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4 Seiten

Blutsbrüder - 1-

Romane/Serien · Spannendes
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Diese Fahrt fiel ihr wirklich schwer. Tausendfach hatte sie damals diverse Leute an diverse Orte gefahren, wo sie noch diversere Geschäfte erledigten. Dabei genoss sie immer das Privileg eine Sonderstellung einzunehmen, man erzählte ihr alles, sie wusste über alles Bescheid was ablief, aber man hat sie stets aus den brenzligen Situationen heraus gehalten. Überhaupt, sie weis gar nicht, wie oft sie den Satz hörte: „Es ist besser für dich im Auto zu warten!“ Sie hat ihre Freunde dafür manches mal gehasst, aus der puren Action hielt man sie immer heraus. Und so wie es Gesetz war, dass in ihrem Auto nicht geraucht oder gekifft wurde und so wenig wie möglich gesprochen wurde (nicht das es sie ablenkte, es nervte sie halt einfach nur, beim Fahren hält man den Mund und hört Musik), so war es für die anderen Gesetz, dass sie während dieser Fahrten nie auch nur einen Tropfen Alkohol im Blut haben durfte. Für sie war das damals alles nur ein Spiel, sie fand es cool sich mit Leuten zu umgeben, die andere niemals „offiziell“ gekannt hätten. Aber im Laufe der Jahre wurde sie vernünftig, irgendwann war sie mit Zwillingen schwanger und sie musste ihr Leben neu überdenken. Sie entschied sich dafür, dass es besser ist, von diesen Leuten Abstand zu nehmen. Sie hielt es nicht für passend, dass ihre Kinder im Kindergarten schon Geschichten von Waffenhandel und Autoschieberei zum Besten geben könnten. Auch könnte es sich dann in der Schule negativ auswirken, wenn ihre Kinder sämtliche Drogen benennen können, bevor der Lehrer dieses Thema ausführlicher erläutert. Nein, sie musste Abschied nehmen. Und alle haben es verstanden, niemand war ihr böse und das sie über diese Zeit schweigen wird, dass sie niemals etwas ausplaudern wird, auch das wussten ihre Freunde. „Nina, pass auf dich auf und wenn du irgendwann in deinem Leben mal ein Problem hast, das du nicht alleine lösen kannst – egal welcher Art – wir helfen dir!“ Das waren Tonis Worte zum Abschied. 3,5 Jahre lang kam sie allein zurecht. Oft war sie allein, ihre alten Freunde fehlten ihr und oft hing sie stundenlang der Erinnerung an gemeinsam erlebte Ereignisse nach.

Und heute war er da, der Tag an dem sie Hilfe brauchte. Lange hatte sie nachgedacht, aber eine andere Lösung gab es nicht. Sie hatte es sich wirklich nicht leicht gemacht.

Sie fuhr über den alten Truppenübungsplatz, der schon lange der Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht worden war. Die meisten Leute mieden ihn allerdings, aufgrund seines labyrinthartigen aufbaus und mangelnder Ausschilderung. Sie war sich sicher, spätestens wenn sie die alte Strecke fuhr, würde auch die Erinnerung nach dem richtigen Weg kommen. Und sie hatte Recht behalten, der Weg hatte sich in den hintersten Winkeln ihres Gehirns festgebrannt – für den Notfall - und dies war ein Notfall.

Als sie die 60 Kilometer entfernt liegende Großstadt endlich erreicht hatte, war sie erleichtert, denn nun würde sie auch Tonis Bar wieder finden. „Erinnere dich, Mensch Nina, konzentrier dich“, sprach sie mit sich selbst. Nachdem sie einmal fast an der richtigen Strasse vorbeigefahren war und im letzten Moment scharf bremsen musste, um dort noch abbiegen zu können, sah sie schon Tonys Bar vor sich liegen – „Chery“ welch sinniger Name, schon immer hatte sie sich da drüber lustig gemacht. So langsam machte sie sich Gedanken, wie sie überhaupt in die Bar käme. Frauen sichtet man dort zwar zu Hauf, doch deren Aufgabe ist eine andere.... Sie steckte sich eine Zigarette an und inhalierte den Qualm tief in ihre Lungen hinein. Sie atmete noch einmal tief durch, warf einen letzten Blick in den Spiegel und streckte sich selbst die Zunge raus. Sie grinste, der Anblick ihres Zungenpiercings erinnerte sie daran, dass sie in letzter Zeit schon heftigere Situationen gemeistert hatte, als diese. Sie stieg aus dem Wagen und ging zum Eingang.

