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8 Seiten

Laureen Zedenke

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
Laureen Zedenke ist eine junge Frau, die anders sein will. Sie ist anders, mag das so und deswegen will sie immer anders sein. Das klappt dann auch ganz gut, denn sie ist ja anders. Ein leichtes Spiel also.

Was sie anders macht, ist zum Beispiel, und das hat ihr schon viel Anfeindungen gebracht, dass sie Untenrum immer ohne Kleidung rumläuft. Und das heißt ohne alles. Keine Hose, kein Rock, nicht einmal Socken und Schlüpfer, kennt sie nur aus der Kinderzeit. Dafür trägt sie aber einen dicken Pulli. Sie liebt es, so rumzulaufen, wenn der Wind ihr durch die Beine saust und die entstehenden Wirbel sanft ihre Haut massieren. Das findet sie abgöttisch himmlisch. Schön und geil. Das macht frei und zeichnet sie wie einen Superstar aus, denn sie allein ist die Frau, die Untenrum blank rumläuft. Ein Gefühl von Stolz ganz tief in ihrem Bauch.

In den Strassen ihrer Stadt kennt man sie. Natürlich auch wegen ihres Untenrumnacktfimmels, aber sie macht auch interessante Kunstaktionen. Stellt sich vor Kaufhäuser und singt in Eimer. Zuhörer müssen ganz dicht an den Eimer herankommen, denn sie flüstert ihren Gesang. Diese Kunstaktion soll auf die Verdummung der Menschen durch die Werbung weisen, was aber der Eimer und das Singen soll, weiß keiner. Laureen weiß natürlich was sie da macht, aber sie erklärt es nicht, weil das dann schon wieder Werbung wäre. Da ist sie sehr konsequent.
Letztes Jahr hat sie bei Burger King einen Fressstreik gemacht. Sie schaffte ganze 25 Big Macs, eine Ölladung aus der Friteuse und Unmengen Pommes Frites.
Doch keiner interessierte sich für die Aktion. Ein paar Männer schauten auf ihren Leib, machten anzügliche Bemerkungen und das war es auch schon.

Gehen wir ein wenig zurück und schauen einmal in ihren Lebenslauf. Versuchen wir einmal zu verstehen, warum sie so anders ist oder warum sie es sein will, es aber schon ist und das ganz doll toll findet.

