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Die Templer - Kapitel 13

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©  Alexander   
   
Von unten wirkte die Höhle noch gewaltiger.
Kathedralenartig ragte Sie in die Höhe, ohne sich in ihr zu verlieren.
Trotz des natürlichen Ursprungs hatten die Gründer Sie für Ihre Zwecke um- und ausgebaut. Auch wenn es auf den Ersten Blick nicht ersichtlich schien.
Da waren die Betonstellen, die sich zwar nahtlos in das Gesamtbild einfügten. Die Eisenstreben. Das Störsignal. Die Abschottung nach außen. Dieser Ort sollte vor der Außenwelt verborgen bleiben.
Wieso?
Hier schien nichts Wichtiges zu sein. Es herrschte gähnende Leere. Was angesichts der Geheimniskrämerei bezüglich der National Galerie, den Bauarbeiten durch das Tiefbauunternehmen und dem Stromverbrauch ein gänzlich anderes Bild erzeugte.
Nava konnte sich keinen Reim darauf machen.
Sie schaute sich um.
Ebenso Pérez Männer und Sif.
Ohne Zweifel handelte es sich hierbei um den Standort des Templer-Netzwerks. Schließlich hatte einer der getöteten Gründer im Herrenklub ihrem Verlobten den entsprechenden Tipp gegeben. Wozu sollte er das tun, wenn Sie Lewis Jackson nicht aufhalten sollten!? Er hatte gewusst, dass dies die einzige Möglichkeit war.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Eine Weisheit, die so manche Feinde zu Verbündeten werden ließ.
So schien es auch hier.
Da kam ihr eine Idee.
Nava holte die Mini-Phiolen hervor, die jeder Gründer bei sich hatte und die Lewis Jackson durch den Angriff im Herrenklub an sich nehmen wollte. Sie waren schließlich ein Puzzleteil. Kaum hatte Sie sie draußen, begann ein jedes rhythmisch zu pulsieren. Ohne dabei irgendwie bedrohlich zu wirken. Sie lagen auf ihrer Hand.
„Sir.“, meldete sich der oben postierte Scharfschütze. „Da passiert was.“
Wenn man nicht direkt davor stand, spürte man es nicht. Eine schwache Erschütterung zeugte von dem Vorgang, der stattfand. Aus dem Boden erhoben sich 5 Steinquader von 25 Zentimeter Durchmesser, mondförmig zueinander angeordneten und ragten 1 Meter heraus, als der Vorgang endete.
Je näher Nava ihnen kam, umso klarer wurde das Pulsieren der Mini-Phiolen.
Sie wurden verteilt.
Alle gingen in Position, näherten sich den Quadern.
Auf der Stirnfläche befand sich eine kleine Einbuchtung, in die die Mini-Phiolen perfekt hineinpassten. Nava schaute nach Links, nickte den 2 Israelis zu und wiederholte das Ganze rechtsseitig. Sie stand in der Mitte, deponierte ihre Mini-Phiole, übte ein bisschen Druck aus, spürte, wie sie in die Einbuchtung einrastete. Woraufhin das rhythmische Pulsieren zu einem beständigen Leuchten wurde. Feine Leuchtadern überzogen die Stirnplatte, bildete ein feines stylistisches Gewebegeflecht.
Die folgende Erschütterung war stärker.
Nava und Co traten zurück.
Keine 5 Meter vor den Steinquadern entfernt, erhob sich eine steinerne Bodenplatte. Sie erreichte Tritthöhe und stoppte. Aus ihr entstieg das Templer-Netzwerk.
Dabei handelte es sich um eine Serverfarm, bestehend aus 5 Hochleistungsservern, die miteinander vernetzt waren und somit die ganze Bandbreite der Leistungsfähigkeit nutzten. Ein riesiger Plasma-Bildschirm ging vor ihnen im 180-Grad-Winkel in Position. Er erwachte augenblicklich zum Leben, zeigte die eingesetzten Mini-Phiolen an, entschlüsselte den jeweiligen Teilcode, setzte Sie zusammen und verifizierte ihn. Alles innerhalb eines Sekundenbruchteils.
Woraufhin eine neue Benutzeroberfläche erschien.
Die Templer-Datenbank wurde aufgerufen.

