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13 Seiten

Licht und Dunkelheit - Kapitel 2 "Die Wandlung der Königin"

Romane/Serien · Fantastisches
© Lilly01
„Ich kann mich entscheiden!“
Es war keine Frage, die so leise stellte, dass man sie hätte gar nicht hören dürfen, es war eine Feststellung, doch das Wesen verstand jedes Wort und nickte still.
„Du kannst mich einfach so verändern?“
„Ja, ich gebe dir dein eigentliches äußerliches und dein dir bestimmtes Ich zurück. Für uns ist der Körper nur eine Hülle um unsere Energie in Schach zu halten. Er ist da, damit wir sein können. Nur durch ihn spüren wir den Wind auf unserer Haut und nur durch ihn riechen wir den Duft der Blumen. Diese Hülle ist wandelbar und doch kennen nur wenige den Weg zu diesem Wandel und das ist auch gut so.“
Eine bedrückende Ruhe kehrte ein und jeder Spürte die Spannung die ihren Körper umfing. Scheu blickte sie zu ihrem Zuhause und dann wieder diesem Wesen, was in ihren Augen weiblich zu sein schien, in sein vollendetes Gesicht. Dann wanderte ihr Blick noch einmal zurück.
„Was passiert mit ihnen, sollte ich euch folgen?“
„Nichts … und doch sehr viel. Sie werden dich vergessen. Sie werden alle vergessen, dass es dich, Natalie, jemals gab. Keiner wird sich mehr an dich erinnern. Du wirst nur noch ein kleiner Funke in ihrer Erinnerung sein - zu dem sie kein Bild und keinen Bezug mehr aufbauen können. Dennoch werden sie manchmal etwas vermissen, von dem sie nicht wissen was es ist. Der Mensch ist so komplex in seinen Gefühlen, dass wir nicht alles steuern können“
Eine Träne entrann Keyras rechtem Auge und hielt sich etwas zu lange an ihrem Kinn auf. Vorsichtig nahm dieses Wesen den salzigen Tropfen auf einen ihrer bekrallten Finger und betrachtete sich diesen genau, dann meinte sie liebevoll:“ Sie werden nicht traurig sein weil du fort bist. Sie werden ein gutes Leben haben und sie werden mit Glück beseelt. Denn ihnen ist etwas der Feen und Elfen zu einem Geschenk gemacht worden, das sie und all ihre darauf folgenden
Generationen verfolgen wird … nämlich eine unbeschreibliche Dankbarkeit. Sie werden nie leiden oder gar hungern müssen und das verdanken sie dir. Auch wenn sie es nicht wissen, ahnen sie, das sie von Dankbarkeit getragen werden.“
„Habe …“, Keyra stockte für einen kurzen Augenblick:“ Habe ich darauf dein Wort?“
Keyras Stimme brach und wieder nur ein kurzes stilles nicken von ihrem Gegenüber, doch sie wusste das sie ihr glauben konnte.
„Wie ist dein Name?“
Fragte Keyra noch bevor sie ihr ihre Antwort gab.
„Den kann ich nicht aussprechen, dann würde ich, sowie alle die, die ihn hören, sterben. Aber tief in deinem Innern nennst du mich schon dein ganzes Leben Jy.“
Keyra atmete tief durch und sagte zitternd:“ Ich werde …“, noch ein letztes mal zögerte sie für eine Sekunde, bevor sie dann mit fester Stimme erklärte:“ Ich werde mit euch „nach Hause“ kehren und ich werde versuchen meinem Schicksal zu folgen. Doch weiß ich einfach nicht ob dies der Weg ist, nach dem ich schon mein ganzes Leben lang suche. Und doch glaube ich bereit zu sein, wofür auch immer … Jy.“
Wieder dieses perfekte lächeln und in ihrem Gesicht spiegelte sich eine Erleichterung ab, mit der Keyra niemals gerechnet hatte.
„Gut“, begann Jy:“ Dann werden wir dich nun nach Hause geleiten“, und sie hob ihre Arme in den makellosen Sternenhimmel, der heller als sonst zu leuchten schien. Keyra bekam auf einmal Angst und fragte, ihren Körper vollkommen angespannt:“ Wird es weh tun?“
Doch sie gab ihr keine Antwort, sondern lächelte ihr nur vertrauenswürdig zu.
