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10 Seiten

Mortal Sin Herbst 2007- Heart In Pieces

Romane/Serien · Spannendes
© JoHo24
Finde das, was du liebst und lass es dich töten.
- Charles Bukowski


Bumm. Bumm. Bumm.
Sein Herz schlug ihm vor Aufregung bis zum Hals, was ihn nicht im Geringsten überraschte. Immerhin befand er sich im selben Raum wie sie und konnte ihre überwältigende Aura spüren die ihn jedes einzelne Mal gefangen nahm. Marcus Elijah Dubois musste mehrmals tief durchatmen damit sein beschleunigter Puls sich verlangsamte und er wieder zu einem klaren Gedanken fähig war.
Ihre Wirkung auf ihn hatte sich trotz der Trennung zwischen ihnen und ihrer Abscheu gegen Marcus nicht verändert, ganz im Gegenteil. Seine Liebe zu ihr war an diesen Herausforderungen nur noch gewachsen und stärker geworden. Dass sie dieses fanatische Denken und Empfinden vermutlich für völlig irre halten würde, verdrängte der Liebeskranke erfolgreich und lebte lieber weiter in seiner verqueren Vorstellung, dass sie irgendwann wieder zusammenfinden würden.
Ja, es war nur eine Frage der Zeit, dann würde er sie endlich wieder in seinen Armen halten und von ihr geliebt werden. Aber bis dahin musste er sich weiter in Geduld üben und mit dem Anschmachten aus der Ferne begnügen.
In den vergangenen Wochen war er immer wieder seiner Sucht nach Emilia McDermott nach-gegangen, weil er einfach nicht anders konnte. Im Verborgenen hatte er sie beobachtet, war ihr gefolgt und somit ohne ihr Wissen weiterhin ein Teil ihres Lebens gewesen.
Und auch heute war er ihr versteckter Begleiter; ihr Schatten, der ihr auf Schritt und Tritt folgte um ihr nahe sein zu können. Eine andere Möglichkeit gab es für ihn nicht, denn seit Emilia erfahren hatte, dass er verheiratet war, verachtete sie ihn und wollte ihn nie wiedersehen. Wie sie darauf reagierte wenn er diesen Wunsch ignorierte, hatte er vor wenigen Monaten auf William Cunninghams Beerdigung deutlich zu spüren bekommen.
Die Killerin hatte ihm ein paar ordentliche Schläge verpasst und ihn dermaßen übel zugerichtet, dass er sich eine plausible Erklärung für seine Ehefrau hatte einfallen lassen müssen. Mehr als eine Barschlägerei (die schlechteste und klischeehafteste Ausrede überhaupt) war ihm allerdings nicht eingefallen. Dementsprechend skeptisch und misstrauisch war seine Frau Tabitha gewesen, doch zu seinem Glück hatte sie nicht weiter nachgeharkt. Stattdessen hatte sie sich liebevoll um ihn gekümmert und seine Wunden versorgt was jedoch emotionslos und desinteressiert an ihm vorübergegangen war. Denn gedanklich war er einzig und allein bei Emilia gewesen. Sie war die Herrin über sein Herz und seinen Verstand. Sie war die Liebe seines Lebens und nicht Tabitha, die er auf dem College kennengelernt und eher auf das Drängen seiner Eltern hin geehelicht hatte.
Seitdem war er gefangen in einer Beziehung, in der er nie wirklich glücklich gewesen war. Vielleicht hatte er sich deswegen die vergangenen Jahre in die Arbeit gestürzt, Unmengen an Überstunden gemacht und war jeder weiteren Stufe auf der Karriereleiter hinterher gejagt. Bei ihm hatte es nur höher, weiter und besser gegeben. Dadurch hatte er seine Ehefrau vernachlässigt und unterbewusst die Hoffnung gehegt, dass sie ihn deswegen verlassen und die Scheidung einreichen würde, aber diesen Gefallen hatte sie ihm nie getan.
