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Da steht ein Pferd in dem Puff

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
© Spoodnik
Mein Kopf droht tatsächlich zu platzen. Ich mache mich nach einer aufschlussreichen Lesung auf zum Lila-Launebär. Ich sollte eigentlich alt genug sein, um zu wissen, dass man nicht schon auf dem Hinweg zur Party im Auto Bier trinken sollte. Aber Marvin erklärte mir die letzte Phase des Singledaseins, die Phase der Gleichgültigkeit. Doch meine ich im Augenblick, das auch auf mein komplettes Leben ausweiten zu müssen. Egal also. In der Grotte des Lila-Launebärs dann lautes Getöse aus qualitativ scheinbar wirklich hochwertigen Lautsprechern. Schon hier packt mich die Partylaune in ihrer reinsten Form. Die Bratwurst mit Senf hockt auch hier rum, doch ich werde das Gefühl nicht los, dass in letzter Zeit ausschließlich der Senf den größten Teil seiner Aufmerksamkeit genießt. Die Bratwurst schweigt und lässt sich auch nicht beirren. Der Lila-Launebär und ich lassen uns dadurch aber nicht die Laune verderben und sehen schnurstracks zu, dass wir die olle Bratwurst nach Hause verfrachten und uns der Nacht hingeben.

So geschehen, verstecken wir uns zuerst in diesem kleinen Club von letztem Wochenende, in dem ich Bambi traf. Diesmal aber werde ich ohne Bambi auskommen müssen. Die Leere der Tanzfläche saugte ihre Umgebung in sich auf wie ein schwarzes Loch. Aus irgendeinem Grund denke ich, wir hätten heute wohl falsch angefangen. Wir müssen uns ein System einfallen lassen das es uns ermöglicht, immer auf dem gleichen Level in einen Samstagabend einzusteigen.

Der Jägi hilft ein wenig darüber hinweg. Runtergespült mit einem Zitronenbier wirkt Jägi diesmal aber nicht die erhofften Wunder. Zwar ist mein Sinn für das Facettenreichtum der gespielten Musik geschärft, doch der ach so geliebte Alkoholtaumel bleibt erst einmal aus. Mal sehen, wie sich das entwickelt.

Es entwickelt sich gar nicht. Der Club ist gefüllter, ja, aber auch nach Auftreten der Künstler fährt nicht, wie sonst auch immer, ein markerschütternder Ruck durch die Menge, nein diesmal ist der Übergang fließend. Die Leute scheinen im Nichtschwimmerbecken zu plätschern, anstatt zu tanzen. Darüber hinaus sehe ich absolut kein, ich betone kein einziges, halbwegs ansehnliches Geschöpf anderen Geschlechts. Langsam dämmert uns die Hoffnungslosigkeit, die uns beim Anblick dieser Party widerfährt.

Im Vorfeld haben wir gehört, in dem angesagten Puff in der Nordstadt soll eine gute Party steigen. Also entschließen der Lila-Launebär und ich kurzerhand, dort mal auf zu schlagen. Da ich nun schon einige Jägis und Zitronengebräue hinter mir hab, schaltet auch mein Verstand wieder ein und zwingt mich in ein Taxi.

Die Puffparty ist das Gegenteil von dem, was wir gerade erleben mussten. Ein 2-Stöckiges Haus, das üblicherweise als Spielwiese der Lüsternen gilt, wurde umfunktioniert zu einem Tempel derer, die die elektronische Musik mit mehr verbinden, als einfach nur Musik. Der Sexismus und die Freizügigkeit der Szene spiegeln sich in jedem glänzenden Kristall der Kronleuchter dieses gehobenen Etablissements wieder. Die Luft stinkt nach Dekadenz. Gerade noch erfuhren wir in dem anderen Club einen klaren Mangel an Hollywoodstars und nun sind wir umzingelt von einem Überschuss an Geilheit. Die Frauen tummeln sich in Scharen um die vereinzelt auftauchenden Männer, wobei ich im ersten Augenblick nicht die Bordsteinschwalben von den normalen Besucherinnen unterscheiden kann. Nach näherem Hinsehen fällt mir auf, dass die leichten Mädchen dann doch eher dazu tendieren, schmutzig ihre Zungen entlang der Lippen zu streichen und ihre dreckigen Körper an alles zu reiben, was irgendwie nach einem zahlungskräftigen Kunden aussieht. Zwar verhalten sich die anderen Mädchen nicht bedeutend unschuldiger, doch fehlen ihnen die zugefixten Augen, Silikonmöpse und ein anatomisch sicher nicht vorteilhafter, gebückter Gang.

Die Vielzahl der Frauen lässt meinen Blick umherstreifen und nach kurzer Zeit wird mir schwindelig. Kondensierter Schweiß sammelt sich in der samtigen Decke des Raumes, tröpfelt hinab und läutet den Anfang des wet t-shirt contests ein, mit dem niemand hier gerechnet hätte. Als ich versuche an die Bar zu gehen, um Beruhigungsmittel in Form von einer Alkohol-Kräutermischung zu besorgen, hält mich etwas fest. Ich drehe mich um und reiße mit meiner Gürtelschnalle einem 1,50 m Porno-Standgebläse den Titanring aus dem Nippel. Es blutet wie wild, doch nimmt sie es nicht wahr. Mit einem breiten Grinsen bedankt sie sich für das betatschen ihrer Brüste. Ich bin nicht wirklich hier, das bin nicht wirklich ich. Danke, sagt sie und schaut mir in die Augen. Irgendwie kann ich ihre Augenfarbe nicht erkennen. Schwarz? Ich versuche, mir das näher an zu sehen, da legt Porno-Heidi ihren Kopf in den Nacken und zieht eine kranke Fratze. Ihre Gesichtszüge entgleisen innerhalb des Bruchteiles einer Sekunde. Wie im Zeitraffer beobachte ich sie, kann jetzt von unten auf ihr Kinn schauen, blicke auch tief in ihre Nebenhöhlen und entdecke eine weitläufige Schneelandschaft, wie man sie sonst nur in Alaska findet. Wenige Sekundenbruchteile später niest mir die Alte doch tatsächlich in die Fresse. Ich blicke durch meine Brille und es sieht aus wie die Fenster meiner Nachbarn zu Weihnachten, Schneespray, aber auf dem ganzen Fenster.

Ich wische über die Gläser und hinterlasse einen Schmierfilm höchster Güte. Das war teuer.

Nachdem ich meine Brille säuberte, meinen Schock verkraftete, die Pickel ausdrückte, die sofort aus meiner Stirn sprangen, sobald diese in Kontakt mit diesem hochwertigen Abfallprodukt der Chemie-Industrie kamen, meine Hose wieder anzog, watete ich durch die Silikonmassen rüber zur Bar, Schock runterspülen, Jägi, Zitronenbier, Lila-Launebär, alles wieder gut.


-Fortsetzung folgt-
 
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verwirrend

darkangel (02.04.2007)

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