***

Sie musste mehrere Terabyte groß sein.
Dazu kamen unzählige Unterteilungen.
Nava trat an den Steinquader zurück, berührte die Platte, bewegte den Zeigefinger und sah auf dem Bildschirm, wie sich synchron ein Cursor bewegte. Die Stirnplatten waren Touchschirme, wie bei Smartphone’s.
Die gesamte Templer-Organisation, ihre Machenschaften, Mitglieder, Helfershelfer waren verzeichnet. Ordnerakten über Persönlichkeiten der Gesellschaft der Vergangenheit und aktuellen Gegenwart. Schmutzige unveröffentlichte Details. Unzählige Videoclips, Bilder, Aktenberge von Bankkonten, Reiseinformationen, E-Mail-Konten, Telefonprotokolle, Überweisungsaufzeichnungen und vieles mehr.
Kein Wunder also das Lewis Jackson Zugriff auf das Templer-Netzwerk haben wollte.
Regierungen. Wirtschaft. Militärs. Ein Pulverfass, das die Welt ins Chaos stürzen konnte.
Nichts und Niemand durfte darüber verwalten.
Weder die einstigen Gründer noch die übrigen Templer oder Außenstehende.
Gleichzeitig befanden sich im Netzwerk Informationen für ihre Unschuld. Ein entsprechender Ordner war vor kurzem Zeit erstellt worden. Die Gründer hatten sich erst kürzlich mit dem Thema beschäftigt. Die gesammelten Informationen wiesen in keine direkte Richtung. Sie waren zu unausgewogen um eine Tendenz aufzuzeigen. Verknüpfungen fehlten oder waren zu dünn für irgendwelche Verbindungen. Nichts von dem was Sie sammelten zeigte auf Mr Jackson, dem Stabschef des US-Präsidenten.
Kein Wunder.
Immerhin hatten ihn die Gründer mit den Ermittlungen beauftragt. Alles was ihn auch nur Ansatzweise in Verruf brachte wurde von ihm eliminiert oder gänzlich manipuliert.
Obgleich Nava uneingeschränkten Zugriff auf die Fülle von Material hatte, was die Gründer der Templer anlegten, zweifelte Sie nicht eine Sekunde an ihrer Entscheidung. Viel Gutes hätte man erreichen können. Möglicherweise dafür gesorgt dass die Welt etwas sicherer wurde. Verführt wurde Nava dazu nicht. Nicht mal 1 Sekunde lang.
Sie wussten was zu tun war.
„Sir!“, meldete einer der Israelis.
Sie merkten wie sich die Wanddurchgänge auf ihrer Höhe gleichzeitig zu schließen begannen. Geschlossen hallten dumpfe Schläge durch die Höhle. Kurz darauf schlossen sich die Durchgänge der Ersten Etage.
Was zum Teufel!!
Die Höhle musste mit einem Fallensystem gesichert sein, den Sie in Gang setzten.
Gegenüber der Durchgänge hatten sich 3 Schächte geöffnet, durch die locker ein Sattelschlepper passte. Aus ihnen erklang ein entferntes, anschwellendes Tosen das in ein Grollen überging.
Bei Leibe kein gutes Zeichen.

