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Die Amsel

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© Thomas Schwarz   
   
Die Amsel

Heute früh saß eine Amsel auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses.
Mit lauter Stimme lobte sie den blauen, wolkenlosen Himmel, den sonnigen Morgen, das leuchtende Gelb der Forsythien und Osterglocken, das frische Grün des noch jungen Frühjahres, das Rot der Häuserdächer; all das ein Geschenk Gottes an die Bewohner der Stadt für diesen Tag.
Zwei Tauben landeten auf dem Dach und stritten um einen Platz an dem jede sitzen wollte.
Unterdessen dröhnten Autos und Motorräder auf der Straße stadtauswärts, während andere, von dort kommend, hinein in die Stadt drangen.
Um zwei Uhr mittags hatte der Himmel genug. Er nahm den Glanz der Farben weg und ließ nur noch wenig Sonnenlicht durch, zwang die Autofahrer, Motorradfahrer und die Stadt, ihre künstlichen Lichter einzuschalten. Es war wie vor einigen Wochen als eine partielle Sonnenfinsternis über das Land gegangen war. Damals erlaubte der Himmel dem Licht nach einer knappen viertel Stunde wieder über Stadt und Land zu leuchten und alles hatte sich darüber gefreut.
Heute kehrten Licht und Farben nicht wieder zurück. Der Himmel hielt den Glanz verborgen bis zur Nacht, die alles wegnahm und niemand hatte das Geschenk an diesem Tag bemerkt, außer der Amsel, die Gott dafür lobte.

ENDE
 

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