Wie kann ein Wesen, aus einer anderen Welt, von dem sie noch immer nicht so recht wusste, ob sie es träumte oder nicht, nur allein mit einem Lächeln ihr die Angst nehmen?
Keyra verstand die Welt nicht mehr und doch war es ihr, als müsste sie nur auf die Antworten warten. Darauf warten, das der Wind sie ihr zuflüsterte, ihr sein Geheimnis verriet.
In einer Sprache die Keyra fremd war, murmelte sie etwas den Sternen entgegen:“ Tlos eykarr dei tellorr die sterna. Tlos eykarr dei marrten dei proveziea. Tlos dijull dakarr tu belloss gerra dei sunte ey karrte.
(Bei den Sternen der Heiligen. Bei den Ahnen der Zauberer. Die Prophezeiung nimmt nun ihren Lauf. Löst diese Seele aus ihrem Schutz und gebt sie zum Leben frei)“
Auf einmal umgab ein leuchtender Kegel Keyra und der Schnee begann sich in einem kleinen Sturm um sie herum zu wirbeln. Es war ein befreiendes Gefühl, das sie mit einem mal umgab und sie verspürte das Streben zu den Sternen fliegen um die dunkle, ihr unbekannte Macht, in feinen Sternenstaub zerbröseln zu können. Sie fühlte sich wohl und geborgen. Sie spürte ihren Namen „Keyra“ tief in ihrem inneren und bemerkte durch ihn eine Verbindung ihres Geistes. Sie spürte umarmende Wärme und eine unaussprechlichen Liebe, von dieser sie nie geträumt hätte, sie einmal spüren zu dürfen. Sie fühlte sich geborgen und so unendlich frei … endlich frei. Entbunden von einer unbekannten Last, getragen von dem Gefühl, unsterblich zu sein.
Auf einmal verlor sie den Boden unter ihren nackten Füßen und ganz langsam begann sie sich zu drehen. Licht schoss aus ihren Fingern- und Zehenspitzen und nach und nach begann sich ihre äußere Hülle zu verändern. Diese „Bürde“ verschwand immer mehr aus ihrer Seele und ein großer fester Knoten schien Stück für Stück gelöst zu werden. Dann fühlte sie wieder Boden unter ihren Füßen und wie die Wärme und diese unbeschreibliche Liebe verschwanden, aber nicht vollkommen, ein kleiner Funken blieb zurück und umschloss ihr Herz. Kaum traute sie sich ihre Augen zu öffnen, doch blieb ihr nichts anderes übrig und als sie ihre schweren Lider aufschlug, sah sie verwundert wie die drei Wesen vor ihr knieten und ehrfürchtig ihr Haupt senkten.
Unsicher blickte sie an sich herab und erkannte dass selbst ihre Kleidung eine andere war. Sie trug ein weißes Gewandt mit Gold bestickt und ihre immer zerzaustes und unbändiges Haar war zu einem ordentlichen Zopf geflochten. Ihre kleinen Füße steckten in weiße Schuhe und an ihren Händen trug sie jeweils einen Siegelring.
Jy erhob sich und hielt ihr einen kleinen Stein entgegen der sich mit einem mal in einen goldumrandeten Spiegel verwandelte. Ängstlich über das was sie erwarten könnte, nahm sie diesen in ihre zierlichen Hände und blickte zögerlich hinein.
Keyra hielt den Atem an und vergaß fast, das sie ihn brauchte zum leben. All ihre Narben, die ihr immer nur zeigten wie zerbrechlich und verwundbar sie doch war, waren verschwunden. Ihr Gesicht war rein und zart und es hatte eine neue, viel zärtlichere Kontur erhalten. Selbst ihre immer viel zu klumpige Nase, war nun klein und zierlich. Keyras bisher braunen Augen schimmert Gold, Braun und Grün zugleich, kaum definierbar welche Farbe sie nun wirklich besaßen. Die Farbe ihrer Haut wirkte weiß wie Alabaster und ihre Wangen schimmerten rötlich vor Erwartungen.
Ihre kleinen Ohren wiesen eine leichte Spitze am oberen Rand auf, doch nur ein wenig, fast nicht sichtbar, als wäre es nur eine Andeutung auf das was sie eigentlich war.
Und zum ersten Mal in ihrem Leben lächelte sie während sie in einen Spiegel blickte, denn zum aller ersten Mal, fühlte sie sich nicht fremd. Es war ihr, als kannte sie das was sie sah schon längst.