Laureen hatte eine merkwürdige Kindheit. Ihre Eltern hatten sich schon auf der Hochzeitsreise nach Ungarn wieder getrennt und als Scheidungsgrund „Blödes Kind mit wenig Spaßfaktoren“ angegeben. So landete das Kind bei einer entfernten Tante, die gerade kein eigenes Kind, aber dafür ein wenig Geld über hatte. Bei dieser Tante erlernte die Kleine die Kunst, Besen aus Stachelschweinstacheln zu binden. „Damit bekommt man ganz hartnäckigen dreckigen Dreck weg“ so die Tante. Das war dann auch der Werbeslogan für die das Produkt, den fertigen Besen. Die Tante hatte gerade genug Geld für einen einzigen Werbespot aufgetrieben. Er lief zur besten Sendezeit und sie war sich hundertprozentig sicher, dass die Leute ihr den Besen aus den Händen reißen würden. Es rief keiner bei der eingeblendeten Nummer an. Jedenfalls keine Kunden. Dafür aber viele Naturschützer.
Es war absehbar, dass das Geschäft den Bach runtergehen würde, aber keiner schaute hin. Später sollte Laureen erfahren, dass eine Ausbildung zur Stachelschweinstachelbesenbinderin einem im weiteren Leben nicht gerade weiter hilft. Sie hatte, wenn es irgendeine Firma verlangt hätte, nicht einmal ein Zertifikat, denn die Tante konnte nicht schreiben, lesen oder Kreuze machen. Sie war eine, der 100 000 AnKreuzebeten zu der Zeit. Ein Förderprogramm der Vereinten Nationen hat aber mittlerweile genug getan um diese Zahl runterzukurbeln und siehe da, nun können die meisten Leute Kreuze machen.
Irgendwann hatte die Tante das Kind dann satt, ihre Laune hatte schwer am Geschäftsniedergang gelitten und sie nahm Drogen.
Zwar tat sie dies heimlich, aber Laureen wunderte sich trotzdem über die vielen Spritzen überall. Spritzen im Waschbecken mit blutiger Nadel, Spritzen im Brotkasten und auch eigenartig, überall diese weißen Beutel. Als die Tante noch mit ihr redete, meinte sie, das seien Staubsaugerbeutel. Ganz bös hat sie dabei gelacht und ist dann gegangen. An der Stelle aber, wo sie gesessen hatte, lag eine Spritze. Sie war noch halbvoll und roch irgendwie ganz lecker. Außerdem war Karlfreitag und so setzte sich Laureen ihren ersten Schuss. Noch heute spürt sie Nachbeben. Meist ist es so ein Zucken im Bauch oder eine Überproduktion von Nasensekret. Dann schnottert sie unschöne, silbrige Strähnen auf ihren unbedeckten Schoß. Vielleicht hat sie deshalb auch keinen Mann. Das kann alles sein und vielleicht hat sich auch keine Hosen an, weil sie die immerzu vollschnottern würde und ihre Andersartigkeit ist nur ein müder Trick, Waschgeld zu sparen.
So könnte man wirklich weiterdenken, aber Sie ist anders. Das steht gar nicht zur Debatte.
Ansonsten hätte sie auch nie beim Auszug aus tanterlicher Wohnung diese Peinlichkeit begangen. Aus Versehen hatte sie nämlich, statt eines Umzugsunternehmens, ein Bestattungsinstitut beauftragt sich selber einzuäschern. Zehn geschlagene Stunden musste sie beweisen, dass sie noch lebt. Liegestütze, Sackhüpfen. Man kennt ja diese langwierige Prozedur zu beweisen, dass man lebt. Ja, ja wer kennt das nicht. Blöde Sache und wenn man gerade tot ist, kann man das irgendwie gar nicht und wird wirklich eingeäschert.
Doch unsere Laureen hat es geschafft, das zu beweisen. Sonst könnte man sie heutzutage ja auch gar nicht mehr ohne Hose und Slip einkaufen sehen. Die Männerwelt wäre um eine Fixvorlage ärmer.