***

Als Nava und Co die Höhle betraten, waren die Schächte verborgen gewesen. Sie mussten sich demnach mit dem in Gang gesetzten Fallensystem geöffnet haben. Die Schächte lagen gut 20 Meter über dem Boden. Was aus ihnen herauskommen würde, ließ sich kaum vorhersagen.
Nichts Gutes jedenfalls, soviel war mal sicher.
Sie schaute zu Sif. Mit einem Nicken machte Nava der Indianerin Platz, die sich sogleich mit der Bedienung vertraut machte. Nach kurzer Zeit flogen ihre Finger über die getarnte Touchfläche.
Möglicherweise konnte man die Falle stoppen, bevor es zu spät war.
Unterdessen schwoll das Tosen immer weiter an. Ein schrecklicher Chor, der sekündlich an Kraft und Stärke zunahm.
„Wir sollten schleunigst verschwinden.“
Je länger Sie blieben, desto größer wurde die Gefahr das Sie in der Fälle sitzen blieben. Noch war die Chance dar zu entkommen. Gleichzeitig gab man damit die Chance auf ihren Namen reinzuwaschen.
Da hatten sich die Durchgänge im Ersten Stock geschlossen.
Darüber fand die Schließung ihre Fortsetzung.
Pérez nickte schlicht.
Keiner erhob Einwände. Solange Sie die Möglichkeit hatten aus der Falle zu entkommen, sollten Sie diese nutzen bevor zu spät war. Das Wissen vom Templer-Netzwerk war es nicht wert. Auch wenn es bedeutete das die Beweise für ihre Unschuld liegen blieben.
Pérez teilte seine Leute ein, die seine Befehle sofort ausführten.
„Brauchen Sie eine Extraeinladung.“, rief Nava zu Sif.
Die Indianerin tippte auf der Touchfläche herum, schien die Israelin zu ignorieren. Dann griff sie sich die Mini-Phiole vor ihr, ließ sie in einer der Taschen ihres Kampfanzugs verschwinden und folgte dem abrückenden Team.
Sif hatte nicht vor mit leeren Händen zu gehen.
Verständlich, den trotz dem bevorstehenden Unheil und dem Untergang des Templer-Netzwerks, blieben die Mitglieder und besonders Mr Jackson eine Gefahr für Sie und die Allgemeinheit. Sie mussten die einmalige Chance nutzen.
Pérez-Männer begannen bereits mit dem Aufstieg, als Sif mit Nava die Seile erreichte.
Hinter ihnen explodierte augenblicklich das Tosen in ein tiefes-bedrohliches Grollen. Alle sahen zu den Schächten. Aus denen sich ein unablässlicher Schwall Wasser in die Höhle ergoss und rasch füllte.
Um sie zu fluten.
Da schwappte die Ankunftswelle gegen Sie, klatschte an die Wände und hatte den Boden in Sekunden unter Wasser gesetzt. Der Pegel stieg im Sekundentakt, da der Zufluss keinesfalls geringer wurde oder versiegte. Unmengen von Wasser ergossen sich gleichsam durch die Schächte.
Gleichzeitig schlossen sich weiter die Durchgänge.
In der dritten Etage waren Sie bereits geschlossen. Sogleich begann sie sich in der vierten Etage zu schließen.
Das Wasser stand ihnen bereits knöcheltief, als Nava mit Sif und 2 Israelis den Aufstieg per Seil begannen. Sie waren die Letzten. Über ihnen schwangen sich Pérez-Männer, die den Anfang vom Aufstieg machten, über die Stegkante der Siebten Etage. Der bereits hinabgestiegene Scharfschütze half ihnen. Unter ihnen überschwemmte der steigende Wasserpegel das Erdgeschoss.
Aus dem Wasser ragte nur noch der Große Bildschirm. Die Säulen und das Steinpodest waren längst in den Fluten versunken. Ein dunkles schwarzes Nass.
Ihre Arme begannen bereits nach kürzester Zeit zu schmerzen.
Trotzdem kletterte Nava weiter, ignorierte die brennenden Muskeln ihrer Arme.
Die Männer die Pérez ihnen zur Seite stellte lagen eine Länge vor ihnen. Sie waren durchtrainierte und ausgebildete Elitesoldaten. Ihnen war ein noch schnelleres Tempo möglich, wollten aber nicht das die Frauen den Anschluss verloren. Eigentlich verlangsamten Sie sogar ihren Aufstieg, um notfalls einzuschreiten, sollten Nava oder Sif Hilfe benötigen. Ein Fall in die steigenden Fluten wäre das sichere Todesurteil.
Zug um Zug kletterte man höher.
Sahen die sich schließenden Durchgänge der fünften Etage. In der Sechsten begann sie sich gerade zu schließen, als man über die Kante lugen konnte. Da wurde die Fünfte überspült.
Inzwischen waren die Schächte ebenfalls überflutet. Dennoch stieg der Wasserpegel.
Die Schmerzen in den Armen waren nahezu unerträglich. Tief in ihrem Bewusstsein wuchs der Wunsch einfach loszulassen. Doch Nava konnte dem nicht entsprechen. Sie war nicht gewillt sich des Schmerzes wegen zu opfern. Ihr Wille festigte sich sogar, verschärfte das Tempo.
Die fünfte Etage lag hinter ihr.
Mit einem Knall hatten sich die Durchgänge geschlossen.
Da schlossen Sie sich in der Sechsten.
Nava schaute zu Sif. Die Indianerin lag leicht zurück, kämpfte aber nicht minder verbissen gegen ihre eigenen Schmerzen. Sie war eine geborene Kämpferin, ließ sich nicht unterkriegen.
Die Israelin war eine Armlänge von der Stegkante entfernt, streckte den Arm aus, bekam die Kante zufassen, schwang den anderen Arm in die Richtung, als ihre Finger plötzlich den Halt verloren und abrutschten. Nava konnte nicht mehr nachgreifen.
Sie fiel in die Tiefe.
Dem dunklen-schwarzen Nass entgegen.