„Nun, es ist an der Zeit aufzubrechen.“
Langsam senkte sie den Spiegel, lies ihn aus ihren Händen gleiten und noch während er viel, verwandelte er sich zurück in einen Stein. Schwer, mit einem dumpfen Geräusch viel er in den weichen Schnee.
Noch einmal blickte Keyra hinter sich auf das Haus, in dem sie die letzten Jahre verbracht hatte und seufzte schwer.
„Ich werde sie doch nicht vergessen, oder etwa doch?“
„Wenn du dies nicht erbittest, werden sie immer in deinem Herzen wohnen.“
Sie mochte dieses Wesen, was immer sie auch war. Ihre Stimme und diese ruhige Ausstrahlung lies sie einfach alles leichter ertragen. Sie glaubte ihr jedes Wort und das gab ihr eine unbeschreibliche Ruhe und Zufriedenheit.
Keyra nickte still und sah das ein viertes Pferd für sie bereit stand. Sanft legte Jy ihr einen gefütterten schwarzen Mantel über die Schultern und erklärte eindringlich:“ Das Dunkel wird spüren das du nun da bist. Verberge dein äußeres und zeige dich nicht den sterblichen, denn die Menschheit ist schwach und leicht zu manipulieren. Das Böse nimmt sich ihrem Verstand sehr gerne an.“
Keyra verstand schweigend und zog die Kapuze ihres schwarzen Umhangs tief in ihr Gesicht. Schnell saß sie mühelos, als hätte sie nie etwas anderes gemacht, im Sattel der braunen Stute und folgte den anderen. Jy meinte noch:“ Dies wird eine anstrengende Reise werden. Es ist ein langer Weg und viele Gefahren und Prüfungen werden auf uns treffen und ich hoffe, das du deine Magie finden wirst, wenn wir sie brauchen.“
„Ich auch.“
Flüsterte sie sich ganz leise selbst zu und doch war sie sich sicher das Jy dies gehört haben muss, denn sie lächelte voller Zuversicht.

Der Schnee fiel dicht auf sie herab und doch berührte sie keine der zarten Flocken. Es schien, als würde eine unsichtbare Macht die Hand schützend über sie halten und ihr selbst die Kälte nehmen.
Schon Stunden waren sie unterwegs und kein Wort wurde seit dem Beginn ihrer Reise gesprochen.
Immer wieder blickte Keyra auf ihre Hände und sah sich diese seltsamen Ringe an. Jy beobachtet dies eine Zeitlang, bis sie ihr ohne Aufforderung erklärte:“ Der Ring an deiner linken Hand, ist das Zeichen der Feenkönige, der an deiner Rechten gehört seit Beginn der Zeit den Königen der Elfen. Beide werden jede Tür für dich öffnen und keiner, der dir folgen wird, wird je deinem Wort widersprechen oder gar etwas in Frage stellen. Denn daran erkennen sie deine Herkunft und schließlich wartet man schon sehr lange sehnsüchtig auf deine Heimkehr.“
Ohne weiter darauf einzugehen fragte Keyra auf einmal geradewegs heraus:“ Warum durfte ich nicht sein? Weshalb widersprach ich jeglicher Logik?“
Jy blickte sie etwas hilflos an und Keyra fragte noch etwas unsicher nach:“ Waren dies nicht deine Worte?“
Jy senkte ihren Blick wieder, suchte kurz nach der richtigen Erklärung, bevor sie dann fast euphorisch begann:“ Du bist ein Wunder, Keyra.“
Keyra schluckte schwer und traute sich nicht einen Ton zu sagen. Sie wüsste auch gar nicht was, denn nichts könnte diese Worte mit ihrer Aussage mindern.
