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Mortal Sin 2004- Ladykiller

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©  JoHo24   
   
So schlimm es auch sein mag, es geht immer noch schlimmer.
- Thomas Hardy


Genüsslich ließ sie sich den ersten Bissen des saftigen Schokoladenkuchens auf der Zunge zergehen. Der köstliche Nachttisch war der perfekte Abschluss für diesen wundervollen Abend, der sich anfühlte wie ein Traum.
„Und schmeckt´s?“, erklang seine tiefe, sexy Stimme, die ihr unter die Haut ging und ein angenehmes Kribbeln auslöste. Augenblicklich hob sie ihren Blick und bekam nur ein stummes Nicken zustande. Seine Reaktion war ein spitzbübisches, schiefes Grinsen, das ihm etwas Verwegenes gab. Mein Gott, war dieser Mann heiß!
Patricia Eileen Crichton konnte ihre Augen nicht von ihrem Gegenüber lassen: Diese muskulösen Arme und der trainierte Oberkörper, der sich unter dem enganliegenden, grauen Hemd abzeichnete, waren einfach göttlich. Verträumt schmachtete sie ihn an, als sei sie ein verliebter Teenager. Und sie fühlte sich tatsächlich wieder wie 16, wenn sie unter seinen Komplimenten errötete und mädchenhaft über seine Witze kicherte. Ja, sie hatte Schmetterlinge im Bauch…
„Es ist sündhaft lecker“, antwortete sie ihm schmunzelnd und gönnte sich gleich ein weiteres Stück. Währenddessen beugte er sich leicht vor und hauchte ihr einen Kuss hinter das rechte Ohr.
„Genau wie du“, flüsterte er und berührte mit seiner Zungenspitze keck ihren Hals. Durch ihren Körper schoss ein Blitz der Erregung, der mit gewaltiger Kraft in ihrem Unterleib einschlug. Sie vergaß zu atmen und verschluckte sich an der Süßspeise in ihrem Mund. Lautstarker Husten brach aus ihr heraus, mit ihm dunkelbraune, kleine Bröckchen des Kuchens, die auf der schneeweißen Tischdecke landeten. Patricia wäre in diesem Moment am liebsten in Grund und Boden versunken. Sie saß hier, in einem romantischen Restaurant mit dem perfektesten Mann, den man sich vorstellen konnte, und sie blamierte sich bis auf die Knochen. Hitze stieg augenblicklich in ihre Wangen und färbte diese knallrot. Ungeschickt griff sie sogleich nach ihrem Weinglas und leerte dieses in einem Zug.
„Alles gut?“, erkundigte er sich mit einer Mischung aus Sorge und Vergnügen.
„Ja, ja“, nuschelte sie verlegen und vermied es aus Scham ihn anzusehen. Scham. Das Gefühl, das sie beherrschte; ihr ständiger Begleiter, seitdem er auf der Bildfläche erschienen war. Patricia wurde sofort von Szenen ihres ersten Aufeinandertreffens überschüttet.
Sie waren sich vor wenigen Wochen in ihrem Stammcafè begegnet, in dem sie sich jeden Morgen, vor ihrem Arbeitsantritt bei einer Krankenversicherung, einen Latte Macchiato holte. So auch an dem schicksalhaften Tag, an dem er sie gebeten hatte ihm den Zucker zu reichen. Sie hatte sich umgedreht und war sogleich seinem charmanten, unwiderstehlichen Lächeln erlegen. Und ein tiefer Blick in seine eisblauen Augen hatten ausgereicht, um ihre Knie butterweich werden zu lassen. Was für ein Mann!, das war der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf geschossen war.
Wie festgefroren hatte sie an der Theke gestanden, sodass er sie ein zweites Mal um den Zucker hatte bitten müssen, was ihr überaus peinlich gewesen war. Wahrscheinlich hielt er sie für begriffsstutzig. Aber der Mann, mit dem kurzen blonden Haar, hatte nicht irritiert oder verärgert gewirkt, nein, sein warmes Lächeln war nur noch breiter geworden. Patricia war von ihm verzaubert gewesen und hatte sich selbst, wie von außen, dabei zugesehen, wie sie mechanisch nach dem Behälter mit dem Zucker gegriffen und ihm herübergereicht hatte.
