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Vom Vogel, der ein Mensch sein wollte - Teil 1

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© Homo Faber   
   
Es war einmal ein Vogel. Dieser beobachtete schon seit längerer Zeit die Menschen. Täglich flog er umher und sah, wie die Menschen Fußball spielten, Fahrrad oder Auto fuhren, aßen und sich einfach des Lebens erfreuten. Er beneidete sie, wie gern wäre er auch ein Mensch. Zwar konnte er fliegen, worauf die Menschen verzichten mussten, aber das war es auch schon. Er wollte gern viel mehr können.
Eines Tages kam er an einer dicken Eiche vorbei und setzte sich auf einen ihrer Äste, um kurz Rast zu machen.
„Hörst du mich?“, erklang plötzlich eine rauschende Stimme.
„Wer ist da?“, fragte der Vogel erschrocken. Er konnte niemand entdecken.
„Ich bin es, der Baum. Hörst du mich?“
„Ja, ich höre dich.“
„Ich bin ein Wunschbaum. Jeder, der auf meinen Ästen sitzt, darf sich etwas wünschen“, erklärte der Baum.
„Das glaube ich nicht“, erwiderte der Vogel.
„Doch, nenne mir deinen Wunsch und ich erfülle ihn dir.“
„Na gut, ich möchte ein Mensch sein und so leben können wie einer.“
„Bist du sicher?“, fragte der Baum.
„Ja, bin ich.“
„Na gut, dann flieg zu Boden und so soll es geschehen.“
Wie der Baum es ihm sagte, flog er zu Boden. Es vergingen einige Sekunden, dann blitze es plötzlich. Als er einige Sekunden später wieder vorsichtig seine Augen öffnete, merkte er, dass irgendetwas anders war. Er lag, begriff er. Doch irgendwie fühlte er sich schwerer und vor allem größer. Als er nach vorne blickte, entdeckte er Beine. Es hatte funktioniert! Hastig sah er nach links und rechts: Er hatte auch Arme. Mit einem Satz sprang er auf.
„Es hat funktioniert!“, stellte er fest und war außer sich vor Freude. Wie er wohl aussah? Ein paar Meter weiter befand sich ein kleiner Teich, wo er hin eilte. Das Wasser war sehr klar und durch die Sonne, die darauf schien, konnte er sein Spiegelbild gut darin erkennen. Er hatte kurzes dunkles Haar und sah, soweit er es beurteilen konnte, gut aus. Wieder begann er zu jubeln.
„Ich bin ein Mensch!“, lachend hüpfte er hin und her. „Danke“, sprach er schließlich zum Baum.
„Siehst du das kleine Haus dort?“, fragte der Baum. „Das ist dein Haus. In deiner Hosentasche findest du den Haustürschlüssel dazu. Im Haus ist auch ein Tresor mit genug Geld, um zu leben.“
„Was? Du meinst, das schöne Haus dort ist mein Haus? Ich kann es kaum glauben.“ Wieder hüpfte der Vogel, der ja nun ein Mensch war, vor Freude umher. Noch war es etwas umgewohnt für ihn, dass er immer wieder zu Boden fiel. Als Vogel flog er immer ein paar Meter in die Höhe, wenn er sich freute. Aber daran würde er sich schon noch gewöhnen.
„Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.“
„Nun geh und genieße dein neues Leben. Bis bald“, sprach der Baum.
 

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