... für Leser und Schreiber.  

Verständnis

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©  Siebensteins Traum   
   
Vor der Auseinandersetzung mit einem ausformulierten Gedanken braucht man sich doch nicht zu fürchten. Es ist letztendlich die einzige Möglichkeit, zu verstehen, was tatsächlich dahintersteckt.

Ausformulierte Gedanken vermögen es, in einem anderen Menschen etwas auszulösen. Allerdings nur etwas, das dort zuvor schon angelegt war. Denn ausformulierte Gedanken, die an einem anderen Systems nirgends andocken können, können, wie ein Virus, das innerhalb eines Organismus nirgends eine Stelle findet, an der es andocken kann, von dem empfangenden System, zumindest zunächst, gar nicht registriert werden.

Nur wenn es zuvor schon eine offene Stelle gibt, nur dann kann ein System etwas von außerhalb Kommendes von sich aus erkennen, es registrieren und dann auch darauf reagieren. Dies ist die einzige Möglichkeit für es, eine Idee von dem Wesen eines zunächst fremden Systems außerhalb zu erhalten. Gleichzeitig ist es immer auch die einzige Möglichkeit für es, eine Idee über das eigene bestehende System zu erhalten. So stellt es die einzige Möglichkeit für alle daran beteiligten dar, überhaupt in irgendeiner Art und Weise Verständnis herzustellen.

Missverständnisse sind dabei vorprogrammiert. Nämlich immer dann, wenn ein bestehendes System etwas auf eine Art und Weise erfasst, die mehr mit dem eigenen System zu tun hat, als mit demjenigen, das es gesendet hat. Derartige Missverständnisse sind Alltag.

Gegenseitiges Missverstehen kann letztendlich auch eine Art von Verständnis sein, und zwar immer dann, wenn es die davon betroffenen Systeme gleichzeitig betrifft und diese selbst nichts davon bemerken. Um solch einen Fall aufzudecken, benötigt man eine, zumindest augenscheinlich, unparteiische Instanz von außen.

Sehr wahrscheinlich liegen die beiden Phänomene „Verstehen“ und „Missverstehen“ viel enger beieinander, als es zunächst den Anschein hat.
 

http://www.webstories.cc 19.04.2024 - 18:25:24