Sie waren ins Gespräch gekommen, wobei er offenkundig und frech, fast schon übermütig mit ihr geflirtet hatte, was Patricia nach so langer Zeit als Single gar nicht mehr gewohnt gewesen war. Sie war regelrecht überfordert von seiner Aufmerksamkeit und dem intensiven Blick, mit welchem er sie bis auf den Grund ihrer Seele zu durchbohren schien. Dennoch hatte sie die angeregte Unterhaltung genossen, in dessen Verlauf er sich ihr als Patrick Madison vorstellte. Er war 34 Jahre alt und arbeitete als Architekt.
Nach diesen Informationen hatte sie erstmal hart schlucken müssen. Oh je, er war jünger, als sie, und dann waren es gleich sechs Jahre! Was hatte sie also tun sollen? Ehrlich sein oder ihm dreist ins Gesicht lügen? Männer machten eher einen Rückzieher, wenn sie hörten, dass die Frau älter war, also hatte sie sich ganze sieben Jahre jünger gemacht.
Daraufhin war ein kleiner Funke in seinen Augen erschienen und sein rechter Mundwinkel hatte sich für eine Millisekunde nach oben gezogen. Verdammt, er hatte ihre Lüge durchschaut. Glücklicherweise hatte ihn der Umstand, dass sie älter war, gar nicht gestört, denn er hatte sie tatsächlich für den nächsten Tag zu einem gemeinsamen Kaffee eingeladen.
Seitdem hatten sie sich weitere Male getroffen und so war das heutige Date bereits ihr viertes. Dennoch war Patricia jedes Mal ein Nervenbündel, wenn sie ihm begegnete. Patricks Anwesenheit brachte sie durcheinander und führte bei ihr zu Schnappatmung, da dieser Mann ein wahr gewordener Traum war: attraktiv, charmant und erfolgreich. Mehr konnte man sich als Frau wirklich nicht wünschen, oder?
Ihre braunen Augen schweiften automatisiert zu ihrem adrett gekleideten Gegenüber. Nach ihrem peinlichen Hustenanfall war sie froh, dass dieser dazu übergegangen war sein Wasserglas zu leeren, anstatt sie schmunzelnd und spöttisch anzusehen, als sei sie ein ungeschicktes, kleines Kind. Patricias Gefühlswelt sortierte sich langsam und kehrte in ihren Normalzustand zurück, sprich, den unsicheren, fahrigen Zustand, wenn der Blonde anwesend war.
Ihr Blick hing pausenlos und wie gebannt an ihm. Sie liebte es nun mal ihn anzusehen; sich in seinen fesselnden Augen zu verlieren und ihre Umwelt dabei zu vergessen. Noch nie hatte ein Mann eine solche Anziehungskraft auf sie ausgeübt. Auch ihr Ex-Mann Troy nicht, den sie auf dem College kennengelernt hatte. Damals hatte sie geglaubt, dass er die Liebe ihres Lebens sei. Über einen langen Zeitraum hatte sie so gedacht, selbst nach der Scheidung, die sich zu einem Rosenkrieg entwickelt hatte. Doch dann war Patrick in ihr einsames Leben einer geschiedenen Frau mittleren Alters gestürmt und hatte ihre Ansichten im Bereich Liebe eingerissen und völlig neu definiert. Während Patricia in ihren Tagträumen versunken war, verlangte er die Rechnung. Wie ein Gentleman beglich er diese, wie die Male zuvor, ehe sie, wie ein verliebtes Paar, Hand in Hand das Restaurant verließen und in einen lauwarmen Abend traten.
Nun, eine halbe Stunde später, standen sie bereits eng beieinander unter dem kalten, grellen Verandalicht, das das Blau seiner Augen in pures Eis verwandelte. Patricia begann unwillkürlich zu zittern, was Patrick dazu veranlasste seinen linken Arm beherzt um sie zu schlingen und sie an seinen muskulösen Körper zu pressen. Ungehindert bekam sie den Duft seines Parfüms in die Nase, das nach Moschus und Zitrone roch. Ihr schwirrte der Kopf.
„Das war ein wundervoller Abend“, wisperte sie wie benebelt und flehte inständig, dass er sie endlich küssen würde. Danach sehnte sie sich schon eine gefühlte Ewigkeit. Und tatsächlich neigte er seinen Kopf und kam ihren Lippen ganz nahe, als habe er ihre Gedanken gelesen. Patricias Herz schlug ihr bis zum Hals, ihre Knie schlotterten wie Espenlaub. Es ist soweit!
Doch statt eines Kusses traf sie plötzlich, wie aus dem Nichts, ein gewaltiger Schlag am Hinterkopf, der ihr die Schwärze vor die Augen trieb. Ein pochender Schmerz breitete sich bis in ihre Schultern aus. Alles drehte sich wie ein wirrer, rasender Strudel, bevor sie das Bewusstsein verlor.

