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2 Seiten

Traurigkeit

Trauriges · Kurzgeschichten
© Lona Dy
Ich lief meinen Weg , lief ohne darauf zu achten wohin. Ein Fuß vor den anderen, ich wußte nicht an welchen Ort sie mich tragen würden. In meinen Gedanken spürte ich mich, wie von einem Nebel umgeben, alles war schwammig und weich um mich herum. Alles war anstrengend und benötigte einen hohen Kräfteaufwand. Jeder Schritt, ja, und auch die Gedanken bewegten sich schwerfällig dahin. Ein schweres Gewicht auf mir, doch was war es denn, was ich zu tragen hatte. Soweit mein Auge reichte gab es nichts was diesem gerecht werden würde. Und doch spürte ich, daß ich etwas trug, etwas das ich nicht abwerfen oder weitergeben konnte. Auch gab es keinen der mir diese Last abnahm. Wie auch, wenn noch nicht einmal ich sagen konnte, was ich trug. Der Weg war so weit und anstrengend und doch blieb ich nicht stehen, aber je länger sich die Füße voreinander setzten, um so schwerer wurden sie. Ein Schütteln, ein vibrieren des Körpers, ein vergebener Versuch. Ein Bemühen, ohne Sinn und Erfolg. Der Schmerz war schon seit langem nicht mehr da und davor, was war da für ein Gefühl. Keine Erinnerung. Nicht gewollt oder nie gewesen. Es fehlt an Empfinden, alles ist undeutlich, sich selbst einen Schmerz zufügen. Nichts passiert. Es reicht nicht aus um diese tiefe Schwerelosigkeit aufzulösen, abzuwerfen. Ein Schütteln des Fußes, ein Stampfen, Blicke treffen mich und wenden sich wieder weg. Die Wahrnehmung wird immer undeutlicher. Die Stirn gegen kühles Eisen gelegt, es schmerzt, aber nein, nicht dieser Schmerz tut mir weh. Ein Schlagen des Kopfes, klar bin ich verrückt. Der Schmerz nimmt zu, die Tränen fließen. Entsetzte Blicke. Keiner kann mir helfen. Wankend trete ich zurück. Nein kein Schmerz wird je mehr zu mir durchdringen. Er reicht nicht mehr aus, um mich wieder handlungsfähig zu machen. Ein Schritt nach vorne, ein schwerfälliges Fallen lassen. Der Kopf schlägt auf, ich spüre die Feuchtigkeit. Ich müßte Angst haben, Schmerz verspüren, aber das Gefühl der Taubheit in mir drin ist stärker. Quälend langsam ein Aufstehen, dann ein Blick in die Tiefe. Das Eisengitter ist hoch, ein langsames Erklimmen, Stange für Stange. Keine Wahrnehmung nur ein Greifen nach dem anderen, ein Abrutschen, ein weiterer Versuch. Die Letzte ist erreicht, um mich herum nehme ich verschwommene Geräusche war, ein Wuseln einer unerkennbaren Masse zu meinen Füßen. Sie rufen, doch es erreicht mich nicht. Es hört sich an wie eine fremde Sprache, es dringt nicht zu mir durch, es spielt sich alles in weiter Ferne ab. Ein weiterer Blick nach unten, der Gedanke an Schmerzen. Doch er hält nicht ab. Feuchtigkeit läuft über mein Gesicht, ich wische es weg, meine Hand nimmt eine dunkelrote Farbe an, aber es schmerzt nicht. Werde ich aus dieser Hülle heraustreten können, würde der Schmerz ausreichen, um ihn zu spüren. Ein letzter vergeblicher Versuch, die weiche Schicht um mich herum zu durchbrechen, ein schwankendes Stehen, ein Blick in die Tiefe, die oberste Eisenstange unter den Füßen klar vor Augen. Sie ist schmal, viel zu schmal, um darauf stehen zu können. Entsetzen, ich habe kein Gleichgewicht, gerate ins Schwanken. Sehe die Straße unter mir, weit unter mir, die vielen Autos. Ein Zusammenstoß mit diesen würde meinen Körper zerstören, mit einem mal habe ich Angst. Sie breitet sich in mir aus. Die Stange ist schmal und rutschig, ein Abrutschen des Fußes, ein starker Schmerz. Die Angst wird immer größer, ein Blick auf die schreiende Menge, man spricht mit mir, sie kommen immer näher, ich kann nicht reagieren. Der Schmerz ist da und vor allem die Angst, der Nebel löst sich. Ich kann mich wieder spüren, mein Körper ist wieder etwas, was zu mir gehörte. Alles verschwimmt durch die Tränen in meinen Augen. Tränen der Angst, Tränen des Schmerzes.
 
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Kommentare  

wow

*Becci* (23.11.2002)

Sehr schön beschrieben, sehr ruhig. Kann ich gut verstehen!

Fuzzinella (17.05.2002)

Der interessante und absolut gelungene Versuch, die letzten verwirrten Gedanken eines Selbstmörders zu beschreiben. Sehr gute Geschichte. Fünf Punkte.

Stefan Steinmetz (25.02.2002)

wow...ist echt klasse was du da geschrieben hast! vor allem sind es die gefühle die du beschreibst...echt super geschrieben!

sandwich (29.08.2001)

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