„Noch nie verliebte sich eine Elf in eine Fee, auch nicht umgekehrt. Es herrscht schon lange kein Frieden mehr zwischen diesen beiden Welten, aber auch kein Krieg. Man duldete sich gegenseitig, aber man respektierte den Anderen und seine Lebensweise nicht. Doch fand man im Kampf gegen das Böse einen Weg sich irgendwie zusammenzutun und gemeinsam dagegen anzugehen. Es war schwer für beide Seiten, doch nicht unlösbar …“, Jy schwieg kurz, blickte ihrem Schützling aufmerksam ins Gesicht und erkannte die Erwartungshaltung darin. Es war ihr, als würde sie Keyra ihr Leben erklärten und erst jetzt spürte sie, wie stolz sie darauf war, das sie es sein durfte, der diese Aufgabe zugesprochen bekam
So trafen sich deine Eltern, auf dem Schlachtfeld von Morrwarjahr. Sie kämpften Seite an Seite und es geschah das, was nie hätte geschehen dürfen. Etwas verband beide und lies alle Vorurteile, alle Ängste und Schranken vergessen. Keiner wusste wie und wann es geschah, denn sie behielten es sehr lange geheim.“
Jy gestikulierte wild und machte den Eindruck, als könne sie es selbst noch immer nicht glauben.
„Eigentlich ist es unmöglich, dass diese beiden so unterschiedlichen Lebewesen ein Kind zeugen konnten … Doch du entstandest aus purer Liebe, unerschütterlichen Vertrauen und unaussprechlicher Verzweiflung. Kein Magier, kein Zauberer oder all die Gelehrten konnten sich dieses Phänomen erklären. Nichts gab ihnen eine Antwort.“
Die schwieg kurz und rückte sich etwas auf den Steifen Sattel zurecht, bevor sie mit anderer Tonart, leiser und irgendwie dunkler fortfuhr: „Doch eine alte Frau – ein Mensch, erhielt eine Nachricht von den Ahnen der Feen und Elfen. Sie war keine Magierin und auch nicht in der Zauberei gelehrt. Sie konnte noch nicht einmal lesen und schreiben und glaubte nie an diese … unsere Welt.“
Jetzt blickte Jy wieder zu ihrem Schützling, übersah deren verzweifelten Blick und sprach einfach weiter:“ Sie träumte von dem Platz der „Keyra“ heißt, es ist der Ort des Friedens, der von beiden Ahnenarten schon seit Jahrtausenden nicht mehr besucht wurde. Wegen einer Fehde von der keiner mehr weiß, wer und weshalb sie begann. Sie sah, wie nun diese Ahnen um ein Kind herum standen und es anblickten, dann sah einer der Elfen auf und sprach zu der Frau:
>Dies, ist unsere Hoffnung. Ein Kind entstanden aus tiefster Liebe und größtem Vertrauen. Ein Kind entstanden aus den Sternen, aus den Träumen und den Fantasien. Wir, die Ahnen beider Rassen, treten nun wieder nach all den Jahren zusammen und geben diesem ungeborenen Wesen all unsere Macht und all unsere Kraft. Es soll geboren werden gegen alle Vernunft, denn es vereint die Welten, die dem Ende nahe zu sein scheinen. Es ist unsere Hoffnung zu überleben. Gehe hin und berichte diese Botschaft. Berichte ihnen, das die Königin der Feen ein Wunder in sich trägt, dessen Macht unsagbar sein wird. Deinen Worten wird man bedingungslos Glauben schenken, denn wir die Ahnen, alle vereint, sprachen zu dir, einem Menschen.<
Sie lief in den Walt der von den Menschen schon seit Jahrhunderten gemieden wird, denn man fürchtet sich vor dem was man nicht kennt oder gar nicht versteht.“
Keyra kannte dies Gefühl nur zu gut und unangenehme Erinnerungen flackerten in ihrem Innern auf.
„Sie rannte mit ihren alten Knochen so schnell sie konnte mitten in der Nacht immer tiefer in das Unterholz. Dann auf einmal blieb sie stehen, als wüsste sie, dass dort das Tor zu unseren Welten ist. Sie schrie diese Worte, die in ihrem Kopf hämmerten laut aus ihrer Kehle und erst dann verschwand ein seltsame Schmerz, der sie antrieb, der ihren Verstand umklammert hielt und sie kehrte zufrieden nach Hause zurück und legte sich wieder in ihr Bett. Sie vergaß alles Geschehene und lebte noch ganze 7 Jahre Glücklich und Gesund, als Dank, denn eigentlich war ihre Zeit schon längst vorüber und eine Krankheit zehrte an ihrem Leben.“
Keyra sah Jy in deren verzauberten Augen.
„Dann bedeutet mein Name Frieden?“
„Oh … er bedeutet so viel“, sagte Jy lächelnd:“ Für die einen Frieden und für die anderen Hoffnung. Man könnte ihn mit tausenden Dingen vergleichen und wäre sich nie sicher, das dies die Antwort ist.“
Wieder kehrte schweigen ein, anscheinend wurde genug gesprochen.