Als Laureen dann also ins Heim gekommen war, denn bei Auszug war sie 12 Jahre alt und somit unvolljährig, wollte sie wieder so ne Spritze. Irgendwie hatte sie einen Riesenhunger oder Durst auf die „Scheiße“, wie sie immer sagte, bekommen. Das erste Mal war ja auch richtig doll gewesen. Sie hatte Blumen an den Decken gesehen und am Boden Ratten laufen. Wobei letzterer Teil kein Beweis für eine echte Halluzination gewesen wäre. Vor Gericht zum Beispiel, denn bei Tante Stachelschweinstachelbesenbinderin war es immer dreckig, wie sonst wo und „sonst wo“ ist ein sehr weites Land, mit ganz vielen dreckigen Müllkippen, Gasgruben und ungewaschenen Menschen. Also echt mistig.
Im Heim gab es aber keine Spritzen, Die hatten hier nicht einmal was zum rauchen und die Toilette war auch immer besetzt. Von irgendwelchen Kindern, die hier auch immer waren. Kurzum Laureen wusste gar nicht wo sie ist. Sie konnte gut verdrängen und hatte nun irgendwie den Auszug verdrängt, der ihr doch an die Nieren, aber in diesem Fall ans Gehirn ging. Die Heimleiter, es waren 6, redete sie alle mit Tantchen an. Auch die männliche Belegschaft. Sogar der Koch hieß so und all die vielen Kinder, waren für Sie fremde Leute, die immer mal wieder vorbeikamen. Vielleicht dachte sie auch, dass durch ihr Zimmer eine Strasse ging oder die Tante Kinder einquartiert hatte, weil Krieg war. Deswegen auch immer Verdunkelung/Licht aus um 21 Uhr.
Ja, ja sie konnte eben nicht verkraften dass ihre Lehrmeisterin und Ersatzmutter auf einmal weg war, vielleicht war deswegen auch der Drang zur Spritze so stark. Vielleicht saugt Verdrängen Kraft, die sie mit dem Todessaft auffüllen wollte. Nein so weit dachte sie nicht. So anders wie die Laureen ist! Mit Horizont von hier bis zur Kaffeemaschine.
Innerhalb von zwei Jahren hatte sie sich mit den ganzen Leuten abgefunden. Sie sprach sogar ein bisschen. Alle waren erstaunt und lobten sie. Dann bekam sie wieder einen Anfall von Schnotterüberreaktion, sprach dabei, spritzte, man schrie sie an und sie verlor ihr Sprechen wieder. Dann kam der Tag als sie sich Untenrum befreite.
Sie stand in der Turnhalle des Heimes. Hatte sich während der Stunde, und während des Abwerfballspieles mitten in die Mitte gestellt, ihre Sporthose mit der linken Hand weggerissen und mit der rechten ihren Slip. Und da hat sie dann wieder gesprochen. Laut und deutlich und ohne nachzudenken. „Revolution, Revolution“. All ihr Mut, den sie zusammengenommen hatte, verflog auf einmal. Beim achten Treffer von der dicken Lise mit dem schweren Medizinball, ist sie dann umgefallen.
Seit dieser Aktion trägt sie gar nichts im unteren Geschoß. Nicht im Winter und nicht in der Oper, wenn sie denn mal hingehen würde. Im Winter geht sie zum Beispiel nur selten raus. Gerade mal zu Sylvester um ein oder zwei Raketen steigen zu lassen. Natürlich genau um 02:01 Uhr wenn schon alles vorbei ist und alles schläft. Man will ja anders sein und das beinhaltete eben auch anders feiern.
Oder ganz selten geht sie auch selber einkaufen. Damit der Körper sich dann schnell an die Kälte gewöhnen kann, schmiert sich Laureen, extra noch vor der Tür, ihren Untertorso mit Schnee ein. Deswegen hasst sie auch die Autos, die vor der Tür parken. Die machen einem den Schnee grau und schwarz und dann sieht man Untenrum aus, wie ein Dreckspatz. Was übrigens recht blöd kommt bei Bewerbungsterminen oder Gynäkologiebesuchen, denn da will man ja auch gut aussehen.
Nachdem sie also mit ihrer Freitragung angefangen hatte wurde sie von allen gemieden. Nur ein paar Jungs, der Heini vom Nebenhaus und der Klaus von der einen Bäckerin fanden sie auf einmal nett. Damals konnte sich Laureen dazu nichts zusammenreimen. Heute weiß sie natürlich, wo der Hase lang läuft. Immer geradezu auf den Apfel im Garten Eden.
Nein sie war kein Bilderbuchkind, aber wer war das schon? Gibt es Bilderbuchkinder nicht nur in Bilderbüchern?