Hämmernde Kopfschmerzen weckten sie aus ihrer Ohnmacht. Sie wollte die Augen öffnen, doch ihre Lider fühlten sich tonnenschwer an, sodass sie kaum in der Lage war sie oben zu halten. Also vertraute sie zur Orientierung zunächst auf ihr Gehör. Um sie herum herrschte eine bedrückende, angsterfüllende Stille, die eine böse Vorahnung in ihr auslöste. Etwas Düsteres kroch in sie hinein und besetzte ihren Körper, wie ein Wesen aus der Hölle. Ein Wesen, das sie Stück für Stück auffraß und in Besitz nahm. Patricia startete den zweiten Versuch ihre Lider zu heben, erfolglos. Aber sie dachte nicht daran aufzugeben. Noch mal und noch mal probierte sie es, bis sie das schwere Gewicht stemmen und die Augen offen halten konnte.
Viel sah sie allerdings nicht, außer ein paar Umrissen, die sich im Schneckentempo vor ihr zu Möbelstücken formten. Die Anordnung kam ihr bekannt vor. Der schmale Kleiderschrank, das Bücherregal über dem ordentlich aufgeräumten Schreibtisch…das war ihre Schlafzimmereinrichtung! Die Brünette wollte aufstehen, aber sie konnte es nicht. Unter Anstrengung überstreckte sie ihren Kopf und musste zu ihrem Entsetzen erkennen, dass sie am Gestell ihres Bettes festgebunden war. Dabei war es ihr blassblauer Seidenschal, den ihr jemand so eng um ihre Handgelenke gezurrt hatte, dass ihre Hände taub waren und sie dessen Existenz infrage stellte. Blanke Panik ergriff Patricia Crichton, die keine Ahnung hatte, was los war. Was passierte hier? Träumte oder halluzinierte sie? Wo war…?
Patrick. Er musste sie ins Schlafzimmer gebracht und festgebunden haben. Aber warum? War das etwa eine Art erotisches Fesselspiel? Das konnte nicht sein, denn er hatte sie…ja, was hatte er getan? Sie niedergeschlagen und hier hoch geschleppt? Nein, das war unmöglich!
Doch was war dann mit ihr geschehen? Sie bemühte sich herauszufinden, was vor sich ging, aber ihr dröhnender Schädel kam ihr in die Quere. Ihr war es nicht möglich ihre Gedanken zu fokussieren und einen klaren Kopf zu bewahren. Ein verzweifelter, ängstlicher Seufzer quälte sich über ihre Lippen, der sich in der Stille ohrenbetäubend laut anhörte.
Auf einmal vernahm sie jedoch noch ein weiteres Geräusch. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarzen und jemand Hochgewachsenes betrat den Raum. Es sah aus, als schwebe ein Schatten hinein, der ihr immer näher kam. Aber schnell verwandelte sich dieser Schatten in ihren gutaussehenden Begleiter, der sich auf der Bettkante niederließ und mit versteinerter, eiskalter Miene auf sie herabblickte. Patricia erkannte den Mann nicht mehr wieder, mit dem sie eben noch an einem Tisch gesessen hatte. Wie viel Zeit war seitdem wohl vergangen?
Die Dunkelhaarige versuchte einen Blick auf ihren Wecker neben dem Bett zu erhaschen, doch ihre momentane Lage und das fehlende Licht hinderten sie daran. Darum wanderten ihre Augen zurück zu ihm. Augenblicklich befiel sie eine Gänsehaut, aber dieses Mal wurde sie nicht durch Erregung, sondern tiefe Furcht ausgelöst.
Das hier lief völlig falsch ab. So sollte es nicht sein. Nein, eigentlich sollte sie jetzt knutschend mit ihm auf der Veranda stehen und verliebt in anderen Sphären schweben und nicht völlig hilflos an ihrem Bett gefesselt sein. Patrick hatte weiterhin der Frauen verstehende Verführer zu sein und kein merkwürdiger Freak. In Patricia drängte sich jedoch der grausige Verdacht auf, dass sie es mit einer viel schlimmeren Sorte der menschlichen Rasse zu tun hatte.
„Ach, Patricia, es tut mir Leid, dass unser Date so enden muss. Dabei weiß ich genau, dass du es dir ganz anders vorgestellt hast.“ Die Finger seiner linken Hand fuhren während dieser gespielt bedauernden Worte über ihre rechte Wange und strichen eine dünne Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Schlagartig erbleichte sie unter dem mechanischen, eiskalten Ton seiner Stimme.
