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Im bayrischen Biergarten

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten · Sommer/Urlaub/Reise
© Franzl
Nachdem der gebürtige Münchener Joseph Stanglhuber, bei seinen Freunden am Stammtisch war er nur als der Stanglpeppi bekannt, zwei Stunden mit seinem saufarbenen Rauhaardackel unterwegs war, peinigte ihn der Durst derart, dass er Waldi, wie er seinen zu klein geratenen Kampfhund nannte, schnurstracks zum Biergarten am chinesischen Turm lenkte.
Dort angekommen ging er suchend durch die aus Biertischen und Bänken bestehenden Reihen.
Leider konnte er keinen Platz finden, an dem er sich hätte wohl fühlen können. Es gab zwar noch Tische, an denen ein Platz für einen waschechten Bayern und seinen Lebensgefährten gewesen wäre, aber ein Bajuware hat natürlich auch seinen Stolz! Es würde ihm nie im Traum einfallen sich zu einer Gesellschaft zu setzen, bei der zu einem Poa Weisse zwei Weisswürste gesagt und die dann auch noch mit Messer und Gabel verzehrt wurden.
Der Stanglpeppi schüttelte sich angewidert, als ihm die Essgewohnheiten zweier Sachsen einfielen, die vor ein paar Tagen am Tisch neben ihm saßen. Zuerst hatte er noch gedacht, dass es tatsächlich noch welche "von drüben rüber" gab, die Geschmack besässen, als sie sich eine echte bayrische Schweinshaxn bestellten. Aber als diese Beiden dann eine Weinschorle dazu tranken und das leckerste Teil einer Haussau auch noch mit Ketchup würzten, wurde ihm so übel, dass er keine andere Wahl hatte als mit seinem Waldi den Heimweg anzutreten.
Er suchte also weiter und versuchte angestrengt die lästigen Dialekte, mit denen sich die Menschen unterhielten, zu ignorieren. Doch leider ohne Erfolg! Was er da so alles über sich ergehen lassen musste, ließ ihn langsam aber sicher daran zweifeln, immer noch in seiner Geburtsstadt, die er so liebte, zu weilen. Sämtliche Sprachen, die von der der Bajuwaren abgeleitet waren, drangen an sein Ohr. Vom Berlinerischen zum Sächsischen. Vom Schwäbischen zum Rheinischen. Alles war vertreten. Aber bei einer Gesellschaft wäre ihm beinahe der Kragen geplatzt! Musste es denn wirklich sein, dass nun auch noch Wiener die schöne Weltstadt mit Herz belagerten? Reichte nicht schon die Schmach von Cordoba? Oder dass die österreichischen Skifahrer besser waren als die Deutschen?
Mit fast überschäumender Wut drehte sich der Stanglpeppi um und wollte diesen Ort der Schande wieder verlassen, als er einen Tisch erblickte, an dem ein alter Bekannter saß!
Erleichtert lenkte er seinen Waldi auf den Tisch zu und wurde schon von weitem mit einem herzlichen "Habedere" begrüsst. Tief durchatmend ließ sich der Einheimische auf die Bank fallen, nahm seinen Hut vom Scheitel, kramte ein Taschentuch aus dem dicken Wolljanker und wischte sich den Schweiss vom Nacken. Nach einer Wartezeit von etwa einer viertel Stunde bequemte sich endlich die Bedienung zu ihm, um die Bestellung aufzunehmen.
"I hätt gern a Hoabe Weizn, oba sche frisch muass sei, und an Teller mit an beizten Rade und a Brezn dazua. Und füan Waldi bringst an Hofa mit Wasser!"
Die Bedienung sah den Stanglpeppi mit grossen Augen an.
"Könnten sie das bitte noch mal wiederholen?" fragte sie mit einem sehr genervten Ausdruck in der Stimme.
Das war zuviel für den Peppi. Noch bevor er mit den Schimpfattacken, in der das Wort "Preissnsau" mindestens fünf Mal vorgekommen wäre, beginnen konnte, mischte sich sein alter Bekannter ein und übersetzte der Kellnerin den Auftrag wortgetreu ins Hochdeutsche.
"Also er hätte gern ein Weissbier, aber schön kühl, einen Teller gebeizten Rettich mit einer Breze und für den Hund eine Schüssel mit Wasser!"
Nachdem die Bedienung verschwunden war und die Wut Peppis etwas verraucht war, begannen die beiden Spezis sich zu unterhalten. Natürlich war das Hauptthema das ungebührliche Benehmen der Zuagroastn und Touristen. Am meisten störte sie die dumme Angewohnheit dieser Leute, die urtümlich bayrische Tracht zu verunglimpfen, in dem sie in diese schlüpften.
Diese "blede Sucht", wie sie vom Stanglpeppi genannt wurde, war schon so weit fortgeschritten, dass man in München keinen Menschen mehr ansprechen konnte der eine Lederhose trug, weil man damit rechnen musste, ein verwirrtes "Wie bitte?" als Antwort zu bekommen.
Das zweite Thema war schon mehr politischer, ja schon fast in die bajuwarische Geschichte eingreifender Art. Denn der Peppi plädierte für die Abschaffung des Oktoberfestes. Seiner Meinung nach konnte es doch nicht angehen, dass man als Einheimischer sich auf einer traditionellen Veranstaltung vorkam wie ein Ausländer. Und auch die Tatsache das die meisten Fälle von Alkoholvergiftung während der "Wies´n" die Preissn betraf, war für ihn einer der Gründe.
"Wenns unser bayrisch Bier net ertrogn, soins Wasser saufa, oba des dann bittschen bei eahna!"
schnaubte er wutentbrannt.
Die Diskussion ging noch mehrere Weissbierlängen und wurde immer lauter und extremer. Aber gegen siebzehn Uhr stand der Bekannte des Peppi auf und verabschiedete sich.
Ungläubig starrte ihn der Peppi an.
"Was pressiert dir denn so?"
"I muass hoam!" antwortete sein Spezi. "Mei Fliega geht in drei Stund!"
"Aha! Fliagst in Urlaub?"
"Na, i fliag nach Ghana hoam, i bin ausgwiesen wordn!"
"Ja zefix!" fluchte der Peppi, "Und dann soi no a moi oana sogn, bei uns gibts koan Rassenhass!
 
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Kommentare  

Ich versuch es mal:
Jo mei wos a lust'ger Schluss !!!


Wolzenburg (15.04.2002)

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