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Feministische Utopien

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© Lulu129 .    
   
Wenn wir das Wort Feminismus hören, assoziieren wir es oft automatisch mit einer radikalen Gruppe von Frauen, welche sich lauthals ausschließlich für mehr Rechte der Frauen plädieren.

Jedoch kann man den Feminismus eher als eine utopische Denkweise substituieren. Eine Denkweise, in der es um großartige, erneuernde, überdachte, sogar fantastische Visionen geht. Visionen welche einen permanenten Wandel unseres Verständnisses von Gleichberechtigung beanspruchen. Visionen, welche sich auch insbesondere um progressive Politik handeln. Wenn wir also davon ausgehen, dass wir uns eine feministische Utopie erschaffen wollen, also einen Ort den es noch gar nicht gibt, kann der Feminismus dann überhaupt eine Verbesserung von dem sein, was unsere Welt momentan ist? Oder müssen wir alles Wissen über unsere Welt vergessen und neu anfangen? Denn momentan funktioniert unsere Gesellschaft nach einem unveränderlichen Patriachart. Unveränderlich? Nun, der Mainstream-Feminismus orientiert sich immer noch an männlichen Maßstäben, welche nicht dafür designiert sind, dies steht freilich zur Debatte, jegliche Form von Gerechtigkeit jemals zu ermöglichen. Denn warum sollten sich Frauen in eine von Männern entworfene Welt einfügen, sind Frauen denn nur dafür da, nach und nach sämtliche Fehler zu korrigieren? Oder sie möglicherweise nicht mal erwähnen zu dürfen. Ist das eventuell die Gleichberechtigung welche alle als Feminismus missverstehen? Ist unsere Welt denn schon feministisch genug, wenn es von Politikern, wie z.B. der AfD, immer noch frauenfeindliche Aussagen hagelt? Ist unsere Welt schon feministisch genug wenn privilegierte Menschen, vor allem in der Politik, selten dazu bereit sind Themen von stärker marginalisierten Frauen zu behandeln? Ist unsere Welt schon feministisch genug wenn es immer noch eine kontinuierliche Gewalt gegen Frauen gibt? Oder müssen wir vielleicht doch etwas verändern? Womöglich sollten wir bei der Bildung anfangen, wenn es zu wenige weibliche Referenten an Universitäten gibt, müssen wir uns dann eventuell fragen, wie umfassend das Wissen dann überhaupt sein kann? Oder ist die Frauenquote in Unternehmen/Einrichtungen sowie in der Politik sowieso obsolet? Denn warum wählen so viele privilegierte Frauen konservativ? Wenn die Konservativen doch jegliche Form von gleichstellungspolitischen Ideen bremsen. Liegt es vielleicht daran, dass viele Frauen die aufsteigen, sich an männlichen Maßstäben orientieren, um sich Kulturell einzufügen? Doch was ist mit den Menschen die nicht-passen-wollen, nicht-passen-wollen in die gegenwärtigen Gesellschaftsstrukturen, nicht-passen-wollen in eine Welt, in der jegliche Art von progressiven Utopien unterdrückt werden, nicht-passen-wollen in eine Gesellschaft, die keine Form von Individualität akzeptiert. Individualität? Anders sein? Anders als alle anderen es erwarten? Ist das heutzutage noch möglich? Ich denke nicht, denn die Diskriminierungsmechanismen sind komplexer. Deswegen behandelt der Feminismus nicht nur das Problem stark marginalisierter Frauen, sondern allgemein das Geschlecht als Unterdrückungskategorie, progressiver Feminismus versucht auch gleichzeitig die Diskriminierung von anderen Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen zu beenden. Die Aufgabe einer etablierten Feministin, ist also nicht nur für ihre eigenen Rechte und Interessen zu kämpfen, sondern auch komplexe Gewebe von unterdrückenden Strukturen und Mehrfachdiskriminierung zu erkennen und diese zu unterbinden. Das Zitat „Wir brauchen nicht Frauen in führenden Positionen, wir brauchen feministische Frauen in führenden Positionen“ trifft es ganz gut, denn wir benötigen ausschließlich feministische Frauen, die auch in der Lage sind intersektional (- Begriff führt auf einen wissenschaftlichen Aufsatz von Kimberly Crenshaw zurück) zu denken und dementsprechend zu agieren. Wenn wir also von feministischen Utopien reden, dürfen wir keine Angst vor Veränderung haben, denn auch feministische Utopien erfordern ungewohnte Anpassungen, Anpassung? Ist es nicht das, was wir mit Individualität substituieren wollen?

Nun, vielleicht benötigt es eine individuelle Anpassung, möglicherweise muss der Eine bloß lernen die Haarfarben des schwulen Jungens zu akzeptieren und der Andere, sein ganzes Wissen über das Funktionieren der Welt und der geschlechtstypischen Gesellschaft auf null setzten, damit wir existierende Maßstäbe überwinden können. Für eine feministische Utopie müssen wir Interesse an Menschen, Traditionen und Orten zeigen die ganz anders sind als wir sie kennen. Nur ist es denn noch eine Utopie, wenn man seine Privilegien für andere Geschlechter abgeben muss? Abgeben? Oder gleichstellen? Wie wäre es denn, wenn wir einfach sämtliche historischen Privilegien und Individualitätsformen auflösen und die Geschlechtsspezifik in allgemeine Verantwortung übergehen lassen. Dass Frauen einen Vollzeitjob haben und Männer in die Elternzeit gehen, sind das wirklich Utopien oder nahe Zukunftsszenarien? Ist es wirklich so prekär wie wir denken, feministische Utopien in die Wirklichkeit umzusetzen? Eine Welt ohne Rassismus, Klassismus, Ableismus, und Sexismus. Eine feministische Utopie, die Akzeptanz und Toleranz für alle bedeutet.

„Eine Utopie von Frauen, die eine Utopie für alle ist.“ – Frigga Haug
 

http://www.webstories.cc 29.03.2024 - 03:27:25