Mit 18 Jahren hat sie dann die erste richtige Lehre angefangen. Eine Ausbildung zur Waschmaschinenstanzerin. Im ersten Lehrjahr durfte sie von außen in die Halle schauen. Im zweiten Jahr die Maschinen anfassen und im dritten Lehrjahr hat man sie dann rausgeschmissen. Die Begründung war kurz und unverständlich „Frau Laureen Zedenke verursacht durch ihre Gebaren unnötige Unfälle“. Laureen war echt traurig, war ja gerade ausgezogen, hatte ihre eigene kleine Wohnung und stand nun ohne Lehre da. Gut, das Geld würde doch immer noch für 40 gefüllte Spritzen reichen, aber die Umrechnung gefiel ihr nicht und wie sie so überlegte, fand sie Heroin auf einmal gar nicht mehr so „in“ und hörte auf. Dem Hofdealer sandte sie eine SMS, genau für solche Situationen kann man sich Sprüche aus dem Internet laden, „Komme nicht mehr vorbei, ich war lang genug nur high“. Der Dealer wusste sofort Bescheid und sandte eine Beileidskarte an Laureen. Das ging ganz automatisch, weil die meisten Leute ja erst aufhörten, wenn sie tot waren.
Unbedingt brauchte sie jetzt Arbeit. Irgendwas ganz egal. Sie würde alles machen wenn sie nur ihre Wohnung behalten könnte. Nur nicht putzen oder als Aushilfe. Das waren ihre Bedingungen als sie beim Arbeitsberater sah. Das war ein cooler Typ, denn der lachte viel und fragte nach ihren Zielen. Sie natürlich keck „Weiß ich nicht“ und er „Dann hab ich auch nichts“. So grub Laureen sich wieder ein und bekam wieder diese Anfälle. An manchen Tagen war die Wohnung vollständig vollgeschnottert. Dann durfte keiner vorbeikommen. Das war dann immer ganz lustig. Die ganze Wohnung war voller Rotz und Laureen ging dann ihr Handy durch, wenn sie denn Bescheid sagen könnte, dass er nicht zu kommen brauch. Leider fand sie nur den Hofdealer, der sowieso dachte, dass sie tot war und niemals kommen würde. Aber jedes Mal, nach so einem Anfall stand sie wieder da und schaute in ihr Handy. Es konnte ja irgendwer dazu gekommen sein. Man trifft ja so oft Leute in der eigenen Wohnung. Ganz besonders wenn man sich am Fernseher vollfrisst. Dann setzt sich schon mal ein Opa dazu und fragt nach der nicht vorhandenen Arbeit. Laureens Wohnung war immer leer. Manchmal vermisste sie das Heim. Da war wenigstens immer was los. Ach was hatte sie nicht alles dort erlebt. Sie hatte ihre erste Kuh umgestoßen, den ersten Kuss von Klaus bekommen und stets waren bekannte Gesichter um sie rum. Hier traf sie nur im Spiegel welche und um so mehr Spiegel es waren, um so mehr Gesichter waren es. Das Bad war mit Spiegeln vollgestellt. Würde ich jetzt sagen mit 666 Spiegeln, könnte ich den Text ganz woanders hinverlaufen lassen, aber bleiben wir lieber bei der unmystischen, aber trotzdem anderen Laureen Zedenke. Die ist so anders, dass es schon wieder unheimlich genug ist.
Als es draußen dann schon wieder kalt wurde und sie, nicht mehr so oft draußen war, auch um sich nicht die Blase zu verkühlen, flatterte ein Brief in den Postkasten. Als Absender hatte jemand ein großes „T“ auf den Umschlag geschrieben. Auf dem Zettel stand dann ganz zittrig geschrieben „Arbeit“. Durch die Zeit, die sie nun schon arbeitslos war, klang das wie ein Drohbrief, aber dann freute sie sich doch mal wieder arbeiten zu dürfen und schaute ins Telefonbuch. Mist, da gab es mehr als 450 Firmen, die mit „T“ anfingen. Telefonbuchdruckerei, Telekom, Tief- und Hochbau, Tischtennisplattenverleih und tunische Kneipen. Mit dem gesamten Glück der Welt stand sie flugs in der Telefonzelle, hatte sich genug Geld mitgenommen und wollte alle 450 Firmen abtelefonieren. „Haben sie mir einen Brief geschrieben mit dem Inhalt Arbeit?“
Und was soll ich sagen, was passierte? Genau, das Münztelefon klingelte und als sie abnahm, meldete sich eine alte Stimme, die sich für eine Verwandte ausgab.
Als diese Stimme anfing, von einer ganz neuen Geschäftsidee, einer Notschlachterfleischerei, zu erzählen, wusste Laureen wen sie da an der Strippe hatte. Tantchen.
Ganze zwei Stunden unterhielten sie sich. Sie brauchte ja nicht zahlen. Und Laureen konnte dann wieder einmal nicht nein sagen und lud ihre Tante zu sich ein. Erstens um Wiedersehen zu feiern und dann um die Verträge zu unterzeichnen, denn sie konnte auch nich nein sagen, als die Tante ihr dieses Geschäft vorschlug. „Du stehst für alles gerade und ich bekomm das Geld. Ach ja du auch ein wenig.“
Laureen fand das voll ok. Lieber wenig, als null.
Es mag schon komisch gewesen sein für Beide. Die eine sah aus, als hätte sie nie aufgehört an der Nadel zu hängen und die Tante sah blendend aus. Mit einem Mercedes Hitze fuhr sie vor, hupte mit ihrer Edelstahlhupe dreimal kräftig und stieg dann aus. Vom Fenster aus hatte Laureen dies beobachtet und beklatschte den gesamten Weg vom Auto zur Haustür. Die Tante kam sofort auf diese Geschäftsidee zu sprechen.
„Also das Fleisch, dass holen wir uns aus Notschlachtungen, das kostet mehr als wenig. Ich meine weniger, als wenig und gleichzeitig laden wir uns dann die ein, die uns das Fleisch gegeben haben. Die Notschlachter. Denen dürfen wir natürlich nicht sagen, dass es Notschlachtfleisch ist. So einfach ist das.“
Das klang verlockend und logisch. Vegetarier werden keine Notschlachter und so waren die Kunden schon mal gesichert. Hände wurden gereicht, die Tante fragte kurz, was denn der blanke Schoß da soll, verstand die Begründung nicht und schon waren die Verträge unterschrieben. Die Tante hatte von dem Programm der Vereinten Nationen profitiert und endlich gelernt ihren Namen zu schreiben. Nur die Schulden aus dem Stachelschweindingsbums waren noch da. Deswegen sollte auch Laureen in den Akten als Geschäftsführerin agieren. Die war noch unverschuldet, dumm genug zum rumschubsen. Ein herrliches Werkzeug. Bei der Bank bekam sie wieder einen Anfall und machte sich den Schoß nass, aber sie kam durch die Schufaprüfung und nichts anderes interessierte den Bankmann.
Auch die Tante bekam eine Vollmacht.
Zur Eröffnungsfeier hatte man 241 Notschlachter aus der gesamten Einladung eingeladen. 53 Schlachter kamen, meinten, man habe sie mit Freibier gelockt und gingen dann wieder.
Das Geschäft war im Arsch und die Tante mit dem Geld auf einmal weg.
Laureen bekam von ihr die dollsten Postkarten aus der bunten, weiten Welt. Der Kredit wurde ihr aufgebrummt, sie wurde todunglücklich, bekam Pickel und hörte dann, dass Heroin da helfen solle. Zum Hofdealer konnte sie nicht mehr gehen. Also zum Bahnhof und da kaufen. Und es war relativ reines Zeug. Nach dem Trip waren nur drei Zähne rausgebrochen, ein Lungenflügel geknickt und das Gesicht für 2 Tage gelähmt. Letzteres bemerkte sie gar nicht. Sie fand nur die Leute im Bad alle ein wenig demoliert. Um das zu begründen legte sie sich eine Geschichte zurecht. „Im Bad muss es Nachts, wenn ich schlafe immer wieder Schlägereien geben.“
Schnell war die Spritze wieder ihr bester Freund. Sie war immer da und nervte nicht mit leeren Reden. „Der Mensch ist treu dir bis zu der Not. Die Spritze bleibt bis in den Tod.“
Vor dem Schlafengehen und Aufwachen brauchte sie einen Schuss um klar zu werden. Klar für die Träume und klar für das Leben. Oder auch nur um so klar zu sein, dass man sich wenigstens den nächsten Schuss setzen kann und so wurde es ein ganz blöder Kreislauf.