Marcus hatte sich daher mit seinem Schicksal abgefunden und still mehrere Jahre darunter gelitten bis Emilia wie ein himmlisches Licht in sein Leben getreten war um ihn vor dem see-lischen Verfall zu retten. Er hatte sich in die blonde Auftragskillerin schockverliebt und seit ihrer ersten Begegnung an nichts anderes mehr denken können. Für ihn war sie der Inbegriff einer perfekten Frau: wunderschön, stark, klug und unabhängig. Sie war die Frau von der er sein Leben lang geträumt hatte, die für ihn bestimmt war und hätte heiraten sollen.
Marcus Dubois hätte es sich nie verziehen, wenn er sie auf Williams Kostümball nicht angesprochen und ihre Bekanntschaft gemacht hätte. Aus diesem Grund hatte er damals den ersten Schritt gewagt und recht offensiv Emilia den Hof gemacht. Was hatte er auch zu verlieren gehabt?
Und tatsächlich hatten sein Mut und engagiertes Werben recht schnell Erfolg gezeigt und sein Traum, eine Beziehung mit ihr zu führen, hatte sich erfüllt. Die darauffolgenden Monate waren die Glücklichsten und Schönsten seines gesamten Lebens gewesen, weil er sie mit Emilia verbringen durfte. Umso mehr schmerzte es ihn, dass ihre Liebesgeschichte viel zu kurz ge-wesen war und dazu auch noch ein schlechtes Ende genommen hatte. Dass er daran die alleinige Schuld trug, drang gar nicht erst zu ihm durch und wollte er ebenso wenig wahrhaben wie zugeben. Dabei hatte er sie von Anfang an belogen und im Dunkeln darüber gelassen, dass er verheiratet war. Purer Egoismus und Fanatismus hatten ihn geleitet und förmlich dazu gezwungen dem Verlangen nach ihr nachgeben. Er hatte also keine andere Wahl gehabt, zu-mindest war er dieser festen Überzeugung an der er sich festklammerte, um sein Gewissen zu erleichtern und eine Erklärung und Entschuldigung für sein Lügengebilde zu finden, welches er geflochten und letztlich zusammengebrochen war als die Realität knallhart zugeschlagen hatte.
Marcus dachte noch eine Weile mit einer Mischung aus Bitterkeit und Sehnsucht an die Vergangenheit als ihn ein Kellner, der an seinen Tisch kam und nach seinem Getränkewunsch erkundigte, unterbrach. Sein Auftauchen überraschte ihn da er völlig vergessen hatte, dass er sich in einem Restaurant am Rand der Innenstadt befand, in das er ihr gefolgt war.
„Ich habe mich noch nicht entschieden“, kam es hastig über seine Lippen, weil er ihn schnell wieder loswerden wollte. Nach einem kurzen Nicken verließ er zum Glück bereits den Tisch und erlaubte ihm wieder den Blick auf sie.
Marcus Dubois befand sich in sicherer Entfernung zu Emilia McDermott, damit entging er der Gefahr von ihr entdeckt zu werden. Gleichzeitig hatte er darauf geachtet einen Platz auszusuchen, der ihm eine gute Sicht auf sie gewährleistete.
Die Blondine saß an einem Tisch direkt am Fenster und schaute gedankenverloren hinaus auf das herbstliche Saint Berkaine, das sich mit den bunt gefärbten Bäumen im nahegelegenen Park und der herrlichen Mittagssonne von seiner wundervollsten Seite zeigte.
Während sie die Schönheit der Natur genoss, ergötzte Marcus sich an ihrer. Sie sah einfach bezaubernd aus in ihrem grauen Wollpullover, dem rosafarbenen kurzen Rock und den grauen Overknee-Wildlederstiefeln, die ihn beinahe in den Wahnsinn trieben. Je länger er die Frau, die er verehrte betrachtete, desto größer wurde sein Wunsch nach einem Kuss.
Doch dies würde ein unerfüllter Traum bleiben und so biss er sich kräftig auf die Unterlippe um sein immenses Verlangen zu zügeln und sich zu fokussieren.
Ihm fiel auf, dass sie nervöser wirkte als sonst. Irgendetwas schien sie zu beunruhigen, nur was? Augenblicklich begann er zu rätseln und versuchte einen Grund dafür zu finden, warum sie zappelig auf ihrem Stuhl herumrutschte und an ihren Nägeln kaute. Er kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie solch ein Verhalten zeigte wenn sie innerlich stark aufgewühlt war. Was beschäftigte sie bloß so sehr? Warum…
Plötzlich, aus heiterem Himmel, tauchte ein fremder Mann auf und setzte sich ungefragt und wie selbstverständlich zu ihm, als sei es das Normalste der Welt und unterbrach somit brutal seinen Gedankengang.