Es geschah langsam, aber Keyra begann tatsächlich zu begreifen.

Der Morgen war schon lange angebrochen und die Sonne stieg immer höher den Himmel hinauf. Der Schnee glänzte unter ihren Füßen wie Millionen Diamanten und jeder Vogel schien diese vorbei reitende Gruppe einzeln zu begrüßen.
Es würde ein wunderschöner Tag werden, dachte Keyra und blickte sich kurz zu Jy um die etwas hinter ihr ritt. Sie schien konzentriert auszusehen und bemerkte nicht wie sie kurz angesehen wurde. Etwas seltsames erkannte Keyra in ihrem Blick, der starr durch sie hindurch zu gleiten schien, doch war sie sich nicht sicher etwas zu viel hinein zu interpretieren. Wieder sah sie kurz nach hinten, um sicher zu gehen und sah wieder diesen nachdenklichen Gesichtsausdruck. Sie schien auf irgendetwas zu hören, etwas das ihren Ohren verborgen blieb.
Sie wollte gerade Jy fragen was denn los sei, doch noch bevor sie Atem holen konnte, um ihren Gedanken einen Klang zu gegen, hob diese ihre Hand und Keyra schloss wieder ihren Mund. Ohne auch nur ein Wort zu ihren Gefährtinnen zu sprechen brachten diesen mit einem mal ihre Pferde zum stehen und eine packte die Zügel von Keyras Stute, zog kurz einmal kräftig daran und brachte somit auch das Tier zum stehen. Verachtend schnaubte die Stute in die Stille hinein.
Verwirrt blickte sich Keyra um, während die anderen ihre Augen schlossen und auf irgendetwas warteten. Ganz ohne Vorwarnung spürte sie auf einmal wie sich ihre Nackenhaare stellten und eine unbeschreibliche Unsicherheit ihre Gefühle übermannte.
Mit einem mal öffneten Jy und die anderen ihre Augen wieder und diesmal leuchteten diese noch heller als sonst. Ein Schauer überfiel Keyras Arme.
„Sie sind sehr nahe.“
Flüsterte Jy und die anderen nickten stumm.
„Was ist hier los?“
Jy ritt zu Keyra und erklärte ihr unglaublich traurig klingend:“ Ich hoffte mehr Zeit zu haben, doch habe ich mich wohl getäuscht. Vergib mir bitte.“
Verständnislos schüttelte Keyra den Kopf. Was ging hier nur vor sich? Was geschah hier gerade und warum glaubte sie Gefahr sei im Verzug?
„Die Raks kommen. Sie sind dir Brut des bösen, bissig, dumm und somit sehr gefährlich“, Jy stockte, drehte ihre Nase in den Wind und meinte auf einmal noch:“ Und sie sind in einer großen Überzahl.“
„Dann müssen wir uns beeilen. Können wir nicht einen Zauber sprechen der sie von uns ablenkt?“
Keyras Stimme trug einen Hauch der Verzweiflung vor sich her und Jy meinte:“ Dies war auch mein Gedanke, doch viel Zeit wird uns dieser Zauber nicht schenken, denn sie bemerkten die Veränderung der Sphäre und werden wissen, das wir sie an der Nase herum führen. Und dann sind sie nicht alleine, ein großer Krieger mit beträchtlicher Macht ist bei ihnen.“
“Dann lass uns keine Zeit verlieren.“
Diesmal klang sie Fest und entschlossen. Jy nickte ohne Widerworte. Sie steigen von ihren Pferden und stellten sich in einen Kreis. Der Schnee schmolz innerhalb von Sekunden unter ihren Füßen, als würden sie tatsächlich aus purer Energie bestehen und glühen.
„Schließe einfach deine Augen und lasse den Zauber zu, lasse ihn einfach fließen. Konzentriere dich darauf und suche nach den Worten die versteckt in deinem Innern warten um endlich ausgesprochen zu werden.“
Jy und die anderen sprachen in einem Chor Silben die sie nicht auszusprechen wagte, die sie nicht über ihre Lippen bringen konnte. Sie schloss einfach nur ihre Augen und hörte den Worten, die langsam in eine Art Gesang übergingen, zu.