„Was…was hast du denn vor?“, fragte sie mit brüchiger Stimme, obwohl sie sich vor seiner Antwort fürchtete.
„Ich werde dich töten, meine Liebe“, äußerte er ohne Umschweife, als sei es das Normalste der Welt. Aber vielleicht gehörte es in seiner Welt tatsächlich zur Normalität.
Unwillkürlich lachte sie schrill auf, da sie kurz davor stand den Verstand zu verlieren. Sie fühlte sich, als sei sie in einem Albtraum gefangen oder in einem Paralleluniversum, das nichts mit dem hiesigen zu tun hatte.
„Wer bist du?“, schlüpfte es unbedacht aus ihrem Mund, nachdem ihr Lachen erstorben war. Nach ihrer Frage war es an dem Blonden zu lachen. Seine schmalen Lippen, die sie diesen Abend am liebsten leidenschaftlich geküsst hätte, formten sich zu einem satanischen Lächeln, das sein gesamtes Gesicht einzunehmen schien.
„Mein Name ist natürlich nicht Patrick Madison und ich bin auch kein Architekt“, gab er feixend von sich und machte sich somit ganz offen über ihre Naivität und Gutgläubigkeit lustig. „Ich heiße Patton Massey und mein Job ist es Menschen zu töten.“ Er plauderte besonnen und fröhlich über dieses Thema, das Patricia den Boden unter den Füßen wegzog. Er war tatsächlich ein Auftragskiller. Es gab sie also nicht nur in etlichen Filmen, sondern tatsächlich auch in der Realität. Sie konnte es kaum glauben, doch unübersehbar saß ein solcher Mensch, wenn man ihn noch als diesen bezeichnen konnte, auf ihrem Bett und strahlte völlige Glückseligkeit aus. Die Brünette war nur noch angeekelt von diesem…diesem wahrhaftigen Monster. Im selben Moment stellte sie sich aber auch die Frage, wer Schuld daran trug, dass er es auf sie abgesehen hatte. Wer hatte ihm den Auftrag erteilt? Wer wollte sie tot sehen und warum? Obwohl ihre Abscheu gegen ihn sie fest im Griff hatte, überwand sie sich und richtete erneut das Wort an ihm.
„Wer will, dass ich sterbe?“, krächzte sie erbärmlich mit staubtrockener Kehle. Für sie war der Gedanke einfach absurd, dass jemand ausgerechnet sie umbringen lassen wollte. Sie war doch bloß eine normale, unscheinbare Frau.
„Keine Ahnung“, meinte er achselzuckend. „Es interessiert mich auch nicht.“ Er machte eine entnervte Miene, die ihr verdeutlichte, was er von ihren Fragen hielt. Denn er war nicht hier, um zu plaudern, sondern um ihr das Leben zu nehmen.
Passend in diesem Moment, fasste er hinter sich und zog, wie in Zeitlupe, etwas hinter seinem Rücken hervor. Es dauerte einige Sekunden, bis sie den Gegenstand in seiner Hand sicher identifizieren konnte. Es war ein Messer und zwar eines von ihren. Das, womit sie am liebsten Gemüse schnitt…Warum musste sie jetzt ausgerechnet daran denken?
Patton Massey, wie sein richtiger Name war, hielt ihr das Messer unmittelbar vor das Gesicht und drehte es mit kindischer Freude leicht hin und her. Großer Gott!!!
Unruhig und hektisch begann sie sich zu winden. Pure Verzweiflung und Panik überkamen und kontrollierten sie. Instinktiv wollte sie fliehen, doch ihre Fesseln hinderten sie daran. Schmerzhaft schnitten sie ihr ins Fleisch, was sie allerdings nicht im Geringsten interessierte. Patricia Crichton wollte einfach weg; sie wollte vor dem sicheren Tod davonlaufen, der ihr bevorstand.
„Sch, sch, sch. Ganz ruhig, es wird nicht weh tun“, wisperte er und packte ihr mit der freien Hand an die Kehle. Sein hämisches und unverschämtes Grinsen strafte seinen Worten Lügen. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie nicht den Hauch einer Chance hatte. Sie war dazu verdammt, hilflos und wimmernd dabei zuzusehen, wie er das Messer Lippen leckend an ihrem Brustbein ansetzte und sie, begleitet von heiterem Glucksen, bis zum Bauchnabel aufschnitt. Es war ein irrwitziger; verquerer Anblick, wie das Blut aus ihr hervorsprudelte, wie bei einer Wasserquelle. Merkwürdigerweise kam der Schmerz erst einige Augenblicke später. Und wie er kam! Mit voller Härte explodierte er wie eine Bombe unter ihrer Haut und riss sie in Fetzen.