Wie paralysiert, aber auch empört starrte Marcus sein Gegenüber an. Und je länger er den Mann mit den extrem kurzen blonden Haaren und eisblauen Augen betrachtete, desto mehr beschlich ihn das Gefühl ihn zu kennen. Ja, er hatte dieses Gesicht schon einmal gesehen da war er sich absolut sicher.
„Hallo, Marcus. Schön dich zu sehen“, begrüßte ihn der Fremde als sei er ein alter Freund. Dass er seinen Namen kannte, bekräftigte ihn in seinem Verdacht, dass sie sich in der Vergangenheit bereits begegnet sein müssen.
„Entschuldigung, aber kennen wir uns?“, fragte Marcus ihn unwirsch, weil er die Dreistigkeit besaß ihn zu stören und er die allgemeine Situation recht bizarr fand.
„Kennen würde ich es nicht nennen, aber wir haben einen gemeinsamen Bekannten.“ Der Fremde sprach zu seinem Unmut weiter in Rätseln und spannte ihn auf die Folter. Marcus spürte die wachsende Anspannung und Ungeduld, die sein Inneres zum Brodeln brachten.
„William Cunningham“, rückte er mit der Sprache heraus und befreite ihn endlich von seiner Unwissenheit. Jetzt hatte er die Bestätigung, dass er ihn tatsächlich schon einmal gesehen hatte. Wahrscheinlich waren sie sich auf den zahlreichen Veranstaltungen, die William ausgerichtet hatte, flüchtig begegnet. Anders konnte es nicht sein, da Marcus sich bei bestem Willen nicht daran erinnern konnte jemals ein Gespräch mit ihm geführt zu haben. Also wie hatte er ihn dennoch wiedererkennen können? Woher kannte er überhaupt seinen Namen? Und warum hatte er sich zu ihm gesetzt?
Seine Verwirrtheit schien den Mann zu amüsieren, denn jener begann zu schmunzeln was bei Marcus zu einer Gänsehaut führte, die durch die Kälte und Seelenlosigkeit in seinen Augen nur noch verstärkt wurde.
„Sie sind also auch ein Geschäftspartner von ihm“, äußerte er seine Schlussfolgerung mit einem unwillentlichen Zittern in der Stimme da er bereits ahnte, dass er völlig daneben lag.
„Nein“, wurde sein Schmunzeln schlagartig zu einem vor Wahnsinn verzerrten Lächeln. „Ich arbeite für ihn.“
Sein Bauchgefühl hatte Marcus also nicht getäuscht. Dieser Mann war nicht so wie ich er. Er war kein Auftraggeber für irgendwelche illegalen oder kriminellen Dienste, sondern er war derjenige der sie ausführte. Er tötete Menschen und hatte Blut an seinen Händen.
Es dauerte noch weitere Sekunden bis bei ihm der Groschen fiel und er begriff, dass der Kerl einer von Emilias Kollegen sein musste. Die Erkenntnis, dass ihm ein Auftragskiller gegenübersaß, löste Respekt und Angst in ihm aus die so rasant in ihm heranwuchsen, dass ihn die Panik erfasste jämmerlich daran zu ersticken.
„Ich bin Patton Massey“, stellte sich der Blonde mit einer beneidenswerten Lockerheit vor und streckte ihm die Hand über den Tisch entgegen, die er wie fremdgesteuert ergriff. Der Händedruck war kräftig und aggressiv und machte ihm klar, dass nicht mit ihm zu spaßen war.
„Marcus Dubois“, nannte er ihm seinen Namen obwohl dieser ihm bereits bekannt war.
„Ich weiß wer du bist“, antwortete er mit einem merkwürdigen Unterton. Marcus missfiel es zunehmend, dass dieser Typ ihn duzte und er viel mehr über ihn zu wissen schien als ihm lieb war.
Zorn aber auch Misstrauen nahmen schlagartig Besitz von ihm und ließen seine Miene zu Stein erstarren. Seine Angst war wie weggeblasen.