***

Wie leer gefegt. Nava dachte an nichts. Um sie herum war alles bedeutungslos. Sie musste hilflos mit ansehen, wie Sie zu fallen begann. Alles lief in Zeitlupe ab. Verlor sich im Nichts. Dann, von einem Moment zum anderen, wurde Sie von Tsunami ihrer Gefühle überrollt. Sie würde alles verlieren. Selbst wenn Pérez und Co versuchten Sie zu retten. Was gleichbedeutend mit ihrem tot war. Diese Verantwortung wollte Nava nicht auf sich lasten, auch wenn ihr gleichwohl bewusst war, das Sie Sif, Pérez und seine Männer nicht daran hindern konnte es zu versuchen. Sie an ihrer Stelle täte das Gleiche. Niemand wurde zurückgelassen.
Bevor ihr Fall richtig begann, war er auch schon vorbei.
Anton’s Hand hielt ihren ausgestreckten Arm umklammert. Sie hing dank ihm in der Luft. Er hatte sich selbstlos hinter ihr hergeworfen, den Arm gepackt und wäre mit ihr in die Tiefe gestürzt, wenn ihn nicht einer seiner Freunde/Kameraden festhielten. Was ihn und Nava vor dem Sturz ins das steigende Wasser rettete.
Ein zweiter Israeli tauchte über der Stegkante auf, griff ihren anderen Arm und gemeinsam zogen sie Sie hoch, bis Nava auf dem Panoramasteg lag. Ein anderer half Sif hinauf.
„Das war verdammt knapp.“, urteilte Anton.
Sie konnte dem nur zustimmen.
Die Durchgänge auf der sechsten Etage hatten sich geschlossen und wurden sogleich überspült. Der Schließvorgang auf ihrer Etage begann.
Man rappelte sich auf, schlüpfte mit nassen Füßen hindurch, den Wasser schwappte über die Stegkante, stieg schnell an. Da schloss sich hinter ihnen der Durchgang mit einem dumpfen Schlag. Kein einziger Tropfen Wasser drang durch.
Ohne zu verweilen, liefen Sie durch den Gang, immer auf der Hut vor weiteren Fallen oder deren Folgen. Restlos erschöpft liefen Sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Da vernahm Nava auf einmal eine Stimme in ihrem Ohr. „Hey“ Eine unglaubliche Freude überkam sie. „Da seit ihr ja wieder.“ Man konnte die Besorgnis in seiner Stimme hören. „Alles in Ordnung bei euch?“
Sie schaute in eine der Mini-Kameras von Pérez-Männern. „Jetzt schon.“ Die Anspielung würde sie Alexander später erklären.
„Ihr habt es gefunden!“ Mehr eine Feststellung, als eine Frage.
„Ja.“, entgegnete Nava erschöpft und außer Atem. „Haben wir.“ Wieder sah Sie in die Mini-Kamera des einstigen nächstbesten Elitesoldaten. „Er wird es nicht mehr nutzen können.“ Wieso und warum blieb unausgesprochen. Auch weil ihr Verlobter nicht nachhakte.
„Verstehe.“ Die Erleichterung darüber, das vom Templer-Netzwerk keine Gefahr mehr ausging war ihm anzuhören. Worüber jeder der Beteiligten froh war. „Dann werde ich ihm mal die Neuigkeit mitteilen.“
Dem Gesagten nach war Lewis Jackson also vor Ort. In der Botschaft der Republik Israel. Was keinen wirklich überraschte. Er war auch sicherlich nicht alleine erschienen. Wen er begleitete war auch nicht schwer zu erraten.
Nava und Co erreichten ihren Einstiegspunkt in das alterwürdige Tunnelnetz. „Tu das.“ Mit einem schwachen Schmunzeln beendete sie die Verbindung.
Man verließ das Tunnelnetz, froh der drohenden Todesfalle entkommen zu sein.
Und zugleich hatten Sie die Gefahr durch Lewis Jackson über das Templer-Netzwerk zu verfügen, das Sie zerstört haben, beseitigt.
Als Sie in die Fahrzeuge stiegen, wandte sich Nava an Sif. „Was hast du auf die Mini-Phiole kopiert?“
Die Indianerin schaute sie unschuldig an. Als ob Sie nicht wüsste wovon die Israelin sprach. Die Mini-Phiole besaß auch einen Datenspeicher, welchen Sif nutzte. Sie stand voll und ganz hinter der Entscheidung das Templer-Netzwerk unschädlich zu machen. Nur so konnten sie verhindern dass nicht die falschen Leute im Nachhinein Zugriff erhielten. Gleichzeitig entledigten sie sich so der Möglichkeit ihre Namen reinzuwaschen, ihren Ruf wieder herzustellen und den größtmöglichen Schaden abzuwenden.
Außerdem war die Templer-Organisation alleine durch den Verlust des Netzwerks nicht zerschlagen. Schwer angeschlagen, ja aber mehr auch nicht. Sie würden sich reorganisieren und ruhig verhalten.
Dazu durfte es nicht kommen.
Mit dem was sich auf dem Datenspeicher der Mini-Phiole befand, sollte dies machbar werden.