Und heute ist sie hier. Hier in unserem Krankenhaus. Noch immer trägt sie Untenrum, weniger als Nichts und auch das Eimersingen ist aktuell. Doch den Quatsch mit den Spritzen haben wir ihr ausgetrieben. Da gab es so eine neue Therapie aus den Staaten. Man hatte ja schon alles versucht. Nur eins nicht. Ein gewisser Dr. Poheck kam darauf. Einfach mal den Patienten auslachen und sagen, dass Spritzen totaler Quatsch sind. Laureen Zedenke ist ein lebendes Beispiel dafür, dass es klappt. Endlich war ihr klargeworden, dass Drogen voll blöd sind und verboten gehören. Sie machte zu diesem Thema sogar eine Kunstaktion, rollte sich ganz in Heroin ein und ließ sich am Bahnhof ablecken. Hier konnten die Passanten dann nicht wegschauen und weitergehen. Nein sie wurden mit dem Leid konfrontiert und gingen mit einem Kopf voller Gedanken nach Hause. Da schütteten sie die Gedanken in Telefonate und Gespräche und die ganze Welt wusste auf einmal, dass es Süchtige gibt, die ihren Stoff sogar von einer dreckigen Matratze lecken. Das mit der Matratze war ein Übertragungsfehler. Man kennt das ja. Stille Post und so weiter.
Sie hat keinen Hunger mehr auf Spritzen oder Heroin. Es siegte die Vernunft eines unnormalen Menschen.
In ungefähr zwei Monaten werden wir die Patientin wieder in ihre natürliche Umgebung aussetzen. Eine Wohnung wurde vom Sozialamt schon bereit gestellt. Sie ist einzugsfertig für Laureen. Jetzt liegt es an ihr, ihren weiteren Lebensverlauf in den Griff zu bekommen. Ich rechne ihr keine guten Chancen ein, aber sie muss raus, ihre Krankenkasse zahlt nicht mehr und außerdem ist die Therapie vorbei.

Nachtrag: Das letzte Gutachten bestätigend und weiterführend füge ich hinzu, drei Jahre später, dass Laureen Zedenke gestorben ist. Sie hatte ihren Schnotteranfall gehabt, einen Heroinsüchtigen angeeumelt und der hat ihr aus Wut eine Überdosis Zeugs gespritzt. Laureen ging ab wie eine Granate und ist am End, bildlich gesprochen, explodiert.
 
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Kommentare  

Ich finde deine Story inhaltlich schon sehr gut. Bloß an manchen Stellen wurde es mir etwas lang. Vielleicht lässt sich einiges kürzen und du kannst damit schneller auf das verpfuschte Leben deiner Storyheldin hinweisen, auf die Folgen ihres Drogenkonsums und somit mehr ein "belehrendes" Zeichen setzen, wenn du das denn willst. Dass du die eigentlich traurige Geschichte mit Satire gewürzt hast ist in Ordnung, die Welt ist für viele (nicht für mich!!!)schon traurig genug. Nachdenklich denug stimmt die Story allemal.

Dolly Buster (21.12.2003)

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