Sie klingelte und ein großer, bulliger Mann öffnete ihr die Tür.
„Na Kleine, hast dich wohl verlaufen?“, fragte er eine Spur zu überheblich. „Ich möchte zu Toni“, sagte sie ein wenig kleinlaut.
„Das möchten viele“, lachte er dämlich.
Ja, sie wusste Toni war stets von irgend welchen Frauen umlagert gewesen, aber in ihrem Fall verhielt es sich doch ein wenig anders. Langsam wurde sie wütend, dass er überhaupt nur annahm, dass sie eine seiner „Gespielinnen“ sein könnte.
„ Sag Toni bitte, dass Nina ihn sprechen möchte und falls er sich nicht gleich erinnert, sag ihm, die Nina, die beim Autofahren nebenbei immer gesimst hat! Dann wird er Bescheid wissen!“
Der Dicke überlegte einen Moment, entschied sich aber dafür, dass es wohl besser ist Toni zu fragen, statt sie einfach zu weg zu schicken. Sicherlich hatte er Angst davor einen Fehler zu begehen. Deshalb antwortete er: „Okay, ich frag ihn!“ und schloss die Tür wieder vor ihrer Nase. Sie grinste vor sich hin, wie oft hatte sie Toni und die anderen damit in den Wahnsinn getrieben, dass sie beim Fahren gesimst hat. Verboten war das damals noch nicht, als die Zeit begann, dass jeder Spinner sich ein Handy leisten konnte. Es war eine Zeit lang eine geniale Gesetzeslücke, bis den Gesetzgebern einfiel, dass sich auch damit Geld machen liess. Es vergingen 3 verdammt lange Minuten in denen sie ihren Gedanken nachhing, ehe sich die Tür wieder öffnet.