***

Benjamin Scholl kehrte zurück. Der Israeli stand im offenen Durchgang. Ein Blick zum Premierminister, dann zum Präsidenten und letztlich zu Lewis Jackson.
„Wie hat er sich entschieden, Mr Scholl?“, fragte der Präsident der Vereinigten Staaten.
„Ich muss leider ablehnen.“, antwortete nicht der Gefragte. Aus dessen Rücken trat der berühmt-berüchtigte Schatzsucher.
Alexander humpelte in den Raum, sah die Männer an und blieb auf Höhe des Premierministers stehen. Eine Annäherung an den Präsidenten hätten die Männer vom Secret Service sicherlich unterbunden.
„Wie lautet ihr Gegenvorschlag?“
Ein Blick zu Mr Jackson, der ihn finster anschaute. „Ich sage ihnen das, worum es sich bei der ganzen Sache dreht, Mr President.“ Der Stabschef zuckte nicht mal.
Der Präsident überlegte einen Moment. Denn von Anfang an, als die Geschehnisse ihren Lauf nahmen, wurde ihm klar das mehr dahinter steckte. Vor allem weil sich Israel so vehement für den Deutschen einsetzte, ihn ausnahmslos zu verteidigen schien. „Also gut, Herr Döbber.“ Was Sie höchst selten für einen nicht Staatsbürger taten. „Ich werde ihnen zuhören.“
Damit hatte Alexander einen kleinen Erfolg erzielt. Der Mann hätte auch einfach aufstehen und gehen können. Was im Bereich des möglichen lag. So erhielt er die Chance zum finalen Schlag auszuholen, welchen er nicht verstreichen lassen würde. „Unter Vermittlung der Templer-Organisation haben die Konföderierten während dem Bürgerkrieg mit der Britischen Krone eine Vereinbarung geschlossen.“ Wie er es eröffnete, hatte sich Alexander vorher nicht überlegt oder zurechtgelegt. Dass er die Chance dazu überhaupt erhielt, standen ja eher schlecht als gut. Sehr zum Missfallen seines Widersachers. „Die den bevorstehenden Sieg der Union in eine Niederlage verwandelt hätte.“ Alles beruhte mehr oder weniger auf Indizien. Doch alleine die Möglichkeit, die dadurch aufgezeigt wurden, reichten aus. Der Verlauf der Geschichte wäre ein anderer. Ebenso die Gegenwart. „Bei einem Sieg hätten sich die Konföderierten dem britischen Königreich angeschlossen.“ Was die heutigen Vereinigten Staaten zu einer Kolonie der Krone werden ließ. Kaum vorstellbar zwar, aber diesen Preis waren die Konföderierten bereit zu zahlen. „Als Gegenleistung lieferte man Ihnen Pockenviren und das Gegenmittel. Mit dem Sie ihre eigenen Truppen impfen wollten. Um zu verhindern, dass der Einsatz der Pocken zum Bumerang wurde.“
Erschrocken von der Möglichkeit, dass dies tatsächlich hätte passieren können, weiteten sich die Augen des US-Präsidenten. Sein Stabschef hingegen nahm es teilnahmslos hin.
„Das Schiff, auf dem sich die Lieferung befand, war die CSS Ares.“ Alexander schaute zu Lewis Jackson, der Teil des Ganzen war und im fortwährenden Verlauf eigene Pläne verfolgte, die ihn mitunter hinter den großen Schreibtisch im Oval Office bringen sollten. „Unter der Besatzung befand sich ein Unioner Spion. Er überlebte schwer verletzt, wurde von einer Potomac Indianerin gefunden und gepflegt. Jedoch war die gesamte Besatzung mit den Pocken infiziert. Der Spion schrieb Generalleutnant Ulysses S. Grant einen Brief bezüglich der Verschwörung. Er bat die Indianerin ihn zu Grant zubringen.