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Engel fliegen einsam

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© Middel
Sie sieht sich gern als Engel. Nicht, weil Engel weiß sind, obwohl weiß ihre Lieblingsfarbe ist (auch wenn Mama immer sagt, weiß wäre gar keine echte Farbe), sondern weil Engel fliegen können. Gerne fliegt sie in Gedanken - ganz weit weg. Es ist ihr egal wohin, wobei der Himmel schon ein schönes Ziel ist. Ihr Lieblingswort ist „hypergalaktisch“, das hat sie mal irgendwo aufgeschnappt und der Himmel ist für sie „hypergalaktisch“. Auch, weil ihr Papa dort wohnt. Ihren Papa hat sie ganz doll lieb, hypergalaktisch lieb und irgendwann wird sie ihn wiedersehen im Himmel, das hat der Pastor ihr gesagt und ihm glaubt sie so was. Was Mama und Dieter, der neue Mann ihrer Mama, sagen, das glaubt sie nicht.
„Engel fliegen einsam“, hallt es aus ihrem I-Pod, eines der letzten Geschenke ihres Daddys, bevor er letzten Sommer gestorben ist. Oft sitzt sie seitdem vor dem Spiegel in ihrem Zimmer, hört Musik, am Liebsten von Christina Stürmer, und wünscht sich, ein Engel zu sein. Engel sind wie Geister und Geister kann man nicht anfassen, berühren, ihnen weh tun. Engel sind zwar da, aber nicht fassbar und das findet sie gut.
Manchmal, wenn sie so in ihrem Zimmer sitzt, kommt Mama und schimpft. Dann dreht sie die Musik noch lauter und bewegt sich nicht mehr. Sie macht die Augen zu und wünscht, sie wär im Himmel. Meistens lässt Mama sie dann in Ruhe, aber hin und wieder wird sie böse, sehr böse.
Und wenn es Nacht wird, dann wird sie selber zum Engel. Wenn Mama schläft und sie in ihrem Bett liegt, dann wünscht sie sich weit weg. Wenn sie die Schritte hört und die Türklinke sich bewegt, dann fliegt sie über den Wolken und lacht mit dem Mann im Mond um die Wette, während er die Sterne putzt, damit sie hell leuchten. Sie durchfliegt ganze Galaxien und besucht fremde Welten.
Erst am frühen Morgen kehrt sie wieder, wäscht sich, macht ihr Bett und denkt still an die Zeit zurück, als sie noch kein Engel sein musste.
 
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Irgendwie erkenn ich mich wieder. Dio

anonym (14.08.2008)

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