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4 Seiten

Innen wie Außen

Romane/Serien · Schauriges
© Brandon
Es war ein Freitag. Das weiß ich noch so genau, denn es war ein Freitag der 13. Der Vollmond stand tief und groß über allem und wirkte auf wunderbare Art fast bedrohlich. Man könnte im Nachhinein fast sagen es war ein Vorzeichen, aber damals hatte ich ja noch keine Ahnung.
Ich lief ziellos umher in den Wäldern ringsherum der Stadt, meiner damaligen Heimatstadt. Es war wahrscheinlich schon weit nach Mitternacht und mir war klar, dass ich vor Morgengrauen nicht mehr in die Stadt zurückkehren konnte, weil die Stadttore bei Einbruch der Dunkelheit verschlossen wurden und keiner mehr von Außen hereingelassen wurde. Es gingen seltsame Gerüchte umher. Geschichten von Bestien, halb Mensch, halb Tier. Doch daran dachte ich damals nicht, und ohnehin hielt ich solche Geschichten für Hirngespinste. Ich war damals wirklich ahnungslos. Ich wollte damals einfach nur alleine sein, einfach nur Zeit für mich haben zum Nachdenken. Nachdenken über Sie. Ja das alles bloß wegen einem Weibe. Nur ein paar Stunden zuvor war ich noch der festen Überzeugung, dass dies wohl der glücklichste Tag meines Lebens werden würde ( Ein Leben was ist das schon ). Beruflich konnte es nicht besser laufen. Die Zunft hatte mich erst zu ihrem Oberhaupt ernannt was einen gesellschaftlichen Aufstieg bedeutete. Endlich hatte ich es wagen können Ihren Vater zu fragen. Zu fragen ob ich seinen Segen hätte seine Tochter zu heiraten. Sie zu heiraten. Natürlich konnte er nicht nein sagen. Bei meiner neuen gesellschaftlichen Stellung. Vermutlich war auch die Tatsache, dass ich mich mit einer sehr geringen Mitgift zufrieden gab auch ein Grund, für seinen Segen. Das Geld war mir egal, ich wollte sie zur Frau haben, ich liebte Sie. Wie gesagt, der Tag schien der schönste überhaupt zu werden. Endlich den Segen des Vaters eingeholt begab ich mich auf dem schnellsten Wege zu meiner Angebeteten. Ich hatte sogar einen Ring, es war der Ring meiner geliebten Großmutter, Gott habe sie selig. (Wie absurd solche Floskeln auf einen wirken wenn man es besser weiß. Von wegen Gott! ) Vor dem Elternhause meiner Traumfrau angekommen blieb ich stehen und ging noch mal im Kopfe die Worte durch die ich zu sagen vorgehabt hatte. Worte über Liebe, Hoffnungen, ein gemeinsames Leben bis zum Tode - … zum Tode. Wie lächerlich das heute für mich klingt-.
Ich trat dann also ein in die Stube und was ich da sah, das werde ich bis zu meinem Ende nie wieder vergessen, und dass kann lange dauern.
Sie stand da mit meinem Bruder, mein eigener Bruder. Eng umschlungen, Lippen an Lippen. Ich war sprachlos und konnte mich auch nicht Rühren. Mir kam es vor wie eine Ewigkeit, bis die beiden mich bemerkt haben. Vor Schreck ließen sie von einander ab. Sie wollte es mir erklären, doch ich wollte es nicht hören, ich wollte nichts mehr hören. Ich eilte davon, ich wollte nur noch weg.
Da wären wir auch schon am Anfang der Geschichte. Von da an ging alles ziemlich schnell. Ich war gerade am Ufer eines kleinen Waldsees angekommen als ich hinter mir ein Rascheln hörte. Ich drehte mich um, doch da war es schon zu spät. Dieses Ding (nun wusste ich, dass die Gerüchte wohl doch wahr waren) fiel mich an und alles um mich herum wurde schwarz.
Das nächste woran ich mich erinnere ist, dass mich ein Wildschwein wohl für tot gehalten hat, denn ich wurde dadurch wach, dass es mir an der hand knabberte. Sobald es jedoch bemerkte, dass ich noch lange nicht tot bin (wer hätte ahnen können wie lange) ist es davon gelaufen und hat mich allein zurückgelassen. Ich wusste im ersten Augenblick nicht weshalb ich dort mitten im Wald am Ufer eines Sees lag, doch als ich versuchte aufzustehen wurde mir schmerzlich wieder bewusst, was geschehen war. Sehr schmerzlich sogar. Denn nun machte sich die Wunde der vergangen Nacht bemerkbar durch einen unerträglichen Schmerz. Doch ich wusste, dass ich nicht dort liegen bleiben konnte. Ich musste raus aus dem Wald zurück in die Stadt und zu einem Arzt. Ich behalte es mir vor die folgenden teils peinlichen, qualvollen Stunden, die ich gebraucht habe um aus dem Wald zu kommen für mich zu behalten. Nur soviel: Als ich schließlich am Waldrand nahe einer kleinen Holzfällerhütte zusammenbrach war es bereits wieder dunkel.
Als ich wieder aufwachte lag ich in einem Zimmer in einem mehr oder weniger bequemen Bett. Draußen war es bereits wieder hell. Als ich mich so umschaute und an mir herunter sah bemerkte ich, dass meine Wunden behandelt worden waren und ich gewaschen. Nach einer Weile in der ich versuchte mich zu erinnern wie ich hierher gekommen war öffnete sich die Tür zu dem Zimmer und ein Mann trat ein. Er erzählte mir, er sei Arzt und er hätte mich behandelt. Ein Bauer habe mich hierher in die Stadt gebracht.