„Kommen sie doch bitte rein!“ gab der Dicke extrem freundlich von sich.
„Na, wer hätte das gedacht“, erwiderte sie ein wenig überheblich und folgte ihm.
Sie gingen vorbei an den aufgedonnerten Tussen, die ihren Körper zu Schleuderpreisen an irgendwelche alten Säcke verkauften. Die ein oder andere starrte sie blöde an. „Na, ne Neue?!“, quatschte eine von ihnen den Dicken an.
„Halt dein Maul!“, erwiderte der Dicke nur schnell. Im Hintergrund hörte sie „Dragostea din tei“ und zwanghaft schoss sich ihr die Übersetzung ins Hirn „Liebe machen unterm Apfelbaum“ – prima. Wo die hier wohl Apfelbäume haben? Sie grübelte vor sich hin. Vermutlich versuchte sie sich mit diesen dämlichen Gedanken vom Wesentlichen abzulenken. Es würde noch schwer genug werden, ihr Anliegen vorzutragen. Schliesslich gelangten sie in einen langen dunklen Gang, von dem viele Türe abzweigten. Der Dicke blieb vor einer Tür stehen und klopfte.
„Ja!!“, hörte sie eine Stimme antworten.
Der Dicke öffnete ihr die Tür und vor ihr saß Toni hinter einem großen Schreibtisch. Gut sah er aus. Seine dunklen Augen begannen zu glänzen als er sie sah.
„Nina, meine Süße! Ich rechne ja immer mit allem, aber du überraschst mich wirklich. Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir uns in diesem Leben noch mal wiedersehen werden!“, er sprang von seinem Stuhl auf, umrundete den Schreibtisch und breitete seine Arme vor ihr aus.
Sie lief auf ihn zu und umarmte ihn , vielleicht eine Spur zu euphorisch, aber das war ihr in diesem Moment egal. Sie war einfach nur froh ihn wiederzusehen, nun würde endlich alles gut werden. Der Dicke beobachtete den ungewöhnlichen Gefühlsausbrauch seines Bosses und ihr mit Skepsis. In seinem Blick lag offensichtliche Neugier.
„Bacardi-Cola? Wie immer?“, fragte Toni sie charmant.
„Wie immer!“, antwortete sie lächelnd.
Der Dicke ging zu einem kleinen Tisch, an dem diverse Flaschen standen und machte sich dran, etwas in die Gläser zu füllen.
„Gut schaust du aus! Ach was sag ich da, „gut“, bezaubernd meine ich natürlich!“
Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und antwortete ironisch: „Ja umwerfend, deshalb warst du ja auch schon früher immer hinter mir her!“
Der Dicke zog die Augenbrauen hoch und reichte zuerst ihr ein Glas und dann Toni.
„Nina bitte, ich hab es dir so oft erklärt, du warst immer etwas Besonderes für mich, wie eine Heilige. Niemals hätte ich dich angerührt“ Ja, sie wusste es, irgendwas empfand Toni für sie, aber er war immer extrem höflich und respektvoll mit ihr umgegangen. Nie gab es eine Situation zwischen ihnen, wo sie gedacht hätte, dass aus ihnen mehr werden könnte. Oft hatte er ihr erzählt, wenn er eines Tages aus dem „Geschäft“ aussteigen will, dann würde er alles verlieren, was er bisher gewonnen hat. Er müsste alles bis auf den letzten Cent seinem Boss geben, wer immer das sein mag. Seine Freiheit würde ihn seinen ganzen Reichtum kosten. Und er würde als Dönerverkäufer im Geschäft seiner Eltern enden. Sein Vater ist Türke, seine Mutter Deutsche – was auch seinen ungewöhnlichen Namen erklärt. Die Mutter hatte sich bei der Wahl des Namens durchgesetzt, sie wehrte sich bis aufs Blut dagegen, dass er „Mehmet“ heissen sollte, wie es sein Vater wollte. Während sie ihren Gedanken so nachhing, klopfte es an der Tür – sie drehte sich nicht um und als der Dicke die Tür öffnete, höre sie plötzlich eine ihr leider viel zu sehr vertraute Stimme: „Kleine, was machst du denn hier? Ich habe grade dein Auto auf dem Parkplatz gesehen und wollte gleich mal schauen, wie es dir geht!“
 
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Kommentare  

Huhu Eden!

Vielen Dank für dein Kommentar. Ich war dann auch schon zu der festen Überzeugung gelangt, dass es Liebe unterm Lindenbaum heissen könnte *g*. Aber auch "Liebe der Linden" macht den Titel nicht wirklich sinnvoller *gg*


 (29.06.2004)

Ich hab dem eigentlich nichts hinzuzufügen, nur eine kleine Verbesserung: "Dragostea din tei" heißt Liebe der Linden und nicht Liebe unterm Apfelbaum. ;) Aber das nur am Rande....

Eden (28.06.2004)

Hallo Dragonangel,

vom Inhalt gefällt mir die Story.

Was mich etwas stört, sind die langen Sätze. Einige von ihnen würden m. E. besser wirken, wenn sie geteilt wären. Insgesamt wäre vielleicht noch eine Straffung gut.

Bin auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht ...

Liebe Grüße
Sheila


Sheila McLane (26.06.2004)

Danke schön! Ja, das mit den Zeitformen war mir dann irgendwie auch aufgefallen, werde mir bei der Fortsezung mehr Mühe geben! Was Tony anbelangt, der Gute ist einfach unbeschreiblich, aber ich werd in Teil 2 dann noch mal näher drauf eingehen.

Dragonsangel74 (22.06.2004)

Erstmal sehr schöne Story, gefällt mir, Spannung kommt auch auf.
Jedoch wechselst die Zeitformen (Gegenwart / Vergangenheit). Was ich mir auch wünschen würde, wären etwas genauere Beschreibungen der Schauplätze (z.b. die Bar) und der Personen (Tony kann ich mir überhaupt nicht vorstellen).
Was dir aber gut gelungen ist, sind die Absätze (ich finds mit Absätzen einfacher zu lesen) und die Dialoge.


Freiheit (22.06.2004)

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