Mit einem mal spürte sie, wie Energie durch sie hindurch floss und ihre Begleiter spürten, wie sie eine Kraft zu entwickeln schien die alles Übermannte. Keyra hörte nicht wie der Singsang der anderen abrupt beendet wurde und die drei etwas von ihr zurück traten. Eine Welle der Energie umgab Keyra und ein gleißendes Licht schoss von ihr ausgehend zum Himmel hinauf. Ein Donner erklang und dann war auch schon alles wieder vorbei. Keyra öffnete ihre schwer gewordenen Lider und blickte in die verwirrten Gesichter ihrer Gefährten. Ihre Zunge war unglaublich schwer und eine bleierne Müdigkeit umfing ihren Körper, als sie fragte:“ Ist etwas geschehen, haben wir etwas erreicht?“
„Wie … wie geht es dir …?“
Jys Frage kam zögerlich und Keyra dachte einige Sekunden über die Antwort nach, bis sie verwundert sagte:“ Auf einmal bin ich etwas müde, aber ansonsten geht es mir gut. Weshalb fragst du?“
„Ja aber … hast du denn nichts gespürt?“
“Natürlich, eure Energie. Es war unbeschreiblich solch eine Macht zu empfinden.“
War ihre euphorische Antwort und Jy erklärte ihr fast sprachlos:“ Du warst diese Energie, Keyra. Von dir ging die Macht aus, von uns kam rein gar nichts. Du alleine hast den Zauber gesprochen.“
Kurz stockte ihr der Atem und ihr Mund trocknete immer mehr aus, fast pelzig schwoll ihre Zunge an.
„Das kann nicht sein, ich habe doch kein Wort gesagt.“
Verwundert blickte Keyra zwischen den Gesichtern hin und her und Jy meinte stolz schmunzelnd:“ Man braucht keine Stimme um zu zaubern, dein Bewusstsein weiß dies schon längst und nun wo es befreit wurde, geht es einfach seinen Weg.“
Sie kam etwas näher auf sie zu und sagte etwas verwirrt:“ Doch habe ich noch nie irgendjemand diesen Zauber alleine und mit solch einer Macht ausüben sehen. Deine Kraft scheint größer zu sein, als von allen erwartet.“
Ein stolzes lächeln schien unter ihrer tiefen Kapuze zu ihr hinüber doch Keyra war sprachlos und unglaublich erschrocken zugleich.
„Habe keine Angst davor, Keyra“, sagte Jy zu ihr, als sie deren Gesichtsausdruck verstand:“ Nimm diese Gabe an und nutze sie deinen Möglichkeiten entsprechend. Lerne sie zu gebrauchen und zu steuern und du wirst unbezwingbar sein.“
Still nickte ihr Schützling, immer noch ratlos und blass. Schweigsam wandte sie sich wieder ihrem Pferd zu und stieg auf.
Dies war nicht das was sie hören wollte. Warum nur? Sie war doch nun wieder das, was sie sein sollte. Aus einem viel zu langen Traum erweckt, folgte sie ihrer Bestimmung, und doch schien noch immer etwas Menschliches in ihr zu sein und dies kämpfte fast schon verzweifelt ums überleben. Etwas, das sich wahrscheinlich nicht auslöschen lies, das sie immer begleiten würde, und das machte Keyra Angst, denn dies machte sie wahrscheinlich verwundbar.

Jy spürte das etwas nicht stimmte, doch seitdem sie den Zauber über ihr löste und sie zurückholte in ihre Wirklichkeit, fiel es ihr immer schwerer in ihre Gedanken einzudringen. Sie wusste, das dies ein schwerer Weg zurück für ihren Schützling werden würde, denn zulange war sie bei den Menschen. Zu lange lebte sie deren Leben. So lange war noch nie jemand fort gewesen. Doch tief in ihrem Innern, tief in ihrer Lyria, wusste sie auch, dass ihr Schützling halb Elf, halb Fee und ein kleines Stückchen Mensch, ihre Welt befreien würde. Denn so war es bestimmt! Doch die Bestimmung zeigte auch, das Keyra etwas Opfern musste, nur zeigte das Omen nicht was dies sein sollte, nur, das es sie an ihre Grenzen bringen würde. Jy hoffte einzig und allein, das sie zu diesem Zeitpunkt stark genug sein würde, um dieses Opfer, was immer es auch sein mochte, zu bringen und das ohne ihren Weg aus des den Augen zu verlieren.