„Und was wollen Sie mir genau damit sagen?“ Er siezte ihn, denn er wollte Patton Massey nicht den Eindruck vermitteln, dass es in Ordnung war auf solch persönlicher Ebene mitein-ander zu kommunizieren.
„Ich will dir damit sagen, dass ich weiß warum du hier bist oder genauer gesagt wegen wem du hier bist.“ Seine blauen Augen wanderten auf die andere Seite des Raumes zu Emilia, die sich gerade das blonde Haar hinter die Ohren strich bevor sie sich ein Schluck aus ihrem Weinglas genehmigte. Marcus´ harte Fassade bröckelte als er seinem Blick folgte und ihm unwillentlich die Gesichtszüge entglitten. Sein Herz setzte aus und er konnte spüren, wie er leichenblass wurde.
Er war sich sicher, dass der Auftragskiller alles über Emilia und ihn wusste. Er wusste, dass sie eine Beziehung geführt und sich getrennt hatten. Und er wusste, dass er ihr heimlich folgte und nur aus diesem Grund in diesem Restaurant saß. Marcus saß wie erstarrt auf seinem Platz und schluckte hart. Zwar hatte er keine genaue Ahnung warum er so reagierte, doch er war sich sicher, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte. Sein Körper gab ihm dafür ganz deutliche Zeichen.
„Du hast wohl nicht damit gerechnet, dass ich über euch beide Bescheid weiß“, rieb er ihm genüsslich unter die Nase und begann gehässig zu lachen was bei ihm zu einer Gänsehaut führte. Dieser Kerl schüchterte ihn ein, doch er machte ihn auch ebenso rasend vor Wut.
„Es tut mir leid, dass es zwischen euch nicht geklappt hat.“ Als er diese vor Spott triefenden Worte hörte, wandte er den Blick von Emilia ab und sah stattdessen ihn an.
„Was zwischen Emilia und mir passiert ist, geht Sie absolut nichts an. Also halten Sie sich gefälligst raus“, raunte er seinem Gegenüber mutiger zu als er sich selbst zugetraut hätte. Immerhin saß er einem gnaden- und gewissenlosen Mann gegenüber, der zu allem bereit war. Aber die Tatsache, dass er sich in sein Privatleben einmischte, veränderte alles und überschattete seine Furcht.
„Woah, immer mit der Ruhe, Marcus“, entgegnete er mit erhobenen Händen als wolle er sich ergeben. „Du musst nicht gleich wütend werden.“ An seiner Mimik, Gestik und dem Tonfall seiner Stimme erkannte er, dass sich sein Gegenüber ganz offen über ihn lustig machte. In seinen Augen war er bloß eine Witzfigur; ein Schwächling der es nicht wert war ernst genommen zu werden. Verdammt, er würde ihm schon zeigen was für ein Mann er war. Er würde sich nicht von ihm vorführen lassen.
„Ich falle nicht auf Ihre Psychospielchen herein. Ich lasse mich nicht von Ihnen verarschen, klar?“, wurde Marcus´ Stimme lauter und seine Körpersprache kämpferischer. Dies veranlasste Patton Massey allerdings nur zu einem müden Lächeln.
„Du solltest leiser reden oder willst du etwa, dass sie dich hört?“ Daraufhin schaute er ein weiteres Mal zu Emilia herüber und betrachtete sie auf eine Art und Weise, die ihm überhaupt nicht gefiel.
„Sie wird mich nicht hören und sie wird mich auch nicht sehen. Das hat sie bisher noch nie getan, weil ich gut darin bin mich im Verborgenen zu halten“, machte er ihm eindringlich und mit vor Stolz geschwellter Brust klar. Denn die Tatsache, dass es ihm bisher gelungen war nicht von Emilia entdeckt zu werden, erfüllte ihn mit Selbstbewusstsein aber auch mit Macht und Größenwahn, die ihn blind für die Realität machten. Und dies würde ihn heute noch zum Verhängnis werden.
„Ja, du verkriechst dich wie ein mieser kleiner Feigling, Marcus“, ätzte Patton Massey und holte ihn brutal auf den Boden der Tatsachen zurück.
