Polizei!“ … „Haltet den Dieb!“, kreischten kurz darauf zwei sich überschlagende Frauenstimmen um die Wette. Drei Weihnachtsmänner mit Säcken auf den Rücken stürmten aus der Sparkasse und sprinteten nun in verschiedene Richtungen davon.

Kriminalkommissar Ruprecht – im Begriff, schnell noch ein paar Euros aus dem Geldautomaten für die letzten Weihnachtsgeschenke zu ziehen – reagierte blitzschnell. Mit geübtem Kreuzfesselgriff krallte er sich einen der Flüchtenden und legte ihm auch gleich Handschellen an, die er zum Glück immer bei sich hatte.

„Gelernt ist gelernt!“, verspottete er den zappelnden Möchtegern-Ausreißer. „Aber ich bin doch der Falsche!“, erwiderte keuchend der Gefesselte. „Das sagen alle“, kicherte Kriminalkommissar Ruprecht; denn er war ein sehr erfahrenen Kriminalist und hatte schon so manchen Verbrecher zur Strecke gebracht. „Jetzt rufe ich erst mal eine Funk-Streife“, setzte er fort und begann auch gleich mit seinem Handy zu telefonieren.

Dann wandte er sich den beiden Frauen zu, die so ängstlich geschrien hatten. Es waren zwei Angestellte der Sparkasse, die noch völlig verängstigt, aber erwartungsvoll beim Kommissar verharrten. „Keine Sorge“, sagte Ruprecht, „haben wir erst einen, haben wir bald alle.“

„Aber nur einer ist doch der Täter“, wandte die Jüngere der beiden – noch immer total erschöpft – vorsichtig ein. „Wie das?“ fragte Kommissar Ruprecht, „ich habe doch zwei weitere laufen sehen, und einen habe ich schon sicher.“

„Der Bankräuber hat doch zwei Kunden gezwungen, ebenfalls Weihnachtsmann-Klamotten anzuziehen, damit er selbst nicht so auffällt“, erklärte jetzt die ältere Sparkassen-Angestelte. „Und einen Schuss hat er abgefeuert, damit die beiden anderen Weihnachtsmänner in Panik davon flitzen.“

„Oha!“, knurrte Kommissar Ruprecht überrascht, „das ist ja ganz schön clever. Dann wollen wir uns mal etwas genauer umschauen.“ Er überantwortete seinen Gefangenen der eben eingetroffenen Funk-Streife und betrat, begleitet von den beiden Frauen, das Innere der Sparkasse. „Wohin hat er denn geschossen?“, wollte er nun wissen.

„Da, sehen Sie nur“, antwortete – noch immer zitternd – die jüngere Frau, „genau auf das Bild unserer Frau Kanzlerin hat er geschossen.“ Ruprecht trat einen Schritt näher an die bezeichnete Wand. Hinter den zersplitterten Glasresten war das Bild noch gut zu erkennen, auch wenn genau in der Stirnmitte der Kanzlerin ein Einschussloch klaffte, in dem ein Projektil steckte.

„Sofort Großfahndung auslösen nach einem tollwütigen Weihnachtsmann!“, kommandierte der Kommissar dem Leiter der Funk-Streife, der eilends zum Fahrzeug stürmte. „Hat er denn bei der Geldübergabe irgendwas gesagt?“; wollte Ruprecht von der älteren Frau wissen.

„Alles Geld in den Sack – in Bündeln zu je 25.000 Euro!“, erinnerte sich diese. Da zog ein breites Grinsen über Ruprechts Gesicht. Einen, der unsre Angie nicht leiden kann, der sich rot verkleidet, der zwei andere Rotkittel aus dem Felde schlägt und der sich an 25.000-Euro-Päckchen gewöhnt hat, den kannte er doch! Er zückte sein Handy, wählte die Nummer der Zentrale und sagte siegessicher: „Schon wieder ein Rückfalltäter! – Gesucht wird Peer Steinbrück.“

(www.wolfgang-reuter.com, 15. 12. 2012)
 

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