“ Was die folgenden Ereignisse waren, konnte man sich denken, wusste man ansatzweise Bescheid über die amerikanische Geschichte. „Sie starb auf dem Weg. Die Pocken breiteten sich unter den Indianern aus.“ Wodurch sie den Beinamen Indianerkrankheit erhielt. „Der Brief erreichte Ulysses S. Grant nie.“ Somit ging ein fundierter Beweis für die Verschwörung verloren. Stattdessen landete er im Fundus vom Archiv vom Kulturform für indianische Geschichte (*). Von wo ihn Mitglieder vom Schwert der Templer stehlen wollten, ihnen aber Sif zuvor kam. „Auf die Spur der CSS Ares kamen die Templer durch ein Fischmassensterben im Potomac River und der Chesapeake Bay. Getarnt suchten Sie das Wrack, fanden es, bargen die Pocken-Ladung und Tonnen von Gold und Silber, welches am Freien Markt verkauft wurde. Um damit die Geschäftsabwicklung zu finanzieren.“ Weiterhin ließ sich Mr Jackson nichts anmerken. Was Alexander wiederum bestätigte. Ja, alles, was er erzählte hatte, er sich im Laufe der Ereignisse zusammengereimt. „Der Rest des Schatzes diente als Eiserne Reserve.“ Ein Blick zum Stabschef. „Die Ihnen gestohlen wurde.“ Wie erwartet keine Reaktion.
„Gestohlen!“, hackte der Präsident nach. „Von wem?“
„Die selbe Person die die HMS Darwin versenken ließ.“ Und damit 16 Menschen tötete.
Wenn Alexander nicht an Bord gewesen wäre, hätte er alles Stehen und Liegen lassen, um herauszufinden, wer dahintersteckte. Mr Jackson wusste das. Mit der Versenkung der Darwin sorgte er dafür dass der berühmt-berüchtigte Schatzjäger-Schatzsucher auf die eine oder andere Weise mitmischte und die Gründer aus ihrem Versteck holte. „Die Versenkung sollte dazu fungieren das ich… wir uns auf die Gründer konzentrieren, während der Urheber im Hintergrund darauf wartete seine Pläne umzusetzen.“
„Welche Pläne?“
„Sich an die Spitze zu putschen und Zugriff auf das Templer-Netzwerk zu erhalten.“ Ein kurzer Blickkontakt. „Um dann den nächsten Schritt zu gehen, Mr President.“
„Der da wäre?“, fragte der mächtigste Mann der westlichen nach einer Pause düster. Worauf das hinauslief, schien ihm bewusst geworden zu sein. Womit er sich wiederum schwer tat. So was las man in Spionage,- Verschwörungsromanen oder sah im Kino.
„Sie zu beerben.“
Wenn die Geschichte im Bereich des Möglichen gewesen wäre, so war sie mit der Aussage hinfällig. Der Präsident konnte es sich einfach nicht vorstellen. Was man ihm schwer verdenken konnte. Das Ganze hörte sich so hanebüchen an, das es kaum der Wahrheit entsprechen konnte. Immerhin stand schon so gut wie fest, wer ihn nach Ende seiner Amtszeit beerben sollte. Ein abgeklärtes Lächeln erschien. „Nette Geschichte, Herr Döbber.“ Am Ton hörte man, dass das nicht stimmte. „Ich war soweit Sie ihnen abzukaufen.“ Ein Geständnis, das er nirgendwo wiederholen würde.
„Tatsächlich!!“, erwiderte Alexander verwundert. Was Verärgerung zur Folge hatte, die beim Präsidenten aufblitzte. Verständlich, den niemand ließ sich gerne Verschaukeln. Schon gar nicht jemand der in Amt und Würden stand.
„Sie haben ihm das Märchen abgekauft?“, richtete der Präsident verärgert an Premierminister Nevy.
„Ja.“, entgegnete dieser trocken.