„Du besitzt nicht die Eier ihr direkt gegenüberzustehen, stattdessen bewegst du dich in ihrem Schatten und folgst ihr auf Schritt und Tritt. Ist es nicht so?“ Mit hochgezogener Augenbraue musterte er ihn abwertend als sei er eine widerliche Kakerlake, deren Existenz wertlos und eine Beleidigung für ihn war. Am liebsten hätte Marcus sich lauthals gegen diese Unverschämtheit gewehrt, doch der intensive Blick, mit dem er ihn bedachte, hielt ihn trotz seines aufflammenden Zornes davon ab. Sein Selbsterhaltungstrieb befahl ihm, dass er keinesfalls sein Leben riskieren und einfach seine Klappe halten sollte, da Marcus spürte, dass sich die Atmosphäre und der blonde Killer veränderten. Für ihn fühlte es sich an als lege sich plötzlich ein Mantel aus Beklommenheit, Melancholie und Finsternis über ihn, während die Miene seines Gegenübers sich verdüsterte.
„Du bist einfach nur erbärmlich und lächerlich, genau wie dein gesamtes Dasein“, spie er ihm förmlich vor die Füße. Nach diesen Worten reifte in Marcus Dubois ein fürchterlicher Ver-dacht. Ein Verdacht, der ihm hätte kommen sollen und müssen als er sich ihm als Williams Mitarbeiter vorgestellt hatte: Dieser Bastard war gekommen um seinem Leben ein Ende zu setzen.
„Warum so schweigsam, Marcus?“ Der Klang seiner tiefen, dumpfen Stimme ließ ihn sich wieder auf ihn konzentrieren. Würde dies vielleicht das Letzte sein was er hörte, bevor er starb? Würden seine eiskalten blauen Augen das Letzte sein was er sah? Würde…
„Was ist los mit dir, huh?“, blaffte er ihn auf einmal aggressiv an, weil er die Geduld mit ihm verlor und eine Reaktion von ihm erwartete. Er wusste allerdings nicht was er tun sollte und so stiegen bei ihm der Druck und die körperliche Anspannung.
„Weißt du was? Mir ist eigentlich scheißegal was mit dir los ist oder du zu sagen hast, man. Und weißt du auch warum?“
„Weil Sie mich töten werden“, kam es unerwartet neutral und locker über seine Lippen dabei tobte in ihm ein wilder Sturm.
„Wow, du bist ja ein Blitzmerker.“ Der Killer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wirkte gleichzeitig überheblich und gelangweilt. Scheiße, es ging hier um sein Leben aber für ihn war das alles bloß eine Nichtigkeit; ein weiterer Auftrag; ein weiterer Job. Marcus wurde stetig nervöser, besonders als er den nächsten Satz aus seinem Mund hörte.
„Nun, um nicht noch mehr Zeit zu verschwenden würde ich dich bitten mit mir das Restaurant zu verlassen.“
Ohne es kontrollieren zu können, schüttelte er gegen diese Bitte den Kopf. Wenn er sich jetzt erheben und mit ihm gehen würde, dann wäre sein Schicksal besiegelt; dann würde er den heutigen Tag nicht überleben.
„Glaubst du tatsächlich, dass du eine andere Wahl hast?“, fragte er hämisch, ehe er aufstand und an seine Seite trat. Marcus´ Herz raste als er sich zu ihm herunterbeugte und er seinen heißen Atem auf der Haut spürte.
„Versuch bloß nicht mich hinzuhalten oder zu denken, dass du mich verarschen könntest. Du hast keine Chance mir zu entkommen, also versuch es erst gar nicht. Das würde alles nur noch schlimmer machen.“
„Es gibt nicht Schlimmeres als den Tod.“ Es folgte ein vergnügtes Kichern an seinem Ohr.
„Oh man, du hast absolut keine Ahnung, Marcus“, tadelte er ihn als sei er ein naives, unwissendes Kind. „Ich verrate dir mal was: Wenn ich mit dem Quälen meiner Opfer fertig bin, dann betteln sie um den Tod.“ Patton Massey sagte dies mit einer Ekstase und Leidenschaft, dass ihm speiübel wurde und er heftigst zu zittern begann. Oh ja, Marcus´ Angst vor ihm kehrte zurück und traf ihn wie ein Hammerschlag.
