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Eine ernste Sache

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Der Anfang ist immer das Interessante. Nämlich genau der Moment, an dem noch alles möglich zu sein scheint; an dem sich noch alles in jede nur erdenkliche Richtung entwickeln kann. Hat man dann einmal angefangen, werden die diesbezüglichen Optionen kleiner, weil sich alles weitere ja am gemachten Anfang orientieren muss; aus diesem logisch hervorgehen muss, um eine Konsistenz aufweisen zu können.

Ist der Anfang getan, ist, zumindest die absolute, Freiheit zu Ende. Vielleicht ist dies der Grund dafür, weshalb so viele Menschen davor zurückschrecken, etwas anzufangen, weil es sie immer auch festlegt; weil es alle weiteren Möglichkeiten zwangsläufig beschneidet.

Entscheidungen verlangen Mut. Entscheidungen verlangen von einem Individuum, zu wissen, was es tut. Denn es wird von da an für seine Entscheidungen auch verantwortlich sein; muss ggf. für die Folgen dessen Rechenschaft ablegen.

Doch all diese Prozesse haben ja schon angefangen zu wirken, selbst wenn wir selbst vielleicht noch nichts davon mitbekommen haben. Denn sich nicht zu entscheiden, ist ja selbst auch schon eine Entscheidung, die alles weitere, was darauf folgen kann, vorherbestimmt. Nur wie können wir über die Entscheidung von jemandem, sich nicht zu entscheiden, auch Rechenschaft einfordern? Schließlich handelt sich dabei um eine doppelte Verneinung: Ich lehne das, was es gibt, ab, ohne zu sagen, wie ich es denn nun selbst eigentlich haben möchte.

Andere formulieren einfach eine unmögliche Utopie, von der sie selbst wissen, dass sie unerfüllbar ist. Hierbei handelt es sich aber nur um eine Scheinlösung für das Dilemma, keine Verantwortlichkeit für die eigenen Entscheidungen übernehmen zu wollen, und der gleichzeitigen Unmöglichkeit dessen. In diesem Falle hängt es von demjenigen ab, der die Rechenschaft einfordert, inwieweit jemand damit durchkommen kann.

Ob wir es nun wollen, oder nicht, ob es uns nun bewusst ist, oder auch nicht: Wir alle haben uns schon längstens entschieden, und wir alle sind für diese Entscheidung stets auch verantwortlich zu machen. Und erst über das Gefühl einer Verantwortlichkeit in Bezug auf unsere Entscheidungen ist es uns möglich, diesen Prozess ernst zu nehmen; uns selbst auch ernst zu nehmen; letztendlich erwachsen zu sein.

Demokratie ist eine ernste Sache. Dabei geht es gerade um die Verantwortlichkeit der eigenen Entscheidung. Es ist kein lustiges Spiel; auch kein Poker. Denn wer die Demokratie verzockt, hat sich schuldig gemacht, eine der größten Errungenschaften der menschlichen Kultur aufs Geratewohl verspielt zu haben.
 
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