Sie sah den müden gebeugten Rücken ihres Schützlings und sie verspürte eine tiefe Unsicherheit, doch konnte sie nicht spüren weshalb. Doch eine Ahnung umfing Jy und schwer atmete sie einmal durch.

Während sie einen dunklen dichten Wald durchritten, dachte Keyra an ihr altes Zuhause. An ihrem Platz vor dem Kamin, dort war sie immer sicher vor den Anfeindungen. Dort versank sie in Bücher und in ihren Fantasien. Dort saß sie immer und lachte mit ihrer Mutter und ihrer ach so liebevollen Schwester.
Dort kannte sie zwar Angst und Schmerz und doch sehnte Keyra sich nach der Vertrautheit dieser Gefühle. Dies schien für immer ihr Zuhause zu sein und nun existierte dies nicht mehr. Nicht einmal mehr eine Familie hatte sie, sie wusste noch nicht einmal was mit ihnen geschehen war.
Sie hatte keine Mutter mehr die ihr Ratschläge für ihr Leben, ihre Zukunft gab und keinen Vater, der sie in ihre Schranken wies. Keine Schwester an die sie ihre Lebenserfahrungen weiter geben konnte. Um zu versuchen aus ihr einen besseren Menschen zu machen, als all die anderen zu sein schienen.
Sie war nicht einmal mehr ein Mensch.
Doch dann auf einmal richtete sie sich auf dem Rücken ihrer Stute wieder auf und sagte sich:

>Ich werde für immer ein Mensch sein, denn ich kannte ihre Liebe, ihr Verständnis mir gegenüber und das kann und will ich nicht leugnen. Ich kann und werde sie nicht vergessen. Sie werden immer ein Teil meiner Vergangenheit sein und ich werde nicht zulassen, dass man mir dies nimmt. Egal was ich war, egal was ich bin und egal was ich einmal sein werde – sie gehören zu mir, wie ich immer zu ihnen gehören werde. Auch wenn sie dies nicht mehr wissen, ich weiß es und das reicht mir vollkommen..<

Auf einmal spürte Jy neue Energie, neue Kraft um sich herum und erkannte, wie ihre schweigenden Begleiterinnen, dass diese von Keyra ausging. Wieder ein weiterer Schritt voran, dachte sie und die anderen hörten ihre stummen Gedanken und nickten erleichtert.
Langsam wurde es dunkel und Jy meinte sich umschauend:“ Es wird Zeit das wir unser Lager aufschlagen, schon zu lange sind wir Unterwegs.“
Auf einer kleinen übersichtlichen Lichtung brachten sie ihre Pferde zum stehen und stiegen aus ihren Satteln.
Während die anderen elegant aus diesen glitten, stieg Keyra steif und mit schmerzverzerrtem Gesicht von ihrer Stute. Sie glaubte nun jeden Muskel und jeden Knochen ihres Körpers benennen zu können.
„Sagtest du nicht, dass der Körper nur eine Hülle sei? Warum habe ich dann nur solch Schmerzen? Ist dies nicht ein Widerspruch?“
Jy lachte fast unhörbar auf ihre Stöhnend gesprochenen Worte und erklärte, während sie mit Leichtigkeit und Geschick den Sattel von ihrer Stute hob:“ Der Schmerz ist ein kleiner Bestandteil unseres Körpers. Hast du einen Körper, hast du auch schmerzen und noch vieles mehr. Dieses Gefühl gehört dazu wie die Haut über deinen Muskeln und die Knochen darunter. Es wäre schade nicht so etwas wie Schmerzen empfinden zu können, denn dann würden wir auch keine Zärtlichkeiten spüren.“
Sie lehnte den Sattel gegen einen Baum und erklärte weiter:“ Aber du wirst lernen diese Empfindungen zu kontrollieren, einzig und allein mit deinen Gedanken. Glaube mir, es ist eigentlich ganz einfach.“
Kräftig streckte sich Keyra und glaubte es mehrmals knacken zu hören bevor sie feststellte:“ Dann wird es Zeit sich damit auseinander zu setzen, denn ich bin nicht sehr gut im Schmerzen aushalten.“
„Wer ist das schon“, sagte Jy und half Keyra, die Kraftlos zu sein schien, denn Sattel von ihrem Pferd zu nehmen und legte ihn dann, neben den ihren, an den Baum.