„Also…wenn du dir diese Erfahrung ersparen willst, dann rate ich dir dich in Bewegung zu setzen und zwar sofort.“ Er legte seine linke Hand auf seine Schulter und drückte so fest zu, dass ihm vor Schmerz die Tränen in die Augen traten. Vermutlich wollte ihm der Dreckskerl einen Vorgeschmack auf das geben was ihn erwartete, wenn er nicht spurte.
Marcus Dubois hatte das Gefühl in der Falle zu sitzen und keinen Ausweg zu haben, dement-sprechend panisch wurde er, gleich einem Tier das eingepfercht in einem klitzekleinen Käfig saß und auf dem Weg zum Schlachter war. Unruhig und fieberhaft rutschte er auf seinem Stuhl hin und her, während sein Verstand raste um schnellstmöglich doch noch eine Lösung zu finden und in letzter Sekunde sein Leben zu retten.
„Hach, warum machst du es dir selbst nur so schwer, Marcus?“, seufzte der Killer fast schon mitleidig. Bei ihm kam allerdings nur ein permanentes Rauschen an, da er sich alleine auf seine Gedanken konzentrierte. Und dies zahlte sich für ihn aus, denn er hatte tatsächlich einen Geistesblitz.
„Wenn ich hier sitzen bleibe, dann können Sie mich nicht töten“, kam es trocken über seine Lippen, bevor er arrogant zu schmunzeln begann. Jetzt war er am Zug; jetzt hatte er die Oberhand und diesem Wichser würde nichts anderes übrig bleiben als sich zu verpissen und ihn am Leben zu lassen.
„Und warum kann ich dich nicht töten?“
„Weil wir uns in einem Restaurant voller Menschen befinden. Sie können mich nicht töten ohne, dass jemand etwas davon mitbekommt.“
„Du wirst es nicht gerne hören, Marcus, aber das wird mich nicht daran hindern meinen Auftrag auszuführen. Ich gebe nämlich einen Scheiß darauf, dass wir nicht alleine sind“, erstickte er seine neu geschöpfte Hoffnung gleich im Keim.
„Und nur am Rande: Ich bin ein erfahrener Killer der weiß wie man unauffällig und lautlos tötet. Also würde niemand der hier Anwesenden bemerken, wenn ich dich an Ort und Stelle zur Strecke brächte.“ Nach dieser Aussage fragte er sich augenblicklich warum er ihn dann nicht schon längst getötet hatte. Gab es möglicherweise einen Grund dafür oder wollte er ihn vor seinem Tod nur verspotten und sich an seiner Furcht ergötzen? Warum…
Marcus schüttelte kaum merklich den Kopf um seinen eigenen Gedankengang zu unterbrechen. Was brachte es ihm sich diese Fragen zu stellen? Er würde sowieso keine Antworten erhalten, stattdessen würde er sterben. Ja, langsam aber sicher drang zu ihm durch, dass sein Leben heute vorbei sein würde da es für ihn keine Möglichkeit zur Flucht gab. Dies zu akzeptieren war die Hölle auf Erde und die schwerste Herausforderung vor der er jemals gestanden hatte.
Und obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte weiterhin ein Gespräch mit dem Mann zu führen, der ihn töten würde, richtete er das Wort an ihn, denn es gab eine Frage die ihm auf der Seele brannte und nur er ihm beantworten konnte.
„Wer hat Sie beauftragt, Mr. Massey? Wer will mich tot sehen?“
„Es tut mir leid, aber ich verrate nie den Namen meines Auftragsgebers. Das gehört zum Berufsgeheimnis“, meinte er höchst professionell und ließ ihn einfach in seiner Unwissenheit weiterschmoren. Marcus war empört und stinksauer darüber, immerhin verweigerte er ihm seinen letzten Wunsch.
„Es ist doch egal, wenn Sie es mir sagen“, ranzte er den Killer ärgerlich an. „Scheiße, es spielt doch keine Rolle…“
Den Satz konnte er nicht mehr weitersprechen, da Patton Massey ihm kurzerhand das Genick gebrochen hatte. Marcus Dubois sackte tot zusammen, gestützt von dem Blonden der ihn so auf dem Stuhl platzierte, dass es aussah als sei er bloß eingenickt. Anschließend verließ er das Restaurant und machte sich auf dem Weg in den gegenüberliegenden Park.