Lauthals wollte sie los schreien, aber sie hatte Angst. Angst davor, dass Hannah sie dann hören und ihr zur Hilfe kommen würde. Denn trotz ihrer Höllenqualen konnte sie nur an ihre vierzehnjährige Tochter denken, die am anderen Ende des Flures schlief. Oh Gott, bitte lass dieses Monster sie nicht entdecken. Beschütze mein kleines, unschuldiges Mädchen. Rette ihr Leben.
Stumme Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, die ihre leichenblassen Wangen entlangliefen und auf ihr Kopfkissen tropften. Wie hatte sie nur so blauäugig sein können? War sie dermaßen verzweifelt und einsam gewesen, dass es ihr egal war, wen sie da mit nach Hause nahm?
Verdammt, sie hatte ihre Tochter und sich selbst in höchste Gefahr gebracht. Patton hatte sie mit seiner Attraktivität und seinem Charme geblendet, nein, er hatten sie sogar blind gemacht und dafür wurde sie nun aufs Gröbste bestraft. Sie würde ihren Fehler mit dem Leben bezahlen. Was wird nur aus Hannah werden? Wie wird sie meinen Tod verkraften? Was wird es mit ihr machen, wenn sie meine aufgeschlitzte und blutüberströmte Leiche findet?
Die Sorgen um ihre Tochter überschatteten ihre körperlichen Schmerzen bei Weitem und ließen sie schier lächerlich wirken. Sie realisierte gar nicht, wie rapide sich ihr Gesundheitszustand durch den enormen Blutverlust verschlechterte. Schneller, als gedacht, hatte sie bereits die Schwelle des Todes erreicht. Patricia hatte sich ihr Ende nicht so vorgestellt. Aber wer dachte schon daran, dass man von seinem Date getötet wurde, das sich als geisteskranker Auftragskiller entpuppt? Nun, ihr letzter Blick auf dieses Leben würde ausgerechnet er sein, ihr Mörder.
„An was denkst du gerade, hm?“, versuchte er es in den verbliebenen Minuten ihres Lebens allen Ernstes mit Smalltalk. „Vielleicht an deine süße Tochter?“
Patton benötigte keine Antwort von ihr, da er ihre ansteigende Panik mit Sicherheit in ihren Augen erkennen konnte.
„Keine Sorge, meine Liebe, ich tue ihr nichts. Das Töten von Kindern ist uns verboten“, schien er sie beruhigen zu wollen, doch die unverkennbare Enttäuschung, die in seiner Stimme mitschwang, erschütterte sie bis ins Mark. Patricias Mutterinstinkt schrie ihr entgegen, dass er sie belog.
„Bit…bitte…“ Mehr bekam sie nicht zu Stande, denn ein Blutschwall ergoss sich aus ihrem Mund und floss über ihr Kinn. Sie war am Ende ihrer Kräfte und hasste sich dafür, ihn jämmerlich anzuflehen, aber sie sah keine andere Möglichkeit. Sie appellierte an seine Gnade; an sein Ehrgefühl. Es war ihr letzter Versuch, um Hannah zu beschützen, denn sie spürte, dass ihre Zeit bald gekommen war. Erneut wurden ihre Lider unendlich schwer, doch dieses Mal würde sie sie nicht mehr öffnen können.
„Ihr wird es gut gehen, Patricia. Dafür werde ich schon sorgen.“ Da waren sie, die von ihr gefürchteten Worte, die ihre Vermutung bestätigten. Patton würde sich an ihrer Tochter vergreifen und sie konnte nichts dagegen tun. Ihr Wille, sie vor jeglichen Unheil zu bewahren, war stark, ihr Körper dagegen war in den vergangenen Minuten zu einer unbrauchbaren Hülle geworden. Und diese Hülle hinderte sie daran den Blonden aufzuhalten. Dieser erhob sich nach getaner Arbeit und betrachtete mit leuchtenden Augen stolz sein Werk. Das war der Augenblick, in dem sich für immer ihre Lider schlossen und sie ihren letzten Atemzug tat.
Patricia Eileen Crichton starb mit dem Gedanken an ihren unverzeihlichen Fehler, ihre Tochter im Stich gelassen und einem blutrünstigen Monster ausgesetzt zu haben.
 

http://www.webstories.cc 28.03.2024 - 11:21:29