„Jetzt machen wir erst einmal Feuer. Schließlich kannst du deinen Körper noch nicht kontrollieren und so müssen wir etwas dagegen tun.“
„Natürlich, erwähne es nur immer wieder. Und überhaupt, wie willst du das anstellen Jy, hier gibt es weit und breit kein trockenes Holz?“
Kaum hatte Keyra dieser Frage ausgesprochen spürte sie auch schon wie dumm diese war. Jy sagte darauf nichts, denn sie erkannte in ihrem Gesicht, das sie diese Frage nicht beantwortet haben wollte. Stattdessen kniete sie sich langsam in den Schnee und dieser schoss blitzschnell auseinander und ihre Knie berührten trockenen Boden. Mit geschlossenen Augen streckte sie ihre Hände aus und begann die Handinnenflächen gegeneinander zu reiben. Ein unverständliches Murmeln und auf einmal begann es zu knistern. Funken tauchten aus dem Nichts auf und es roch nach Feuer. Diese Funken schwebten wild um ihre Hände herum, ohne sie auch nur zu berühren, oder sie gar zu verletzen. Es schein, als warteten sie aufgeregte darauf, endlich etwas tun zu dürfen. Jy lächelte und begann mit diesen zu sprechen und auf einmal wurden sie zu einem großen leuchtenden Klumpen und eine angenehme wärme ausstrahlte. Es wurde einen kurzen Augenblick laut und mit einem mal brannte vor ihr ein wohltuendes Feuer, ganz ohne Holz. Keyra war sichtlich begeistert.
„Was war das?“
Jy erhob sich mühelos von ihren Knien und erklärte:“ Das waren die Geister des Lichts. Verbündete unserer Welt. Sie schenken uns gerne Feuer, wann immer wir es benötigen“
Doch auf einmal verdunkelte sich ihre Stimme und ihre Mimik wurde ernst:“ Jedoch gibt es auch bei ihnen abtrünnige, die Feuer geben, ohne das es jemand wünscht. Sie gehören zur dunklen Seite und sind der Gier der Herrschaft verfallen. Auch auf diese müssen wir heute Nacht achten, denn oft spüren sie wenn man die anderen Ruft und folgen diesem Wunsch, doch nur um Unheil zu bringen.“
Sie legte einen Arm um Keyra und sagte besorgt über ihr müdes Gesicht:“ Leg dich hin, schlafe … wir werden wachen.“
„Braucht ihr denn keinen Schlaf?“
Jys wache Augen funkelten sie an.
„Nein, wir schlafen nie. Schon seit langem tun wir das nicht mehr. Wir fanden einfach nie den Richtigen Augenblick dazu, also ließen wir es bleiben“
Keyra nickte etwas übertrieben verständlich, lies sich dann auf eine Decke neben dem warmen Feuer nieder und zog eine weitere fast bis zu ihren Ohren. Doch noch immer wollte sie Fragen stellen um ihre unendliche Neugierde zu stillen:“ Zu welcher Gattung gehören du und deiner Begleiterinnen?“
Jy rückte etwas näher an sie heran bevor sie sagte:“ Wir sind alleine für unsere Herrin erschaffen worden. Wir sind eine Verbindung aus so viel, das man es gar nicht erklären kann. Wir werden immer wieder neu geboren, wenn ein neuer Herrscher diese Welt betritt und mit jedem Mal werden wir perfektionierter. Wir wurden neu erschaffen, als du geboren wurdest und doch sind wir schon älter als die Zeit.“
„Dann seid ihr wirklich einzig und alleine da für mich?“
Sie gähnte die letzten Worte geradezu heraus.
„Ja, nur für dich. Wir sind da, um dir den richtigen Weg zu weisen und um dich zu beschützen, auch wenn unsere Möglichkeiten nur begrenzt sind. Wir tun dies bedingungslos, bis man uns gehen lässt und wir wieder zu dem werden, aus dem wir erschaffen wurden, pure Energie … bis man uns dann irgendwann wieder ruft.“
Keyra verstand und sah erneut dieses beruhigende lächeln, wie schon so oft an diesem Tag.
 
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Nun ist Keyra ihrer eigentlichen Bestimmung gefolgt. Mehr und mehr muss sie sich mit den neuen Gegebenheiten vertraut machen und der Abschied von den Menschen fällt schwer. Schöne atmosphärische Story mit tollen fantastische Bildern.

doska (26.04.2010)

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