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Mir ist, als wenn das Blut mir fror (eine Moor-Ballade)

Poetisches · Schauriges
Der Tag ist grau,
Schwer hängt die Luft
Wie Ketten festen Bleies gar
So über diesem nassen Moor.
Ein Nebelhauch, so sonderbar,
Was ist das Los?
Was ist der Trost?
Verwunschen dieser Sumpf und Wald.
Wie ist die Luft so nieselfeucht,
So zittrig ruhig und so kalt.
Wo woll`n sie hin?
Was hab´n sie denn?
Gespenstig-schemenhaft ihr Gang.
Augen so wild,
Augen so leer,
Ein Schrecken aus der Geste wrang,
Dass mir so gänzlich stirbt das Herz.

Doch wag ich nicht,
Zu fliehen schnell
Dem Tümpel hier, dem gier´nden Schlund.
Warum nur hält der Dämon mich?
Ich will nicht wissen seinen Grund
Zu gehen hier
In dieser Stund´
So schweigsam ziehend wie der Dunst.
Sind´s Fabelwesen? Mörder gar?
Es ängstigt mich vor ihrer Kunst.
So fällt der Tau,
Bedeckt mein Haar,
Die Brille ist mit Perl´n besaet.
Erst recht verzerrt,
Das Höllenpack,
Tritt schleichend aus dem Tann und seht:
Ein Hund hechelt ihnen am Fuß.

Wie ist er nackt
Und völlig schwarz,
Zwei Feueraugen, langer Schwanz,
Blinkende Zähne, giftiggrün,
Harnischumgürtet sein glatter Wanst.
Die Nase reckt
sich in die Luft,
Ein Kläffen wie verrostet Blech.
Dann duckt er sich, setzt an zum Sprung,
Der Herr johlt mit, wie im Gezech.
Das Reh erschrickt,
Kommt ab vom Weg,
In Panik springt es in das Loch.
Der Hund ihm nach
Und beißt es tot.
Das Blut ihm aus dem Halse kroch,
Als nun die Angst beim Köter lag.

Schon zieht auch ihn
Der Sog hinab.
Flehenden Auges den Partnern sein Schrei
Um Hilfe, um Errettung wohl.
Da ist´s geschehen, erneut im Brei,
Der Jacke nur
Entledigt sich
Ein weiteres Opfer für das Moor.
Die Partnerin, dem Verstand bar,
Mir ist, als wenn das Blut mir fror.
Weiß sie denn nicht,
Was sie da tut?
Was treibt sie nur zu dieser Brut?
Ihr Partner still
Am Wege steht,
Beweglos labt er sich der Glut
Die von der Sterbenden abtropft.

Kein Schrei von ihr.
Wo ist die Angst,
Die mit dem Tod einher spaziert?
Sie wusste wohl, sie stürbe heut,
Ein Lächeln ihr Gesicht verziert.
Was für ein Mensch,
Der da am Weg
Genugtuung schöpft aus ihrem Tod.
Die dünne Birke ihm zur Seit´,
Wenn er sie nur herunter bog.
Rettung wär so
Der Partnerin
Geschenkt aus seiner, Gottes Hand.
Doch diese Tat,
So frei von Hass,
So anteillos ihr zugewandt -
Warum nur bleibt die Hilfe aus?

So sinkt ihr Leib,
Schon drückt der Schlamm
Gewaltig herrschend ihre Brust.
Ich heule mit, auch bete ich,
Nur heb ich mich nicht in die Luft.
So wie ein Stein
Schau ich ihr zu,
Ein Zeuge ihres stillen Tods.
Schon steckt der Matsch ihr bis zum Hals,
Kein Arm sich in die Höhe hob.
Dann ists vorbei.
Lautlos. Still. ...
Sogar der Regen erstarrt im Fall.
Der Partner, kalt,
Wendet sich ab.
Marmorne Haut, Augen wie Kristall,
So stapft er leise in den Wald.

Und ich schleich heim,
Gebückt, gelähmt,
Die Nebelhand auf mich gedrückt.
Und spür allmählich, wie die Gicht
Vom Mark her in die Zehen rückt.
Dann vor dem Herd,
Grog in der Hand,
Der nassen Kleider mich befreit,
Sehn ich mich nach Wärme und Schlaf,
Nach Freude, Glück und Seligkeit.
Doch will es nicht,
Wie ich gern will,
Die Bilder gehn mir nicht aus dem Sinn.
Auch bleibt mir kalt,
Ein Husten kommt,
Ich sehe Schemen mich umrinn´-
Mein Leben ist´s, das von mir geht.


Diese Ballade behandelt das Thema mangelhafte Zivilcourage.
 
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Kommentare  

ein erschreckend unheimliches erlebnis, düster eingehüllt in die form der ballade. wunderschön gruslig.
lieben gruß von


rosmarin (02.04.2015)

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