***

„Was genau ließ Sie ihre Meinung ändern?“, richtete Alexander an ihn. Die Beantwortung übernahm er gleich mit. „Das derjenige plant ihr Nachfolger zu werden.“ Das war die Stelle. „Sie haben ihrer Parteiführung bereits einen Kandidaten präsentiert, der ihre volle Unterstützung erhalten wird.“ Wodurch er Parteiintern weitaus bessere Chancen hatte als Präsidentschaftskandidat aufgestellt zu werden. Natürlich reichte das alleine nicht. Hilfreich war es dennoch allemal.
An der Reaktion des Präsidenten merkte Alexander, dass er Recht hatte. Wer derjenige war, war nicht schwer zu erraten. „Es ist ein und dieselbe Person, Mr President.“ Selbst jetzt zeigte sich Lewis Jackson unbeeindruckt, obgleich er sich bis dahin in Sicherheit wiegen konnte.
Es dauerte einen Moment bis dem Präsidenten klar wurde, wer damit gemeint war. Er schaute hinter sich. Sein Stabschef, langjähriger Wegbegleiter, engster Berater und seine persönliche Wahl für die nächste Präsidentschaft. Umso schwerer fiel es ihm dem Deutschen zu glauben. Dies konnte unmöglich der Fall sein.
Lewis wusste ab diesem Moment, das alles vorbei war. Kein Einfluss der Welt konnte ihn daraus holen. Auch wenn das Gesagte von Alexander Döbber auf keinerlei Fakten beruhte, hatte es ausgereicht um einen Verdacht zu erwecken. Eine Untersuchung würde die nötigen Fakten zu Tage fördern. Indizien zwar, aber ausreichend.
Er hatte den Deutschen bei Weitem unterschätzt. Ein Fehler, der seine Planung ohne es zu wissen scheitern ließ. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass alles diese Entwicklung nehmen konnte. Hatte er im Verlauf der Geschehnisse die Möglichkeit gehabt eine Veränderung herbei zuführen!? Lewis wusste es nicht mit Sicherheit. Seine Gier blendete ihn für die unheilvolle Gefahr, die mit der Verknüpfung von Alexander Döbber und der HSUC einherging. Er wollte seine Planung beschleunigen. Wodurch er letztlich scheiterte.
Eins oblag ihm dennoch zu tun.
Sein Untergang würde der Einzige sein.
Ihm war durchaus bewusst das sich der Secret Service Agent in seinem Rücken genähert hatte. Blitzschnell wandte er sich zu ihm rum, entwaffnete ihn mit einer Schlagfolge, kehrte die Ausgangsposition zurück, hob den Führungsarm, zielte und sah demjenigen in die Augen der mitverantwortlich für sein scheitern war. Er hatte den Impuls in seinem Gehirn längst in Form eines Gedanken seinem Ich kundgetan. Nicht ohne ein gewisses Maß an Befriedigung zu verspüren.
PENG!! PENG!! PENG!!
Der Abzugsfinger hatte sich nicht gerührt.
Lewis torkelte, sah, wie sich sein Arm senkte, ihm die Pistole aus den Fingern glitt. Sein Körper schwankte. Sein Hemd verfärbte sich augenblicklich Rot. Aus dem Fleck wurde eine Lache.
Die Secret Service Agenten hatten ihn in dem Augenblick erschossen, als sein Finger eigentlich den Abzug betätigen sollte. Um Alexander Döbber zu erschießen. Niemand anderes war sein Ziel.
Der Stabschef verlor sein Gleichgewicht, krachte gegen einen Beistelltisch und sackte Tod zusammen.
Nichts von all dem würde die Öffentlichkeit erfahren.
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Ende, Kapitel 13
© by Alexander Döbber

(*) vom Autor frei erfunden
 

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