Zwar schien die Sonne, dennoch war die Luft kühl und sie musste ihren weißen Mantel enger um ihren Körper schlingen. Dazu wehte ein kräftiger Wind, der die gefallenen Blätter um ihre Beine wirbelte und einen Schauer bei ihr verursachte.
Aber vielleicht lag es gar nicht an der vorherrschenden Kälte, sondern an etwas Anderem; etwas Verborgenem tief in ihrem Inneren, das sie frieren ließ. Ihre Emotionen und Gedanken begannen sich zu verworren und zu einem Netz zu werden, das sich fest um sie schlang und sie gefangen hielt. Am liebsten hätte Emilia Sophia McDermott laut geschrien, um sich zu befreien und die Schwere in ihrem Herzen loszuwerden, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Und so entstand in ihr ein immenser Druck, der sie zu zerquetschen drohte.
„Hey, McDermott“, rüttelte jemand unsanft an ihrer rechten Schulter was sie aufschreckte und zusammenzucken ließ. Als sie dann zur Seite blickte, stand ihr Kollege Patton Massey neben ihr der sie skeptisch beäugte.
„Ist irgendwas?“
„Nein“, kam es von ihr wie aus der Pistole geschossen. „Es ist alles in Ordnung.“
„Aber sicher doch“, triefte seine Stimme vor Hohn. Dann herrschte erstmal Schweigen zwischen den beiden Auftragskillern, bis er wieder das Wort ergriff.
„Interessiert es dich gar nicht wie es gelaufen ist?“ Emilia konnte seinen widerlich-schmierigen Gesichtsausdruck nicht ertragen, darum wandte sie sich von ihm ab und schaute zu einer Trauerweide herüber, deren Anblick sie schwermütig werden ließ. Sie verlor sich zunehmend in ihrer Emotionalität, doch Patton verhinderte ihr völliges Abdriften und holte sie mit dem nächsten Satz brutal in die aktuelle Situation zurück.
„Er wollte wissen wer mich beauftragt hat.“
„Hast du ihm eine Antwort gegeben?“, wollte sie nervös von ihm wissen und verkrampfte dabei ihre Muskulatur.
„Keine Sorge, Süße. Er ist ohne das Wissen gestorben, dass du es warst die mich geschickt hat.“ Ein Stein fiel ihr in diesem Moment vom Herzen, aber es dauerte nicht lange und das Gewicht ihres schlechten Gewissens lastete auf ihren Schultern. Immerhin hatte sie den Mord ihres Exfreundes in Auftrag gegeben. Sie hatte den Mann töten lassen, den sie einst geliebt hatte.
Aber in ihren Augen hatte sie keine andere Wahl gehabt, denn Marcus hatte sie seit ihrer Trennung verfolgt. Fanatisch und ohne Rücksicht auf ihre Privatsphäre oder Gefühle hatte er sie gestalkt und war in ihr Privatleben eingedrungen, was ihr furchtbare Angst gemacht hatte. Aus diesem Grund hatte sie irgendwann beschlossen etwas zu unternehmen, damit sie endlich wieder frei leben und atmen konnte. Und so war in ihr der Entschluss gereift, dass er sterben musste. Erst wenn er tot war, würde sie endgültig Ruhe vor ihm haben.
Doch sie hatte sich selbst nicht in der Lage gesehen ihn zu töten. Deswegen hatte sie sich an ihren blonden Kollegen gewandt, obwohl sie diesen abgrundtief hasste und verabscheute.
„Ich werde dir auch nichts für den Mord berechnen. Sieh es als Freundschaftsdienst“, meldete er sich wie aufs Stichwort als wisse er, dass sie an ihn gedacht hatte.
„Sei still, Massey. Sei einfach still“, murmelte sie apathisch und stierte gedankenverloren vor sich hin. Emilia McDermott versuchte mit aller Macht die heutigen Geschehnisse und ihre Schuld in die Tiefen ihres Seins zu verdrängen, damit sie für immer begraben waren und nie wieder hervorkommen würden.
 
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