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Rentnerdialog 3 (Im Bus)

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Ich hab so fürchterliche Bauchschmerzen. Das zieht mir vom Steißbein in die Halswirbel und explodiert oberhalb des Darms im Mittelbauch. Das tut so weh, als würde mir einer von innen mit einer Gerte die Gedärme auspeitschen.

Warst Du schon beim Doktor?

Ja, war ich, aber der hat mir nur Pillen mitgegeben, von denen es mir noch schlechter geht. Dusamal heißen die oder so und ich nehm davon drei am Tag. Aber denkst Du, die helfen? Ne! Ganz im Gegenteil. Ich kann nicht mal mehr schlafen und damit nicht genug. Mir tun die Nieren weh, sag ich Dir. Furchtbar.

Trude, wir als Rentner bekommen nur noch Medikamente dritter Wahl. Was sind wir denn schon noch wert. Wir leisten ja für die Gesellschaft auch keinen Beitrag mehr.

Und man ist ja auch so alleine daheim und niemand kommt einen besuchen.

Ja, wer denn auch? Die Kinder?

Ach die, na denkst du, die kommen? Ne!

Meine ja auch nicht.

Früher sind die noch immer gekommen.

Ja, früher war auch alles ganz anders.

Anders als jetzt, ja!

Besser auch irgendwie.

Das kannst Du aber laut sagen. Früher hat man mal einen Mückenstich gehabt und ist damit nicht zum Arzt gegangen und wenn dich heute ne Mücke sticht, hast Du AIDS.

AIDS, ne?

Ja.

Alles viel gefährlicher geworden. Ich hab von der Schlussensee gehört, dass deren Mann sich das Leben genommen haben soll.

Von wem?

Na, von sich selbst.

Oh Gott. Wieso denn das?

Weil der solche Schmerzen an den Beinen gehabt haben soll. Er ist in eine Bierflaschenscherbe gelaufen, bemerkt dies gar nicht und hat sich so nach und nach die gesamte Fußsohlenunterfutterung kaputtgemacht. Irgendwann war dann da ein Loch und das tat halt höllisch weh.

Kenn ich. Aber deswegen umbringen?

Na ja, gibt auch das Gerücht, dass die Schlussensee was erben wollte.

Wie hat er sich denn umgebracht?

Er ist nach Frankfurt/Main mit dem Zug gefahren und ist dann dort nachts durch die U-Bahn-Tunnel spaziert.

Das würde ich niemals so machen. Da würde ich lieber Schlaftabletten nehmen.

Ach, wozu überhaupt in unserem Alter noch umbringen. Das wäre genau so, als würde man dem Tod, bevor er bei einem klingelt, die Hand abfangen und in seinen Mund stecken.

Ja, so ähnlich. Stimmt.

Aber ok, wenn ich mir meine Schmerzen so anfühle. Vielleicht hat er es sogar richtig gemacht. Wenn ich morgens aufstehe und mit dem linken Fuß den Boden berühre, zittert mein ganzer Körper wie eine tanzende Afrikanerin. Das tut weh, sag ich Dir.

Mensch Trude.

Ja, man hat es nicht leicht.

Hat man es nie. Und die, die es behaupten, kennen sich noch nicht.

Ja, wenn man sich kennen lernt, ist das Leben kein Zuckerschlecken mehr. Dann weiß man nämlich, dass man selbst ja auch zum Leben gehört und die ganzen Gebrechen, die man so bekommt, machen einen noch madiger. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Mach es gut Trude.

Du auch. Grüß Willfried von mir.

Mach ich.
 
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