Er wollte wissen, was geschehen ist und so erzählte ich ihm wie ich im Wald attackiert worden war und ich mich zum Waldrand geschleppt habe. Ich erzählte nichts davon, wieso ich nachts im Wald war und der Arzt merkte entweder, dass ich darüber nicht reden wollte oder es war ihm egal. Er vermutete, ich sei von einem Wolf angegriffen worden und ich hätte Glück gehabt, dass er mich nicht umgebracht hat. (Glück, na ja, je nachdem wie man das sieht).
Zum Glück wusste der Arzt wer ich war, denn so konnte ich noch am selben Tag gehen. Ich musste ihm nur versprechen, bei Zeiten für die Behandlung aufzukommen. So ging ich also nach Hause, um dort weiter im Selbstmitleid zu versinken, denn egal wie viel geschehen ist, ich habe natürlich nicht vergessen was mich in den Wald getrieben hatte. Die folgenden Tage verbrachte ich in meiner Wohnung über meiner Werkstatt im Bette, da ich noch nicht ganz gesund war. Doch auch die folgende Zeit mied ich es so gut es ging unter Menschen zu gehen. Ich ging nicht zur Arbeit, nicht zu gesellschaftlichen Anlässen, ja nirgends hin. Ich wollte nicht, raus in die Welt, in der es kein Uns mehr gab, in der Sie nicht mehr die meine war. Des Öfteren versuchte sie es mir zu erklären, und auch mein Bruder wollte mir die Situation schön reden. Doch wollte ich von alledem nichts hören. Ich lebte in der Vergangenheit, in der ich noch immer glücklich mit Ihr war.
So verging die Zeit, Tag um Tag, Woche um Woche, bis schließlich ein ganzer Monat verstrichen war, seit mir das Herz gebrochen worden war. (Hätte ich gewusst, dass dies mein letzter Monat war in dem ich noch ein wirklicher Mensch war, dann hätte ich ihn vielleicht anders verbracht).
Es war einer der seltenen Tage, an denen ich meine Festung der Einsamkeit verlassen hatte. Ich hatte einige Besorgungen zu machen, was schwer fällt, wenn man kein Geld mehr verdient. So war es ziemlich spät geworden, bis ich alles was ich wollte zusammen hatte. So spät, dass der Mond schon am Aufgehen war. Der Vollmond. So groß und so schön war er, ich konnte meine Augen nicht von ihm abwenden. Da hatte ich dieses Gefühl zum ersten Mal. Diesen Schmerz, dieses Brennen in jedem einzelnen meiner Glieder. Mein Herz fing an zu rasen und das Rauschen des Blutes in meinen Ohren war unerträglich laut. Diese Schmerzen waren kaum zu ertragen, sie haben mich fast wahnsinnig gemacht. (Wie schnell man sich doch an etwas gewöhnen kann was anfangs unerträglich ist) Ich spürte es wie meine Glieder wuchsen und meine Muskeln anschwellten. Die Haare sprossen mir überall am Körper und mein Gesicht verzerrte sich, bis ich zu jener Bestie wurde, die ich noch vor einem Monat als Schwachsinn abgestempelt hatte. Ich denke kein Werwolf wird je seine erste Transformation vergessen, vielleicht nimmt jeder sie anders wahr, doch vergessen wird sie sicher keiner. Ich vergaß alles um mich herum und das einzige was ich noch wahrnahm war eines. Hass. Ich hatte dieses Bild vor Augen, Sie und mein Bruder eng umschlungen, ein Bild das mein Leben zerstört hat. Mein ewiges Selbstmitleid verwandelte sich plötzlich in Hass und alles was ich wollte war eines. Vergeltung. Ich eilte durch die dunklen Gassen zwischen den Häusern der Stadt, schnurstracks zu dem hause meines Bruders. Ich riss die Türe zu seinem haus aus den Angeln und stand fast im selben Moment schon über seinem Bette. Es ging mir nicht darum ihn zu quälen ich wollte einfach nur meine Rache und so packte ich seinen Schädel und zerquetschte ihn mit bloßer hand. Kurz darauf stand ich schon in einem anderen hause, über dem bette meiner einst so Geliebten.
Also stand ich da, die Hand voll von getrocknetem Blute des eigenen Bruders und schon ausgestreckt um ein weiteres Opfer zu fordern. Da erst fing ich an zu begreifen, was ich tat, was ich getan habe. Ich liebte doch meinen Bruder, und ich liebte doch diese Frau. Ich wollte aufhören, ich wollte sie nicht töten, doch ich hatte keine Gewalt über mich. Das Gefühl des Hasses gewann wieder die Oberhand und ich konnte es nicht mehr verhindern …
Heute habe ich es gelernt diesen Drang zu unterdrücken, diesen Hass in mir wenn ich Es bin, doch nun ist es zu spät. Sie ist tot und ich muss mit der Gewissheit leben, dass ich es war, der Sie umgebracht hat, die einzige Frau dich ich je geliebt habe. Ich weiß, dass ich diese Tat, diese Morde nicht wieder gut machen kann.
 
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Kommentare  

Nicht wirklich neu die Geschichte, aber sehr gut erzählt. Man kann sich in die Figur ser gut hineindenken, seine Gefühle verstehen. Insegsammt eine gute Story

Destiny (13.07.2006)

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