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Wenn sie ihren Ausflug macht...

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Immer wenn es ihr bis oben hin stand, wenn es ihr reichte, dann packte sie ihre alternative Kordumhängetasche mit der Edding-Aufschrift "Ein zahmer Vogel sind von Freiheit, ein wilder fliegt" und begab sich auf ihren Lieblingsausflug. Die Idee kam ihr meistens spontan und da wurde auch ein Wecker, der morgens um 5 Uhr klingelt, in Kauf genommen. Alles egal, hauptsache weg. Am Bahnhof wurde, bevor es los ging, stets ein Olivenfocaccia mit Käse sowie ein schwarzer Tee der Sorte Darjeling gekauft, zu späteren Zeiten dann ein Milchkaffee. Eine Zigarette wurde angezündet und der rote Regionalexpress zum schönsten Ausflugsort aller Zeiten konnte entreffen. Meist konnte sie schon einen Abend vorher vor Aufregung nicht schlafen, weil sie diesen Ausflug liebte. Leider kostete der Spass 19,90 €, deswegen konnte die Glücksfahrt nicht alltäglich stattfinden. Auch Arbeit und Studium machten oftmals einen Strich durch die Rechnung. Wenn sie denn dann so im Zug saß, überkam sie ein großes Freiheits-Glücksgefühl. So eine Erleichterung, ein unbeschreibbar schönes Gefühl. Wie eine zarte Sommerblume, die langsam auf kristallklarem Wasser dahinschwimmt, wie der erste Sonnenstrahl nach jahrelangem Winter, wie der Ruf der Nachtigall, wie unbeschwertes Kindsein. Es war einfach herrlich, dass ihr dieses Glück nicht unentdeckt blieb. Die Landschaft rauschte an ihr vorbei und sie genoss jeden Blick, jeden Atemzug. Alle Sorgen purzelten von ihr ab und um so näher sie ihrem Ziel kam, desto aufgeregter und erfreuter wurde sie. Ja, es war jedes Mal wieder ein toller Ausflug. Energie wurde getankt, die für Tage reichte. So musste das sein.
Ihre Männer, die ihr im Laufe dieser Zeit begegneten, wurden stets grantig, denn sie würden niemals erfahren, was es mit diesem Ausflug auf sich hatte.
Manche tobten innerlich vor Neugier und Wut, denn sie wollten das Geheimnis so gerne lüften. Da konnte doch nur ein anderer Mann hinterstecken, oder?
Das war schlicht und ergreifend einfach ihr Ding und sie würde es niemals teilen. Das lezte bisschen Glück und Freiheit, was ihr blieb, ihr Lebenselexier. Dieser Ausflug brachte ihr mehr als ein gandenloses Besäufnis oder ein frustrierter Sturz ins Verderben mit irgendeinem Mann. Nach so einem Tag war sie überglücklich. Das Gefühl war unbeschreiblich. Sie war frei, sie lebte und war glücklich bis zum Anschlag. Oftmals wendete sie den 50 Euro Trick an, um wenigstens eine Hälfte der Fahrt zu sparen. Um die frühe Uhrzeit war eh kaum ein Schaffner unterwegs und Schalter hatten auch nicht auf. Mit 50 Euronen konnte man an einem Automaten nicht zahlen und daher war ein Schaffner schliesslich gezwungen, die Fahrt zu lösen, aber wie schon erwähnt, es kam meist gar nicht dazu und somit war die Fahrt ins Glück sogar ein Schnäppchen. Der letze Ausflug ist leider schon lange her. Als sie das letze Mal auf Tour gehen wollte, sprang der Wagen nicht an und für die Bahnfahrt war keine Zeit vorhanden. In einem Kaufhaus allerdings bekam sie ein paar Minuten dieses Glücksgefühl geschenkt, als sie eine Rapsölflasche entdeckte und in dem Bild mit dem Rapsfeld und dem blauen Himmel versank. Ja, das weckte Erinnerungen. Wunderschöne Erinnerungen...
Ein paar Tage später, als ihr Freund mal wieder seine Taktlosigkeit an den Tag legte, erwiederte sie einfach nur:"Es ist mir Wurst". Ihr Freund meinte hartnäckig:"Es ist dir nicht scheißegal" Sie lachte nur und sagte:"Wenn ich meinen Ausflug mache, dann ist mir alles egal"
 
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Kommentare  

Hallo, Danke für die Punkte und Kommentare. Gruß Sabine

@Maria L. THME - bäääätsch zurück ;-)


Sabine Müller (25.01.2007)

Ha, bääääätsch, Ich weiß wohin es dann geht. TM, wa?

Maria L. (16.01.2007)

Da gebe ich Homo Faber recht! Der letze Absatz hat es in sich. Frank

Lg Frank (15.01.2007)

Hallo, Danke. Der letzte Absatz gefällt mir auch. Bzw. der letze Satz! Lg Sabine

Sabine Müller (03.01.2007)

Hallo,

ein schöner text, deine gedanken sind sehr gut beschrieben. So ein ausflug, wo man einfach mal abschalten kann und alles um sich herum vergisst, ist auf jeden fall was schönes.
Vor allem der letzte absatz gefällt mir.

lg Holger


Homo Faber (03.01.2007)

Hallo,

Danke für den Kommentar und die Punkte. Mir gefällt der Satz auch sehr gut ;-))) Vor allem, wenn man ihn lebt

LG Sabine


Sabine Müller (02.01.2007)

"Sie war frei, sie lebte und war glücklich bis zum Anschlag."
Gefällt mir gut. Ohne die zwei Sätze davor noch besser.


 (02.01.2007)

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